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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 33.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.6705#0101
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8974

Die rauhen Winde wehen
Durch manches koke Tal.

Biel Bäume sind zu sehen
Ganz blakkberaubk und Kahl.

Steht mancher Baum umwittert
Bon Todeshauch und Nacht,
Liegt mancher schon zersplittert
Bom Donnerkeil der Schlacht.

Der Maibaum.

Von Karl Bröger.

Doch aus den Finsternissen
Ein Wipsel ragt ins Licht.

Bon diesem Baume wissen
Wir alle, er stürzt nicht.

Aus Moderstaub der Grüfte
Aufwächst er in den Raum.
Beruhigt ziehn die Lüfte
Und wehn um unseren Baum.

Ob Blitze rings verheeren
Auch die verwirrte Welt:

Ihn kann kein Blitz versehren,
Kein Donnerstreich ihn fällt.

Wo er die Wipsel breitet
Blüht Freiheit auf und Recht,
Und aus den Schatten schreitet
Ein höheres Geschlecht.

Die Zwietracht.

Von Pan.

Als einst der Geist die Welt erschuf.
Kam Satan mit dem Pferdehuf
Und sprach: „Du hast den Tag gemacht.
Indes erzeugte ich die Nacht.

Dein Hirn erschloß der Freude Bor»,
Mir floß die Trauer aus dem Lorn.

Du gabst die Liebe in die Welt,

Ich habe ihr den Laß gesellt.

Nach Friede» strebte dein Gemüt,

Mir lag der Krieg mehr im Geblüt;
And weil du schufst im Übermaß,

Macht mir just die Zerstörung Spaß.
Fruchtbar auch ist die Einigkeit,

Drum lach' ich, wenn man sich entzweit.
So eine rechte Holzerei,

Da bin ich meiner Seel dabei!

And was sich so in hundert Jahr
Aus holder Eintracht schön gebar.

Das schleudre ich voll Seelenruh
Ins dunkle Nichts in einem Nu!...
Wie wir doch so vcrschicden sind!"

„„Ich sehe! Liber du bist — blind.""

Feldpostbriefe.

XL1V.

Lieber Maxe! Die Russen sind höfliche Leute.
Wie sie kaum gehört hatten, daß ich in ihr
angenehmes Land eingetroffen war, da kainc»
sie auch schon in Hellen Haufen angeivalzt, um
sich mit mir bekannt zu machen. Das ist ihnen
den» auch nach Wohlgefallen geglückt, und ei»
paar hundert von sie sind gleich ganz bei uns
geblieben und befinden sich bereits auf Sommer-
frische in Döberitz. Da unsereiner von die
Garde aber auch iveiß, was sich schicken tut,
so haben ivir die Russen sofort eine» Gegen-
besuch gemacht.

Um drei Uhr morgens marschierten wir los,
und da wir die Herrschaften nicht so früh in
ihre» Schlummer stören wollten, so beabsich-
tigten wir, erst einen kleinen Spaziergang um
ihre Linie herum zu machen und sie dann zur
richtigen Visitenzeit von vorne und hinten
zugleich zu bekomplimentieren. Man nennt das
in die militärische Dialektik eine taktische Um-
gehung. Obgleich die Sonne noch nicht a»f-
gegangen war, hatte diese Promenade doch
schon sehr viele Schattenseiten, die besonders

durch die unaussprechlichen Wege hervorge-
rufen wurden. Man konnte zwar in die Düster-
keit nicht genau feststellen, in >vas alles man
hineintrat oder auch respektive hineinfiel, aber
daß es nichts wie Treck ivar, durfte angesichts
der nationalen Beschaffenheit dieses Landes
keinem Zweifel nicht unterliegen. Die auf-
merksamen Russen bemerkten uns leider einen
Augenblick früher, als ivir erwartet hatten, und
begrüßten uns mit einein Freudenfeuer, das
zwar iveiter keilten besonderen Schaden nicht
anrichlete, uns aber doch an die Fortsetzung
unserer Morgenpromenade hinderte. Mit die
geplante Umgehung ivar es Essig, aber es
ging ailch so, und es kam sofort der Befehl:
„Aufmarschiere» und ausschwärmen!"

