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Ernte-Wünsche.
Ein Wetter grollt dumpf überm Wald.
Die Mittagshihe lastet schwer.
Am Äimmel drohend fleht geballt
Der Wolken graues, dunkles Leer.
In Lalm nnd Ähren prangt das Kor»,
Verheißend volle, reiche Frucht —
Zermalm' es nicht in deinem Zorn,
Zermalm' es nicht in deiner Wucht!
Gib deinem Äagel andres Ziel,
Gebiete deiner Stürme Wehn,
Laß nicht der Regenböen Spiel
Verheerend durch die Felder gehn!
Ein jeder Lalm, ein jedes Korn
Ist bitter nötig uns zum Brot —
Verschüttest du des Segens Bor».
Winkt uns der Äunger und die Not!
Drum geh vorüber, Welterschlacht!
Fall nicht verderbend auf uns her
Mit deines Anheils grauser Macht —
Das Volk, es trägt schon endlos schwer!
Ernst Kla.tr.
Frau Lang.
9?on 91. Sb.
Frau Lang, oder Frau Kurz, oder Frau
Stark sie hat hundert Name» im Deutsch-
land von heute. Die unsrige wohnt nebenan.
Eine ganz einfache Frau, sie ist nie in der
Zeitung gestanden, nie gedruckt worden. „Die
Mutter hat wieder a Mädel kriegt; g'sund
sind's alle zwei", hat ihr Vater in der Nach-
barschaft mitgeteilt und ist daun zur Arbeit
gegangen. Das war ihre Geburtsanzeige.
„Habt's es scho g'hört? — die Anna und der
Peter . . das war ihre Verlobungsanzeige.
Die Todesanzeige ist noch nicht fällig. Die
Frau Anna Lang hat jetzt keine Zeit für so
elivas.
Gleich beim Beginn des Krieges fiel ihr
Mann, der Peter. Das gab eine Doppellücke.
Die auf dein Kampfplatz draußen füllte ein
Reservemann, die zu Hause füllte die Frau
— Frau Anna Lang an seiner Stelle.
Dann fiel ihr Sohn, der Fritz. Wieder eine
Doppellücke, draußen, drinnen. Und wieder
die Reserve draußen, die Reserve drinnen zum
Lückenfüllen. Nur daß die Reserve draußen
jedesmal ein anderer war, drinnen aber immer
die Frau Lang. „Peter Laug gefallen — Frau
Anna Lang an seiner Stelle. Fritz Lang ge-
fallen — Frau Anna Lang an seiner Stelle.
Da kam schon der dritte Ruf: „Wilhelm Lang
gefallen - Frau Lang an seiner Stelle."
Der Soldat Wilhelm Lang, das war ihr
ziveiler Sohn von sechsen. Dann kam der dritte
dran, der Franz. „Franz Lang ge—", das
Schicksal setzle schon an, aber es stockte, besann
sich und begnügte sich mit einem „verwundet".
Die Lücke war diesmal drinnen etwas kleiner,
die Arbeit für Frau Anna Laug ward größer.
Denn der Franz hinkte auf einem Bein herein:
„To, da bin ich wieder, Mutter wirst mich
schon behalten müssen."
Dann war noch ein vierter Sohn da, der
Schorsch. Der kämpft »och draußen. Aber eine
Lücke hat er drinnen doch gerissen, einfach durch
seinFortsein.DenneristderMutterAllerliebster.
Auch diese Lücke hat Frau Anna Lang zu füllen.
Wie macht sie das nur? Sie hat allerdings
einen kleinen Kunstgriff dabei gemacht. Sie
hat zum Lückenfüllen noch die zwei kleinen
Waisen ihres gefallenen Bruders mitverwen-
det. Und für einen anderen fremden Buben
in der Nachbarschaft sorgt sie auch mit. „Weil's
i» einem hingeht", sagt Frau Lang. Jetzt hat
sie beinahe die alte Kopfzahl beisammen. Heute
früh noch sah ich sie rüstig die Straße herauf-
kominen. Sie hat keine Trauerkleider an, son-
dern ihr gewöhnliches Arbeitsgewand.
Vor dem Kriege haben wir von ihr nicht
viel gewußt. „Frau Anna Laug? Hm, ich
glaube, die gehört zu einer Partie dort drüben."
Brücken von der Partei dort drüben zn uns
hat es kaum gegeben. Jetzt gibt es welche.
