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Die Frauen.
Der Bürger starrt die Frauen an:
Wahrhaftig — sie stehen jetzt ihren Mann!
Sie bringen die Post, das Automobil,
Den Straßenbahnwagen wie Männer zum Ziel:
Sie fahren sicher und regelrecht.
Wahrhaftig, man fährt mit den Frauen nicht schlecht.
Die alte Germanin — so künden die Sagen -
Stand kämpfend einst auf dem Kriegeswagcn:
Die Amazonen schwangen die Waffen —
Heut gilt es ein anderes, besseres Schaffen:
Der Ruhm des Alltags übersonnt
Die Amazonen hinter der Front.
So drängt sich dem Bürger im Tageslauf
Allstündlich die Arbeit der Frauen auf.
Für Haus und Kinder schaffen sie reg' —
Wo bleibt da das männliche Privileg?
Und ahnungsvoll klagt er mit trauriger Miene:
»Bald steigt sie wohl auch auf die Reichstagstribüne!«
-o--
Zwei Philosophen.
„Du Aujust, ict jioobc, mau sieht uns als Bankdirektvrcn an."
„Wieso?"
Nur ein Äund.
Es düminerte.
Der letzte Sonnenschein vergoldete
die iveite Schnceflächc; die Eiskristalle
sprühten wie Diamanten; der blaue
Schatten der Berge legte sich lvie
ein Schleier über den Schnee und
die Gletscherspalte».
Franz Böhnke merkte nichts von
all der Pracht; er lag verivnndet
unter einem Busch. DieSchneeschuhe,
die er noch an den Füßen hatte,
machten seineLagenoch unbequemer;
aber er war nicht imstande, sie ab-
zunehinen, denn bei jeder Bewegung
schmerzte die Wunde im rechten Bein,
aus der das rote Blut herausrieselte
in den weißen Schnee.
Er lag hier ganz einsam. Weit
und breit kein Mensch. Nicht einmal
ein Tier, einVogel etiva. Gewiß waren
sie durch das Schießen der Menschen
aus ihrem Revier verscheucht.
Er dachte mit Schrecken daran,
daß bald die Nacht da war, und daß
er ivegen der Wunde, die an sich
nicht gefährlich war, hier liegen blei-
ben und erfriere» oder an Erschöp-
fung zugrunde gehen müßte.
Einmal hörte er fernesHundegebell.
Suchten ihn Sanitätshnnde? Dan»
war er gerettet. Gespannt lauschte er.
Das Tier brachte ihm ja Rettung.
Sonderbar, dachte er, der vernunftbegabte
Mensch verstümmelt und tötet den Neben-
menschen, und das unvernünftige Tier bringt
ihm Erlösung und Rettung! Wenn jetzt mensch-
liche Schritte nahten, würde ich voll Angst
sein; denn es könnten serbische Freischärler
sein, die sich an mir Wehrlosem vergreifen.
Der Hund, der dort bellt, wird mir nichts
>Bor und hinter uns ist immer die Polizei."
antun; er ivird freudig winseln und laut die
Helfer herbeirufen. Sollte der Mensch nicht
von dem Tier lernen können?
Er sank müde zurück. Das Vellen hatte auf-
gehört. Es dunkelte.
Vor drei Stunden hatte er sich von den
Kameraden getrennt. Die Ski-Patrouille hatte
sich an der Waldecke aufgelöst, um die Um-
gebung nach Feinden abzusuchen
Man wollte sich in einer Stunde
wieder an> alten Platz treffen. Sie
mußten ihn ja vermissen.
Wieder hörte er Hundegebell.
Vielleicht zauberte ihm aber auch
nur das beginnende Fieber die
Stimme vor.
Er dachte der armen Ziehhunde
in den Städten, die keuchend den
Wagen schleppen und den erhitzten
Körper auf den kalten Steinen aus-
ruhen und mit dankbarem Blick jede
kleine Liebkosung ihres Herrn be-
grüßen. In der Stadt hatte er nie
viel darüber nachgedacht. Es war ja
nur ein Hund_Aber jetzt in der
Einsamkeit begriff er die Gleichgül-
tigkeit der Menschen nicht.
