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Erlaubter und verbotener Luxus.
Manches ist uns noch geblieben.
Was des Menschen Lerz erfreut,
And selbst Luxus darf man treiben
Trotz dem schweren Ernst der Zeit;
Schnaps kannst du bis neune trinken.
And bis morgens früh um eins
Darfst du ungestört dich widmen
Dem Konsum des Biers und Weins.
Weite Nöcke kannst du trage».
Sechzehn Meter in der Rund,
Fett und Butter darfst du haben
Wöchentlich ein Viertelpfund;
Kriegsanleihen darfst du zeichnen
Zu der festgesetzte» Frist,
And dein Läuslein darfst du flaggen.
Wenn ein Sieg gemeldet ist.
Selbst wenn eine Schar von Kleinen
Längst schon Großpapa dich nennt.
Darfst du als Rekrut dich tummeln
Bei dem strammsten Regiment;
Eisensechser, Eisengroschen
Schüttet man auf uns herab.
And, wenn draußen wir gewesen,
Eisenkreuze nicht zu knapp.
Aber eines gibt's hienieden,
Was durchaus zu dieser Frist
Als verschwenderischer Luxus
Jedermann verboten ist,
And auf welches zu verzichten
Gilt als höchste Bürgerpflicht:
Alles darf der Deutsche habe».
Alles, nur ein — Kriegsziel nicht!
Lehmann.
Gegenseite, vier bulgarische Ochsenwagen-
sührer, die Proviant gefahren hatten, zwei
türkische Mazedonier mit ihren Saumeseln
und eine serbischeFlüchtlingsfamilie aus Vater,
Mutter und vier Kindern bestehend. Dazu
kamen nun noch wir drei Deutsche. Kannst
du dir die Situation ausdenken?
Wir wußten zunächst nicht, wie wir unser
Verhalten dieser Lage gegenüber einrichten
sollen. Für alle Fälle behielte» wir Gewehr
in der Hand und warteten die weitere Ent-
wicklung ab. Der österreichische Kamerad, ein
munterer, elastischer Mensch erklärte uns sehr
rasch die abenteuerliche Lage. Alle in der
Höhle Versammelten waren im Kampf gegen
die rauhe, erbarmungslose Natur gezwungen
>vorden, in dieser Höhle Unterschlupf zu neh-
men. Alle waren froh, ob Freund, ob Feind,
diese Zuflucht gefunden zu haben und obwohl
kaum einer den andern in seiner Sprache ver-
stand, hatten sie sich doch sofort darauf ge-
einigt, daß, solange sie beisammen sind, keiner
etwas unternimmt, was gegen die so merk-
würdig gefügte Gemeinschaft verstößt. Alle
hatten ihre Vorräte an Eßwaren zusammen-
gelegt. Wir konnten uns schnell selbst über-
zeugen, daß ein wirklich gutes Einvernehmen
zivischen de» Menschen herrschte, daß sie willig
die Plätze am Feuer wechselten, wenn die
einen lang genug daran gesessen hatten und
die Reihe nun an die anderen kam. Der Öster-
reicher hatte den einen serbischen Knaben auf
den Schoß genommen und erzählte mit weh-
mütiger Stimme von seiner Frau und seinen
Kindern...
Zwei Tage und zwei Nächte sind wir hier
beisammen gewesen; nicht einmal hat es Zwist
gegeben.... Am Nachmittag des dritten Tages
fand uns eine starke Patrouille unserer Kom-
pagnie, die ausgeschickt worden war, nach uns
zu forschen-
„Warum ich dir diese Geschichte erzähle?
Weil sie zu meinen unvergeßlichen Erinne-
rungen gehört und iveil durch sie meine An-
schauung lebendig bestätigt worden ist. . . .
Gleiche Not bewirkt gleiche Liebe. Gemeinsame
Not hebt alles auf, was die Menschen sonst
trennt, führt sie zu gemeinschaftlichem Handeln
zusammen und läßt dabei doch jedem, was ihm
eigentümlich ist-Weißt du nun ungefähr,
wie ich über deine Fragen denkte? ..."
