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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 32.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.8259#0247
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flutf) ein Standbild.

Die deutschen Schweinezüchter und Metzgermeister Huben beschlösse»,
ein eisernes Schwein zu errichten zum Andenken cm die Kriegsgewinne
des Jahres 1915.

m ftobcltpäne. e®.

Es fließt das Vlut in Strömen
I» dieser grausen Zeit,

Und trauernd löscht die Leuchte
Der Geist der Menschlichkeit.

Wer trocknet all die Tränen,

Die jedes Volk vergießt?

Wer mag die Zukunft schauen,

Die dieser Kampf erschließt?

Und doch — wer in dem Streite
Den Tod des Helden fand,

Ter träumte sich im Sterben -
Ei» schönres Vaterland.

Die Moskauer Geheimkonferenz hat beschlossen für den Fall, daß
auch der Zar den Feind nicht aus Rußland herausbringen sollte, den
Oberbefehl dem russische» Herrgott allerallerhöchstselbst zu übertragen.
Zieht der Feind selbst dann noch nicht ab, so ist das einfach Ketzerei
und unterliegt der Aburteilung durch de» Heiligen Synöd.

Es regt sich was im Land ringsum, Auch Frankreich ist schon auf de»! Danun,
Der riesengroße Pump geht um: Und England pumpt bei Onkel Sam.

Italiens Ministerium, Verwundert hört das Publikum

Der Jinssenbnr mit viel Gebrumm, Des GoldeS Evangelium.

Es denkt: Was leiht ihr Maiumon aus,

Macht Frieden, Kinder, geht nach Haus!

Die Großfürsten spielen jetzt nicht mehr „Meine Tante — deine
Tante", sondern „Meine Pleite — deine Pleite".

Ihr getreuer Sage, Schreiner und Lclndslürmer.

von Goremykin ausgearbeitete Dumawahl-
gesetz hat folgende Hauptparagraphcn:

§ 1. Mitglied der Duma kann jeder Russe
werden, der an einem Judenpogrom oder einer
Deutschenverfolgung teilgenommen hat.

§ 2. Die Redefreiheit ist garantiert. Nur
darf nicht über den Krieg, den Zaren, die
Großfürsten, die Minister, die Beamten, die
innere und äußere Politik gesprochen werden.

§ 3. Jedes Mitglied der Duma hat freie Reise
— nach Sibirien. Stetten werden unentgeltlich
geliefert.

§ 4. Die Duma hat das Recht, alle mili-
tärischen Forderungen zu bewilligen, sogar
das Kosakenregiment, das zu ihrer Ausein-
anderlreibung bestimmt ist.

Z 5. Über Einberufung und Abberufung
der Duma entscheidet der Jsprawnik des
nächstgelegenen Polizcibureaus.

Lerbst-Renne».

B a lk a n- E r m u n t e r u n g s-R e n n e n. Wider
alles Erwarten blieben die früheren Favoriten
„Rubel" und „Sovereign" im Rennen die Letzten.

Preis von Konstantinopel. Endete trotz
aller Anstrengungen als totes Rennen zwischen
„Hamilton" und „Sarrail".

Anleihe-Rennen. Der Außenseiter „Ger-
mania" gewann leicht und ohne alle Konkur-
renz. Totalisator zahlte 12:1.

Polen-Handikap. „Iwan" ist gestürzt,
als er den scharf auskommenden „Michel"
überholen wollte.

Großes Hindernis-Rennen. „Jtalia"
blieb auf der Strecke. „Austria" gewann mit
einer Nasenlänge.

Inneres Rennen. Resultat: 1.Wucherer,
2. Paragraph, 3. Nation. Das Rennen wird
voraussichtlich für ungültig erklärt werden.

Lieber Jacob!

