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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 33.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.6705#0178
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9051

Aus der Zeit. I!.

Wehrt euch nur gegen die teuflische List,
Dann kommt es anders in kürzester Frist.

o

Schwere Zeit.

Von Ernst Klaar.

Es rauscht der Wald, und es grünt die Flur,
Die Halme wogen im weiten Feld,

Der Friede zieht seine Segensspur —
lind doch: wie eigen ist rings die Welk!

Das Herz, es wird nicht freudig und froh.

Ob noch so freundlich die Sonne lacht —

Es lauscht, ob ferne nicht irgendwo
Der wilde Hall der Geschütze Kracht.

Die Blume, blühend am Wegesrand,

Das jauchzende Lied aus Vogels Brust —

Sie bleiben so fremd, so unbekannt,

Sie wecken nicht Widerhall, noch Lust.

Wie Alp liegt's rings auf dem Erdenrund,
Wie lastend schwüler und schwerer Druck,
Geschlossen bleibet dem Lied der Mund,
lind schmerzlich wirken selbst Zier und Schmuck.

Denn draußen ist Krieg und immer noch Krieg,
Der zahllos Weh um die Völker schlingt —
Und ferne, ferne noch ist der Sieg,

Der uns den Frieden-, das Ende bringt!

Die Fliegen.

Wenn der Sommer kommt, kommen auch
die Fliegen. An kühlen Frühlingstagen be-
merkst du kaum eine, und wenn du sie be-
merkst, so ist's ein kleiner, schwarzer, ruhiger
Fleck an der Wand oder in irgend einer Fenster-
ecke. Sobald aber das große Feuer der Sonne
wärmend aufgeht, sind auch die Fliegen da.
Woher sie so plötzlich kommen, du weißt es
nicht. Es ist, als ob sie aus dem Nichts ge-
boren würden, gezeugt von Lust und Sonne.
Frech, unverschämt umschwirren sie dich, setzen
sich auf deine Hand, dein Haar, auf die äußerste
Spitze deiner Nase, putzen sich ruhig den Rüssel
und kümmern sich den Teufel um deine Pro-
teste. Du kannst keinen Bissen zum Munde
führen, ohne daß sie sich bei dir zu Gaste
laden. Scheuche sie von der einen Seite des
Tellers fort, so setzen sie sich auf die andere
und tauchen wohlgemut ihren Rüssel in deine
Suppe. Sie fressen von deinem Fleisch, deinem
Brot, deinem Gemüse mit und überlassen es
dir, dich zu entrüsten soviel du magst. Sie
kecken von deinem Kaffee, deiner Milch, deiner
Butter und deinem Zucker und berauschen sich

an deinem Bier. Es ist eine ganz unverständ-
liche Rücksicht von ihnen, daß sie nicht auch
deine Zigarren rauchen. Hingegen ist ihnen
jeder frische Windzug tief verhaßt, und wenn
du Tür und Fenster öffnest, surren sie erst
einige Male drohend um dein Haupt, ehe sie
sich empfehlen und ein gemütlicheres Heim
aufsuchen. Auch die Reinlichkeit lieben sie nicht.
Weiße Gardinen, blanke Fensterscheiben, Brief-
bogen und saubere Tapeten sind ihnen ein
Greuel und erwecken in ihnen das unbezähm-
bare Verlangen, ihre Spur darauf zurückzu-
lassen — eine Schmutzspur, ähnlich manchen
menschlichen Verbrechern. — Man hat schon
die verschiedensten Methoden ersonnen, uni
das Ungeziefer zu fangen oder zu töten. Das
älteste Mittel dürfte die Fliegenklatsche sein,
die den Ziveck verfolgt, aus einem kleinen
Schmutzfleck einen großen zu machen. Vielfach
sind auch Fallen aus Draht oder Glas be-
liebt, auf denen die Fliegen sich gern nieder-
lassen, um sich eine Weile von ihren Raub-
zügen auszuruhen. Das Innere interessiert sie
nicht. Mancher verspricht sich Erfolg von in
Milch getauchtem Giftpapier mit der Auf-
schrift „Fliegentod". Da die Fliegen aber in
der Reget Analphabeten sind, kümmern sie
sich nicht um die Aufschrift, sondern lecken die
Milch und lassen das Papier liegen. Ei» ge-
fährliches und verhältnismäßig grausames
Mittel ist der Fliegenleim, dessen Gefährlich-
keit indessen häufig durch seine Unschädlich-
keit gemindert wird: entweder er klebt, und
dann meiden ihn die Fliegen, oder sie lecke»
daran, und dann klebt er nicht. Etwas zeit-
raubend, aber sonst probat ist die Methode,
aus der Handfläche einen Fanglöffel zu machen
und damit an den Wänden entlang zu fahren.
Zuiveilen fängt man eine, meistens nicht. Wer
aber eine hat, der tut gut, sie festzuhalten, da
sie freiwillig nur ungern bleiben. Im übrigen
ist es ein lohnendes Vergnügen, diese Insekten
zu sammeln, da tote Fliegen jetzt als Hühner-
futter sehr gesucht sind. Ein gut beschlagener
Statistiker hat nämlich ausgerechnet, daß, wenn
alle oder annähernd alle Fliegen gefangen wür-
den, jeder Deutsche trotz des Krieges an jedem
Sonntag sein Huhn im Topfe haben könnte,
wenn eben das Volk sich nur etwas intensiver
jener angewandten Wissenschaft ergeben wollte.
Leider entrüstet es sich, anstatt Fliegen zu fangen,
lieber über die Wucherer, trotzdem dies zweifel-
los eine noch zwecklosere Beschäftigung ist.

Diese fressen zwar auch aus all unseren
Tellern mit und lassen eine Schmutzspur auf
dieser Zeit zurück, doch in die Falle gehen sie
nicht, und der Leim, an dem sie kleben bleibe»,
ist noch nicht erfunden. Die Anwendung der
Klatsche aber ist verboten. Pan.

&&

Zu spät.

Der Zar sagte jüngst nachdenklich zu dem
Justizminister: „Wäre es nicht doch praktischer
gewesen, den Suchomlinow vor seiner Er-
nennung zum Kriegsminister eiuzusperren?"

Russisch-englisches Sprichwort.

Haust du deinen Juden,

Hau' ich meinen Iren.
 
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