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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 33.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.6705#0029
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8902 - -

Die preußische Wahlreform.

Sieh da, nun ist sie uns verheißen,

Die uns schon längst versprochen war;

Mühselig mußten Berge kreißen,

Eh dieses Mäuslein sich gebar:

Das Work „Sie Kommt!" nach langem Schweigen.
Nun zweifle fürder nicht daran;

Sie wird in ihrem Glanz sich zeigen ...

Bloß: Mann?!

O wollest doch nicht darum sorgen,
Was niemand noch ergründet hat!

Sie steht an einem schönen Morgen
In deinem Leib- und Magenblakt.

Bis dahin Kannst getrost du schlafen.
Am Ende grünt das dürre Gras!
Dann liest du in den Paragraphen ...
Bloß: Was?!

Laß dich von Zweifeln nicht umstricken!

Still bildet sich der Embryo

Und wird das Licht der Welt erblicken

Einst ausgereist — so oder so.

Ganz offen wird sich dir enthüllen
Alsdann das Knifflige Problem,

Um alle Hoffnung zu erfüllen ...

Bloß: Wem?! Pan.

Feldpostbriefe.

XXXVIII.

Geliebte Eltern! Voriger Mittwoch war ein
sehr merkwürdiger Tag in meine kriegerische
Erlebnisse. Unsere Kompagnie bekam den Be-
fehl. vier Kilometer vor dem Bataillon ein
Dorf zu besetzen und die Ausgänge zu sichern.
Die Franzosen wollten nämlich wieder einmal
eine Offensive machen, was bei ihnen immer
schon vier Wochen vorher öffentlich angekündigt
wird, wie bei uns die Kaiserparade, bloß daß
bei die letztere wegen nicht zugemachte Knöpfe
und drei Tage Kasten meistens mehr Unglücks-
fälle im Regiment passieren als bei eine fran-
zösische Offensive.

Also richteten wir uns gemütlich in das Dorf
ein und wollten uns gerade zum Mittagessen
hinsetzen. Da wurde plötzlich Alarm geschlagen
und wir hörten unsere Posten schießen. Unser
Zug eilte sofort zu Hilfe und die Geschichte
war ziemlich brenzlich, denn zivei Kilometer
vor unsere Posten erschien französische Kaval-
lerie. bei die man immer was ekliges dahinter
mutmaßen kann, indem sie meistens die Spitze
von größeren Truppenabteilungen zu bilden
pflegt. Unsere ganze Kompagnie mußte vor
das Dorf heraus und in Schützenlinien aus-
schwärmen. Wenn sich dieses schwärmerische
Vergnügen auf glattes Gelände ohne Deckung
vollzieht, so schwätme ich nicht dafür. Denn
man kommt sich dabei vor, wie der springende
Hase in die Jahrmarktsschießbnde, wo für einen
Groschen Entree jeder ungeniert aufihm pfeffern
darf. Dieses besorgte die feindliche Infanterie,
die aus unsichtbare Jagdgründe ein Freuden-
feuer auf uns eröffnete, während die Artillerie
unser Dorf befunkte, in die schmeichelhafte Ver-
mutung, daß dort unsere Reserven lagen.
Leider aber war von diese Sorte nicht das
geringste vorhanden, und nachdem das Ge-
fecht bis nachmittags um vier Uhr gedauert
hatte, ging unsere Munition zu Ende und wir

kriegten den Befehl, uns mit Handkuß zu
empfehlen.

Geliebte Eltern, ein Rückzug ist kein Ver-
gnügen, indem die Franzosen viel besser laufen
können als mir. Sie waren uns denn auch
bald auf den Hacken und ehe ich mir versah,
hatten mir ein Dutzend umzingelt und ge-
fangen geuommen! Ich wurde entwaffnet und
der Helm wurde mir vom Kopf gerissen, so
daß ich außer meine bloße Uniform nichts
felddienstmäßiges mehr auf dem Leibe hatte.
Aber kaum hatten sie dieses Völkerrecht an
mir vollzogen, als von unsere Seite ein heftiges
Artilleriefeuer einsetzte und die Schrapnell-
kugeln wie Hagelkörner auf uns herabpras-
selten. Das war nichts für meine Franzosens
sie rissen aus und ich mußte mit.

