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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 31.1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.8258#0010
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8182

Vie kingekelletten in Labem.

Der Ztsattsnwalt:
Im tiefen Keller sitt' ich Pier auf einem Ztoss von Kohlen!
Man zvird mich bald, so denk' ich mir, ans Licht des Lage; holen.
Der schwere Lritt der Mache hallt, ich seh' den vegen blinken... .
Kommt denn der Okkirier nicht bald? Muss winken, winken, winken!
6bor der Landgerichtsräte:
Kommt denn der Offizier nicht bald? Mir winken, winken, winken!

ver Staatsanwalt:
Isa, weich' ein Devel, meine Herrn! Vie höchste Schmach auf 6rden!
Mir sind doch da, um einEperr'n, nicht, eingesperrt ru werden!
ver schwere Schritt der Mache hallt, ich seh' den vegen blinken....
Vas harte Lager schmerzt mich bald am Schinken, Schinken, Schinken!
6bor der Landgerichtsrste:
Vas harte Lager schmerzt uns bald am Schinken, Schinken, Schinken!

ver Staatsanwalt:
Vie Sache ist doch ein Skandal! kin vruch des Kechtr, ein greller!
Mir kommt das hohe Lribunal hier in den tiefen Keller?
ver schwere Lritt der Mache hallt, ich seh' den vegen blinken....
Ich?.err' am Kiegel mit Gewalt, muss klinken, klinken, Kinken!
kthor der Landgericbtsrste:
Mir rwrr'n am Kiegel mit Lewalt und klinken, klinken, klinken!

kin deutscher Michel:
Drei hohe Kichter sperrt man ein in; Kellerloch Mr Kohlen,
2wei Dutzend Kürzer obendrein: ein Leutnant hal's bekohle»!
Den Leutnant macht uns keiner nach! Vie Nachbarvölker gucken!
Ich bleche meinen Mehrbeitrag, muss ducken, ducken, ducken!
6hor der sämtlichen deutschen Michel:
Air blechen unsern Mehrbeitrag und ducken, ducken, ducken! -z.

psinrenautos.
Ma; blitrt aut der Strasse wie Mettersckeiii?
Mas braust dort über Zspha» und Lteiu?
Mu Strasseuraude der Wandrer ?.agt
Und seine witternde Lippe tragt:
Ist'; LUtrows wilde verwegene Jagd?
in einer Molke lieringestsnk
Saust dort ein prinr die Linden entlang
kr saust — tölttölt — mit sechzig HP
Hut Strassen, Platten und Lkaussee
Und hinter ihm klingt MH und Mel).
So 'n prlnrllches Mtto hat keine Mit
ks tährt mit der grössten Geschwindigkeit,
passiert mitunter auch eiu Malheur, —
kein Schutzmann winkt: vor dem Lhaukkenr
Macht jeder gagow-günger honnenr.
Venn gratnlieren kann man ja nur
Demjenigen, den er iibertnhr.
Die Schranren sänseln: „kin schönes geschickt
kin prinrliches Lluto brach seit, 6enick —
Mas haben doch manche Leute tür glück!!"
„Völker Europas, schützt eure heiligsten
Güter!"
Bekanntlich wurden die beiden Leutnants in Linz,
die auf die Redaktion der „Wahrheit" mit gezogenem
Säbel drangen, von einigen Handsesten Angestellten
der Druckerei schmachvoll überwältigt und entwaffnet.
Ebenso mußte der temperamentvolle Leutnant in
Zabcru, der die Rekruten zum Niederstechen von
Zivilisten animiert und auf das Haupt jedes zur
Strecke gebrachten „Wackes" zehn Mark Belohnung
ausgesetzt hatte, sich vor der erregten Bürgerschaft
in ein Restaurant flüchten und konnte nur unter
dem persönlichen Schutze feines Regimentskomman-
deurs und zweier todesmutiger Kameraden es wagen,
seine Wohnung auszusuchen.
Diese kaum glaublichen.Ereignisse und die weiteren
im Anschluß daran in Zabcrn und Dcttweilcr statt-
gefundenen Unruhen haben natürlich in den Kreisen
der gutgcsinuicu Bürgerschaft eine tiefgehende Er-
regung hervorgerufcn. Während cs früher zur guten
alten Tradition gehört hatte, daß gelegentlich eiu Offi-
zier einen ihm in den Weg lausenden Zivilisten lall
machte, ist eS jetzt soweit gekommen, daß die Offi-
ziere selber von nicht satisfaktioussähigeu Plebejern
augefalleu und körperlichen Mißhandlungen ausge-
setzt werden! Das ist eiu unerträglicher Zustand,
dem mn jeden Preis abgcholfen werden muss und
in Deutschland sind, wie wir aus sicherer Quelle
erfahren, bereits Maßnahmen ins Auge gefaßt, die
den Führern des Volkes in Waffen wirksamen Schutz
gewährleisten sollen.
So werden demnächst in den belebteren Straßen
aller Garuisoustädte sogenannte „Stationen für erste
Hilfeleistung" eingerichtet werden, in denen Offiziere,
die das Publikum zu verhauen beabsichtigt, jeder-

