► •• 9155 —-
Die dekorierte Mutter.
Ein französischer Gesetzentwurf schlägt vor, Müttern, die zwölf Kinder gebären, das Band der Ehrenlegion zu verleihen.
Nun, Marianne, tummle dich!
Du warst bisher in diesem Punkt
Ein wenig schwach; drum wirst du jetzt
In Ruhm und Ehren eingetunkt.
Das heißt, nur wenn du konsequent
Nach dem ersehnten Ziele ringst
And fleißig dem Gevatter Staat
Ein Menschlein nach dem andern bringst.
Erst nach der runden Ziffer zehn
Erscheint die Sache aussichtsvoll:
Sofern du nicht beim elften stirbst.
Wird schließlich wohl das Dutzend voll.
Dann eines Tages feierlich.
Mit Grazie, Würde und Respekt,
Naht deinem Wochenbette froh
Der Maire, vielleicht gar der Präfekt
And spricht: Es ehrt die Republik
Begeistert deine Produktion
And dankt mit ihrem höchsten Schmuck:
Dem Band der Ehrenlegion.
Lier! Schlinge es um deine Brust,
Die so viel Bürger hat genährt;
Nicht weniger bist du die Zier
Als unsre größte» Leiden wert.
-o---—
Sie holten sich's wohl aus dem Streit
And streuten blul'ge Todessaat;
D u zeugtest Lebe» — und du stützst
Auf Deine Weise unfern Staat.
Vielleicht, daß deine Söhne auch
Einst freudig ziehe» in die Schlacht
Für jene weise Politik,
Die uns so herrlich weit gebracht.
Wie bei Verdun und an der Somme
Siehst du ihr Leben dann verlohn —
Du aber küsse still und fromm
Das Banv der Ehrenlegion! Pan.
Wandlungen.
Erste Szene. Sommer 1911 im
Straßenbahnwagen.
Ein älterer blasiert
aussehenderHerr(Zi-
garette rauchend): Blinder
Lärm! Heute Volldampf
voraus — morgen Ver-
handlungen — nächsten
Monat klein beigeben!
Wir kennen dieGeschichte
doch. Blinder Lärm, sage
ich Ihnen! #
Ein kleiner paus-
bäckiger Herr <tn sehr
gewählter Kleidung): Na
na! Sagen Sie das nicht
so voreilig! Es liegt
etwas in der Luft. Es
riecht nach Ernst. Hat
man einmal den „Pan-
ther" heruntergeschickt,
denn will inan auch mehr
erreichen als Diploma-
tenstank.
Der Blasierte: Sie
müssenja mehr wissen als
unsereiner. Die Presse
weiß immer mehr,— bloß
schreiben darf sie's nicht.
Der Pausbäckige:
Das Maß ist voll, lange
schon voll. Jetzt gibt's
kein Halten mehr. Es
muß mal tüchtig was ge-
ben! (Zum Schaffner, derdie
Fahrscheine austeilt:) Was,
Sie freuen sich doch auch,
wenn es mal losgeht?
DerSchaffner (nach
einigem Besinnen): Wie is
Ihr Militärverhältnis?
Der Pausbäckige
(betroffen): Wieso? (Zu dem
Blasierten:) Welche Frage!
Der Blasierte (blickt empört nach dem Schaff-
ner): So sind diese Leute!
Der Schaffner: Herrje, wat is denn da-
bei? Ick meine man bloß, ob Sie mit müssen?
Der Pausbäckige (entrüstet): Ich brauche
nicht init. Aber ich ginge gern mit, lieber heute
als morgen!
Der Schaffner: Na also!
Der Pausbäckiger
In der Tat, ich traue es
der Regierung auch nicht
zu. Aber man muß sie
vorwärts treiben! Wenn
die Presse jetzt allgemein
sagt: Antwerpen ist un-
ser für immer! so muß
sich die Regierung doch
danach richten. Es wäre
eine empörende Schlapp-
heit, Antwerp en und B e l-
gien jemals wieder her-
auszugeben!
