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9203

„Beruhigen Sie sich. Miß Harriet; wir verdienen immer, ob wir Krieg
mit Deutschland haben oder nicht."

novelwÄne. rs

Und ob der Feind uns dräuet
Mit Tod und Untergang,

Wir bleiben guten Mutes,

Er macht uns doch nicht bang.

Und wenn er uns die Zukunft
Malt noch so trüb und grau.

So tragen ivir doch keine
Zaghaftigkeit zur Schau.

Es bleibt ein Trost, der strahlend
Durch alles Dunkel brichl:

Es sterben wohl die Menschen,

Die Völker sterben nicht!

Ein neuer russischer Orden, der nur an Minister verliehen werden
soll, führt den Namen „Bruderschaft der Eintagsfliege". Die Zahl der
Ordensritter ist in raschem Steigen begriffen.

Im Ausivärtigen Amt wird die Anschaffung eines Notenschranks
zur Unterbringung der bereits vorliegenden und für 19J7 noch in
größerer Zahl zu erwartenden Wilsonschen Noten in Erwägung gezogen.

Die Sterne blinken hernieder.

Die Menschen flehen hinauf,

Und unten nimmt unerbittlich
Das Unglück seinen Lauf.

Ein neuer Kriegskaffee wird demnächst in den Verkauf gebracht
werden. Er heißt: „Nicht die Bohne!"

„Gott ist mein Zeuge" — so sagt mancher, weil er wohl weiß, daß
dieser Zeuge vor kein irdisches Gericht geladen werden kann.

Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.

lichen Rat geben, bemühe Dir, auch hinter die
Front Geschichte zu machen; begnüge Dir nicht
mit die geographischen Kenntnisse, sondern
sehe Dir mal ohne Brille die augenblickliche
Wirklichkeit an und übe Dir in praktische
Schleichpatrouillen,— dann wirst Tu am Ende
bei die Pellkartoffeln sitzen und Dir nicht ärgern
und nicht zu schimpfen brauchen, weil Dir die
andern geneppt haben!

Mit diesen aufrichtigen Wunsch grüße ich
Dir und Deinen unbekannten Freund und
Theoretiker August Lehmann auf das herz-
lichste! Dein

August Säge jun.. Garde-Grenadier.

Nachschrift. Ein paar Zigarren wären
mir augenblicklich sehr zweckentsprechend; wenn
sie gut sind, kannst Du mir meinetwegen auch
eins von Deine augenblicklichen Lesebücher bei-
packen. _

Die rumänische Beute.

Der biedere Rumäne
Bestellt sein Feld mit Fleiß,

Er ackert, sät und erntet
Den Weizen und den Mais —

Lalli, hallo — den Weizen und den Mais,

Dann kommt der wackre Brite,

Legt seine Land darauf.

And kauft für schwere Gelder
Die ganze Ernte aus —

Lalli, hallo — die ganze Ernte auf.

Zum Schluß erscheint der Deutsche,

Nimmt alles mit nach Laus,

And mahlt es fein und backt sich
Vieltausend Schrippen draus —

Lalli, hallo — Vieltausend Schrippen draus.

Modern in jeder Linsicht
Erscheint mir der Betrieb,

And Arbeitsteilung nennt man
Dies praktische Prinzip —

Lalli, hallo — dies praktische Prinzip.

Der eine hat die Mühe,

Der zweite zahlt das Geld,

Der dritte frißt die Schrippen,

Das ist der Lauf der Welt!

Lalli, hallo, das ist der Lauf der Welt!

Lieber Jacob!

Wat der Deitsche Sprachverein is, der ver-
langt mit schneidije Elejanz, bet bei de zu-
kimstijen Friedensverhandlungen keen Ton in
de Sprache unserer Feinde »ich jeredet werden
derf. Det macht sich sehr jut, aber ick ieberleje
mir desto trotz: wat soll werden, wenn die uff
de Jejenseite for sich detselbije Recht in An-
spruch nehmen? Denn bleibt am Ende nischt
anderes iebrig, als det sich de diplomatischen
Herrschaften mit schweigendes Pantomimen-
spiel zu verständijen suchen, oder se missen
bellen wie de Hunde, quarren wie die Frösche
oder singen wie de Nachtijallen. Dieses eiro-
päische Konzert derfte aber nich scheen anzu-
heeren sind, un deswejen bin ick der mutmaß-
lichen Meinung, det Verlangen von den Deit-
schen Sprachverein seht zu weit, un Hochdeitsch
mit de Leite reden, det kann man schließlich
in jede Sprache.

Aber Uffassung is ebent Uffassungssache, un
da läßt sich am Ende nich drieber streiten.
Zum Beispiel sagt de Entente zu uns: „Wir
können mit eich nich eher unterhandeln, als

bis det ihr alle besetzten Jebiete in Rußland,
Beljien, Frankreich un uff'n Balkan pränu-
merando jereimt habt. Zieht erst Leine, un
nachher ivollen wir uns zu eenen jemietlichen
Konjreß zusammensetzen. Det is Ehrensache!"
Un de Deitschen antworten druff: „Det is nich
Ehrensache, det is 'ne klobije, knotije, dick-
neesije Ausverschämtheit!" Nischt wie Uffas-
sungssache, verstehste.

Un weiter. Neilich las ick in de Zeitung
von eenen Pastor in de Elbinger Jejend, bei
den eener einjebrochen war un neben ville
anderweitije' Viktualitäten ooch sechs Fund
Butter un dreißig Eier jefunden hatte. Der
Pfarrer ereilte ihm mitten in de scheenste
Arbeet un ließ ihm vor Jericht stellen. Ick
fragte mir unwillkürlich: Wie kommt 'n Jeist-
licher zu so ville leibliche Nahrungsmittel?
Ratierlich is et vollständig ausjeschlossen, det
'n Pastor mehr besitzen wird, als wie ihn von
Rechts wejen zukommt. Un daraus foljerte ick,
det er woll ville Zusatzkarten bekommen hat
un det de Jeistlichkeit in de Elbinger Jejend
jedenfalls zu de Schwerslarbeeter jerechent
wird. Det schien mir ooch janz einleichtend zu
sind, denn 'n Mann, der nich bloß de Seel-
sorje for 'ne janze ausjetrajene Jemeinde
betreiben, sondern daneben ooch noch seine
Speisekammer bewachen muß, der hat allen
Anspruch uff sonne Bevorzugung. Aber wie
ick det meinen Fremd Edeward verlautbarte,
sagte der: „Quatsch mit Soße!" Un ick er-
kannte daraus, det ooch dieser Fall Uffassungs-
sache is.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
;elreier Jotthilf Rauke,

an ’» Jörlitzer Bahnhof jleich links.

Revattwnslchluß 5. Februar UU7.
 
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