— 8942
Frühling 1916.
Und wieder grünen die Miesen und Auen,
Und wieder schmücken sich Feld und Wald,
Die Lerche jubelt ihr Lied im Blauen,
Das Helle Geschmetter des Finken schallt.
Die Primeln heben die Köpfe leise.
Die Bäche rauschen ihr jauchzend Lied —
Der alte Glanz und die alte Meise,
Wenn grollend der grämliche Winter schied!
Und Hoffnung regt sich in allen Herzen,
Und neues Wollen und neue Lust,
Es zünden die leuchtenden Blütenkerzen
Ein heilig Feuer in jeder Brust.
Die Seele füllt ein wonniges Ahnen,
Als ob alles Leid zu Ende nun sei.
Als ob die Menschheit auf schimmernden Bahnen
Entgegenschreite dem Bölkermai.
Doch schwer hat uns das Hoffen betrogen.
Noch donnern Geschütze ohn' Unterlaß,
Noch schäumt und brandet in wilden Wogen
Der grimme, gierige Bölkerhaß.
Es rinnt das Blut in rauschenden Bächen,
Statt Lerchenjubel klingt klagend Weh,
Und müde, verzweifelnde Herzen brechen,
Und Tränen stauen sich wie ein See.
O Lenz, wie kann dein Zauber uns freuen.
Da rings die Welt noch lodert in Brand?
Wann wirst des Friedens Samen du streuen
Auf das so schwer geschlagene Land?
Wann wirst du endlich, endlich beschwören
Das Herzeleid und den blutigen Krieg?
Wann werden sie endlich uns wiederkehren.
Die ausgezogen zu Kamps und Sieg? Ernst Klaar.
Die neue Hymne.
Richard Straust soll eine neue Nationalhymne komponieren,
weii die alte nach einer aus England stammenden Melodie
gesungen wird.
Oie alte kjpmne taugt nichts mehr?
Na, na!
Nach England riecht sie allzusehr?
Nha!
Bald dröhnt daher wie IVetterbraus
Oer neue Sang von Nichard Strauß,
yurra!
Er wecket jeden, der da schlief,
Schrumm, schrumm.
Zur pauke tönt des Basses tief
Gebrumm.
Die Feinde reißen schleunigst aus,
Und jeder warnt: Oer Nichard Strauß
Geht um!
Dann sind wir wirklich fein heraus,
ljaha!
Ganz Deutschland spendet ihm Npplaus,
ljurra!
Und stramm steht jeder Musketier
vor Strauß, dem — ljpmnenkavalisr...
Na ja!
CS Cs
Gedankenlos.
Käufer: Was? Die Haseii sind
auch teurer geworden?
Wildbrethändler: Aber, bester
Herr! Bei den gesteigerten —Futter-
kasten!
Die Arsache.
„Jetzt ivird's aber fad! Die Zei-
tungen sollen kleiner werden wegen
dem großen Papiermangel."
„Kein Wunder, bei dem viele» Pa-
piergeld, das jetzt gedruckt wird!"
Zeitgemäße Werbung.
„Mein Fräulein, Sie sind ein
Engel! Und ich bin Flieger! Da pas-
sen wir also vortrefflich zusammen!
Wollen Sie die Meine werden?"
---o---—--
Tage der Rosen...
Skizze von Ernst Preczang.
Schläfrig erscheint das Leben in der kleinen
Hafenstadt, lvo es sonst so beiveglich pulsierte.
Draußen ivütet der Krieg, und seine uusicht-
bare Faust liegt auf Handel und Wandel, auf
Hirnen und Seelen. Es ist >vie ein Warten-
Ein einziges großes Warte» auf geschäftige,
fröhliche Tage, auf Soniie und Frieden.
Aber zuweilen erwacht die Stadt. Alle Auge»
öffnen sich lebhafter und blicken groß und
lächelnd aus den Fenstern.
„Marine ist da!" Heimlich, über Nacht, hat
ein Panzerkreuzer im Hafen angelegt.
Es dauert keine Stunde, dann weiß man
es in den entlegensten Gassen. Die jungen
Mädchen sind wie elektrisiert; die Geschäfts-
leute ordnen eifrig ihre Auslagen; die Wirte
sorgen für Vorrat an Trank und Speise. Denn
sie haben einen guten Magen: die von der
See kommen. Haben Geld iin Beutel und
lassen etivas springen.
Vereinzelt und in Trupps wandeln sie in
ihrem bedächtigen, wiegenden Schritt durch
die Straßen, adrett, sauber und frisch, — neu-
gierig und unternehmungslustig. Vor allen
Läden stehen sie; allen Mädchen werfen sie
freundliche Blicke zu und hier und da wohl
auch ein neckendes Wort.
