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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 33.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.6705#0089
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- - 8962

Hus den Gräbern hob er sich,

Den die Welt ans Kreuz geschlagen,

Jäh des Grabes Deckel wich
Schon nach dreien kurzen Tagen,

Und der Knechte bleiche Schar
Stand in seinem Glanz geblendet,

Hat sich, allen Mutes bar,

Wilden Laufs zur Flucht gewendet.

Uber kommen wird der Tag,

Da auch er entsteigt dem Dunkel,
Strahlen dann mit einem Schlag
Wird der Sonne Lichtgefunkel,

Linen weiß ich, den die Welt
Frevelnd auch ans Kreuz geschlagen.
Doch wie bang die Klage gellt,

Noch will nicht sein Ostern tagen.
Immer noch deckt schwerer Stein
Seines Leibes zarte hülle,

Nirgend flammt ein loher Schein,
Daß sich das Gebot erfülle.

Und geeinigt werden gehn,

Die jetzt haß und Streit geschieden —

Endlich wird er doch erstehn,

Unser Heiland: Weltenfrieden! Trust xiaar.

Auferstehung.

Gräber ragen tausendfach,

Wo des Krieges Wetter gehen,
Doch trotz allem Weh und Uch,
Keinem gibt's ein Uuferstehen.
Die dort ruhn in kühler Gruft,
Ob nun Feinde oder Brüder,
Utmen nimmer Lenzesluft,

Sehen nie die Heimat wieder.

Karfreitag.

Drei Kreuze ragten auf Golgatha
Düster ins Land hinein,

Und als der Tod von dem Holze sah,

Die Sonne verlor ihren Schein.

Schwarz über die Erde floß Finsternis,

Da zuckendesBIut mit dem Meuchler rang:
Des Tempels heiliger Vorhang zerriß,
Der Felsen zersprang...

Nun ragen auf Erden der Kreuze viel,
lvandre um Land und Land
Und zähle, was auf Bergen und Bühl
Dein Auge an Kreuzen fand,
lvie viele an Wegen, in Wäldern stehn
Und neben dem flimmernden Wüstenzelt,
Sn kühlen Tälern, aus vünenhöhn
Und keimendem Feld.

Sie stehen einsam und stehen in Reifjn ;
Shr Schatten fällt heimatwärts,-
DieSonne verliert ihren leuchtendenSchein,
Die Erde erzittert in Schmerz.

Das heute und Gestern einander so nah!...
Doch ein Schatten seufzt flüsternd vorbei:
Es standen der Kreuze auf Golgatha

Uur drei . . . , Ernst preczang.

Feldpostbriefe.

XLI1I.

Geliebte Eltern! Also das hätte ich wieder
mal gut getroffen. Kaum bin ich an die -Ost-
front angelangt, so geht auch schon die rus-
sische Frühjahrsoffensive los. Ich war gerade
dabei, mir in meinen neuen Schützengraben
gemütlich einzurichten, wo ich mir noch etwas
fremd fühlte. Denn mit die Franzosen, Eng-
länder, Belgier, Indier, Kanadier, Australier
und die übrigen westlichen Kaffern wußte ich
schon sehr gut Bescheid, aber bei die Kosaken
kannte ich mir noch nicht aus. Unser Korporal-
schaftsführer, was der Herr Sergeant Leh-
mann ist, hatte uns allerdings über diese rus-
sische Heldengattung genau instruiert, wo wir
schon so viel Irrtümliches von gehört hatten.

Die Kosaken sind man bloß für russische Volks-
aufstände und ostpreußische Säuglinge lebens-
gefährlich — inr übrigen halten sie sich mehr
in die hintere Gefechtslinie auf, wo sie die
Tapferkeit der russischen Truppen anfeuern
müssen; so konnte ich sie mit ungetrübte Neu-
gierde entgegensetzen und freute mir schon recht
auf ihnen, weil ich meinen Gesichtskreis gerne
erweitern möchte.