Ich drückte meinem Freund Adolf lebhaft
die Hand und habe mir geschworen, die sehr
nachdenkliche Geschichte dieses Erlebnisses ein-
mal aufznschreiben.
Neue Gleichnisse.
Vom Sämann.
Es gingen Säleute aus zu säen und warfen
Unkraut unter die Völker. Und als die Zeit
gekommen war, da hatte das Unkraut aller-
orten über Erwarten gewuchert. Es erstickte
alles Leben und Gedeihen.
Mit Blut und Eisen muß jetzt gejätet wer-
den, schon lange, lange und noch ist kein Ab-
nehmen zu spüren. Aber keiner wollte jetzt der
Sämann gewesen sein-
Vom armen Lazarus.
Es war einmal ein reicher Mann, und vor
seiner Türe saß Tag für Tag ein armer La-
zarus, der nährte sich von den Brosamen, die
von des Reichen Tische fielen.-Da wur-
den beide eingezogen. Im Felde war der Reiche
nicht mehr wie der Arme, und sie lebten beide
friedlich-schiedlich int Schützengraben. „Du
Kamerad," sagte Lazarus, „nach dem Kriege
werde ich mich wohl nach was anderem um-
sehe» müssen."
„Nein," sagte der Reiche, „ich bin nicht un-
dankbar, deine Stelle bleibt dir offen, die
kriegste wieder."
Der reiche Jinigling.
Es kam ein reicher Jüngling zum Herrn und
fragte ihn: „Wie kann ich das Himmelreich
erwerben?" — „Verkaufe alles was du hast,"
erwiderte dieser, „und gib es den Armen."
Die Tabaksteuer.
„Was, du rauchst schon, du Knirps?"
„Ick will man bloß Helfferichen 'n bisken unter die
Arme jretsen!"
Da ging der Jüngling hi», verkaufte sein
Hof und Gut und suchte Arme. Er traf dabei
einen sehr iveisen Mann, der sagte zu ihm:
„Arm ist jetzt bloß das Vaterland, es braucht
notwendig Geld, und außerdem ist die Ge-
legenheit sehr günstig." Das leuchtete dem
Jüngling ein. Er ging hin und zeichnete
Kriegsanleihe und rechnete aus, daß er bei
fünf Prozent Zinsen ganz bequem bis ans
Ende seiner Tage lebe» könne.
Die Quittung zeigte er voll Freude dem
Herrn. Dieser sprach betrübt: „Es ist leichter,
daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als
daß ein Reicher in das Himmelreich komme."
Da wurde der reiche Jüngling ärgerlich,
meldete sich freiwillig zum Militär, kain ins
Feld und war innerhalb acht Tagen doch im
Himmelreich. _^_ P.R.
Frage.
von L.Scplcr, im Schützengraben.
ffl Abendrot,
Leuchtest du von dem Blut so rot.
Das von den lausenden Streitern floß,
Oie eine Augel jäh durchschoß?
von brennender Dörfer Flammenschein,
Aber die eine wilde Schlacht brach herein?
Wann strahlst du wieder freundlich mild
Der schaffenden Menschheit friedlichem Bild —?
Die Milch der frommen Denkungsart.
In Berlin-Schöneberg kam ein Milchhänd-
ler, der der Säuglingsmilch 90 Prozent Wasser
zugesetzt hatte, niit einer Geldstrafe von 1000
Mark davon. Zu Gefängnis will ihn das Ge-
richt erst dann verurteilen, ivenn er der Milch
mehr als 100 Prozent Wasser zusetzt.
Zeitgemäße Variante.
Lehrer: Und wie heißt das vierte Gebot,
Fritz?
Schüler: Dusollst das Brot und die Butter
ehren, auf daß es dir wohl gehe und du lange
lebest auf Erden.
Neuer Beruf.
„Na, Meyer, du siehst ja recht wohl aus!
Machst du so gute Geschäfte mit deinen Kriegs-
gedichten?"
„I wo! Ich bin jetzt unter die Erfinder
gegangen!"
„Nanu? Was erfindest du denn?"
„Neue Namen für Lebensmittelsurrogate!"