Also letzten Sonntagnachmittag besuchte ick
dem eisernen Hindenburg ufs'n Keenigsplatz,
Schee» is bet Dings ja nicht, aber sintemalen
et wohltätige Zwecke verfolgt, will ick diesmal
nischt sagen. Ick stand jerade in tiefe Jedanken
versunken un stellte mir lebhaft vor, wie mir
zumute wäre, wenn se mir so de linke Wade
benageln mechten. Pletzlich Heere ick neben mir
eenen rülpsen. Als heeflicher Berliner wende
ick mir verbindlich um un sage: „Mahlzeit!"
Et war en kleener Herr mit Brille, Mops-
neese un Kartoffelbauch. Er kiekt mir an, nickt
un entjejent: „Eine große Zeit!" „Jnbetrefss
wiefern?" frage ick. „Weil sie die edelsten und
glücklichsten Empfindungen in der Brust jedes
wahren Deutschen lebendig macht!" belehrte
er mir. „Entschuldijen Se, Se sind woll Armee-
lieferant?" rekognosziere ick. „Was ich bin,
tut nichts zur Sache. Jedenfalls bemühe ich
mich, der großen Zeit würdig zu werden,"
versetzt er, indem er mir scharf durch seine
Jläser konsterniert. „In diese anjenehme Be-
schäftijung mechte ick Ihnen nich steeren," sage
ick un will mir dinne machen. Aber er läßt
nich locker, sondern fährt in.seine Debatte fort.
„Der Krieg wirkt sozusagen wie ein reinigen-
des Gewitter auf unser Volk, das im Begriffe
war, durch den langen Frieden in Schlaffheit,
Untätigkeit und Völlerei zu versinken." „Bei
meine Bekannte war von Schlappheit, Un-
tätigkeit un Völlerei nich bet jeringste zu be-
merken jewesen," entschuldije ick mir, „aber in
Ihre Kreise habe ick allerdings keenen Zutritt
nich jenossen. Waren det wirklich sonne ver-
schwiemelten Sumpfhiehner?" „Das frivole
Großstadtpublikum," fährt er mit scharfe Pro-
zentuierung fort, „will freilich noch immer nicht
einsehen, was es dem Kriege verdankt. Im
Gegenteil, es nörgelt an allem und beklagt

sich auch darüber, daß die Lokale um ein Uhr
nachts geschlossen werden, anstatt diese er-
zieherische Maßnahme nlg. eine Wohltat zu
betrachten." „Da habe ick leider keene Erfah-
rung nich drin," entjejnete ick, „denn länger
als wie heechstens bis elfe,erlaubt meine Olle
sowieso nich. Aber ieber dem Einuhrschluß
zu räsonieren, halte ick ooch for Kraftverjei-
dung, den» een Mann, der sich wie Sie be-
mieht, der jroßen Zeit wirdig zu werden, kann
sicher bis cens detselbe schaffen, wo er früher
drei Stunden länger zu brauchte: er muß
ebent 'n bisken schneller liebeln." Mit diese
Eißerung hatte ick ihm aber in seine kitziichsten
Seelenteile jekniffe»; denn er wurde uff een-
mal knollig falsch un drillte mir an: „Durch
dieses freche Wort haben Sie bewiesen, daß
Sie zu jener frivolen Menschenklasse gehören,
die für die Segnungen dieser, herrlichen Zeit
kein Verständnis besitzt! Ich sage Ihnen aber:
alles, waS ist, ist von Gott, und da von Gott
nur Segen kommt, ist auch dieser Krieg ein
Segen! Verstehen Sie mich?" Jetz regte sich
aber ooch in mir de Jallenblase. „Wenn Sie
als eiserner Hindenburg ufsjestellt würdest,"
schrie ick, „denn wirden Sie ooch nich eenen
lausijen Jroschen einbringen!. Denn bei Sie
is keen Platz mehr for 'n Nagel: Sie sind ja
schon vernagelt von oben bis unten! Un wenn
ick Ihnen jetz eene Schwalbe steche, denn is
die ooch von Jott, det järantiere ick Ihne», un
wat von Jott kommt, is 'st Sejen! Aber ick
respektiere dem Burgfrieden — verstehen Se
mir?" Mit diese Worte verließ ick ihm un
bejab mir jeistig anjeregt zu Muttern retour.
Aus de Entfernung Heerte ick ihm noch een-
mal rülpsen.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Pauke-

an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

Redatttousschlub 4. Oktober 1915.
 
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