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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 30.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.7671#0392
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8148

Arbeitslos.

vier starke Arme sind im Haus
Und griffen gerne rüstig zu,

Und doch die Rot geht ein und aus,

Frißt tags das Glück und nachts die Ruh.

Und sieben Kinder sind am Tisch
Und nicht ein lautes Wörtchen geht,

Das jüngste nur lacht hell und frisch,
weil es von allem nichts versteht.

Die Schranke und die Taschen leer,

Das Her; bedrückt und sorgenvoll,

Und niemand weiß es noch, woher
Das Kotigste man nehmen soll.

Ls löst ein Tag den andern ab,

Und jeden Abend legt man müd

Ein totes Hoffen still ins Grab

Und singt dazu das Elendslied. rrn sanger.

o o o

v. Jtrnim=Scbnodderbeini

Zum Auswaudererskandal in Österreich-Ungarn.

an v.kelow-pieiienbiisg.

Mein Allerwertester!

Englisches Kriegs»,iniste-
rium hat Offizieren Tra-
gen von Monokel verbo-
ten. Sieht Krämernation
vollkommen ähnlich. Sinn
fürExklusivität und wahre
Vornehmheit, mit einen!

Worte Schmiß, fehlt gänz-
lich. Außerdeni horrend
unzweckmäßiges Verfah-
ren, weil immense mo-
ralische und praktische Be-
deutung von Einglas voll -
kommen verkennt. Mo-
nokel gibt Erscheinung
des Offiziers erst richtige
Schärfe, Schneidigkeit,

Selbstbewußtsein. Kon-
zentriert Gesichtsfeld auf
engbegrenztes Gebiet und
nötigt daher, Blick aufs
Wesentliche zu beschrän-
ken. Steigert also in hohem
Maße Kriegstüchtigkeit.

Glaube nicht zu viel zu
sagen, wenn Behauptung
aufstelle: stupende Er-

folge preußischer Armee
in letztjährigen Kaiserma-
növern zum größten Teil
auf allgemeine Einbürge-
rung — verzeihen, bitte,
plebejisches Wort — von
Monokel zurückzuführen.

Können sich vorstellen,
wie meine Jungens über
skandalöse Chose urteilen!

Axel, der eben Portepee
bei Garde-Ulanen erhal-
ten, fragt voll Empörung
telegraphisch bei mir an,
ob nicht irgendwo inter-
nationaler Sittlichkeits-
bund oder ähnliches exi-
stiere, der gegen scham-
verletzende Entblößung von englischen Offi-
ziersgesichtern energisch protestieren könne.
Habe mich ehrlich gefreut: guter Geist in den
Bengels!

Überhaupt segne mich täglich und stündlich,
daß in geordneten masurischen Verhältnissen
lebe und nicht.irgendwo draußen im sogenann-
ten zivilisierten Europa, wo jetzt täglich Dinge
passieren, die unsereinem einfach Verstand —
verzeihen, bitte, plebejisches Wort — stillsteheu

geärgert, aber mich denn
doch gehütet, Kerls eigen-
händig zu Grabe zu schlep-
pen! Und dann: wohin
soll führen, wenn iveitere
Konsequenzen gezogen
werden? Wer garantiert,
daß Prinz, der mit Sarg-
tragen anfängt, nicht
schließlich an Flickschuste-
rei Geschmack findet? Und
wer garantiert, daß, wenn
höchste Herrschaften der-
artiges Beispiel geben,
am Ende nicht auch von
unsereinem verlangt wird,
daß er sogenannte nütz-
liche Arbeit — verzeihen,
bitte, plebejisches Wort —
verrichtet? Folgen ein-
fach nicht abzusehen. Na,
aber, wie gesagt, leben
Gott sei Dank noch in ge-
ordnetem Staatswesen,
wo derartige Taltlosig-
keiten nicht zu befürchten.
Oder stellen sich mal, bitte,
unsere Prinzen in ähn-
licher Situation vor: ein-
fach lächerbar!

Inzwischen Gott befoh-
len! Ihr Arnim.

Vielverheißende
biologische Versuche.

Kürzlich wurde über inter-
essante Versuche amerikani-
scher Forscher berichtet: Den
Herren gelang es, Salaman-
dern und ähnlichen' Lebe-
wesen ein fünftes Bein und
einen zweiten Schwanz anzu-
gliedcrn. Jetzt ist es den
Biologen sogar gelungen,
einem Salamander im Ent-
wickluiigsstadiuin ein Auge
auf dem Rücken einzupflanzen und dessen Nerven mit
dein Rückenmark derart zu verbinden, daß das Tier
mit dem neuen Organ, wenn auch noch nicht sehen,
so doch den Wechsel von Dunkelheit und Licht emp-
finden kann.

Der berühmte deutsche Politiker Matthias Erzberger
widmet dem Fortschreiten der vielverheißenden Ex-
perimente seine besondere Aufmerksamkeit, und er hofft
es noch zu erleben, daß er mit zwei Mäulern zu-
gleich reden kann.

Die wirkliche Ursache der Auswanderungsepidemie.

machen. Haben zum Beispiel Nachricht aus
Dänemark gelesen, wo geborener königlicher
Prinz, leiblicher Vetter von regierender Maje-
stät, bei Leichenbegängnis von verunglücktem
bürgerlichem Flieger als Sargträger fungiert
hat? Abgestürzter Zivilist war Fluglehrer
Königlicher Hoheit gewesen. Meines Erachtens
keine Entschuldigung für fulminante Ungehörig-
keit. Habe auch Menge Schulmeister gehabt,
einen Hauslehrer sogar nachweislich zu Tode
 
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