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Ein edler Freund.
Vie Japaner erklärten, daß ihnen jede Feindschaft gegen Deutschland fremd sei.
In allen Lrdenteilen
Des Krieges Fackel loht,
Im Norden, Osten, Westen
Lind wir vom Feind bedroht,
Der Haß regiert die Herzen-
Doch weiß ich ein Gemüt,
Das still im fernsten Morgenland
In Liebe für uns glüht.
Mit lächelndem Gesichte
Und frommer Leelenruh'
Naubt' unser gelber Gönner-
Das deutsche Mautschouf
Doch nicht zu eig'nem Nutzen
Stahl er die Kolonie:
Nein, weil sie China zugehört,
Nahm er in Schutzhaft sie!
Auch in der Südsee draußen
Hat diese biedre Haut
So manches deutsche Plätzchen
Sich stillvergnügt geklaut;
„Doch nicht für mich, bewahre!" -
Er schwört's mit frommem Blick -
„Nein, an Australien geb' den Naub
Ich nach dem Krieg zurück!
„Den tapfern Deutschen aber
Bin ich aufrichtig hold,
Ist klebrig auch-mein Finger,
Mein Herz ist treu wie Gold!" -
Drum sei getrost, mein Deutschland,
Dieweil's noch einen gibt,
Der dich in dieser bösen Zeit
Uneigennützig liebt! armmms.
Feldpostbriefe.
VIII.
Lieber Maxe! Ich danke Dir sehr für Deinen
gut gemeinten Brief mit die freudigen Nach-
richten über Dein Wohlbefinden. Aber zu prä-
peln hast Du mir wieder nichts geschickt und
Du' suchst Dir vergebens mit de» irrtümlichen
Vorwand zu entschuldigen, daß Du im Lokal-
Anzeiger gelesen hättest, die Verpflegung der
deutschen Truppen wäre andauernd gut und
reichlich. Lieber Maxe, ich warne Dir in alte
Freundschaft ernstlich vor die Lektüre des Lokal-
Anzeigers, denn dieses Blatt ist für einen brust-
schwachen Menschen mit Deine lückenhafte Bil-
dung nicht verständlich genug. Höre vielmehr
auf das, was ich Dir schreibe, und glaube mir:
Hungern brauchen wir nicht, denn Nahrung ist
fast immer reichlich vorhanden, und Jullasch
ist auch ein gutes Essen, — aber zwei Monate
egal Jullasch, das widerstreitet die menschliche
Natur! Und in diese Lage befinde ich mir. Der
Unteroffizier, der bei unsere Kompagnie das
Kochen besorgt, hat nämlich bei die Feldküche
nichts anderes nicht gelernt wie Jullasch. Das
sticht nun in ihm drinne und ist nichts gegen
zu mächen. Was er auch unter die Fingern
kriegt, es wird egal Jullasch. Neulich war die
Kompagnie zufällig in den Besitz von zehn
Kilo Kaffeebohnen gekommen, und wir freuten
uns schon alle. Aber, was soll ich Dir sagen,
wie er das Getränk fertig hatte, da war es
Jullasch — dem Aussehen genau und dem Ge-
schmack nach so ziemlich. Aber abgesehen von
diese Begabung unseres Küchenunteroffiziers
Haben auch die Requisitionen ihre höllischen
Schwierigkeiten, und oft kommt etwas sehr un-
verhofftes bei heraus, was ich Dir mit den
nachfolgenden Vorfall beweisen werde.
Also vergangene Woche wurden wieder mal
zwei Requisitionspatrouillen ausgeschickt, jede
zu vier Mann mit einen Gefreiten als General-
stabschef. Dek eine war Lehmann IX., der an-
dere Schultze XVII., beide in Präpelsachen ge-
wiegt und auch sonst sehr dufte Jungen. Sie
zogen, von die heißen Segenswünsche begleitet,
in entgegengesetzte Richtungen los und mar-
schierten feste weg. Nach gute zwei Stunden
entdeckt Schultze XVII, wie er gerade aus einen
Wald heraustreten will, in das gegenüber-
liegende Gehölz eine starke feindliche Abteilung,
die er auf ungefähr fünfzig Mann schätzte. Die
Brüder hatten sich fein ins Gestrüpp verstochen,
so daß man bloß ihre Gewehrläufe blitzen sah,
Schultze, der sich ebenfalls in sichere Deckung
befand und auch sonst ein knolliger Draufgänger
ist, ruft, wie wir das hier gelernt haben, auf
Franzeesch 'rüber, sie sollen sich ergeben, aber
als Antwort kriegt er bloß eine kolossale Salve.
