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* ein Spaltunflsliiftiflcr.
Bernstein: Nichts zu spalten?
Molkenbuhr: Nee, Ede, wir wollen unser Holz ungewalrei: lasse».
NoveUpMc. rs>
Das ist ein großes Sterben
In dieser rauhen Zeit,
Des Todes Sichel schneidet
Die vollsten Garben heut.
Er schreitet durch die Felder
Mit seinem Schicksalstritt,
Die Kühnsten und die Besten
Verfallen seinem Schnitt.
Wir sahen es mit Grausen,
Wie über uns es kam,
Das Herz möcht still uns stehen
Im Übermaß von Gram.
Und nur der Wucherer heute
Zu Haus noch scherzt und lacht,
Sein Kriegsgewinn ist's, der ihn
So fröhlich hat gemacht.
Und was an Leben draußen
Im Blutfeld sich verhaucht.
Rührt ihn nicht, da er selber
Doch nicht zu sterben braucht.
Eine sonderbare Eingabe ist dem Reichskanzler zugegangen. Der
„Schutzverband deutscher Kinder gegen elterliche Übergriffe e. V." ver-
langt die „Rationierung der häuslichen Züchtigungen", und zwar so,
daß Prügel (Senge, Bimse, Dresche, Wichse) nur noch gegen Marken
verabfolgt werden dürfen. Als Höchstmenge wird vorgeschlagen: „Alle
vierzehn Tage fünfundzwanzig."
Ein „Volksernährungs-Orden" ist von Elard von Oldenburg ans
Januschau angeregt worden. Es sollen vier Klassen des „Kohlrüben-
Ordens", ferner die Sonderklasse der „Rüben-Kommandeure" und eine
„Groß-Rübe" als Großkreuz errichtet werden.
Ihr getreuer Sage, Schreiner und Landstürmer.
Der Philosoph in der Volksküche.
Es gibt Gerichte, die philosophischen Sy-
stemen gleichen: niemand kann sie ergründen.
Die Gegner bekommen ihr Fett von uns —
kein Wunder, daß es hier knapp wird.
Der Krieg verroht. Jetzt vierteilt man so-
gar die Heringe.
Heute gab's „Milchreis". Das ist chinesisch.
Auf gut Deutsch sagt man: Wassergraupen.
Wurst.—unglaublich, aber wahr! Solang
wie mein kleiner Finger (dem zwei Glieder
fehlen):
Selbst auf Gütern, die Hünderte von Kühen
halten, wird keine Butter mehr gegessen — sagt
Herr v.Oldenburg-Januschan. Die Gutsbesitzer
liefern sie nämlich in die Volksküche.
Dies Beefsteak kann jeder Vegetarier mit
reinstem Gewissen zu sich nehmen.
Der Bückling riecht das ist wahr. Aber
ich denke mir meine Nase hinweg.
Ein Problem macht mir Kopfschmerzen:
Da es keine Eier mehr gibt — wie mögen
sich jetzt die Hühner sortpflanzen?
Mahlzeit — Qualzeit. ®ec.
Durch die Blume.
„Sie, Herr Stadlrat, was ist wohl gescheiter:
ei» Pferd oder ein Esel?"
„Selbstverständlich ein Pferd!"
„Na, da muß ich aber doch fragen: Warum
wählt man dann hier keine Gäule in den
Stadtrat?!"
Abgeführt.
Gast: Da hört sich doch alles auf! Das ist
ja ein Saufraß!
Kellnerin: Ausg'schlossen!
Gast: Wieso?
Kellnerin: Weil die Säue beim Fressen
nicht schimpfen!
Lieber Jacob!
Mit die versprochene Neuorientierung jetzt
et setz mächtig vorwärts. In de Mittelschulen
is de Zahl der Relijionsstunden vermehrt wor-
den und der Pollezeipräsedent hat 'ne neie
Straßenordnung erlassen, die den Jeist der
Zeit in jede Hinsicht Rechnung zu tragen sich
de verjeblichste Miehe jibt. Ick habe neilich
nach Feierabend sämtliche Parajrafen durch-
studiert un kann sagen, det ick in dem Inhalt
injedrungen bin, wenn ick mir ooch nich schmei-
cheln derf, mit allens inverstanden zu sind.
Zum Beispiel heeßt et: „Jede.unjerechtfertigte
Verunreinijung der Straßenluft is verboten."