Lieber Maxe! Es ist merkivürdig, was die
Russen für ein seines Verständnis für die
schwierige deutsche Sprache habe». Sie ver-
stehet! fast jedes von unsere Kommandos und
benehmen sich danach. Sobald es bei uns
heißt „Vorwärts marsch marsch!" machen kie
„Kehrt marsch marsch!" und iveg sind sie.
Weil sie aber keine so stramme Disziplin nicht
haben ivie unsereiner, so findet sich immer eine
ganze Anzahl unter ihnen, die das Kommando
nicht ganz richtig befolgen, sondern vielmehr
standhalten. Diese bewaffnen sich dann sofort
mit einem langen Baumast, an dem sie ein
Stück Hemde oder allch Fenstergardinen be-
festigen, das sie mit ivilde Gebärden in die
Lust hcrumschwenke». So geschah es auch an
diesem Morgen, und ehe wir uns versahen,
hatten ivir das Vergnügen, wieder ein paar
Hundert russische Kameraden in unsere Mitte
begrüße» zu dürfe». Es waren sehr stramme
Kerls darunter, die aber keine andere mili-
tärische Ausbildung nicht genossen zu habe»
schienen als mit die besagten Banmäste. Einige
waren schon sehr alt und hatten iveiße Haare,
das ganze Gesicht voll, andere waren »och
nicht trocken hinter die Horchlappen. Ein paar
verstanden Deutsch, und man konnte sich ganz
gut mit sie unterhalten, wobei es mir sehr
interessant ivar, ihre lehrreichen Sitten kennen
zu lernen. So redete mir ein russischer Groß-
papa, der schon wenigstens fünfundfünfzig
Jahre alt ivar, egal mit „Väterchen" an, und
unseren Feldwebel Schnitze, von dem seine
eigentliche Natürlichkeit sie keine Kenntnis
nicht hatten, nannten sie „Täubchen". Heute
früh sind die Brüder bereits abtransportiert
worden, da ivir für die neuen Gäste Platz

Kttoiteoln »

Inv.-Nr«; Jf lff/te

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schaffen müssen, die uns der glorreiche Fort-
gang der russischen Frühjahrsoffensive jetzt
täglich bescheren tut.

Inmitten von diese Drängelei grüße ich Dir
herzlichst als Dein Freund und Väterchen

August Säge jun.. Garde-Grenadier.

Die neue Tabaksteuer.

„Den Vesuv könnt ich beneiden!"

„Warum?"

„Weil der das ganze Jahr raucht, ohne daß
er dafür besteuert werden kann!"

„Verdienste."

„Nicht möglich! Der Müller hat den ?our
ts mörits gekriegt?"

„Ja, seine Frau hat vorige Woche den zwölf-
ten Jungen bekommen - und solch großes
Verdienst kann doch nicht unbelohnt bleiben."

Volksbelehrung.

3„ Italien wurden 20 Millionen Lire, die für Tlemcntar-
fchulzmecke bestimmt gewesen waren, für andere Dinge ver-
ausgabt.

Du weichest, weiland Bnndesschwester,

Nicht von der heil'gen Tradition,

Der treu gefolgt seit grauen Jahren
Oie edle römische Nation,

Du wahrst den Grund, aus dem erwuchsen
Italiens höchster Stolz und Ruhm
And stellst als Schirnier dich und Wächter
vor dein — llnalphabetentum.

Und dann: was nützen dir die Schulen
In dieser wahrhaft großen Zeit,
wo alles dient der volksansklärung
Und selbst der Dümmste wird gescheit?

Venn mehr als zwanzig NUIlioncn
Im Schuletat dir je gefrommt,

Frommt deinem Volke jede Uleldung,

Die vom Isonzostrande kommt.

Der Neinfall, welchen dir bereitet
Die Zieher des politischen Drahts,

Der Krieg, in den dich ruchlos stürzten
Die biedern Lenker deines Staats,

Die Korruption an allen Ecken,

Betrug und Diebstahl fern und nah-

wird deine Völker mehr belehren

5Us du geahnt, Italia! Sulla-
 
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