9050 -
Aus der Zeit. I.
John Bull und der Wuch'rer im eigenen Land
Reichen voll Gier sich die schmierige Land.
Der Krieger an die Geliebte.
Von Ernst Preczang.
Ich möchte bei dir sein und auf die Berge,
Die stillen, mit dir gehn.
Dort, wo kein Eisen brüllt und nicht die Fahnen
Blutwilden Feuers wehn.
Wo auf den weißen Firnen Friede ruht,
Amsonnt von eines Hellen Limmels Glut,
And an den Längen kleine Lauser steh».
Ich möchte bei dir sein, mit diesen Länden
Die Lütte uns zu baun.
Ans Brot zu säen, wenn die ersten Stunden
Des jungen Morgens graun.
And bin in Schutt und Trümmer doch gebannt
And mutz Ruine und zertretnes Land
Mit kühlen Augen immer wieder schaun.
Ich möchte bei dir sein, wenn von den Bergen
Der Abend wandelt mild.
Die Blüten duften und aus offnen Schollen
Der Erde Atem quillt.
Nun aber ist, von grauen Dünsten schwer,
Von Brand-und Pulverrauch weit um mich her
Friedlos und drohend diese Nacht erfüllt.
Ich möchte bei dir sein, daß neues Leben
Aus unser» Leben loht.
Daß wir der Erde junge Kräfte geben.
Als unsrer Liebe heiligstes Gebot.
And steh doch hier, von starrem Laß umbraust.
And sende aus der hartgekrampften Faust
In andre Seelen Tod um Tod.
Zwei Skizzen.
Von L. P.
Die Schnitter standen im Sonnenglast. Mit
einem scharfen, pfeifenden Ton fuhr die Sense
in die hohen Halme. Die reife Frucht fiel
Bündel um Bündel. Da schauten die Leute
wohl hin und wieder mit blanken Augen auf
den Erntereichtum. Mit hochgekrempelten
Hemdärmeln und weitgespreizten Beinen,
Glied an Glied, so schafften sie am sonnen-
hellen Tag vom Morgenrot an. Voll Pflicht-
gefühl, wie echte Soldaten. Ihre roten Käppis
schimmerten grell im Sonnenlicht. Abseits
stand ein Feldgrauer. Stunde um Stunde ging
hin, und jede von ihnen legte ein Teilchen
Erntesegen zum großen Tagwerk. Das fried-
liche Bild vernünftiger Tat, schaffender Arbeit
harmonierte mit der landschaftlichen Schön-
heit ringsum. Drüben stand das Birkenwäldchen
auf der Anhöhe. Die schlanken Birkenstämme
schimmerten silberblank in schöner Reinheit.
Das zarte Blättergrün wiegte sich im tiefen
Blau der Himmelsglocke. Leise sang der laue
Wind im Blätterwerk. Im Schilf des Weihers
nebenan klang eine zarle Melodie. Auf den
Welle» lagen die Schatten der Bäume tief-
schwarz umrändert. Jauchzende Kinder tum-
melten sich im Wellenspiel.
Da gellte ein Aufschrei durch die Stille.
Drüben hoben die Schnitter die Hand über
die Augen. Einer von der Schnittergruppe in
roten Hosen lief dem Wasser zu, sprang hinein,
tauchte unter und hob einen blondhaarigen
Buben an das Land. Die badenden Kinder
nahmen den vor dem Tode bewahrten Buben
in die Mitte und gingen den roten Ziegel-
dächern drüben zu.
Der feldgraue Gefangenenposten reichte dem
französischen Soldaten die Hand. Die ewige
Liebe der Menschen zueinander segnete diese
stillen, glücklichen Minuten.
„Nun geht es dir doch an den Kragen!
Warte nur, du hochmütiger Steinbauch!" froh-
lockte der Fluß und gurgelte höhnisch.
„Dumme Wasserschlange . .. Wer will an
meiner Macht rütteln? Meine Granitglieder
werden eivig sein wie die Sterne droben," sagte
mit unerschütterlicher Überzeugung der Berg.
„Warte, warte nur. Schon haben die kleinen
Menschen deine plumpen Füße angebohrt,"
meinte der Fluß.
