Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung (31.1914)

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Zorstners Bundesgenosse.

wehe, wenn er losgelassen!


o O O

vor dem Hause des Herrn Ministers.
Das große Palais im vornehmen viertel
Liegt einsam, wie ausgestorben da,
Der Herr Minister weilet im Süden
3um Schutz gegen Kälte und Podagra —
E> armer, armer Minister!
Kuf der Straße steht ein wüster Gesell
Mit jämmerlich schlotterndem Gebein,
Oie dürren Glieder von Lumpen umhüllt,
So starrt er hinüber in brennender Pein
Zum Hause des Herrn Ministers.
Dort, dreißig unbewohnte Gemächer,
Und er schon so lange obdachlos;
Oie wenigen Nickel, die er erbettelt,
verbraucht er für Schnaps, denn die Kälte ist groß
vorm Hause des Herrn Ministers.
Lin fein Livrierter tritt aus dem Tore,
Der sieht im leuchtenden vollmondsche.n
Den taumelnden, verlumpten Gesellen;
„Ha!" faucht er wütend, „besoffenes Schwein,
Hinweg vom Haus der Ministers!"
Ein Stoß in die Rippen — dann eilt ervon dannen;
Der Bursche lacht wild: „Du Pausbackgesicht,
Und wenn noch zehn solcher Kerle kommen,
Beim Hhnmcl, ich weiche und wanke nicht
vom Hause des Herrn Ministers."
Er greift zu der Flasche und schließt die Lider,
„Uch! Schlafen! da fühlt man nicht Elend und Not!"
So schläft er hinüber... am andren Morgen
Fand man ihn mit steifen Gliedern, tot —
vorn, Hause des Herrn Ministers.
Fluna Julia Wolff.
Kulturaufgabcn.
Landesfürst: Da sagt mau mir »ach, ich hätte
keinen Sinn für Kulturaufgaben. Dabei habe ich
in diesem Jahre bereits die beiden Hirsche malen
lassen, die ich erlegt habe.

KHerlei anzeigen.

Meiner werten Kundschaft diene es zur Nachricht, daß
ich meinen Laden am 13. Januar wieder eröffne.
„Des Königs Nock"
baumelt draufen gleich links von der Tür; rechts da-
neben aber habe ich den
Nock eines Streikbrechers
sozusagen als Wahrzeichen der Innung und Lanner mei-
nes kommenden „Blocks" hinausgehängi!
Nlthändler vethmenn.
Himmeldonnerwetter.'!
wann tritt nun endlich der automatische Staatsmann
„Maschinengewehr" in Fiktion und regiert nach der
Kabinettsordre von klnno Tobak... ?
Graf Westarp L La.
Kapitalisten! Jetzt, wo ihr den weg zum Altars des
Vaterlandes betreten habt, infe ich euch beschworene zu:
Seid ehrlich, ehrlich, ehrlich...
denn sonst pump' ich ganz einfach die Sozialdemokratie
an!! Oer Reichsschatzsekretär.

Gedankensplitter.
Die Toilettenfrau unterscheidet sich von einem
Parlamentspräsidentin dadurch, daß sie wohl die
Gcschästsleituug hat, nicht aber die Sitzungen an-
beraumen kann.

Gedanke eines Staatsanwalts.

„Schon die Natur hat Vorsorge getroffen, daß die
Gedankenfreiheit nicht um sich greift, denn sonst hätte
sie keine Gehirnzellen geschaffen." W.

Die Wandlung des Rechts im Deutschen Reich.


Neuster Iagow-Ukas.
„Es wird das Recht auf die Straße verkündet.
Die Streße gehört mir.
Bci Widcripruch dagegen hol' ich meinen „großen
Bruder", der soeben dreiuudvierzig Tage Kicksten
aufgehängt gekriegt hat.
Ich warne Berlin! v. Jagoiv."

Scherzo.
„Sagen Sie, warum wird Hehdcbrand denn immer
der ungekrönte König genannt?"
„Weil mau der Unverschämtheit die Krone nicht
aussctzen will."

Die Gräfin.
Zn Ungarn ist eine Gräfin gestorben.
Die hatte manchen Goldfuchs erworben
Vom Vater, vom Ahnherrn und sonst noch wem;
Kurzum, sie lebte recht bequem.
Die Zeitung berichtet's mit Ehrfurcht. ...
Die wackere Gräfin hinterließ
Beim Einzug ins himmlische Paradies
An sechzig Kostüme — du meine Güte! —
Und lll) entzückende Hüte.
Die Zeitung berichtet's mit Ehrfurcht....
Ein jedes Kostüm kostet 5VM Mark —
Für eine Gräfin ein reiner Quark.
Für jeden der Hüte tat sic berappen
Lächelnd einen bis zwölf braune Lappen.
Tie Zeitung berichtet's mit Ehrfurcht....
Sie zahlte Vicrhunderttausend in lar
Für ihre Kleidung in jedem Jahr.
Juwelen, Pferde und Schmauserei,
Das alles ist noch nicht dabei —
Die Zeitung berichtet's mit Ehrfurcht. ...
Sb wohltätig war der Gräfin Sinn?
Wie sie bezahlte die Näherin?
Sb sie in aller Prasser-Pracht
Einmal des hungernden Nächsten gedacht?
Die Zeitung verschweigt cs in Ehrfurcht....