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9173

.Heimatlos. 62 kovelMne. IT

Ihr fraget alle, wenn Friede wird,

Und möchtet's gern wissen ums Leben;
Darauf hat Marschall Hindenburg
Die beste Antwort gegeben.

Denn als fürwitzig einer tat
So ohne weiteres sagen:

„Wann kommt der Friede?" da sprach erdrauf:
„Da müssen die andern Sie fragen!"

Ja ja, da steckt des Pudels Kern,

Das Wort ist scharf wie ein Säbel,

Und wer eine andere Antwort gesucht,

Der fährt nur herum im Nebel.

Es ist kein Wunder, daß den Rumänen die Munition so bald aus-
ging; hatte der rumänische Oberbefehlshaber doch angeordnet, jeden
seiner Soldaten erschießen zu lassen, der ansreißt.

Der Schweine „Mast" in dieser Zeit
Gedeiht, drin sind wir einig;

Am meisten wohl gedeihet sie
Bei denen, die zweibeinig.

In England wurde die Heilsarmee erfunden — leider aber auch
die Unheilsarmee der Lloyd Georg und Konsorten.

Kochbücher gibt es jetzt gar viel. Doch leider auch der arme Mann
Das ist ein interessantes Spiel, Ein Kochbuch sich nicht braten kann.

Wenn die Russen beten „Gott erhalte den Zaren!" so setzen sie
im geheimen hinzu: „Hoffentlich recht bald!"

„Das ist der Fluch der bösen Tat." Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.

Anersllllbare Neujahrswünsche.

Sonst stand in der Silvesternacht
Der Sinn nach Grog mir nur und Pünschen —
In diesem Jahre aber strebt
Zu Hähern Zielen hin mein Wünschen.

Nach Früchten, welche allzu hoch
Am goldenen Baum des Lebens hange».
Nach Dingen, die es nirgends gibt,

Lab' ich ein sträfliches Verlangen.

Nach einem Täßchen Mokka drängt
Titanentrotzig meine Seele,

Dazu ein Brötchen, hergestellt
Aus reinem, weißem Weizenmehle.

Und höher schweift die Phantasie
And schwebt in Märchenregionen,

Wo Schinken, Blut- und Leberwurst
Und duftige Larzerkäse. wohnen.

Und immer höher irrt mein Wunsch
Nach unerreichbaren Idolen:

Er träumt von einem Stiefelpaar
Mit richtigen Leder-Doppelsohlen.

And schließlich — sündhaft ist es zwar —
Doch ich gesteh's: es wünscht hienieden
Sich meine Unersättlichkeit
Zur Abwechslung ein bißchen — Frieden!

Für dieses alles gäb' ich hin
Des Paradieses Freudenstätte,

Ja selbst ein Zwanzigmarkstück zahlt'

Ich gerne drum — wenn ich eins hätte!

Sulla.

Neues voin Büchermarkt.

„Die Kunst, bis zum siegreichen Frie-
den unabkömmlich zu bleiben!" Ein Leit-
faden für alle, die ihr Leben lieb haben. Von

Eusebius Fürchtegott Drückeberger (Verfasser
der patriotischen Sammelwerke: „Ans Vater-
land, ans teure. . .!", „Gut und Blut für
Deutschlands Ehre", „Die Poesie des Helden-
todes" usw.)

„Wie behalte ich trotz Fleisch-, Eier-,
Butter- und anderen Marken meine
schöne Figur?" Ein Buch für Lebenskünstler.
Von Jakob Schmerbauch.

Der Verfasser weist in diesem längst ver-
mißten und einem dringenden Bedürfnis ab-
helfenden Buche nach, wie es Angehörigen der
besseren Stände nach >vie vor, trotz aller be-
hördlichen Schikanen, möglich ist, ihren bis-
herigen, gebildeten Lebensgewohnheiten treu
zu bleiben.

„Lieder der Trübsal." Mit Melodien.
Von Artur Kahn. Eine rührende, ans Herz
greifende Gedichtsammlung. Der Verfasser ist
Aufsichtsratsmitglied mehrerer großen Eisen-,
Stahl- und Pnlvergesellschaften und zählt
zu den besonders durch den Krieg hart be-
troffenen Volkskreisen. Aus jeder Verszeile
spricht der Schmerz des gramgebeugten Ver-
fassers über die lange Kriegsdauer und die
tiefe, innige Sehnsucht nach einem baldigen
Frieden. L. R.

Lieber Jacob!

Prost Neijahr! Neie Besen kehren jut, sagt
der Volksmund, un bet werden wir hoffentlich
ooch in diesen Falle erwarten derfe». Wat
unsere Feinde sind, die haben sich det Sprich-
wort ja ooch bereits in de Praxis zunutze
jemacht, indem det de Engelländer ihre ollen
Besen Grey un Asquith, de Russen Stürmer'n
nn de Franzosen Joffre'n als nich mehr janz

ziveckentsprechend in de Rumpelkammer stellten.
Se waren abstrapaziert un hatten keene Haare
nich mehr. De neien Besen Lloyd George un
Trepow haben, nach ihre knollijen Reden zu
urteilen, wenigstens welcheürff de Zähne. Aber
det macht den Kohl ooch nich fett; Hauptsache
is, det se 'ne widerstandsfähije Pelle uff de
Sitzjelejenheit haben. Denn ick mutmaße, dieser
Körperteil wird bei sie am stärksten in An-
spruch jenommen werden. Sowohl von unsere
'Seite wie ooch nich minder von seiten ihrer
jetreien Untertanen steht demselben —- wenn
mir meine prophetischen Instinkte nich janz
abhanden jekommen sind — in de allernächste
Zeit manche uffreibende un schmerzhafte Stra-
paze bevor.

Uns werden de neien Besen man bloß uff
det Jebiet der jlorreichen englischen Aushunge-
rungspolletik beschert, indem det wir sor jede
jute olle Ware, die vom Markt verschwunden
is, 'n neies Ersatzmittel kriejen. Ob uff diese
Art von neie Besen aber der Volksmund ebent-
falls immer zutrefft, det mechte ick doch in't
Unjewisse lassen. Der Fleeschersatz schmeckt mir
janich, von den Zuckerersatz habe ick Bauch-
schmerzen jekriegt un der Kaffeeersatz verstoppt
mir. Neierdings bemiehen sich jewisse Kreise,
die hinter den Zeitjeist nich zurickbleiben wollen,
iebrijens ooch, in Berlin eenen „Vorwärts"-
ersatz einzufiehren, dem ick aber noch nich pro-
biert habe, iveil ick mir erst von die jesund-
heitsschädlichen Erfahrungen mit die anderen
Ersatzartikel erholen will. Ick Heerte aber, det
det neie Jenußmittel 'n starken Beijeschmack
nach Leipziger Allerlei haben soll.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an '» Jörlitzer Bahnhof jleich links.

RedakticmZschluß 22. Dezember 1916,
 
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