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9182

Die Antwort.

Und weiter geht die grause Ernte,

Die Sense klirrt, der Würfel rollt.

Und Moloch mischt die blutigen Karten
Zum neuen Spiel: Ihr habt's gewollt!

Ihr Toren habt zurückgewiesen
Die Hand, die euch Versöhnung bot.

Und weiter muß die Menschheit schreiten
Den Leidensweg durch Blut und Tod.

Bis einst im Strahl der Mahrheitssonne
Des Lugs und Truges Wust verweht
Und euch die eignen Völker zwingen
Zum Frieden, den ihr heut verschmäht.

Dann naht die Stunde des Gerichtes,
Wo eine wutverzerrte Welt
Mit tausend Tränen, tausend Flüchen
Das Schuldbuch euch entgegenhält!

Und wo das flammende Bewußtsein
In euren Hirnen jäh erwacht, —

Welch eine ungeheure Dummheit

Mit diesem Streiche ihr vollbracht! Armimus.

Die falsche Rechnung.

„Macht England mit in diesem Kriege" —
Sprach Grey einst lächelnden Gesichts —
„So hat es alles zu gewinnen
And zu verlieren hat es nichts;

Des Krieges Unbequemlichkeiten
Sind größer nicht, wenn wir mobil.

Als wenn wir uns neutral verhalten:

Der Feldzug wird ein Kinderspiel!"

So lauteten des Weisen Worte —

Die Antwort gaben kurzerhand
Des Skagerraks umstürmte Woge,

Des Tigris gelber Wüstensand,

Nebst der unsterblichen Blamage
Am Strande von Gallipoli —

Die Wehrpflicht kam, die lief verhaßte.

And flöten ging die liberty.

' And heut'? Britannias Niesenfeste
Kracht in den Fugen, mürb und morsch.
And von den altersschwachen Zinnen,

Die Knute schwingend, schreit Lloyd George:
„Altengland schwebt in Todesnöten!

Zur Lilfe ruft's den letzten Mann,

Der Kuhfuß noch und Plempe Pagen,

Noch einen Lämmer schwingen kann!"

And über seinem Lauptbuch brütend
Kratzt hinterm Ohre sich John Bull:

„Die ouleulution war ein error,

Die balunee ist nicht doautitul!"

Verzweifelt raust er sich die Laare
And jammert Ach und jammert Weh —
And spuckt auf die Prophetengabe
Des ehrenwerten Edward Grey. Sulla,

Feldpostbriefe.

LXIII.

Geliebte Ellern! Ihr fragt mir nachträglich,
wie wir eigentlich dieses Jahr Silvester ge-
feiert haben, und ich kann Euch darauf nur
antworten: entschieden auf eine sehr unver-
mulete Weise überraschend, ehrenvoll und
wohlschmeckend. Unser Quartier war Weih-
nachten hinter die Front in eine kleine rumä-
nische Stadt, die an Dreckigkeit mit die inten-

sivsten Gegenden von Russisch-Polen wett-
eifern konnte. Aber es gab daneben auch Läden,
wo man allerhand kaufen konnte; und wenn
auch die Sachen nicht immer tiptop waren,
so befanden sich die Preise doch allemal auf
ein sehr hochentwickeltes weltstädtisches Niveau.
Seit Anfang Dezember ist nun bei unsere Kom-
pagnie ein junger Kriegsfreiwilliger namens
Miericke, der direkt von das Gymnasium ins
Regiment eingetreten war, noch etwas klebrig
hinter die Ohren, aber mit Sprecwasser ge-
tauft, und zwar nicht zu knapp. Der Junge
trieb in das Städtchen allerhand Zicken, und
in das „Kaufhaus des Südostens", wie er die
dreckige Bude eines Herrn Mirko Leibwisch
nannte, hatte er Feuerwerkskörper ausgetrieben,
mit die er am Silvester eine festliche Veran-
staltung nach Berliner Muster Hervorrufen
wollte. Daraus wurde aber nichts, denn kurz
vorNcujahr rückte dieKompagniezum Schmerze
der ganzen Stadt in die vorderste Linie, und
seitdem liegen wir wieder im Schützengraben.