Erlaubter und verbotener Luxus.
Manches ist uns noch geblieben.
Was des Menschen Lerz erfreut,
And selbst Luxus darf man treiben
Trotz dem schweren Ernst der Zeit;
Schnaps kannst du bis neune trinken.
And bis morgens früh um eins
Darfst du ungestört dich widmen
Dem Konsum des Biers und Weins.
Weite Nöcke kannst du trage».
Sechzehn Meter in der Rund,
Fett und Butter darfst du haben
Wöchentlich ein Viertelpfund;
Kriegsanleihen darfst du zeichnen
Zu der festgesetzte» Frist,
And dein Läuslein darfst du flaggen.
Wenn ein Sieg gemeldet ist.
Selbst wenn eine Schar von Kleinen
Längst schon Großpapa dich nennt.
Darfst du als Rekrut dich tummeln
Bei dem strammsten Regiment;
Eisensechser, Eisengroschen
Schüttet man auf uns herab.
And, wenn draußen wir gewesen,
Eisenkreuze nicht zu knapp.
Aber eines gibt's hienieden,
Was durchaus zu dieser Frist
Als verschwenderischer Luxus
Jedermann verboten ist,
And auf welches zu verzichten
Gilt als höchste Bürgerpflicht:
Alles darf der Deutsche habe».
Alles, nur ein — Kriegsziel nicht!
Lehmann.
Gegenseite, vier bulgarische Ochsenwagen-
sührer, die Proviant gefahren hatten, zwei
türkische Mazedonier mit ihren Saumeseln
und eine serbischeFlüchtlingsfamilie aus Vater,
Mutter und vier Kindern bestehend. Dazu
kamen nun noch wir drei Deutsche. Kannst
du dir die Situation ausdenken?
Wir wußten zunächst nicht, wie wir unser
Verhalten dieser Lage gegenüber einrichten
sollen. Für alle Fälle behielte» wir Gewehr
in der Hand und warteten die weitere Ent-
wicklung ab. Der österreichische Kamerad, ein
munterer, elastischer Mensch erklärte uns sehr
rasch die abenteuerliche Lage. Alle in der
Höhle Versammelten waren im Kampf gegen
die rauhe, erbarmungslose Natur gezwungen
>vorden, in dieser Höhle Unterschlupf zu neh-
men. Alle waren froh, ob Freund, ob Feind,
diese Zuflucht gefunden zu haben und obwohl
kaum einer den andern in seiner Sprache ver-
stand, hatten sie sich doch sofort darauf ge-
einigt, daß, solange sie beisammen sind, keiner
etwas unternimmt, was gegen die so merk-
würdig gefügte Gemeinschaft verstößt. Alle
hatten ihre Vorräte an Eßwaren zusammen-
gelegt. Wir konnten uns schnell selbst über-
zeugen, daß ein wirklich gutes Einvernehmen
zivischen de» Menschen herrschte, daß sie willig
die Plätze am Feuer wechselten, wenn die
einen lang genug daran gesessen hatten und
die Reihe nun an die anderen kam. Der Öster-
reicher hatte den einen serbischen Knaben auf
den Schoß genommen und erzählte mit weh-
mütiger Stimme von seiner Frau und seinen
Kindern...
Zwei Tage und zwei Nächte sind wir hier
beisammen gewesen; nicht einmal hat es Zwist
gegeben.... Am Nachmittag des dritten Tages
fand uns eine starke Patrouille unserer Kom-
pagnie, die ausgeschickt worden war, nach uns
zu forschen-
„Warum ich dir diese Geschichte erzähle?
Weil sie zu meinen unvergeßlichen Erinne-
rungen gehört und iveil durch sie meine An-
schauung lebendig bestätigt worden ist. . . .
Gleiche Not bewirkt gleiche Liebe. Gemeinsame
Not hebt alles auf, was die Menschen sonst
trennt, führt sie zu gemeinschaftlichem Handeln
zusammen und läßt dabei doch jedem, was ihm
eigentümlich ist-Weißt du nun ungefähr,
wie ich über deine Fragen denkte? ..."
