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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 30.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.7671#0302
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— 8058

ein Gebeimer Rat in München
hatte längst mit fieitz und Müh'
Rufgefetzt die schönste Rede
Bis aufs Tüpfelchen vorn i,

Dah obn' weitres Ropfzerbrechen
Harems wachrer Prinzregent
Oie durchlauchten Bundesfürften
Rubren und begeistern könnt'.

Doch des Rates Merk nerfebite
Leider Gottes Ziel und Zweck,
Denn die ungebalt’ne Rede
Mar mit einem Maie weg.

Ruf der Reife ging verloren

Sie im Cifenbabnkupee-

hat als Murft-- und Räfebülle
Sie entwandt ein Cbarhutier?

Oie kehlheimer Rede.

hat ein Sozi fie gestohlen,

Um im Mahren Jacob fie
Dor der Zeit zu publizieren
Zum DerdruH der Dynaftie?

Reine Rettung fab man winken,
ßis zuletzt der stolze Rat
Gar die Münchner Post, die rote,
IDinfelnd um erbarmen bat.

Gnädig ward gewährt die Bitte,

Meil das Mitleid immer fiegt,

Menn vor einem ein Geheimer
Rat auf feinen Rnieen liegt.

Doch was könnt' das alles helfen?
Reh die Rede blieb perdu!

Und nur schwach und bruchstückweise
flickte man zusammen fie.

Rur ein Rbglanz einft’ger GröHe,

Rur ein trauriges Fragment
Las der fürstenfchar in Reblbeim
Dor der wackre Prinzregent.

Beugt voll Scham das Haupt, ihr Bayern,
Über dieses Staatsmalheur,

Und nehmt Preußen euch als Beispiel,
Mo solch Pech unmöglid) mär'!

Dort auch von erbab’ner Stelle,
Zungenfertig, flott und nett.

Redet man fo manchen Strebmel —

Rber stets ist er komplett!

Dort auch reift man gern und häufig
Teils per Schiff, teils mit der Bahn —
Doch kein Mörtlein geht verloren
Dem beglückten Untertan! Rrmnuu».

Der Metzer Katholikentag.

Uni) wieder tarn zusammen
Ein heilster Menschenschlag
Aus Süden, Ost und Westen
Zum Katholikentag;

Da könnt' des Limmels Segen
Man zentnerweise schaun.

Und aus rechtgläud'ge» Bäuchen sprach
Vollkommr.es Gotlverlraun.

Erst wurden rasch erledigt
Diverse Bagatell'n:

Es reichten sich zum Frieden
Die Land Berlin uns Köln
Den braven Jesuiten
Ward Gruß und Dank geweiht.

Und was noch sonst notwendig schien
Zur ew'gen Seligkeit.

Dann aber ward es lustig.

Es solglen Schlag aus Schlag
Konzert und Feuerwerke,

Diner und Trinkgelag,

Und jeder Katholike
Erkannt' mit Stolz und Freud',

Daß nur der rechte Glaub' allein
Den rechten Durst verleiht.

Als aber sich der Abend
Zur Erde niedersenkt.

Lat still zur Moselgasse
Die Schritte man gelenkt,

Mo man mit riist'gen Kräften
Werktätig sich erweist,

Dieweil die erste Christenpflicht
Bekanntlich „Liebe" heißt.

Und als das Fest zu Ende,

Da war man allerseits
Gekräftigt zwar im Glaube.,,

Doll, etwas schwach im Kreuz,

Mit schwer verkalktem Magen
Fuhr man geknickt nach) Laus
Und schlief im henn'schen Kirchenstuhl
Den Riesenkater aus. Nepomuk

Politische Glossen.

„Ein Festtag für ganz Deutschland."

War er das wirklich? Der Fürstentag zu Kehl-
heim nämlich? Jawohl, denn der Kaiser hat es selbst
m der dort gehaltenen Rede gesagt. Außerdem be-
weist es auch der Umstand, daß außer den Fürsten
und ihrem Gefolge noch zahlreiche Geheimpolizisten

aus allen deulscheu Vaterländern und überdies noch
400 preußische Schutzleute zu der nationalen Feier
geeilt waren. Ob sonst noch außerbayerisches Publi-
lum anwes nd war, konnte freilich nicht festgestcllt
werden, da das mit aufgepflanztcin Bajonett oder
mit schaesgeladenem Browning Spalier bildende Volk
in Waffen das Volk ohne Waffen nicht in Sicht-
weite herankommen ließ. Auch dursten die Fenster
an der Fcststraße nicht geöffnet werden. Man will
aber an einigen, an den Scheiben plattgedrückten
Nasen und Mäulern deutlich den Berliner Typ er-
kannt haben. Möglicherweise waren das aber auch
vom Patriotismus dorthin getriebene Schutzleute
in Zivil.