Also kommandiert er auch seinerseits Schnell-
feuer, und nun beginnt ein Geschieße, daß wir
es bis in unsere Schützengräben hören konnten.
Inzwischen fing es an, schummerig zu werden,
und Schultze'n seine kleine Heldenschar ging
allmählich die Munition aus. Aber er wollte
sich das nicht merken lasse», sondern forderte
den Feind nochmals mit brüllender Stimme
auf, sich zu ergeben, ließ dann Seitengewehr
aufpflanzen und ging mit Hurra zum Bajonett-
angriff vor. Aber im selben Augenblick hatte
sich auch der Gegner aufgerappelt und brach
auch aus seine Deckung heraus.
Nun stelle Dir Schultzen seinen freudigen
Stolz vor, als er gleich auf dem ersten Blick
wahrnehmen konnte, daß er mit seine gut ge-
lenkte Feuerwirkung die feindliche Übermacht
bis auf einen popligen Rest zusammengehauen
hatte: es waren nicht mehr als fünf Mann
die in die abendliche Dämmerung unter sürchl
terliches Gebrüll zum letzten Kampf auf Leben
und Tod gegen seine Front losstürmten! Aber
die Freude dauerte bloß eine Sekunde, denn
wie sich die feindlichen Linien auf eine halbe
Pferdelänge gegenüber standen, , da war es
Schultzen, als ob er den Dod in die beiden
Beine kriegte: Himmeldunnerjackstock, das war
doch kein Franzose und kein Engländer nicht,
das war doch richtig gehende Berliner Garde,
und zwar ausgerechnet Lehmann IX. mit
seine Requisitionspatrouillb! Jetzt kriegte es
aber Schultze mit die Wut: „Warum hast du
Dunstkiepe mir nicht erkannt?" schrie er Leh-
mann an. Lehmann brüllte ihn die Frage
retour, wobei er ihm in beleidigende Weise
als einen dowen Bouillonkopp titulierte und
sich mit grimmigen Spott über Schultzen sein
miserables Schießen äußerte: „Fünfhundert
Schuß und nicht ein einziger lausiger Treffer!
Du bist wohl nie aus die vierte Schießklasse
'rausgekommen?" Dasselbigte mußte sich aber
auch Lehmann wieder sagen lassen, und die
gegenseitigen Entschuldigungen, daß sie bei-das
schlechte Licht und die sichere feindliche Deckung
nicht besser hätten abkommen können, fruchteten
nischt. Das Ende war, daß die beiden Ge-
freiten sich bei die Ohren kriegten und in eine
Keilerei ausbrachen. Erst als Lehmann einen
halben Schnurrbart und Schultze einen ganzen
Backzahn verloren hatte, wurde das Gefecht
eingestellt, und weil es inzwischen ganz duster
geworden war, marschierten unsere zwei Re-
quisitionspatrouillen wieder ins Lager retour.
Der Empfang von feiten der Kompagnie war
zweckentsprechend, und ich sage bloß: Ehren-
pforten haben wir die Herrschaften nicht ge-
baut!
Aber zu präpeln hatten wir auch nischt,
denn außer Lehmann' seine Bartfusseln und
Schultzen seinen Backzahn brachten sie nichts
mit, und die wollten wir nicht, obwohl ich
nicht daran zweifele, daß unser Küchenunter-
osfizier auch aus dieses Material Jullasch hätte
Herstellen können.
Lieber Maxe, Du erkennst aus diese Tat-
sache, mit was für welche Schwierigkeiten
die Verpflegung der im Felde stehenden
Truppen zu kämpfen hat, und ich hoffe, daß
Du mir nicht elend in Jullasch umkommen
lassen willst, sondern vielmehr durch eine um-
gehende Sendung Deine patriotische Pflicht
mit mindestens drei Pfund Dauerwurst be-
kräftigen wirst.
In diese Voraussetzung verbleibe ich bis dahin
Dein Freund
August Säge jun., Garde-Grenadier.
X8. Es kann auch durchwachsenes Bauch-
speck sind.