Nun hörte er deutlich das Keuchen
eines Hundes. Etwas Wolliges, Zot-
tiges streifte sein Gesicht: das Fell
des Hundes. Das Tier bellte laut
und andauernd, um den Sanitäter
zu dieser Stelle zu locken.
Franz legte beide Arme um den
Hals des Schäferhundes, halb aus
Schutzbedürfnis, halb aus Dank-
barkeit.
Der Hund, der bisher um ihn her
gesprungen war, hielt nun still und
bellte jetzt leise, wie um den ivun-
den Mann nicht zu erschüttern.
So fanden ihn die Sanitäter.
Pech.
„Da habe ick eben '»e Taube jeschossen, die
noch wat Jrünet im Schnabel hatte!"
„Nnjlücksmensch l Det war sicherdieFriedens-
taube! Jetzt sind Sie Schuld daran, wenn der
Krieg ieberhaupt keen Ende nimmt!"
13erlag von % ß.133. Qi et, Ulacfyf. (S.m.ß.ß. in Stuttgart
Oie VkMhkilGW
te ffitite
von dr. b.B. Simon.
Mit Z5 Abbildungen im Eext
und einer farbigen Eafel.
Siebente, umgearbeitete Auflage.
3C4 Seiten. Preis gebunden M. 2.50.
WlwilklllWthWM
(Oarwins Lehre)
von Dr.S.^schulok.
Mit 49 Abbildungen im Eext.
VIII und 312 Seiten.
Preis in Leinwand gebunden M. 3.—
Po und Rhein
Savogen/ Nizza und
der Rhein
Zwei flbhanölungen von
Zriebrich Engels.
Herausgegeben von Eduard Bernstein.
32. Bändchen der Kleinen Bibliothek,
preis gebunden M. 1.—, broschiert 75 pfg.
Kugust Bebel
Oie Zrau
und der Sozialismus
Preis gebunden M.3.—
in Geschenkeinband M.3.50.
^lus meinem Leben
Preis der drei Bände gebunden M. 7.25
in Geschenkeinband M. 6.25.
Die Frauen.
Der Bürger starrt die Frauen an:
Wahrhaftig — sie stehen jetzt ihren Mann!
Sie bringen die Post, das Automobil,
Den Straßenbahnwagen wie Männer zum Ziel:
Sie fahren sicher und regelrecht.
Wahrhaftig, man fährt mit den Frauen nicht schlecht.
Die alte Germanin — so künden die Sagen -
Stand kämpfend einst auf dem Kriegeswagcn:
Die Amazonen schwangen die Waffen —
Heut gilt es ein anderes, besseres Schaffen:
Der Ruhm des Alltags übersonnt
Die Amazonen hinter der Front.
So drängt sich dem Bürger im Tageslauf
Allstündlich die Arbeit der Frauen auf.
Für Haus und Kinder schaffen sie reg' —
Wo bleibt da das männliche Privileg?
Und ahnungsvoll klagt er mit trauriger Miene:
»Bald steigt sie wohl auch auf die Reichstagstribüne!«
-o--
Zwei Philosophen.
„Du Aujust, ict jioobc, mau sieht uns als Bankdirektvrcn an."
„Wieso?"
Nur ein Äund.
Es düminerte.
Der letzte Sonnenschein vergoldete
die iveite Schnceflächc; die Eiskristalle
sprühten wie Diamanten; der blaue
Schatten der Berge legte sich lvie
ein Schleier über den Schnee und
die Gletscherspalte».
Franz Böhnke merkte nichts von
all der Pracht; er lag verivnndet
unter einem Busch. DieSchneeschuhe,
die er noch an den Füßen hatte,
machten seineLagenoch unbequemer;
aber er war nicht imstande, sie ab-
zunehinen, denn bei jeder Bewegung
schmerzte die Wunde im rechten Bein,
aus der das rote Blut herausrieselte
in den weißen Schnee.
