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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 33.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.6705#0150
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9023

vayritcher Kummer.

„’n Rausch kannst jetzt nimma kricgn; Wenns Bier grad gut eini geht,
hcißt's: Schluß, 's Bier is alle!"

fiobetfpäne. e®

Bethmann ist — es war wohl Zeit —
Geflüchtet in die Öffentlichkeit
Vbr der Fronde Wühlen und Drohen.

Vor dem, was aus der Verborgenheit
Dort aufstank, war' die Öffentlichkeit
Dann beinah selber geflohen. . . .

Der Obermeister der Kölner Bäckerinnung
erhielt hundertfünfzig Mark Geldstrafe, weil
er drei Monate laug dem Feinbrot Holzmehl
zugesetzt hatte. Die Strafe ivurde so enorin
hoch bemessen, weil er auch die im Holzmehl
befindlichen Bohrwürmer dem Brot beigebacken hatte, ohne seinen
Kunden Fleischmarken abzufordern! Das hat natürlich den gerechten
Zorn der Richter erregt.

Das Wetter war schlecht! Drum glückte miß
Der Krieg Cadorna, dem Tropfe.

Der Sturmwind aus den Bergen riß
Den Lorbeer ihm vom Kopfe.

„Nicht einmal in den Himmel kann man jetzt kommen, wenn einem
etwas Menschliches passiert", seufzte ein frommer Mann. „Seitdem
auch in der Luft Krieg geführt wird, liegt Sperrfeuer dazwischen."

An Jütlands Küste, am Skagerrak,

Liegt nun begraben manch englisches Wrack,

Und es empfing zu dieser Stunde
Auch Mars wohl seine tötljche Wunde.

Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.

Freie Sänger.

Lorch, das ist der alte Sang,

And das ist das ew'ge Klingen:
Waldhindurch und feldentlang
Vögel jauchzen, Vögel singen.

War's nicht so vor einem Jahr
And vor fünfzig und vor hundert.

Daß man die entzückte Schar
Neidisch und erfreut bewundert?

Ob die Welt in Tränen schwimmt.

Ach, das kümmert sie nicht weiter;

Lustig hallt ihr Lied und klimmt
Auf und ab der Töne Leiter.

In gewaltigem Akkord

Zirpt's und zwitschert's durch die Wälder,

And der Lerche süßes Wort

Perlt vom Limmel auf die Felder.

And der Finken muntrer Ruf
Wiederholt es unermüdlich.

Daß Natur die Freude schuf —

Freude, zaubervoll und friedlich.

Ammer, Länfling und Pirol
Schmettern es in jeden Morgen:

Man befindet sich sehr wohl.

Lieber Mensch, auch ohne Sorgen!

Aus dem Telegraphendraht
Meisen ihre Märchen fabeln.

Angerührt von dem Salat,

Den die klugen Leute kabeln.

And am Abend, lind und traut,

Lörst du noch die Wachteln schlagen.

And die Drossel, dreist und laut.

Angeniert ihr Sprüchlein sagen.

Alles pfeift, rumort und klingt
Gradheraus und ohne Faxen,

Selbst der kleinste Vogel singt.

Wie der Schnabel ihm gewachsen.

Nur der Dichter muß verkrampft.
Schüchtern seine Lieder löten
And bescheiden, leis und sanft
Nach des Zensors Weise flöten. Pan.

Klagelied.

(Nach bekannter Melodie.)

Bierlose Tage sind in Aussicht gcnonimen.

Auch ich saß an Gott Gambrinns' Altar
Bis zum Flimmern des Mondcnschcins
!l»d trank wie die alte Gcrmancnschar
Stets Eins und immer noch Eins.

Nun zeigt sich ein Bild voller Schrecklichkeit:

CS kommt eine bicrlose Zeit!

Einst hat man bei mancher schäumenden Maß
Betrieben die Strategie;

Bei jedem neuen Tropfen vom Faß
Zwang man die Feinde aufs Knie.

Wir wußten mit allem feste Bescheid -
Wie wird das in bterloscr Zeit?

Einst kam das Bicrherz beim Trank in Schwung.
Nun aber wird uns zum Tausch
Die Limonaden-Begeisternng,

Der Selterwaffer-Rausch.

Nun macht der Krieg nur noch halbe Freud ...
Das macht die bterlose Zeit!

Lieber Jacob!

Nu warten wir lvieder zwee jeschlagene Mo-
nate uff die uns feierlich versprochene feind-
liche Friehjahrsoffensive. De Franzosen mochten
woll, aber se kennen nich, sintemalen se mit
ihre Heldenvorräte Matthäi am letzten sind,
'n paar helle Koppe in Paris haben allerdings
'n unfehlbares Mittel vorjeschlagen, wie se det
mangelhafte Menschenmaterial wieder erjänzen

können: nämlich de Einfiehrung der Viel-
weiberei. Aber et erscheint mir doch fraglich,
ob det Mittel so schnell helfen wird, det man
noch vor Friedensschluß det Erjebnis ver-
spielen kennte. Jberhnupt muß ick aber sagen,
det ick inir for de Vielweiberei nich sehr er-
wärmen kann. Wenigstens bei uns in Deitsch-
land wäre so wat eenfach jlatt unmeeglich. Da
is det Volk Jott sei Dank ville zu sittlich zu
— verstehste. Wenn ick mir zum Beispiel vor-
stelle, ick sollte fimf Nummern von meine Olle

ihr Kaliber-nee, Menschenskind, da steeßt

et mir denn doch moralisch jejen uff!

De Jtaljener standen een Jahr lang trei un
fest wie de Ochsen vor'n Berg, aber jetz ivollen
so zeigen, det se sich ooch bewejen können, un
ziehe» sich mit ieberzeijender Behendigkeit aus
det Trentino zurick - ejal, ob det Wetter scheen
oder dreckig is. Un det lustije Kriegsjubelä»»:,
det se sich zu feiern vorjenommen hatten, is
se eklig verhagelt!

Ja, sojar de Engelländer, die bis vor kurzem
noch in jesicherte Unnahbarkeit dasaßen, sojar
diese Wohltäter der Menschheit hat et jetz
knollig in de Bude jerejent. Det Malöhr am
Skagerrak war 'ne jrauliche Jberraschung for
det stolze Jnselvolk. Zu Land de alljemeene
Wehrpflicht, un zu Wasser de Jacke voll je-
kriegt — da könnte ja Grey am Ende lieber
winschen, det er ieberhaupt jar keenen Welt-
krieg nich anjezettelt jehabt hätte!

Un wat de Russen anjeht, die in Bessarabien
den Rumänen wat vormachen wollen, so trau
ickdenBruderOstreicherdochzu,deterdie Russen
und Take Jonescu in die Suppe spucken wird.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

Redgtttonzschlub 12. Juni 1010.
 
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