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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 31.1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.8258#0046
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8218

<Z^ preussische ^usli^.

8ch!äg8t äu in Aivi1i8ten8chääel
)sl8 OMier ein blut'ge8 Loch,
Aii8t vom Bericht äu sieige8prochen
Unä Kriegs 80931 'nen Oräen noch'
Auch äarkt äu 8tteikenäe Proleten
kriechen unä ei8chie88en, 5ohn,
Im ?all, äa88 äu a>8 Lirbeit8wiII'ger
Am Stütte äien8t ^Itar unä Lkron.

Unci bi8t äu 8tad8oss'rier8gemakiin
Unä mach8t äu äeinen Latten kalt,
80 8ucht in allen Sanatorien
Uni8on8t nach äir äer 8taat8anwalt;
Doch um bei Meineiä äeine8 Va8ein8
vich völlig 8trallo8 ru erlreun,
Mu88t äu lünchunäert Llbnen ^äblen
Unäminäe8ten8 8chonvurchlaucht8ein

Mit gänzlich anäern Maa88en aber
Wi88t äich äer preu88i8che,^uri8t,
Ulenn bei äer rotge8innten Pre88e
Ll>8 peäakteur äu tätig bi8t;
Auma! wenn äich äer Leusel plagte,
Va88 äu ri8kierte8t ohne 5cheu,
Va8 muntre Lreiben aufruäecken
Der back8chi8chsroben Polizei.

Unä ba8t äu alle8 auch bewie8en
Unä i'8t äein ssecht klar wie IUi8taII
Unä 8tinkt äer Unflat auch gen Himmel:
Du wir8t verknack8t in jeäem ?all!

Drum rat' ich äir ru äeinem heile,
5chwör' lieber einen laichen 6iä
Unä raub' unä moräe, äoch entbülle
hie Zchweinerei'n äer Obrigkeit!

Urminiur.

Ernste Zeiten.
Ernst, das kann man nicht bestreiten.
Ist die Zeit — spricht Theobald —
Dünn gesät sind unsre Freuden,
Doch die Schmerzen mannigfalt.
Überall, wohin ich blicke,
Nörgelei und Zank und Streit,
Nirgends Einfalt, Fried' und Demut
And Vertrau'n zur Obrigkeit.
Alles flucht auf Zoll und Steuern,
And es weiß doch jedes Kind,
Daß sie meinen hohen Herren,
Den Agrariern, nützlich sind!
And des Elsaß feige Bande
Nimmt Reißaus und hält nicht still.
Wenn zu ihrem Wohl der preuß'sche
Leutnant sie verhauen will!
Ja, wenn sie bei schlechter Laune,
Schimpfen die Regierung aus
Selbst die Edlen und Erlauchten
Zu Berlin im Herrenhaus!
Kurz, auf unsrer Zukunft lastend
Ruht ein Nebel, grau und dick.
And nur wen'ge heitre Punkte
Zeigen sich dem düstern Blick:
Wenn wir irren oder straucheln.
Leiten auf die rechte Spur
Ans zurück die weisheitvollen
Telegramme aus Langsuhr.
And wenn alles aus den Fugen
And das Weltenende nah.
Ist als letzter Rettungsanker
Anser Traugott Iagow da! Lehmann.
Ein Vorschlag zur Staatsvereinfachung.
Sieben Preußische Minister sind wirklich nicht
nötig, um das gute Volk von Preußen in gewohnter
Weise weiterzuregieren! Die beiden Minister für
Polizei und Justiz könnten ganz gut als bloße Ge-
heimräte des Kriegsministers fungieren; und der
Minister für den „Geist" könnte ohne weiteres bei
dem Minister für Rindviehzucht Unterschlupf finden.
_— T.
Vorsicht ist geboten.
Die Firma Krupp stößt beim Abschluß von Feuer-
versicherungen neuerdings auf Schwierigkeiten. Die
Versicherungsgesellschaften verhalten sich ablehnend,
weil die Gefahr einer neuen Brand-Katastrophe zu
groß ist.