Als ich mir mit diese Gedankenwelt gerade
beschäftigte, kroch mir die erste Laus aus dem
linken Armei und begab sich in langsamem
Schritt über die Aufschläge, wo sie auf eine
ungewohnte Gardelitze sitzen blieb. Der An-
blick schien ihr zu fesseln, und ich erschlug ihr
mitten in dieses Gelände. Im selben Augen-
blick ging der Alarm los, und alles eilte zu
die Gewehre. „Angriff starker feindlicher Kräfte"
war genreldet worden, und die Brüder kamen
gleich in sieben dichtgedrängte Linien gegen
uns losgegondelt, was mir in Anbetracht von
unsere verhältnismäßige Schwäche doch etwas
zu sehr übertrieben erschien. Allerdings tröstete
mir die feindliche Artillerievorbereitung, die
einem durch das westliche Trommelfeuer ver-
wöhnten Krieger nicht im geringsten impo-
nieren konnte. Ich hätte nicht geglaubt, daß
in die irdische Atmosphäre so viele Löcher Platz
haben könnten, wie die russischen Geschütze
darin vorbeischossen.

Unsere Infanterie antwortete noch nicht, son-
dern mäßigte sich in vornehme Zurückhaltung,
von die ich den Grund erst später begriffen
habe. Inzwischen war der erste russische
Schwarm bis in ziemliche Nähe herangekom-
men und machte plötzlich halt. Die zweite,
dritte, vierte und fünfte Linie rückte ebenfalls
auf, so daß jetzt die ganze Gesellschaft auf
einem dicken Klump vor uns lag. „Wo sind
die Kosaken?" fragte ich einen älteren Ge-
freiten, der den Rummel schon kannte. „Sind
keine nicht mang", belehrte er mir. Gleich
darauf fingen auch wir mit ganz langsames
Feuern an, und der sofortige Erfolg war, daß
die hinteren feindlichen Reihen wie auf Kom-
mando kehrtmachten und sich im Laufschritt
rückwärts sammelten. Zugleich ertönte aber
aus weitere Ferne ein sehr starkes feindliches
Maschinengewehrfeuer, das jedoch lange nicht

bis an unsere Front langte, sondern vielmehr
in die russischen Linien selber einschlug. „Das
sind die Kosaken!" rief der Gefreite, „die
feuern jetzt die Tapferkeit an, du wirst gleich
die Wirkung erleben." Und ich erlebte eine
unverhoffte Überraschung. Denn die ganzen
russischen Heeresmassen, die bereits in vollem
Ausknifs begriffen gewesen waren, machten vor
das Maschinengewehrfeuer der Kosaken auf
einmal kehrt und stürmten wieder in gewal-
tige Übermacht gegen unsere Gräben vor. Aber
Gewehre hatten sie keine nicht mehr, sondern
sie hielten man bloß die leeren Hände hoch,
und wir hatten kaum Platz, wo wir alle die
Gefangenen unterbringen konnten.

Geliebte Eltern! Dies war in unseren Heeres-
abschnitt der Beginn der russischen Frühjahrs-
offensive, und leid tut mir bloß, daß mir noch
keine Kosaken zu Gesicht gekommen sind, denn
ich habe die Leute nach diese erste Erfahrung
schon wirklich liebgewonnen.

Mit die gleiche Empfindung grüße ich Euch
als Euer dankbarer Sohn

August Säge jun., Garde-Grenadier.

Alte Legende.

Eine Sage halb verschollen.

Den heut'gcn Zeiten gleicht:

Ein Vater hat zwölf Stäbe
Den Söhnen hingereicht.

Und keiner seiner Jungen
Hat diesen Bund bezwungen.

Doch einzeln war es kinderleicht.

Der Vater sprach; „Nun lernet
Als eures Lebens Ziel:

Einheit besiegt die Feinde,

Und wären's noch so viel.

Ihr Söhne, merkt's euch stündlich:

Geeint unüberwindlich —

Getrennt des Feindes leichtes Spiel!"

Einheit schafft Eisenklammern
Um Sippe, Volk und Staat;

Sie gab auch Riesenkräfte
Dem Proletariat.

Ihr Führer merkt's euch stündlich:

Geeint unüberwindlich —

Getrennt, zerstört ihr unsere Saat!

Bl*1crl*eto Konuiltslu a Berlin
•nv.-NrxJUf/fö
 
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