Da muß ick denn doch fragen: Wat heeßt un-
jerechtfertigt? Sowat kann doch jeden mal
passieren! Besonders in de oogenblickliche Je-
jenwart, wo der unermiedliche Jenuß von
Kohlrüben zu de patriotischen Flichten jeheeren
tut! Wenn de Obrigkeit winscht, det de Nah-
rung jestreckt wird un Deitschland durchhält,
denn derf se sich doch vor de natierlichen Foljen
der jroßen Zeit nich de Neese zuhalten! Un
schließlich: bei unser» wellstädleschen Verkehr
— ivie soll der Schutzmann uff'n Potsdamer
Platz feststellen, wer et jewesen is! Also wie
jesagt, dieser Parajraf is mir nich simpatisch.
Andere Bestimmungen flichte ick dajejen bei,
objleich se eenen liefen Jriff in det perseen-
liche Familjenleben bedeiten. Det Jehen in
Reihen von mehr wie drei Personen is zum
Beispiel verboten, un da habe ick nischt jejen.
Denn wenn ick de Sklalitzerstraße lang jondle
un ick habe an de rechte Seile meine Olle
un a» de linke meine Schwiejermutter, denn
is det jerade jenug for dem heiteren Lebens-
jenuß un ick emfinde nich det Bedirfnis nach
noch mehr. Mit eenen andern Parajrafen aber
hatte ick neilich Pech, indem det ick ihm ironisch
anwenden wollte. Nämlich wie mir letzten
Sonntagnachmittag meine Olle wieder mal zu
eene jrauenvolle Skatpartie bei ihre schwer-
heerije Kusine in Reinickendorf millootsen
wollte, da erklärte ick: „Emilie," sagte ick,
„Du weeßt, wie sehr ick for Familjenjlick mit
Deine schadhafte Verwandtschaft schwärme:
aber diese Partie versteeßt jejen de neie Straßen-
ordnung. Du mußt zu Hause bleiben, denn
ick derf Dir nich runter lassen. Jberfiehre Dir
selbst von den Parajrafen: „Et is verbolen,
eenen Drachen uff de Straße steifen zu lassen!"
Lieber Jacob, wenn Du meine Olle kennen
wirdest, könntest Du Dir eene lebhafte Vor-
stellung von die Jreuelszene machen, die jetz
ieber mir hereinbrach. Da Du aber det Ver-
niejen nich hast, so verhille ick mir lieber in
biesteres Schweijen.
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
letreier Jotthilf Rauke.
an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
Redatttonslchlup 18. Februar 1811,
* ein Spaltunflsliiftiflcr.
Bernstein: Nichts zu spalten?
Molkenbuhr: Nee, Ede, wir wollen unser Holz ungewalrei: lasse».
NoveUpMc. rs>
Das ist ein großes Sterben
In dieser rauhen Zeit,
Des Todes Sichel schneidet
Die vollsten Garben heut.
Er schreitet durch die Felder
Mit seinem Schicksalstritt,
Die Kühnsten und die Besten
Verfallen seinem Schnitt.
Wir sahen es mit Grausen,
Wie über uns es kam,
Das Herz möcht still uns stehen
Im Übermaß von Gram.
Und nur der Wucherer heute
Zu Haus noch scherzt und lacht,
Sein Kriegsgewinn ist's, der ihn
So fröhlich hat gemacht.
Und was an Leben draußen
Im Blutfeld sich verhaucht.
Rührt ihn nicht, da er selber
Doch nicht zu sterben braucht.
Eine sonderbare Eingabe ist dem Reichskanzler zugegangen. Der
„Schutzverband deutscher Kinder gegen elterliche Übergriffe e. V." ver-
langt die „Rationierung der häuslichen Züchtigungen", und zwar so,
daß Prügel (Senge, Bimse, Dresche, Wichse) nur noch gegen Marken
verabfolgt werden dürfen. Als Höchstmenge wird vorgeschlagen: „Alle
vierzehn Tage fünfundzwanzig."
Ein „Volksernährungs-Orden" ist von Elard von Oldenburg ans
Januschau angeregt worden. Es sollen vier Klassen des „Kohlrüben-
Ordens", ferner die Sonderklasse der „Rüben-Kommandeure" und eine
„Groß-Rübe" als Großkreuz errichtet werden.
Ihr getreuer Sage, Schreiner und Landstürmer.
Der Philosoph in der Volksküche.
Es gibt Gerichte, die philosophischen Sy-
stemen gleichen: niemand kann sie ergründen.
Die Gegner bekommen ihr Fett von uns —
kein Wunder, daß es hier knapp wird.
Der Krieg verroht. Jetzt vierteilt man so-
gar die Heringe.
Heute gab's „Milchreis". Das ist chinesisch.
Auf gut Deutsch sagt man: Wassergraupen.
