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9208

Schwärmer für den Krieg —

Zeitgenossen.

Ein Feldpostbrief.

Noch rührt's mich immer so tief, so kies,

Les ich deinen ersten Feldpostbrief.

Du schriebst ihn in der Nacht vor Dinank —
Der Name hak einen grellen Klang.

Du schriebst ihn nahe vor'm Feind auf Wacht —
Du schriebst ihn vor deiner ersten Schlacht!

»Geliebte Eltern! Wenn's kommen sollt.

Daß mir das Schicksal der Schlachten grollt,
So tröstet mir meine kleine Frau
Und scheuchet ihr sanft der Trübsal Grau.
Und sagt ihr, wie sehr ich glücklich war
An meines Herdes stillem Altar,

Wie ich vergessen all Weh und Leid
An ihrem Herzen, an ihrer Seit'.

Und wenn ich jemals euch rauh gekränkt —
Denkt nicht daran, wenn ihr mein gedenkl!
Ich bitte all Schuld und Fehle ab —

Laßt's mit mir sinken ins tiefe Grab!

Ein paar Adressen noch schreib ich auf,

Die mögen künden von meinem Lauf,

Die bringen euch meinen letzten Gruß,

Wenn fern der Heimat ich sterben muß. —
Ein halbes Stündchen nur ist noch mein.

Dann geht's in den Kampf, in den Tod hinein.
Für alles Liebe, das mir geschehn.

Habt tausend Dank! Und — auf Wiedersehn!«

So schriebst du in höchster Gewissensnot,

So gingst du entgegen dem Schlachtentod.

Und immer hat's wie ein heiß Gebet
Aus den stammelnden Zeilen mich umweht. —
Du bist entronnen des Sterbens Pein,

Doch ewig soll unvergessen sein,

Was du geschrieben auf stiller Wacht
In der Stunde vor deiner ersten Schlacht. E.m.

Von, Zivildienstkreuz.

„Wir haben schon das Offiziersdienstkreuz,
daS Eiserne Kreuz, und jetzt auch noch das
Zivildienstkreuz!"

„Habe ich Ihnen nicht immer gesagt, daß cs
noch zum Kreuzzug gegen England kommt?!"

„Haben Sie gehört: als einer der Ersten
hat der Reichskanzler das Zivildienstkreuz er-
halten."

„Sooo? Dreht denn der auch Granaten?"

Ein braver Bürgersmann legte das Zivi!»
dienstkreuz an mit den Worten: „Wem der
Herr ein Kreuze schickt, der muß cs geduldig
trage» —-— " .

„Sagen Sie mal," fragte ein besonders Neu-
gieriger, „ist. mit dem Zivildienstkreuz auch
der Adel verbunden?"

„Wo haben Sie sich denn das Zivildienst-
kreuz erworben?"

„Na, erlauben Sie mal! Ick bin Grogglas-
wärmer im Kasino. Ohne mir wären schon
ville Offiziere erfroren."

„Wie und >vo wird denn das Ziviidienst-
kreuz getragen?"

„Dumme Frage! Natürlich in der Kreuz-
gegend." P. in.

Ochsengespanne in Berlin.

Von Cec.

In der Stadt der großen Intelligenzen
Sah man früher noble Nutos glänzen,

Kutschen auch mit wiehernden kirabern
Gder andern renommierten Trabern.

Ieder Mensch von einigem Geblüte
Mindestens fuhr Droschke zweiter Güte.

Gder stieg mit Freude und Genuß,
wenn's nicht eilte auf den Gmnibus.

Keinesfalls erschienen dahingegen
Gchsen mit vier Beinen auf den wegen,
Sintemalen alle Urten Rind
Flottem Fortschritt nicht gewogen sind.

Darum hat, daß sie den Usphalt treten,

Man energisch sich und schroff verbeten,

Und verordnet wurde kurzerhand:
was gehörnt ist, bleibe auf dem Land.

Uber sieh, wie sich die Zeiten wenden
Und das Recht nun auch den Rindern spenden!
Ihr Boykott - wer möchte es nicht loben? -
wurde nunmehr endlich aufgehoben:

Klle Gchsen dürfen in den Gaffen

Ruch der Hauptstadt sich bewundern lassen.

Der Berliner leidet's gut und willig

Und sagt höchstens: Gibt jo 'n Dchs ooch Millich?

Venn sofern er keine Milch nicht gibt,

Bleibt er quasi etwas unbeliebt.

Namentlich die Gattin, Frau und Mutter
Int'reffiert sich lebhaft auch für Butter!
würde lieber fette Brüter schmieren
Uls in Rinderequipagen 'rumkutschieren,

Sagt verdrießlich: Ulehr als meine Beene
Knurrt mein Magen... Gchsen haben wir alleene.
 
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