Ich drückte meinem Freund Adolf lebhaft
die Hand und habe mir geschworen, die sehr
nachdenkliche Geschichte dieses Erlebnisses ein-
mal aufznschreiben.
Neue Gleichnisse.
Vom Sämann.
Es gingen Säleute aus zu säen und warfen
Unkraut unter die Völker. Und als die Zeit
gekommen war, da hatte das Unkraut aller-
orten über Erwarten gewuchert. Es erstickte
alles Leben und Gedeihen.
Mit Blut und Eisen muß jetzt gejätet wer-
den, schon lange, lange und noch ist kein Ab-
nehmen zu spüren. Aber keiner wollte jetzt der
Sämann gewesen sein-
Vom armen Lazarus.
Es war einmal ein reicher Mann, und vor
seiner Türe saß Tag für Tag ein armer La-
zarus, der nährte sich von den Brosamen, die
von des Reichen Tische fielen.-Da wur-
den beide eingezogen. Im Felde war der Reiche
nicht mehr wie der Arme, und sie lebten beide
friedlich-schiedlich int Schützengraben. „Du
Kamerad," sagte Lazarus, „nach dem Kriege
werde ich mich wohl nach was anderem um-
sehe» müssen."
„Nein," sagte der Reiche, „ich bin nicht un-
dankbar, deine Stelle bleibt dir offen, die
kriegste wieder."
Der reiche Jinigling.
Es kam ein reicher Jüngling zum Herrn und
fragte ihn: „Wie kann ich das Himmelreich
erwerben?" — „Verkaufe alles was du hast,"
erwiderte dieser, „und gib es den Armen."
Die Tabaksteuer.
„Was, du rauchst schon, du Knirps?"
„Ick will man bloß Helfferichen 'n bisken unter die
Arme jretsen!"
Da ging der Jüngling hi», verkaufte sein
Hof und Gut und suchte Arme. Er traf dabei
einen sehr iveisen Mann, der sagte zu ihm:
„Arm ist jetzt bloß das Vaterland, es braucht
notwendig Geld, und außerdem ist die Ge-
legenheit sehr günstig." Das leuchtete dem
Jüngling ein. Er ging hin und zeichnete
Kriegsanleihe und rechnete aus, daß er bei
fünf Prozent Zinsen ganz bequem bis ans
Ende seiner Tage lebe» könne.
Die Quittung zeigte er voll Freude dem
Herrn. Dieser sprach betrübt: „Es ist leichter,
daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als
daß ein Reicher in das Himmelreich komme."
Da wurde der reiche Jüngling ärgerlich,
meldete sich freiwillig zum Militär, kain ins
Feld und war innerhalb acht Tagen doch im
Himmelreich. _^_ P.R.
Frage.
von L.Scplcr, im Schützengraben.
ffl Abendrot,
Leuchtest du von dem Blut so rot.
Das von den lausenden Streitern floß,
Oie eine Augel jäh durchschoß?
von brennender Dörfer Flammenschein,
Aber die eine wilde Schlacht brach herein?
Wann strahlst du wieder freundlich mild
Der schaffenden Menschheit friedlichem Bild —?
Die Milch der frommen Denkungsart.
In Berlin-Schöneberg kam ein Milchhänd-
ler, der der Säuglingsmilch 90 Prozent Wasser
zugesetzt hatte, niit einer Geldstrafe von 1000
Mark davon. Zu Gefängnis will ihn das Ge-
richt erst dann verurteilen, ivenn er der Milch
mehr als 100 Prozent Wasser zusetzt.
Zeitgemäße Variante.
Lehrer: Und wie heißt das vierte Gebot,
Fritz?
Schüler: Dusollst das Brot und die Butter
ehren, auf daß es dir wohl gehe und du lange
lebest auf Erden.
Neuer Beruf.
„Na, Meyer, du siehst ja recht wohl aus!
Machst du so gute Geschäfte mit deinen Kriegs-
gedichten?"
„I wo! Ich bin jetzt unter die Erfinder
gegangen!"
„Nanu? Was erfindest du denn?"
„Neue Namen für Lebensmittelsurrogate!"