„Freiheit ist das heiligste Wort der menschlichen
Sprache!"

Wer hat das wohl gesagt? Ja, das ratet ihr nicht!
Ihr denkt, irgend so ein verstiegener Freigeist oder
rabiater Demokrat. Aber nun gerade nicht, sondern
— der Bischof Dr. v. Faulhaber in seiner Rede
auf dem Katholikentag zu Metz.

Seht ihr, da redet man immer von der freiheits-
feindlichen katholischen Kirche und ihren Priestern!
Und nun kommt ein Bischof und sagt so etwas.

Und wie fein er dann die „Freiheit" zerlegt hat,
in eine innere und eine äußere!

Die innere oder geistige Freiheit besteht darin, daß
jeder christkatholische Mann die Freiheit haben muß,
auf eine eigine Meinung zu verzichten zugunsten der
Autorität der heiligen Kirche in allen geistigen Dingen.
Diese Freiheit heißt darum auch die Pflicht zum
rechten Glauben.

Die andere Freiheit aber, die äußere oder bürger-
liche, besteht darin, daß jeder christkatholische Mann
die Freiheit haben muß, sich der Führung der geist-
lichen Obrigkeit auch in allen weltlichen und nament-
lich in allen politischen Dingen anzuvertrauen. Diese
Freiheit heißt darum auch die Pflicht zum unbe-
dingten Gehorsam.

Wer sich also der Pflicht zum rechten Glauben
und zum unbedingten Gehorsam entzieht, der ver-
sündigt sich an der Freiheit, das heißt an dem Hei-
ligsten, Ivas die inenschliche Sprache kennt. Solche
Freiheitsseinde verdienen das höllische Feuer. M

Vom Friedensengel Carnegie.

„Nie hat der Deutsche Kaiser gegen einen Feind
das Schwert gezogen, und darum neigen alle Friedens
freunde sich in Ehrfurcht vor dem Deutschen Kaiser!"
So schrieb voll Schwung der freigebige Milliardär.

Dem hohen Adressaten in Berlin gefiel jeooch die
„frohe Botschaft" sehr viel weniger, als nach bis-
herigen Erfahrungen vorauszusehen war. „Da hört
ja glatt die Weltgeschichte auf!" rief der einpörte
Friedenskaiser: „Hat dieser gute Carnegie denn gar

kein Augenmaß dafür, wie und auf welche Weise
ich zu meiner Zeit mit China umgesprungen bin?"

Desgleichen saß mittlerweile fern in Washington
das Oberhaupt der großen Republik „Dollarika"
und las voll Andacht die Epistel Carnegies.

Herr Woodrow Wilson zog die Augenbrauen
immer höher, je mehr und mehr er sich in folgen-
den pompösen Satz vertiefte: „Ich gebe mich der
Hoffnung, ja dem festen Gtanben hin, daß entweder
der Deutsche Kaiser oder aber Präsident Wilson sich
als der unsterblichste Held aller Zeiten erweisen wird,
welcher der Menschheit den größten Dienst leiste»
wird, welchen sie jemals von einem einzelnen Men-
schen -"

„Uff!!" explodierte der geplagte Präsident: „Aus
alledem geht eins schon klar genug hervor... der
Mann hat ja keinen blassen Dunst, wie und aus
welche Weise Mexiko zu kriegen ist!" T.

Kannibalischer Wnnsch.

Gefängniswärter (zu einem gefangenen Neger-
boy, der ein schweres Verbrechen begangen hat und ge-
hängt werden soll): Wamba, dein Ende ist nahe, jetzt
kannst du dir noch deine Henkersmahlzeit ausbitten.

Wamba (grinsend): Könnte ich vielleicht ein Stück
von HerrnBezirkshauptmanns Hinterbacken kriege»?

Der Sieger von Ragmt-Pillkallen.

Lart war der Streit und heiß die Schlacht
Auf Ragnits heil'ger Schanze,

In Strömen floß mein Lagerbier,

Denn diesmal ging's ums Ganze!

Die schärfste» Waffen schwang man kühn
Im wilden Kampfgeiümmel:

Der Sozi focht mit Wort und Schrift —
Und ich verschenkte Kümmel.

Der Gegner Schar bedrängte mich
Mit gift'gcm Lohn und Lasse,

Ich aber dreht' getrost den Lahn
An meinem Branntweinfasse.

Schon sah die Sache mulmig aus.

Doch schließlich hatt' ich Dusel:

Mit hundertachtzehn Stimmen Plus
Siegt der Kartoffelfusel.

Nnn steck' ich jubelnd das Mandat,

Das keuchte, in die Tasche,

Und kränz' mit grünem Lvrbeerzweig
Die leere Gilkaflasche! G-u-schalt
 
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