DerChef: Na,lassen
wir es so! Der „Anzei-
ger" würde auch wohl
Kapital daraus schlagen,
wenn wir zurückblieben.
Der Pausbäckige:
Natürlich! Nur nicht zim-
perlich,wir müssen durch!
Dritte Szene. Oktober 1916
auf dem Kasernenhof.
Der Feldwebel (zu
dem Pausbäckigen): Sie
melden sich nun schon
zum dritten Male krank,
Freundchen, und sind
doch immer dienstfähig
geschrieben! Sie scheinen
mir einer von der rich-
tigen Sorte zu sein!
Der Pausbäckige:
Ich bin ernstlich krank,
Herr Feldwebel! Meine
Nerven sind total hin.
Der Feldwebel (in,
Weitergehen): Quatschen
Sie mich nicht an!
Der Pausbäckige
(nachdem der Feldwebel ver-
schwunden ist): Verfluchte
Schweinerei! Alles lechzt
nach Frieden und hat den
Kram satt. So ein Wahnsinn! Was will nian
denn noch?
Ein Wehrmann: Reg di nich op, Kam-
rad; hier Heft du doch nix to segge». Du most
uthollen, bet affblaseu ivard. Naher kannst
wedder Hurra schriwen!
Der Pausbäckige (mit einem wütenden Blick
auf den Wehrmann): Verfluchte Schweinerei!
Französische Karikaturen aus dem Kriege 1870/71.
in.
.Um dies zu erreichen, habe ich doch nicht mit „Za!" gestimmt." Von Honorö Daumier.
Zweite Szene. Oktober 1914 im Nedakttonsziinmer der
„Neuesten Nachrichten".
Der Chef (zum Pausbäckigen): Sind Sie da
nicht zu Iveit gegangen: das künftige Nusfalls-
tor für Großdeutschlands Kriegs-und Handels-
marine? Ich glaube nicht, daß die Regierung
solche Absichten hat, und es wäre besser, man
wartete die Informationen ab.
Die dekorierte Mutter.
Ein französischer Gesetzentwurf schlägt vor, Müttern, die zwölf Kinder gebären, das Band der Ehrenlegion zu verleihen.
Nun, Marianne, tummle dich!
Du warst bisher in diesem Punkt
Ein wenig schwach; drum wirst du jetzt
In Ruhm und Ehren eingetunkt.
Das heißt, nur wenn du konsequent
Nach dem ersehnten Ziele ringst
And fleißig dem Gevatter Staat
Ein Menschlein nach dem andern bringst.
Erst nach der runden Ziffer zehn
Erscheint die Sache aussichtsvoll:
Sofern du nicht beim elften stirbst.
Wird schließlich wohl das Dutzend voll.
Dann eines Tages feierlich.
Mit Grazie, Würde und Respekt,
Naht deinem Wochenbette froh
Der Maire, vielleicht gar der Präfekt
And spricht: Es ehrt die Republik
Begeistert deine Produktion
And dankt mit ihrem höchsten Schmuck:
Dem Band der Ehrenlegion.
Lier! Schlinge es um deine Brust,
Die so viel Bürger hat genährt;
Nicht weniger bist du die Zier
Als unsre größte» Leiden wert.
-o---—
Sie holten sich's wohl aus dem Streit
And streuten blul'ge Todessaat;
D u zeugtest Lebe» — und du stützst
Auf Deine Weise unfern Staat.
Vielleicht, daß deine Söhne auch
Einst freudig ziehe» in die Schlacht
Für jene weise Politik,
Die uns so herrlich weit gebracht.
Wie bei Verdun und an der Somme
Siehst du ihr Leben dann verlohn —
Du aber küsse still und fromm
Das Banv der Ehrenlegion! Pan.
Wandlungen.
Erste Szene. Sommer 1911 im
Straßenbahnwagen.
Ein älterer blasiert
aussehenderHerr(Zi-
garette rauchend): Blinder
Lärm! Heute Volldampf
voraus — morgen Ver-
handlungen — nächsten
Monat klein beigeben!
