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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 31.1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.8258#0018
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8190

H Dä8

Im 6!sass1and der Oberst Keuler,
Vas ist ein schneidiger 5oldat!
Und ein gelung'nes Uorbild bent er
Wrnnsern Kechis-und Orctnungsstaat.
6r lässt die scharte Zlimine klingen
Und rutt clen jungen Leutnants ru:
„gibt bier cter Uürger keine Kuss',
MüsstibrclasÄilcl^urZtreckebringen!"

Im Llsasslancl cter Oberst Meuter
2eigt Kratt uncl Äürcle stolr vereint,
gewiss clen äusser» Teind nicht scheut er,
Doch weniger noch clen „innern leincl".
gort er cles bürgers Lachen klingen,
Zchulbuben aut clem (Uege Schrein,
gleich fährt der Oberst Zornig clrein:
„ Man muss das (U iid rur Ztrecke bringen!"

Im glsasslanä cter Oberst Keuler,
Mo bat er nur clie Morte her?
Mir brauchen keine ^eichencleuter,
Mir ahnen es von ungefähr.
.Jagdhörner durch die Heide klingen,
Vie gier'ge Meute treibt man an,
Und bettend rutt der Mersmann:
„Man muss das Mild rurZtreckebringen."

Im glsassland der Oberst Keuler,
Mie kommt er aut dies Merwort?
Marum damit dem Uolke dräut er?
hat er's gehört an anderm Ort?

6s scheint auch uns im Ohr ru klingen
Uon einem höhern Kiedestal...
Mo fiel doch trüber schon einmal
Vas Mort vom „Uolk... rur Ztrecke bringen"

vn. juris utriusque.
Wenn der Doktor juris Zagow
lischt zu tun hat, schreibt er was.
Erstens amüsiert das viele,
Zweitens macht's ihm selber Spaß.
Heute schreibt ja jeder Zllngling
Voller Mut und Tatendrang;
Also schreibe, lieber Zagow,
Fingerdick und meterlang.
Schreib' von Len; und Lust und Liebe,
Von Drkan und Meeresgischt,
Bloß vom Zus, da laß die Finger:
Mensch, davon verstehste nischt! P R.

väterliche Warnung.
Der Dardeleutnant v. Brandenstein hat den Abschied erhalten,
weil er sich aus religiösen Gründen als vuellgegner bekannte.
Willst du, mein Söhnchen, werden
2m deutschen Vaterland
Bei Linie oder Garde
Lin stolzer Leutenant,
So bleibe fest im Glauben,
Da nur ein guter Lhrist,
wie du's aus höchstem Munde weißt,
Lin guter Krieger ist.
Doch halte Maß auch hierin,
Und gehe nicht zu weit
Mit deinem (Christenglauben
Und deiner Frömmigkeit,
Venn unser Herr Heiland,
So hoch ich ihn verehr',
Hat leider.keinen blassen Dunst
vom preuß'schen Militär.
2n seiner Dienstauffassung
Zeigt er sich riesig schlapp,
Und für die Leutnantsehre geht
2hm das Verständnis ab.
Drum macht er manchen Schnitzer,
So gut er es auch meint:
„Du sollst nicht töten!" spricht er,
Und „Liebe -einen Feind!"
2ch aber rat' dir: Falle
kluf so was nicht hinein,
pauk' lieber auf Pistolen dich
Und krumme Säbel ein!
Und wenn dich einer fordert,
Besinne dich nicht lang', —
Venn höher als die Bibel steht
Der preuß'sche Holzkomment! Krminius.