Weit hinter ihnen liegt die Gefahr, der
drohende Tod. Auf ivie lange? Sie wissen es
nicht. Es kümmert und bekümmert sie nicht.
Hier ist Land — und das heißt: Leben! Leben
und Lachen. Heute ist heut!-—-
Es wird Abend. Ist das noch die kleine,
stille, halbdunkle Stadt von gestern? Taghell
fast liegt die Hauptstraße. Aus allen Läden
flammt und flimmert das Licht. Die Scheiben
glänzen, und die Spiegel hinter den Auslagen in
den Schaufenstern werfen ihre Reflexe funkelnd
in den bewegten Menschenstrom, der auf den
Gehsteigen entlang flutet.
Die Knöpfe an den blauen Jacken der Ma-
trosen blinken; die lustigen Augen der jungen
Mädchen blitzen und kommen nicht zur Ruhe.
Worte schwirren ivie unsichtbare Vögel um-
her. Ein zwitscherndes Lachen steigt auf, be-
gleitet von fröhlichen Bässe».
„Hihihi! .. - Hahaha! . - ."
Musik wird hörbar. Klavier, Geige,
Flöte. Bald schmettert sie laut in den
Menschenstrom, — wenn die Tür des
Lokals geöffnet wird —, bald ge-
dämpft wie aus der Ferne. Ob laut,
ob leise: die Töne locken.
Immer wieder zweige,, kleine
Bächlein ab von dem Strome der
Menschen, und endlich stauen sie sich
an der Tür. Niemand kann mehr hin-
ein : das große Lokal ist gefüllt bis auf
den letzten Platz. Dichtgedrängt sitzen
sie hier, die Maate, Matrosen und
Mädchen, und rücken stets von neuem
zusammen, bis es nicht mehr geht.
Die Kellner drängen mit hocher-
hobenen Tabletten durch die Menge;
sie kommen nicht weit: zehn Hände
greifen gleichzeitig nach den Gläser»,
und die in den entfernten Ecken
sitzen, müssen lange ivarten, ehe ein
Glas auch zu ihnen kommt.
(Schluß auf S. 8944.)
Anlautere Konkurrenz.
„Die Frau Gevatterin schädigt das Gewerbe! Die legt ja die
Eier gerade so groß wie in Friedenszeiten!"
Frühling 1916.
Und wieder grünen die Miesen und Auen,
Und wieder schmücken sich Feld und Wald,
Die Lerche jubelt ihr Lied im Blauen,
Das Helle Geschmetter des Finken schallt.
Die Primeln heben die Köpfe leise.
Die Bäche rauschen ihr jauchzend Lied —
Der alte Glanz und die alte Meise,
Wenn grollend der grämliche Winter schied!
Und Hoffnung regt sich in allen Herzen,
Und neues Wollen und neue Lust,
Es zünden die leuchtenden Blütenkerzen
Ein heilig Feuer in jeder Brust.
Die Seele füllt ein wonniges Ahnen,
Als ob alles Leid zu Ende nun sei.
Als ob die Menschheit auf schimmernden Bahnen
Entgegenschreite dem Bölkermai.
Doch schwer hat uns das Hoffen betrogen.
Noch donnern Geschütze ohn' Unterlaß,
Noch schäumt und brandet in wilden Wogen
Der grimme, gierige Bölkerhaß.
Es rinnt das Blut in rauschenden Bächen,
Statt Lerchenjubel klingt klagend Weh,
Und müde, verzweifelnde Herzen brechen,
Und Tränen stauen sich wie ein See.
O Lenz, wie kann dein Zauber uns freuen.
Da rings die Welt noch lodert in Brand?
Wann wirst des Friedens Samen du streuen
Auf das so schwer geschlagene Land?
Wann wirst du endlich, endlich beschwören
Das Herzeleid und den blutigen Krieg?
Wann werden sie endlich uns wiederkehren.
Die ausgezogen zu Kamps und Sieg? Ernst Klaar.
Die neue Hymne.
Richard Straust soll eine neue Nationalhymne komponieren,
weii die alte nach einer aus England stammenden Melodie
gesungen wird.
Oie alte kjpmne taugt nichts mehr?
Na, na!
Nach England riecht sie allzusehr?
Nha!
Bald dröhnt daher wie IVetterbraus
Oer neue Sang von Nichard Strauß,
yurra!
Er wecket jeden, der da schlief,
Schrumm, schrumm.
Zur pauke tönt des Basses tief
Gebrumm.
Die Feinde reißen schleunigst aus,
Und jeder warnt: Oer Nichard Strauß
Geht um!