Nein, nein, keine Wohltätigkeiten. Da kennt
ihr die Frau Anna Lang schlecht. Auch vor
dumpf geflüstertem Beileid und vor hochach-
tungsvoll gedrückte» Händen bleibt sie bei uns
bewahrt. Überhaupt, von den Brücken, die jetzt
täglich aus der Nachbarschaft zur Frau Anna
Lang hinübergeschlagcn werden, weiß sie sel-
ber nichts.
Irgend jemand in der Nachbarschaft hat
geschäftliche Verluste durch den Krieg. Schon
will er den Kops hängen lassen. Da kommt
seine Frau. „Sei mutig, mein Liebster," sagt
sie, „denke an Frau Anna Lang da drüben ..."
Wupp, ist die Brücke da. Ein aufgerichteler
Mann geht zu seiner Arbeit.
Ei» anderer in der Nachbarschaft liegt au
einer schmerzhaften Krankheit darnieder. Die
Geduld reißt ihm, er jammert. Kommt die
Mutter in das Zimmer, legt ihm auf die
Stirne ihre Hand: „Mußt nicht ungeduldig
sein, denk doch mal an die Frau Lang da
drüben." „Frau Lang?" sagt der im Bette
ärgerlich, „ich kenne keine Frau Lang." Aber
dann setzt sich die Mutter zu ihm ans Bett
und erzählt von Frau Lang, sonderbar, wie
dabei seine Schmerzen immer bescheidener
werden, immer kleiner.
Und wieder einer anderen in der Nachbar-
schaft wird telegraphisch mitgeteilt, daß ihr
Sohn vor dem Feinde gefallen sei. Hände-
ringend irrt die Mutter durch die Räume.
Kommt ihr Mann nach Hause. Mitklagen soll
er, auch die Hände ringen. Aber der nimmt
den Kopf seiner Frau in beide Hände. „Hör'
mal, Liebste," sagt er, „ich habe da von einer
Frau Lang in unserer Nachbarschaft gehört.. ■"
Neugriechisches Lexikon.
Blockade der Freundschaflsbeiveis.
Benizelos — für wieviel?
Skuludis — der Unbequeme.
Guuaris — siehe: Skuludis.
Sarrail — der Gastfreund.
Serbien die Warnung.
Epiros — die Entschädigung.
Konstantinos — schmeißt ihn raus!
5i'reta — der fette Bissen.
Saloniki — die Frechheit.
Entente - die Neutralität.
Rappel — die Überraschung.
Ernte-Wünsche.
Ein Wetter grollt dumpf überm Wald.
Die Mittagshihe lastet schwer.
Am Äimmel drohend fleht geballt
Der Wolken graues, dunkles Leer.
In Lalm nnd Ähren prangt das Kor»,
Verheißend volle, reiche Frucht —
Zermalm' es nicht in deinem Zorn,
Zermalm' es nicht in deiner Wucht!
Gib deinem Äagel andres Ziel,
Gebiete deiner Stürme Wehn,
Laß nicht der Regenböen Spiel
Verheerend durch die Felder gehn!
Ein jeder Lalm, ein jedes Korn
Ist bitter nötig uns zum Brot —
Verschüttest du des Segens Bor».
Winkt uns der Äunger und die Not!
Drum geh vorüber, Welterschlacht!
Fall nicht verderbend auf uns her
Mit deines Anheils grauser Macht —
Das Volk, es trägt schon endlos schwer!
Ernst Kla.tr.
Frau Lang.
9?on 91. Sb.
Frau Lang, oder Frau Kurz, oder Frau
Stark sie hat hundert Name» im Deutsch-
land von heute. Die unsrige wohnt nebenan.
Eine ganz einfache Frau, sie ist nie in der
Zeitung gestanden, nie gedruckt worden. „Die
Mutter hat wieder a Mädel kriegt; g'sund
sind's alle zwei", hat ihr Vater in der Nach-
barschaft mitgeteilt und ist daun zur Arbeit
gegangen. Das war ihre Geburtsanzeige.
„Habt's es scho g'hört? — die Anna und der
Peter . . das war ihre Verlobungsanzeige.
Die Todesanzeige ist noch nicht fällig. Die
Frau Anna Lang hat jetzt keine Zeit für so
elivas.
Gleich beim Beginn des Krieges fiel ihr
Mann, der Peter. Das gab eine Doppellücke.
Die auf dein Kampfplatz draußen füllte ein
Reservemann, die zu Hause füllte die Frau
— Frau Anna Lang an seiner Stelle.
Dann fiel ihr Sohn, der Fritz. Wieder eine
Doppellücke, draußen, drinnen. Und wieder
die Reserve draußen, die Reserve drinnen zum
Lückenfüllen. Nur daß die Reserve draußen
jedesmal ein anderer war, drinnen aber immer
die Frau Lang. „Peter Laug gefallen — Frau
Anna Lang an seiner Stelle. Fritz Lang ge-
fallen — Frau Anna Lang an seiner Stelle.