Ein feierlicher Augenblick.
Der große Patriot lag auf dem Sterbelager und
sein müder Geist umfaßte rasch noch einmal den
vielen Grund- und Geldbesitz, von dem es nun Ab-
schied nehmen hieß. Dann aber ließ er seine wieder
lebhafter werdenden Blicke der Reihe nach rings ans
den „liebenden Verwandten" ruhen, die noch immer
nicht recht wußten, was für eine Teufelei sich der
„verrückte alte Junggeselle" wohl ersonnen haben
mochte, als er sie durch seilten Sekretär eiligst „zu-
saminendepcschieren" ließ.
Da hörten sie ihn gerade seufzen: „Legt mir...
einen Regenschirm ... mit in den Sarg, ihr Lieben ...
denn .. . ihr werdet Tränenströme... vergießen . ..
wenn..."
Hier schwieg er. Aber auch der „Kreis der Lieben"
schwieg; denn das war eilt bißchen stark gewesen.
Zum Glück nahm der so taktlos aus der Welt Ver-
scheidende schon nach wenigen Sekunden den Faden
seiner Rede wieder auf und ächzte: „Bitte... miß-
versteht mich nicht, ihr Lieben! Ihr seid alle . ..
alle ... meine Erben, und ..."
Der „Kreis" atmete auf.
„. . . ich zweifle auch gar nicht an der Echtheit
eurer Tränenströme . .
Der Kreis beteuerte das und hatte Lust, zu
schwören.
„., . von dem Augenblick an, wo ihr erst mal
bemerkt haben werdet . . . wieviel Geld euch das
kostet . . . daß . . . der Staat sich von mir . . .
lange Jahre hindurch ... hat um die Steuern be-
mogeln ... l . . ."
Der Kreis wollte schimpfen, aber der große
Patriot war schon tot. T.

Die ewige Krisis.
Es geht ein Wort von Mund zu Mund:
Es kriselt!
Verhüllt ist noch das neue Jahr —
Das eine nur ist allen klar:
Es kriselt.
Man schielt zu Bethmanns Kanzlerschloß
Es kriselt.
Ob er das nächste Jahr erlebt?
Ob er am Sitz noch weiter klebt?
Es kriselt.
Die ganze Wilhelmstraße bebt:
Es kriselt.
Die Straßburger Statthalterei
Schwankt und manch andres nebenbei
Es kriselt.
And Volk und Reichstag weiß nur dies:
Es kriselt.
Jeder Minister harrt des Tritts,
And keiner weiß: wann kommt der Blitz??
Es kriselt... .

Militärische Geheimnisse.
Wenn du vom Militär was weißt.
Verschließ es fest in deinem Sinn
And plauder's ja nicht, ja nicht aus —
Wie leicht steckt ein „Geheimnis" drin.
And wenn ein Unteroffizier
Mit Püffen die Rekruten zwingt —
Die Obern haben's nimmer gern.
Wenn.so was in die Masse dringt!
And gibt es einen „Todesmarsch",
Wo zwecklos manches Opfer fällt —
Laß solch intime Wissenschaft
Nicht dringen in die arge Welt!
Selbst wenn ein Hauptmann etwa in
Ein fremdes Eh'bett dringt hinein.
Daß die Moral zu Schaden kommt —
„Geheimnis" soll auch dieses sein!
Sonst kommt der Bruder Staatsanwalt
And klagt dich des „Verrates" an —
O Gott, es war nicht bös gemeint,
Du aber bist ein „toter Mann".
Geworfen wirst du ins Verließ
Viel Monde, viele Jahre lang.
Indes die Weltgeschichte geht
Geruhig weiter ihren Gang.
And kommst du wieder an das Licht,
Gebrochen ist dir dann die Kraft,
Zermürbt der Geist, verweht das Glück
Von all der langen Kerkerhaft.
Drum hüte deine Zunge wohl,
Soweit's das Militär betrifft.
Denn selbst das unschuldsvollste Wort,
Geahndet wird's wie Dolch und Gift. Kl.
Kein Wunder.
Der Herr Pfarrer spielte sonst einen ganz guten
Skat im Wirtshaus zum „Goldenen Ochsen". . .
aber heute war er direkt ungenießbar! Er machte
Fehler aus Fehler, riß unschuldige Leute mit hinein,
wurde sacksiedegrob gegen sie und verlor drei Mark
achtzig. Da schmiß er die Karten als „Blendwerk
der Hölle" zur Erde und ging!
Der Ochsenwirt schaute ihm kopfschüttelnd nach;
doch der Lehrer war gar nicht verwundert. „So un-
gefähr kenkk' ich mich da schon aus!" meinte er: „Und
ich wette... bei dem hat heute ein Kirchenräuber
gebeichtet!!" _—_
Glosse.
Die Nationalhymne für das geplante Königreich
Albanien soll nach einer bekannten Melodie zu singen
sein mit dem Resrain: Wiede-Wied-Bum-Bum!
 
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