Nun befand ich mir also in befreundetes
Feuer und hätte für meine strannne Haltung
im deutschen Kugelregen eigentlich die fran-
zösische Tapferkeitsniedaille verdient. Da ich
auf diese Auszeichnung aber nicht rechnen
durfte, so wollte ich auch nicht länger mit-
machen, und wie wir gerade an ein Buschwerk
vorbeiliefeu, schmiß ich mir plötzlich mit einem
Aufschrei, die Hände aufwärts gestreckt, lang
auf die Erde. Meine Besieger sollten glauben,
daß ich einen Herzschuß erwischt hätte. Und
so ließen sie meinen Leichnam zurück.

Ich blieb ruhig mit geschlossenen Augen
liegen, bis um mir herum alles stille gewor-
den war. Dann sah ich mir behutsam um und
bemerkte neben mir einen französischen Major,
der aber iin Ernst tot war. Da es schon dunkel
geworden war und mir schändlich fror, so
setzte ich mir sein Käppi auf und wickelte mir
bis unter die Nase in seinen Mantel ein. In
diese malerische Situation gedachte ich die
Nacht zu biwakieren und schlief auch bald ein.

Ich mochte vielleicht zivei Stunden gepennt
haben, als ich auf eine grauenhafte Weise ge-
weckt wurde. Ich fühlte mir plötzlich von
kräftige Fäuste gepackt und an die Schultern

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und Beine hochgehißt. Wie ich zum klaren
Bewußtsein gekommen war, erkannte ich zwei
Leute von unsere Kompagnie, die nusgeschickt
ivaren, um die Verwundeten zu bergen und
die Toten zu begraben. Ich wurde von ihnen
unter die letztere Rubrik gerechnet und es hätte
nicht viel gefehlt, so wäre ich vorzeitigeriveise
in die Grube gefahren und Ihr, geliebte Eltern,
hättet von meinem Heldentode nicht einmal
Nachricht bekommen, denn in die Verlustliste
wäre ich als französischer Major gebucht wor-
deu, wofür man mir von wegen mein Käppi
und meinen Mantel gehalten hatte!

Ein einziger Rippenstoß genügte aber, um
meine Kameraden über ihren Mißgriff aufzu-
klären, so daß sie von meine Beisetzungsfeier
Abstand nahmen. Ich half ihnen bei ihr trau-
riges Geschäft, und gegen Morgen kehrten wir
alle drei zu unsere Kompagnie retour, bei
welche ich mir bis heute wohlbehalten befinde
als Euer dankbarer Sohn

August Säge jun., Garde-Grenadier.

P. S. Bei meine obige Gefangennahme ist
mir mit meinem Helm leider auch mein wollener
Kopfschützer von die Franzosen entfremdet wor-
den. Ich möchte daher Muttern herzlich bitten,
mir einen neuen zu stricken und demselben in
ein möglichst baldigesZigarrenpaketvon Vätern
gütigst beizustechen.

Englische Drückeberger.

Wer da rasch ein Weib genommen.

Um der Wehrpflicht zu entgehen —

Ach, es will ihm nimmer frommen!
Unerhörtes ist geschehen!

Alle Ehen, frisch gebacken —

Tommy, halte fest die Puste! —

Gelten nur, wenn sie geschloffen.

Vor dem fünfzehnte» Auguste!

Spätre, die sind null »nd nichtig.

Ach, was ist das für ein Leben?

Statt in's warme Ehebette,

Geht's NN» doch in Schützengräben! Kl.
 
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