Wir kennen dieGeschichte
doch. Blinder Lärm, sage
ich Ihnen! #
Ein kleiner paus-
bäckiger Herr <tn sehr
gewählter Kleidung): Na
na! Sagen Sie das nicht
so voreilig! Es liegt
etwas in der Luft. Es
riecht nach Ernst. Hat
man einmal den „Pan-
ther" heruntergeschickt,
denn will inan auch mehr
erreichen als Diploma-
tenstank.
Der Blasierte: Sie
müssenja mehr wissen als
unsereiner. Die Presse
weiß immer mehr,— bloß
schreiben darf sie's nicht.
Der Pausbäckige:
Das Maß ist voll, lange
schon voll. Jetzt gibt's
kein Halten mehr. Es
muß mal tüchtig was ge-
ben! (Zum Schaffner, derdie
Fahrscheine austeilt:) Was,
Sie freuen sich doch auch,
wenn es mal losgeht?
DerSchaffner (nach
einigem Besinnen): Wie is
Ihr Militärverhältnis?
Der Pausbäckige
(betroffen): Wieso? (Zu dem
Blasierten:) Welche Frage!
Der Blasierte (blickt empört nach dem Schaff-
ner): So sind diese Leute!
Der Schaffner: Herrje, wat is denn da-
bei? Ick meine man bloß, ob Sie mit müssen?
Der Pausbäckige (entrüstet): Ich brauche
nicht init. Aber ich ginge gern mit, lieber heute
als morgen!
Der Schaffner: Na also!
Der Pausbäckiger
In der Tat, ich traue es
der Regierung auch nicht
zu. Aber man muß sie
vorwärts treiben! Wenn
die Presse jetzt allgemein
sagt: Antwerpen ist un-
ser für immer! so muß
sich die Regierung doch
danach richten. Es wäre
eine empörende Schlapp-
heit, Antwerp en und B e l-
gien jemals wieder her-
auszugeben!
DerChef: Na,lassen
wir es so! Der „Anzei-
ger" würde auch wohl
Kapital daraus schlagen,
wenn wir zurückblieben.
Der Pausbäckige:
Natürlich! Nur nicht zim-
perlich,wir müssen durch!
Dritte Szene. Oktober 1916
auf dem Kasernenhof.
Der Feldwebel (zu
dem Pausbäckigen): Sie
melden sich nun schon
zum dritten Male krank,
Freundchen, und sind
doch immer dienstfähig
geschrieben! Sie scheinen
mir einer von der rich-
tigen Sorte zu sein!
Der Pausbäckige:
Ich bin ernstlich krank,
Herr Feldwebel! Meine
Nerven sind total hin.
Der Feldwebel (in,
Weitergehen): Quatschen
Sie mich nicht an!
Der Pausbäckige
(nachdem der Feldwebel ver-
schwunden ist): Verfluchte
Schweinerei! Alles lechzt
nach Frieden und hat den
Kram satt. So ein Wahnsinn! Was will nian
denn noch?
Ein Wehrmann: Reg di nich op, Kam-
rad; hier Heft du doch nix to segge». Du most
uthollen, bet affblaseu ivard. Naher kannst
wedder Hurra schriwen!
Der Pausbäckige (mit einem wütenden Blick
auf den Wehrmann): Verfluchte Schweinerei!
Französische Karikaturen aus dem Kriege 1870/71.
in.
.Um dies zu erreichen, habe ich doch nicht mit „Za!" gestimmt." Von Honorö Daumier.
Zweite Szene. Oktober 1914 im Nedakttonsziinmer der
„Neuesten Nachrichten".
Der Chef (zum Pausbäckigen): Sind Sie da
nicht zu Iveit gegangen: das künftige Nusfalls-
tor für Großdeutschlands Kriegs-und Handels-
marine? Ich glaube nicht, daß die Regierung
solche Absichten hat, und es wäre besser, man
wartete die Informationen ab.