Da kam schon der dritte Ruf: „Wilhelm Lang
gefallen - Frau Lang an seiner Stelle."
Der Soldat Wilhelm Lang, das war ihr
ziveiler Sohn von sechsen. Dann kam der dritte
dran, der Franz. „Franz Lang ge—", das
Schicksal setzle schon an, aber es stockte, besann
sich und begnügte sich mit einem „verwundet".
Die Lücke war diesmal drinnen etwas kleiner,
die Arbeit für Frau Anna Laug ward größer.
Denn der Franz hinkte auf einem Bein herein:
„To, da bin ich wieder, Mutter wirst mich
schon behalten müssen."
Dann war noch ein vierter Sohn da, der
Schorsch. Der kämpft »och draußen. Aber eine
Lücke hat er drinnen doch gerissen, einfach durch
seinFortsein.DenneristderMutterAllerliebster.
Auch diese Lücke hat Frau Anna Lang zu füllen.
Wie macht sie das nur? Sie hat allerdings
einen kleinen Kunstgriff dabei gemacht. Sie
hat zum Lückenfüllen noch die zwei kleinen
Waisen ihres gefallenen Bruders mitverwen-
det. Und für einen anderen fremden Buben
in der Nachbarschaft sorgt sie auch mit. „Weil's
i» einem hingeht", sagt Frau Lang. Jetzt hat
sie beinahe die alte Kopfzahl beisammen. Heute
früh noch sah ich sie rüstig die Straße herauf-
kominen. Sie hat keine Trauerkleider an, son-
dern ihr gewöhnliches Arbeitsgewand.
Vor dem Kriege haben wir von ihr nicht
viel gewußt. „Frau Anna Laug? Hm, ich
glaube, die gehört zu einer Partie dort drüben."
Brücken von der Partei dort drüben zn uns
hat es kaum gegeben. Jetzt gibt es welche.
Nein, nein, keine Wohltätigkeiten. Da kennt
ihr die Frau Anna Lang schlecht. Auch vor
dumpf geflüstertem Beileid und vor hochach-
tungsvoll gedrückte» Händen bleibt sie bei uns
bewahrt. Überhaupt, von den Brücken, die jetzt
täglich aus der Nachbarschaft zur Frau Anna
Lang hinübergeschlagcn werden, weiß sie sel-
ber nichts.
Irgend jemand in der Nachbarschaft hat
geschäftliche Verluste durch den Krieg. Schon
will er den Kops hängen lassen. Da kommt
seine Frau. „Sei mutig, mein Liebster," sagt
sie, „denke an Frau Anna Lang da drüben ..."
Wupp, ist die Brücke da. Ein aufgerichteler
Mann geht zu seiner Arbeit.
Ei» anderer in der Nachbarschaft liegt au
einer schmerzhaften Krankheit darnieder. Die
Geduld reißt ihm, er jammert. Kommt die
Mutter in das Zimmer, legt ihm auf die
Stirne ihre Hand: „Mußt nicht ungeduldig
sein, denk doch mal an die Frau Lang da
drüben." „Frau Lang?" sagt der im Bette
ärgerlich, „ich kenne keine Frau Lang." Aber
dann setzt sich die Mutter zu ihm ans Bett
und erzählt von Frau Lang, sonderbar, wie
dabei seine Schmerzen immer bescheidener
werden, immer kleiner.
Und wieder einer anderen in der Nachbar-
schaft wird telegraphisch mitgeteilt, daß ihr
Sohn vor dem Feinde gefallen sei. Hände-
ringend irrt die Mutter durch die Räume.
Kommt ihr Mann nach Hause. Mitklagen soll
er, auch die Hände ringen. Aber der nimmt
den Kopf seiner Frau in beide Hände. „Hör'
mal, Liebste," sagt er, „ich habe da von einer
Frau Lang in unserer Nachbarschaft gehört.. ■"
Neugriechisches Lexikon.
Blockade der Freundschaflsbeiveis.
Benizelos — für wieviel?
Skuludis — der Unbequeme.
Guuaris — siehe: Skuludis.
Sarrail — der Gastfreund.
Serbien die Warnung.
Epiros — die Entschädigung.
Konstantinos — schmeißt ihn raus!
5i'reta — der fette Bissen.
Saloniki — die Frechheit.
Entente - die Neutralität.
Rappel — die Überraschung.