Die Gegend ist hier noch ziemlich natur-
getreu; es stehen noch verschiedene Häuser
und Bäume aufrecht. Dicht vor unfern Graben
erhob sich eine alte Eiche, die auch für den
Winter ihre Blätter bei sich behalten hatte.
Dies wäre ein guter Beobachtungsstand ge-
wesen, wenn die Herrschaften von gegenüber
nicht bei die geringste auffällige Veranstaltung
den unschuldigen Baum mit einen Hagel von
leichte und schwere Munition überfunkt hätten.

Als Silvester sich näherte, gab unser Kriegs-
freiwilliger Miericke die Absicht kund, zur Feier
des Tages sein mitgebrachtes Feuerwerk im
Unterstand des Schützengrabens abzubrennen,
ivorauf der Hauptmann ihn in todsichere Aus-
sicht stellte, daß er ihm bis Friedensschluß
täglich zehn Stunden anbinden lasse werde.
Da aber Miericke doch etwas zum allgemeinen
Pläsier tun wollte, so erklärte er, der alte
Baum müsse daran glauben, und stopfte heiui-
lich eine rumänische Bauernjacke aus, setzte
ihr eine Mütze auf und befestigte das Ganze,
wie es dunkel geworden war, auf die Eiche.
Als nun nachts die Scheinwerfer zu spielen
begannen, wurde der Bauersmann in die
Baumkrone bemerkt, und in fünf Sekunden

saß der erste feindliche Volltreffer drin. Der
Erfolg war ein so überraschender, daß die
ganze Kompagnie das Maul aufsperrte. Die
alle Bauernjacke wurde nämlich auf eine un-
vermutete Weise lebendig: aus den Ärmeln
und Schultern flogen Schwärmer heraus, aus
die Mütze stiegen Leuchtkugeln empor, Feuer-
räder und Frösche gingen los und explodierten
nach alle Richtungen, und zuletzt fuhr aus das
Hinterteil eine riesige Räkele und stieg in ele-
ganten Bogen bis hoch über die feindliche Linie!

Miericke, das Ans, hatte seine ganze Feuer-
werksladung in den Bauern gestopft, und der
Effekt war ein geradezu überwältigender. Die
abergläubischen Rumänen bekreuzigten sich,
weil sie glaubten, der Teufel säße in die alte
Eiche; trotz alle Bemühungen der Offiziere
war kein Halten mehr, und die ganze Bande
riß aus. Wir natürlich sofort'rübergemacht und
den Graben ohne Verlust genommen! Unser
Hauptmann ivar so fidel über dieses Erlebnis,
daß er für die ganze Kompagnie Punsch jpen-
dierte und Miericke'n zum Eisernen einreichte.

So hatten ivir am Silvesterabend trotz alle-
dem doch noch unser heimatliches Getränk und
unser heimatliches Feuerwerk, und wir ge-
dachten an unsere Lieben in Berlin, die es
dieses Jahr vielleicht nicht einmal so gut ge-
habt haben mögen.

In welche rvehmütige Vermutung ich Euch
herzlich grüße als Euer dankbarer Sohn

August Säge jun., Garde-Grenadier.

Nachschrift: Sollte Mutter zufällig einige
Pfannkuchen eingeweckt haben, so wäre ich
ihr für eine kleine Sendung sehr dankbar,
denn die gab es nämlich zu den obigen Sil-
vesterpunsch leider nicht.

Der Makler.

Herr Wilson wollt' vermitteln
Und ich mutz zugesteh»,

Mas er da hat geschrieben,

Das klang ganz gut und schön.

Als ehrlichster der Makler
Tat er den großen Schritt,

Uechtr äugt er nach den, Frieden
Und links nach dein Profit. N.T.
 
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