Von den Äberpreußen.
Der Superintendent Rödenbeck bemängelte an den
Süddeutschen, daß sie zu viel Weingeist im Blut hätten.
Das Sprichwort sagt: in vino vsrikss, im Wein
ist Wahrheit! Wer hat schon mal etwas Ähnliches
vom Kartoffelfusel behauptet?
Generalleutnant v. Kracht erzählte, daß die Bayern
in der Schlacht von Orleans davongelausen seien,
während die Preußen flott angegriffen hätten.
Eine Frage: Wer ist denn bei Jena und Auer-
städt davongelaufen, nachdem noch kurz vorher der
Preußische General und Maulheld Nüchel versichert
hatte, solche Strategen wie den Napoleon hätte die
preußische Armee mindestens zwanzig aufzuweisen?
U. A. w. g.!
Generalleutnant v. Wrochcm klagte: „Wir sind
wohlhabend geworden und dadurch verweichlicht, welt-
bürgerlich, unmännlich!" Wogegen Generalmajor
Rogge betonte, der Stock Friedrich Wilhelms des Er-
sten habe ein Geschlecht erzogen, das nur in Sparta
seinesgleichen hatte.
Woraus ein wertvoller Fingerzeig zu entnehmen
ist, wie die Wrochems und feine Echtpreußen wieder
spartanisch hart gemacht werden könnten.
Superintendent v. Gerlach verlangte, daß der über-
schüssige Witz der Echtprenßen, der sich aus den
Preußcntagen nicht entladen kann, sich in einem neu
zu schaffendcu aggressiven Witzblatt Niederschlage.
Bravo! Wir freuen uns bereits daraus und empfehlen
den Herren in guter Kollegenschaft sogar einen Titel
für ihr Blatt. Es soll heißen: „Die große Schwarte."
Die Wächter.
Die deutschen Bischöfe eiferten gegen die Unmoral der
modernen Frauenkleidung.
Es stört die Kleidung der heutigen Frau
Die hochwürd'gcn Herren gar sehr — schau, schau.
Man sieht durch die Blusen
Beinahe den Busen —
Die hochwürd'gcn Herren, die sehen's genau!
Die heutige Frau — das steht mau von fern —
Hat keine Beschäft'gung, als häufig und gern
Die Sinne zu schüren.
Den Mann zu verführen, —
Das wissen besonders die hochwürd'gcn Herrn.
Die Frau blieb genau so wie Eva Warr
Nur sie bringt die heil'ge Moral in Gefahr.
Die pechschwarzen Wächter,
Die Sittlichkeits-Pächter,
Die lerne» das schon auf dem Seminar.
Doch, — denke ich her und denke ich hin, —
Es will mir das eine nicht in den Sinn:
Weiin's euch so empöret.
Die Ruhe euch störet.
Was seht ihr so eifrig denn danach hin?

Den Frommen!
Ihr wißt für alles die Erklärung
In einem frommen Bibelwork.
Jedoch, wie gut auch die Belehrung,
Eins disputiert ihr nimmer fort:
Wie ihr auch in den Kirchen lungert
And schwöret auf das heil'ge Buch, —
Ein jedes Kind, das heute hungert.
Ist der lebend'ge Widerspruch!
Vogel-Strauß-Politik.
In Groß-Berlin sind fünfunddreißig neue Kirchen
im Bau oder projektiert.
Das ist eine vorzügliche Maßregel gegen die Kirchen-
flucht der Berliner. Hoffentlich ahmt man diese Me-
thode auch auf anderen Gebieten nach.
So würde es sich empfehlen, dem ewigen, törichten
Gerede von der Fleischnot dadurch zu begegnen, daß
man eine Menge neuer Schlachthäuser baut.
Um dem Volk die heutige Justizpflege verständ-
licher und genießbarer zu machen, ist weiter nichts
nötig, als neue Paragraphen zu schmieden, da die
vorhandenen anscheinend dazu nicht ausreichtcn.
Di« wachsende Unbeliebtheit des Klerus und des
Militarismus bekämpft man ja schon heute durch
Massenbau von Klöstern und Kasernen.
Schade, daß diese Methode auf dem wichtigsten
Gebiet versagt: man kann den republikanischen Ge-
fühlen nicht durch Errichtung neuer Monarchien
begegnen! Denn alle vakanten Stellen sind besetzt.

Lieber Wahrer Jacob!
In Neu-Kölln weiß die Stadtverwaltung ihren
Bürgern in dieser schlechten Zeit wenigstens guten
Trost zu spenden. Im Lokal der Städtischen Steuer-
annahmestelle ist weithin sichtbar ein rotes Plakat
ausgehängt, aus dem sich das „Städtische Leihamt"
einem werten Publikum bestens empfiehlt.
Dieser Ankündigung liegt zweifellos eine glück-
liche Jdccnassoziation zugrunde: zuerst wird dem
Steuerzahler der letzte bare Groschen abgeknöpft,
dann winkt ihm zum Ersatz seines Verlustes das
hoffnungspendcnde Versatzamt...

Mißverstanden.
Ein Baron v. Stauffen, der in einem Prozeß als
Zeuge vernommen werden sollte, erschien verspätet
vor dem Verhaudlungszimmer und fragte, den
Klemmer auf die Nase drückend, den Gcrichtsdiener:
„Sagen Sie, mein Lieber, bin ich hier richtig?"
„Da müssen Se drin den Psychiater fragen",
lautete die Antwort. LL.
 
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