Ein edler Freund.
Vie Japaner erklärten, daß ihnen jede Feindschaft gegen Deutschland fremd sei.
In allen Lrdenteilen
Des Krieges Fackel loht,
Im Norden, Osten, Westen
Lind wir vom Feind bedroht,
Der Haß regiert die Herzen-
Doch weiß ich ein Gemüt,
Das still im fernsten Morgenland
In Liebe für uns glüht.
Mit lächelndem Gesichte
Und frommer Leelenruh'
Naubt' unser gelber Gönner-
Das deutsche Mautschouf
Doch nicht zu eig'nem Nutzen
Stahl er die Kolonie:
Nein, weil sie China zugehört,
Nahm er in Schutzhaft sie!
Auch in der Südsee draußen
Hat diese biedre Haut
So manches deutsche Plätzchen
Sich stillvergnügt geklaut;
„Doch nicht für mich, bewahre!" -
Er schwört's mit frommem Blick -
„Nein, an Australien geb' den Naub
Ich nach dem Krieg zurück!
„Den tapfern Deutschen aber
Bin ich aufrichtig hold,
Ist klebrig auch-mein Finger,
Mein Herz ist treu wie Gold!" -
Drum sei getrost, mein Deutschland,
Dieweil's noch einen gibt,
Der dich in dieser bösen Zeit
Uneigennützig liebt! armmms.
Feldpostbriefe.
VIII.
Lieber Maxe! Ich danke Dir sehr für Deinen
gut gemeinten Brief mit die freudigen Nach-
richten über Dein Wohlbefinden. Aber zu prä-
peln hast Du mir wieder nichts geschickt und
Du' suchst Dir vergebens mit de» irrtümlichen
Vorwand zu entschuldigen, daß Du im Lokal-
Anzeiger gelesen hättest, die Verpflegung der
deutschen Truppen wäre andauernd gut und
reichlich. Lieber Maxe, ich warne Dir in alte
Freundschaft ernstlich vor die Lektüre des Lokal-
Anzeigers, denn dieses Blatt ist für einen brust-
schwachen Menschen mit Deine lückenhafte Bil-
dung nicht verständlich genug. Höre vielmehr
auf das, was ich Dir schreibe, und glaube mir:
Hungern brauchen wir nicht, denn Nahrung ist
fast immer reichlich vorhanden, und Jullasch
ist auch ein gutes Essen, — aber zwei Monate
egal Jullasch, das widerstreitet die menschliche
Natur! Und in diese Lage befinde ich mir. Der
Unteroffizier, der bei unsere Kompagnie das
Kochen besorgt, hat nämlich bei die Feldküche
nichts anderes nicht gelernt wie Jullasch. Das
sticht nun in ihm drinne und ist nichts gegen
zu mächen. Was er auch unter die Fingern
kriegt, es wird egal Jullasch. Neulich war die
Kompagnie zufällig in den Besitz von zehn
Kilo Kaffeebohnen gekommen, und wir freuten
uns schon alle. Aber, was soll ich Dir sagen,
wie er das Getränk fertig hatte, da war es
Jullasch — dem Aussehen genau und dem Ge-
schmack nach so ziemlich. Aber abgesehen von
diese Begabung unseres Küchenunteroffiziers
Haben auch die Requisitionen ihre höllischen
Schwierigkeiten, und oft kommt etwas sehr un-
verhofftes bei heraus, was ich Dir mit den
nachfolgenden Vorfall beweisen werde.
Also vergangene Woche wurden wieder mal
zwei Requisitionspatrouillen ausgeschickt, jede
zu vier Mann mit einen Gefreiten als General-
stabschef. Dek eine war Lehmann IX., der an-
dere Schultze XVII., beide in Präpelsachen ge-
wiegt und auch sonst sehr dufte Jungen. Sie
zogen, von die heißen Segenswünsche begleitet,
in entgegengesetzte Richtungen los und mar-
schierten feste weg. Nach gute zwei Stunden
entdeckt Schultze XVII, wie er gerade aus einen
Wald heraustreten will, in das gegenüber-
liegende Gehölz eine starke feindliche Abteilung,
die er auf ungefähr fünfzig Mann schätzte. Die
Brüder hatten sich fein ins Gestrüpp verstochen,
so daß man bloß ihre Gewehrläufe blitzen sah,
Schultze, der sich ebenfalls in sichere Deckung
befand und auch sonst ein knolliger Draufgänger
ist, ruft, wie wir das hier gelernt haben, auf
Franzeesch 'rüber, sie sollen sich ergeben, aber
als Antwort kriegt er bloß eine kolossale Salve.