Dann sind wir wirklich fein heraus,
ljaha!
Ganz Deutschland spendet ihm Npplaus,
ljurra!
Und stramm steht jeder Musketier
vor Strauß, dem — ljpmnenkavalisr...
Na ja!
CS Cs
Gedankenlos.
Käufer: Was? Die Haseii sind
auch teurer geworden?
Wildbrethändler: Aber, bester
Herr! Bei den gesteigerten —Futter-
kasten!
Die Arsache.
„Jetzt ivird's aber fad! Die Zei-
tungen sollen kleiner werden wegen
dem großen Papiermangel."
„Kein Wunder, bei dem viele» Pa-
piergeld, das jetzt gedruckt wird!"
Zeitgemäße Werbung.
„Mein Fräulein, Sie sind ein
Engel! Und ich bin Flieger! Da pas-
sen wir also vortrefflich zusammen!
Wollen Sie die Meine werden?"
---o---—--
Tage der Rosen...
Skizze von Ernst Preczang.
Schläfrig erscheint das Leben in der kleinen
Hafenstadt, lvo es sonst so beiveglich pulsierte.
Draußen ivütet der Krieg, und seine uusicht-
bare Faust liegt auf Handel und Wandel, auf
Hirnen und Seelen. Es ist >vie ein Warten-
Ein einziges großes Warte» auf geschäftige,
fröhliche Tage, auf Soniie und Frieden.
Aber zuweilen erwacht die Stadt. Alle Auge»
öffnen sich lebhafter und blicken groß und
lächelnd aus den Fenstern.
„Marine ist da!" Heimlich, über Nacht, hat
ein Panzerkreuzer im Hafen angelegt.
Es dauert keine Stunde, dann weiß man
es in den entlegensten Gassen. Die jungen
Mädchen sind wie elektrisiert; die Geschäfts-
leute ordnen eifrig ihre Auslagen; die Wirte
sorgen für Vorrat an Trank und Speise. Denn
sie haben einen guten Magen: die von der
See kommen. Haben Geld iin Beutel und
lassen etivas springen.
Vereinzelt und in Trupps wandeln sie in
ihrem bedächtigen, wiegenden Schritt durch
die Straßen, adrett, sauber und frisch, — neu-
gierig und unternehmungslustig. Vor allen
Läden stehen sie; allen Mädchen werfen sie
freundliche Blicke zu und hier und da wohl
auch ein neckendes Wort.
Weit hinter ihnen liegt die Gefahr, der
drohende Tod. Auf ivie lange? Sie wissen es
nicht. Es kümmert und bekümmert sie nicht.
Hier ist Land — und das heißt: Leben! Leben
und Lachen. Heute ist heut!-—-
Es wird Abend. Ist das noch die kleine,
stille, halbdunkle Stadt von gestern? Taghell
fast liegt die Hauptstraße. Aus allen Läden
flammt und flimmert das Licht. Die Scheiben
glänzen, und die Spiegel hinter den Auslagen in
den Schaufenstern werfen ihre Reflexe funkelnd
in den bewegten Menschenstrom, der auf den
Gehsteigen entlang flutet.
Die Knöpfe an den blauen Jacken der Ma-
trosen blinken; die lustigen Augen der jungen
Mädchen blitzen und kommen nicht zur Ruhe.
Worte schwirren ivie unsichtbare Vögel um-
her. Ein zwitscherndes Lachen steigt auf, be-
gleitet von fröhlichen Bässe».
„Hihihi! .. - Hahaha! . - ."
Musik wird hörbar. Klavier, Geige,
Flöte. Bald schmettert sie laut in den
Menschenstrom, — wenn die Tür des
Lokals geöffnet wird —, bald ge-
dämpft wie aus der Ferne. Ob laut,
ob leise: die Töne locken.
Immer wieder zweige,, kleine
Bächlein ab von dem Strome der
Menschen, und endlich stauen sie sich
an der Tür. Niemand kann mehr hin-
ein : das große Lokal ist gefüllt bis auf
den letzten Platz. Dichtgedrängt sitzen
sie hier, die Maate, Matrosen und
Mädchen, und rücken stets von neuem
zusammen, bis es nicht mehr geht.
Die Kellner drängen mit hocher-
hobenen Tabletten durch die Menge;
sie kommen nicht weit: zehn Hände
greifen gleichzeitig nach den Gläser»,
und die in den entfernten Ecken
sitzen, müssen lange ivarten, ehe ein
Glas auch zu ihnen kommt.
(Schluß auf S. 8944.)
Anlautere Konkurrenz.
„Die Frau Gevatterin schädigt das Gewerbe! Die legt ja die
Eier gerade so groß wie in Friedenszeiten!"