„Das kitzelt ein wenig, weiter nichts. Du
träumst wohl? Gute Nacht . . ." grüßte der
Berg und kauerte sich unter das Gewölk.
In der Nacht gruben graue Gestalten am
Fuße des Berges. Am Tage verkrochen sich die
Riesenmaulwürfe in ihre Erdhöhlen und furcht-
bare Schläge erschütterten den Rücken des Ber-
ges. Dumpf knallte Schlag auf Schlag, Blitz
auf Blitz fuhr ins Tal.
„Hm, hm, steht doch kein Wetter am Himmel,
was ist das?" fragte der Berg den Fluß.
„Das ist Menschenwerk, sie werden dich zer-
malmen!" kain es aus den Wellen.
„Die Zwerge?" lachte der Felsenkönig.
„Ja, Steinherz! Eigentlich sollte es mich
freuen. Meinen wanderfrohen Wellenkindern
hast du den Durchbruch zum lauschigen Wald
verwehrt, ihre Sehnsucht verhöhnt. Bald wirst
du nicht mehr sein!" prophezeite der Fluß.
„Kindskopf! Keine Macht der Menschen wird
mir schaden können. Nur der allmächtige Feuer
gvtt unter uns könnte mich verschlingen, wenn
er die Erde spalten ivollte. Der Flammengott
schläft aber wohl noch Tausende von Jahren,"
sagte der Felsenkönig.
Der Fluß gurgelte hämisch.
„Schweig!" brüllte der Berg und schüttelte
grollend sein grünes Haupt, daß die Wälder
stöhnten und Zentnersteine ins Wasser schlugen.
In der Nacht krochen tausend Minenschlangen
in den Bauch des Berges, bohrten sich in seine
Eingeweide und wühlten darinnen. Ein paar
Stunden später sprang der Felsenberg mit
furchtbarem Getöse auseinander. Zerfetzte
Menschenglieder und geborstene Steinblöcke
flogen durcheinander. In den Wäldern don-
nerte das Echo hundertfach. Blut trübte den
klaren Fluß. Und dieser sang ein Trauerlied
und trug es durch die Lande der Menschen.
Aus der Zeit. I.
John Bull und der Wuch'rer im eigenen Land
Reichen voll Gier sich die schmierige Land.
Der Krieger an die Geliebte.
Von Ernst Preczang.
Ich möchte bei dir sein und auf die Berge,
Die stillen, mit dir gehn.
Dort, wo kein Eisen brüllt und nicht die Fahnen
Blutwilden Feuers wehn.
Wo auf den weißen Firnen Friede ruht,
Amsonnt von eines Hellen Limmels Glut,
And an den Längen kleine Lauser steh».
Ich möchte bei dir sein, mit diesen Länden
Die Lütte uns zu baun.
Ans Brot zu säen, wenn die ersten Stunden
Des jungen Morgens graun.
And bin in Schutt und Trümmer doch gebannt
And mutz Ruine und zertretnes Land
Mit kühlen Augen immer wieder schaun.
Ich möchte bei dir sein, wenn von den Bergen
Der Abend wandelt mild.
Die Blüten duften und aus offnen Schollen
Der Erde Atem quillt.
Nun aber ist, von grauen Dünsten schwer,
Von Brand-und Pulverrauch weit um mich her
Friedlos und drohend diese Nacht erfüllt.
Ich möchte bei dir sein, daß neues Leben
Aus unser» Leben loht.
Daß wir der Erde junge Kräfte geben.
Als unsrer Liebe heiligstes Gebot.
And steh doch hier, von starrem Laß umbraust.
And sende aus der hartgekrampften Faust
In andre Seelen Tod um Tod.
Zwei Skizzen.
Von L. P.