Also kommandiert er auch seinerseits Schnell-
feuer, und nun beginnt ein Geschieße, daß wir
es bis in unsere Schützengräben hören konnten.
Inzwischen fing es an, schummerig zu werden,
und Schultze'n seine kleine Heldenschar ging
allmählich die Munition aus. Aber er wollte
sich das nicht merken lasse», sondern forderte
den Feind nochmals mit brüllender Stimme
auf, sich zu ergeben, ließ dann Seitengewehr
aufpflanzen und ging mit Hurra zum Bajonett-
angriff vor. Aber im selben Augenblick hatte
sich auch der Gegner aufgerappelt und brach
auch aus seine Deckung heraus.
Nun stelle Dir Schultzen seinen freudigen
Stolz vor, als er gleich auf dem ersten Blick
wahrnehmen konnte, daß er mit seine gut ge-
lenkte Feuerwirkung die feindliche Übermacht
bis auf einen popligen Rest zusammengehauen
hatte: es waren nicht mehr als fünf Mann
die in die abendliche Dämmerung unter sürchl
terliches Gebrüll zum letzten Kampf auf Leben
und Tod gegen seine Front losstürmten! Aber
die Freude dauerte bloß eine Sekunde, denn
wie sich die feindlichen Linien auf eine halbe
Pferdelänge gegenüber standen, , da war es
Schultzen, als ob er den Dod in die beiden
Beine kriegte: Himmeldunnerjackstock, das war
doch kein Franzose und kein Engländer nicht,
das war doch richtig gehende Berliner Garde,
und zwar ausgerechnet Lehmann IX. mit
seine Requisitionspatrouillb! Jetzt kriegte es
aber Schultze mit die Wut: „Warum hast du
Dunstkiepe mir nicht erkannt?" schrie er Leh-
mann an. Lehmann brüllte ihn die Frage
retour, wobei er ihm in beleidigende Weise
als einen dowen Bouillonkopp titulierte und
sich mit grimmigen Spott über Schultzen sein
miserables Schießen äußerte: „Fünfhundert
Schuß und nicht ein einziger lausiger Treffer!
Du bist wohl nie aus die vierte Schießklasse
'rausgekommen?" Dasselbigte mußte sich aber
auch Lehmann wieder sagen lassen, und die
gegenseitigen Entschuldigungen, daß sie bei-das
schlechte Licht und die sichere feindliche Deckung
nicht besser hätten abkommen können, fruchteten
nischt. Das Ende war, daß die beiden Ge-
freiten sich bei die Ohren kriegten und in eine
Keilerei ausbrachen. Erst als Lehmann einen
halben Schnurrbart und Schultze einen ganzen
Backzahn verloren hatte, wurde das Gefecht
eingestellt, und weil es inzwischen ganz duster
geworden war, marschierten unsere zwei Re-
quisitionspatrouillen wieder ins Lager retour.
Der Empfang von feiten der Kompagnie war
zweckentsprechend, und ich sage bloß: Ehren-
pforten haben wir die Herrschaften nicht ge-
baut!
Aber zu präpeln hatten wir auch nischt,
denn außer Lehmann' seine Bartfusseln und
Schultzen seinen Backzahn brachten sie nichts
mit, und die wollten wir nicht, obwohl ich
nicht daran zweifele, daß unser Küchenunter-
osfizier auch aus dieses Material Jullasch hätte
Herstellen können.
Lieber Maxe, Du erkennst aus diese Tat-
sache, mit was für welche Schwierigkeiten
die Verpflegung der im Felde stehenden
Truppen zu kämpfen hat, und ich hoffe, daß
Du mir nicht elend in Jullasch umkommen
lassen willst, sondern vielmehr durch eine um-
gehende Sendung Deine patriotische Pflicht
mit mindestens drei Pfund Dauerwurst be-
kräftigen wirst.
In diese Voraussetzung verbleibe ich bis dahin
Dein Freund
August Säge jun., Garde-Grenadier.
X8. Es kann auch durchwachsenes Bauch-
speck sind.