Er lag hier ganz einsam. Weit
und breit kein Mensch. Nicht einmal
ein Tier, einVogel etiva. Gewiß waren
sie durch das Schießen der Menschen
aus ihrem Revier verscheucht.
Er dachte mit Schrecken daran,
daß bald die Nacht da war, und daß
er ivegen der Wunde, die an sich
nicht gefährlich war, hier liegen blei-
ben und erfriere» oder an Erschöp-
fung zugrunde gehen müßte.
Einmal hörte er fernesHundegebell.
Suchten ihn Sanitätshnnde? Dan»
war er gerettet. Gespannt lauschte er.
Das Tier brachte ihm ja Rettung.
Sonderbar, dachte er, der vernunftbegabte
Mensch verstümmelt und tötet den Neben-
menschen, und das unvernünftige Tier bringt
ihm Erlösung und Rettung! Wenn jetzt mensch-
liche Schritte nahten, würde ich voll Angst
sein; denn es könnten serbische Freischärler
sein, die sich an mir Wehrlosem vergreifen.
Der Hund, der dort bellt, wird mir nichts
>Bor und hinter uns ist immer die Polizei."
antun; er ivird freudig winseln und laut die
Helfer herbeirufen. Sollte der Mensch nicht
von dem Tier lernen können?
Er sank müde zurück. Das Vellen hatte auf-
gehört. Es dunkelte.
Vor drei Stunden hatte er sich von den
Kameraden getrennt. Die Ski-Patrouille hatte
sich an der Waldecke aufgelöst, um die Um-
gebung nach Feinden abzusuchen
Man wollte sich in einer Stunde
wieder an> alten Platz treffen. Sie
mußten ihn ja vermissen.
Wieder hörte er Hundegebell.
Vielleicht zauberte ihm aber auch
nur das beginnende Fieber die
Stimme vor.
Er dachte der armen Ziehhunde
in den Städten, die keuchend den
Wagen schleppen und den erhitzten
Körper auf den kalten Steinen aus-
ruhen und mit dankbarem Blick jede
kleine Liebkosung ihres Herrn be-
grüßen. In der Stadt hatte er nie
viel darüber nachgedacht. Es war ja
nur ein Hund_Aber jetzt in der
Einsamkeit begriff er die Gleichgül-
tigkeit der Menschen nicht.
Nun hörte er deutlich das Keuchen
eines Hundes. Etwas Wolliges, Zot-
tiges streifte sein Gesicht: das Fell
des Hundes. Das Tier bellte laut
und andauernd, um den Sanitäter
zu dieser Stelle zu locken.
Franz legte beide Arme um den
Hals des Schäferhundes, halb aus
Schutzbedürfnis, halb aus Dank-
barkeit.
Der Hund, der bisher um ihn her
gesprungen war, hielt nun still und
bellte jetzt leise, wie um den ivun-
den Mann nicht zu erschüttern.
So fanden ihn die Sanitäter.
Pech.
„Da habe ick eben '»e Taube jeschossen, die
noch wat Jrünet im Schnabel hatte!"
„Nnjlücksmensch l Det war sicherdieFriedens-
taube! Jetzt sind Sie Schuld daran, wenn der
Krieg ieberhaupt keen Ende nimmt!"
13erlag von % ß.133. Qi et, Ulacfyf. (S.m.ß.ß. in Stuttgart
Oie VkMhkilGW
te ffitite
von dr. b.B. Simon.
Mit Z5 Abbildungen im Eext
und einer farbigen Eafel.
Siebente, umgearbeitete Auflage.
3C4 Seiten. Preis gebunden M. 2.50.
WlwilklllWthWM
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von Dr.S.^schulok.
Mit 49 Abbildungen im Eext.
VIII und 312 Seiten.
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Po und Rhein
Savogen/ Nizza und
der Rhein
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Zriebrich Engels.
Herausgegeben von Eduard Bernstein.
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