Die Schnitter standen im Sonnenglast. Mit
einem scharfen, pfeifenden Ton fuhr die Sense
in die hohen Halme. Die reife Frucht fiel
Bündel um Bündel. Da schauten die Leute
wohl hin und wieder mit blanken Augen auf
den Erntereichtum. Mit hochgekrempelten
Hemdärmeln und weitgespreizten Beinen,
Glied an Glied, so schafften sie am sonnen-
hellen Tag vom Morgenrot an. Voll Pflicht-
gefühl, wie echte Soldaten. Ihre roten Käppis
schimmerten grell im Sonnenlicht. Abseits
stand ein Feldgrauer. Stunde um Stunde ging
hin, und jede von ihnen legte ein Teilchen
Erntesegen zum großen Tagwerk. Das fried-
liche Bild vernünftiger Tat, schaffender Arbeit
harmonierte mit der landschaftlichen Schön-
heit ringsum. Drüben stand das Birkenwäldchen
auf der Anhöhe. Die schlanken Birkenstämme
schimmerten silberblank in schöner Reinheit.
Das zarte Blättergrün wiegte sich im tiefen
Blau der Himmelsglocke. Leise sang der laue
Wind im Blätterwerk. Im Schilf des Weihers
nebenan klang eine zarle Melodie. Auf den
Welle» lagen die Schatten der Bäume tief-
schwarz umrändert. Jauchzende Kinder tum-
melten sich im Wellenspiel.
Da gellte ein Aufschrei durch die Stille.
Drüben hoben die Schnitter die Hand über
die Augen. Einer von der Schnittergruppe in
roten Hosen lief dem Wasser zu, sprang hinein,
tauchte unter und hob einen blondhaarigen
Buben an das Land. Die badenden Kinder
nahmen den vor dem Tode bewahrten Buben
in die Mitte und gingen den roten Ziegel-
dächern drüben zu.
Der feldgraue Gefangenenposten reichte dem
französischen Soldaten die Hand. Die ewige
Liebe der Menschen zueinander segnete diese
stillen, glücklichen Minuten.
„Nun geht es dir doch an den Kragen!
Warte nur, du hochmütiger Steinbauch!" froh-
lockte der Fluß und gurgelte höhnisch.
„Dumme Wasserschlange . .. Wer will an
meiner Macht rütteln? Meine Granitglieder
werden eivig sein wie die Sterne droben," sagte
mit unerschütterlicher Überzeugung der Berg.
„Warte, warte nur. Schon haben die kleinen
Menschen deine plumpen Füße angebohrt,"
meinte der Fluß.
„Das kitzelt ein wenig, weiter nichts. Du
träumst wohl? Gute Nacht . . ." grüßte der
Berg und kauerte sich unter das Gewölk.
In der Nacht gruben graue Gestalten am
Fuße des Berges. Am Tage verkrochen sich die
Riesenmaulwürfe in ihre Erdhöhlen und furcht-
bare Schläge erschütterten den Rücken des Ber-
ges. Dumpf knallte Schlag auf Schlag, Blitz
auf Blitz fuhr ins Tal.
„Hm, hm, steht doch kein Wetter am Himmel,
was ist das?" fragte der Berg den Fluß.
„Das ist Menschenwerk, sie werden dich zer-
malmen!" kain es aus den Wellen.
„Die Zwerge?" lachte der Felsenkönig.
„Ja, Steinherz! Eigentlich sollte es mich
freuen. Meinen wanderfrohen Wellenkindern
hast du den Durchbruch zum lauschigen Wald
verwehrt, ihre Sehnsucht verhöhnt. Bald wirst
du nicht mehr sein!" prophezeite der Fluß.
„Kindskopf! Keine Macht der Menschen wird
mir schaden können. Nur der allmächtige Feuer
gvtt unter uns könnte mich verschlingen, wenn
er die Erde spalten ivollte. Der Flammengott
schläft aber wohl noch Tausende von Jahren,"
sagte der Felsenkönig.
Der Fluß gurgelte hämisch.
„Schweig!" brüllte der Berg und schüttelte
grollend sein grünes Haupt, daß die Wälder
stöhnten und Zentnersteine ins Wasser schlugen.
In der Nacht krochen tausend Minenschlangen
in den Bauch des Berges, bohrten sich in seine
Eingeweide und wühlten darinnen. Ein paar
Stunden später sprang der Felsenberg mit
furchtbarem Getöse auseinander. Zerfetzte
Menschenglieder und geborstene Steinblöcke
flogen durcheinander. In den Wäldern don-
nerte das Echo hundertfach. Blut trübte den
klaren Fluß. Und dieser sang ein Trauerlied
und trug es durch die Lande der Menschen.