Wurst.—unglaublich, aber wahr! Solang
wie mein kleiner Finger (dem zwei Glieder
fehlen):
Selbst auf Gütern, die Hünderte von Kühen
halten, wird keine Butter mehr gegessen — sagt
Herr v.Oldenburg-Januschan. Die Gutsbesitzer
liefern sie nämlich in die Volksküche.
Dies Beefsteak kann jeder Vegetarier mit
reinstem Gewissen zu sich nehmen.
Der Bückling riecht das ist wahr. Aber
ich denke mir meine Nase hinweg.
Ein Problem macht mir Kopfschmerzen:
Da es keine Eier mehr gibt — wie mögen
sich jetzt die Hühner sortpflanzen?
Mahlzeit — Qualzeit. ®ec.
Durch die Blume.
„Sie, Herr Stadlrat, was ist wohl gescheiter:
ei» Pferd oder ein Esel?"
„Selbstverständlich ein Pferd!"
„Na, da muß ich aber doch fragen: Warum
wählt man dann hier keine Gäule in den
Stadtrat?!"
Abgeführt.
Gast: Da hört sich doch alles auf! Das ist
ja ein Saufraß!
Kellnerin: Ausg'schlossen!
Gast: Wieso?
Kellnerin: Weil die Säue beim Fressen
nicht schimpfen!
Lieber Jacob!
Mit die versprochene Neuorientierung jetzt
et setz mächtig vorwärts. In de Mittelschulen
is de Zahl der Relijionsstunden vermehrt wor-
den und der Pollezeipräsedent hat 'ne neie
Straßenordnung erlassen, die den Jeist der
Zeit in jede Hinsicht Rechnung zu tragen sich
de verjeblichste Miehe jibt. Ick habe neilich
nach Feierabend sämtliche Parajrafen durch-
studiert un kann sagen, det ick in dem Inhalt
injedrungen bin, wenn ick mir ooch nich schmei-
cheln derf, mit allens inverstanden zu sind.
Zum Beispiel heeßt et: „Jede.unjerechtfertigte
Verunreinijung der Straßenluft is verboten."
Da muß ick denn doch fragen: Wat heeßt un-
jerechtfertigt? Sowat kann doch jeden mal
passieren! Besonders in de oogenblickliche Je-
jenwart, wo der unermiedliche Jenuß von
Kohlrüben zu de patriotischen Flichten jeheeren
tut! Wenn de Obrigkeit winscht, det de Nah-
rung jestreckt wird un Deitschland durchhält,
denn derf se sich doch vor de natierlichen Foljen
der jroßen Zeit nich de Neese zuhalten! Un
schließlich: bei unser» wellstädleschen Verkehr
— ivie soll der Schutzmann uff'n Potsdamer
Platz feststellen, wer et jewesen is! Also wie
jesagt, dieser Parajraf is mir nich simpatisch.
Andere Bestimmungen flichte ick dajejen bei,
objleich se eenen liefen Jriff in det perseen-
liche Familjenleben bedeiten. Det Jehen in
Reihen von mehr wie drei Personen is zum
Beispiel verboten, un da habe ick nischt jejen.
Denn wenn ick de Sklalitzerstraße lang jondle
un ick habe an de rechte Seile meine Olle
un a» de linke meine Schwiejermutter, denn
is det jerade jenug for dem heiteren Lebens-
jenuß un ick emfinde nich det Bedirfnis nach
noch mehr. Mit eenen andern Parajrafen aber
hatte ick neilich Pech, indem det ick ihm ironisch
anwenden wollte. Nämlich wie mir letzten
Sonntagnachmittag meine Olle wieder mal zu
eene jrauenvolle Skatpartie bei ihre schwer-
heerije Kusine in Reinickendorf millootsen
wollte, da erklärte ick: „Emilie," sagte ick,
„Du weeßt, wie sehr ick for Familjenjlick mit
Deine schadhafte Verwandtschaft schwärme:
aber diese Partie versteeßt jejen de neie Straßen-
ordnung. Du mußt zu Hause bleiben, denn
ick derf Dir nich runter lassen. Jberfiehre Dir
selbst von den Parajrafen: „Et is verbolen,
eenen Drachen uff de Straße steifen zu lassen!"
Lieber Jacob, wenn Du meine Olle kennen
wirdest, könntest Du Dir eene lebhafte Vor-
stellung von die Jreuelszene machen, die jetz
ieber mir hereinbrach. Da Du aber det Ver-
niejen nich hast, so verhille ick mir lieber in
biesteres Schweijen.
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
letreier Jotthilf Rauke.
an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
Redatttonslchlup 18. Februar 1811,