zeit provisorische Aufnahme und Schutz finden. Die
geängstigten Krieger werden hier zunächst durch kalte
Duschen und Einflüßen von Hoffmaunstropfen be-
ruhigt, sodann in eine kleidsame, aber unkenntlich
machende Proletariertracht gesteckt und von bewaff-
neten Samaritern in unauffälliger Weisen nach ihren
Quartieren geleitet.
Ferner ist ein Komitee national gesinnter deutscher
Frauen damit beschäftigt, mittelst freiwilliger Spen-
den „Kleinlentnantsbewahranstalteu" zu gründen, in
denen mißhandelte jüngere Offiziere sachkundige War-
tung und Pflege von zarter Hand erhalten und bis
zu ihrer völligen körperlichen und geistigen Wieder-
herstellung ein liebreiches Asyl finden sollen.
Die private Wohltätigkeit ist aber allein nicht
imstande, so ausgebreiteten Mißständen abzuhelfen.
Vielmehr erwächst auch der Regicn.mg die Pflicht,
hier energisch cinzugrcifen, und die maßgebenden
Faktoren sind and) bereits emschlosseu, dieser Pflicht
unverzüglich nachzukommen. Es ist beabsichtigt, jedem
Offizier, seinem Rang entsprechend, eine Korporal-
schaft, eine Kompanie, ein Bataillon oder ein Re-
giment als „Schutzkohorte" zu attachieren, die ihn
auf allen seinen dienstlichen und privaten Wegen,
zum Exerzierplatz, zum Licbesmahl, zum Geldvcr-
leiher, zum Barbier, zur Masseuse, ins Dampfbad
oder in den Feldzug begleitet. Mail hofft aus diese
Weise Vorkommnissen wie denen in Liu; und Zabcru
in Zukunft vorzubcugen nud das Offizicrkorps in
seinem alten Glanze als Stolz der Nation zn er-
halten. Die diesbezüglichen Mehrforderungen sollen
dem Reichstag noch vor Neujahr zugcheu. Sulla.

Der Metzgermeister.


„Schnee n'hörl her, oav d' arma Leit waS vadeancr,
damit ma d' Fleischpreis' erhöh'n kann!"

ökonomische Gedankensplitter.
Man spricht von der Allmacht Gottes und be-
tätigt die Allmacht des Geldes.
Wo das Geld fehlt, ist guter Rat am teuerstem
Geld kamt nian sich auch von anderen erwerben
lassen; den Wert des Lebens erwirbt mau nur selbst.
Es gibt geistige Werte, an denen man tun so
reicher wird, je mehr man sie verausgabt.
Wem der gute Anzug fehlt, der soll sich vor der
Liebe hüten'. »
Manche entdecken ihr gutes Herz erst, wenn sie
merken, daß es sich gut bezahlt macht.
Die Welt wird immer humaner. Von Schciler-
haufen, Folter und Kerker ist sie zur Hungerpcitsche
gekommen. Wahrheitsncher sollen darum aus ihrem
leeren Magen Trost und Hoffnung schöpfen. Meth.

Aus feinen Kreisen.
Diel wissenswertes hat der
Prozeß ans Licht gebracht.
Den man der Gräfin Treuberg
In Moabit gemacht:
Wie anders ihr dort oben
Des Menschen Wert taxiert.
Das ward uns niederen, rohem Volk
Recht deutlich demonstriert.
Vor nnserm geist'gen Auge
Erschienen leuchtend da
Die einst'gen Heldentaten
Des Ref'rendars v. A.
Als Pumpgenie und Bummler
Wirkt' er auf Erden hier —
Wir nennen so was Lumpenhund,
Ihr nennt es Kavalier!
Dann glänzt' im Kreis der Jengen
Als hochfeudaler Herr
Und Freund der edeln Gräfin
Ein Oberleutnant R.;
Den hielt die Vielgeliebte
Beim Sektgelage frei.
Schenkt'Kleider ihm und bares Geld
Und sonst noch mancherlei.
Und wenn es kam zum Streite,
So ging's nach altem Brauch:
Sie kriegt geschwoll'ne Backen
Und er ein blaues Ang':
Und wie verschieden zeiget
Auch hier die Wertung sich:
Für euch ist er ein Lebemann,
Für uns ein — Ludewig!
Kurz: roch auch vieles übel.
So brachte immerhin
Der Blick in höhre Sphären
Doch mancherlei Gewinn,
Und mit der schuld'gen Ehrfurcht
Sieht der gemeine Mann,
Daß er ans euren Kreisen doch
Roch vieles lernen kann! En-'la.
 
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