Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
9227


rokkanischen Wüsten, inbifcljeii Dschungeln uut>
sibirischen Erdhöhlen bezieht. Vielleicht sind
auch schon australische Bnschleute darunter,
die mit Keule und Bomerang der Entente-
kultur eine Gasse zu bahnen gedenken.

Von deutscher Seite ist dagegen protestiert
morden, daß die Kulturarbeit auf den Schlacht-
felder» gelben, braunen und schwarzen Hän-
den anvertraut werde. Man hat uns aber
geantwortet, daß es „gerade den farbigen
Völkerschaften zieme, für die erhabenen Ziele
der Menschheit zu kämpfen". Vermutlich des-
halb, weil Gnrkha und Sikh, Kaffer und
Hottentott von jener besonderen Ethik erfüllt
sind, die den Wert eines Menschen nach der
Anzahl der von ihm abgesäbelten Köpfe be-
mißt.

Nun findet diese anstrengend arbeitende
Kultur auf ihrem Wege zu uns bekanntlich
allerlei Hindernisse; sie verstaucht sich die
Haxen in den deutschen Schützengräben und
reißt sich an den Stacheldrahtverhauen schreck-
liche Löcher in ihre Kulturhosen; kurz, sie
kommt nur sehr allmählich voran, und der
Weg „ach Berlin ist weit, ach, so weit.

Kein Wunder, daß unsere Gegner von dieser
Tatsache verstimmt sind und sich nunmehr an-
schicken, zunächst ihre ei-
genen Länder auf far-
bige Weise noch gründli-
cher zu kultivieren. Nich-
tiger gesagt: auf gelbe
Weise. Während nämlich
die Inder und Neger
ihrer menschheiterlösen-
denMission ander Front
erhaltenbleiben,setzt hin-
ter der Front die Kultur-
arbeit des Chinesen ein.

Und während der Kosak,
der Papua und Mata-
bele die trotzige Kühnheit
vorwärtsdrängenderZi-
vilisationrepräsentieren,
eignet dem Chinesen ein
anderes, friedlicheres
Element der Kultur: die
Bescheidenheit.Niemand
wird bestreiten, daß die-
ses, gerade dieses Ele-
ment der inneren Kultur
der Ententeländer ganz
hervorragende Dienste
leisten könnte.

Es hat aber nicht den
Anschein, als ob man
oben beginnen und die
Ministersessel mit Chine-
sen besetzen wolle. Auch
in die Redaktionen des
„Matin" und der übri-
gen etwas großmnndigen
Presse hqt man unseres
Wissens jenesfreundliche
Element noch nicht ein-
gesührt, so angebracht
dies auch wäre. Vielmehr
geht es mitdieserKultur-
mission der Bescheiden-
heit und Zufriedenheit
erst mal wieder der Ar-
beiterschaft an de» Hals.

In Rußland betätigen sich Zehntausende von
Chinesen am Bahnbau und in der Landwirt-
schaft, und die britische Gesandtschaft in Peking
soll 30000 gelbe Arbeiter angeworben haben,
um sie in England zu beschäftigen. Die bri-
tischen Arbeiter stehen diesen Bemühungen ihrer
Regierung noch etwas kulturfremd gegenüber.
Sie erinnern sich, daß man, um ihnen die
Bescheidenheit zu demonstrieren, stets Gelbe
benutzt hat. llnd so ein Chinese arbeitet für
20 oder 30 Pfennig Taglohn, ist willig, un-
ermüdlich und sieht nicht nach der Uhr, ob
chald Feierabend ist.

Gelingt es den Ententestaaten, die gelbe
Kolonisation und Zivilisation durch',»führen,
so stehen wir vor fabelhasten Möglichkeiten.
Wir dürfen dann nicht daran zweifeln, daß
sie in ihrem begeisterten Knlturdrange darauf
ausgehen werden, uns auch diese Segnungen
ihrer höheren Bildung zuzusühren, indem sie
uns an lebendigen Beispielen zeigen, daß man
mit einer Handvoll Reis und einem Ratlen-
schwanz täglich auskömmlich leben kann. Dar-
auf haben wir schon lange gewartet! Die En-
tente sollte es aber der besseren Sichtbarkeit
wegen auch auf ihre Fahnen schreiben: „Für
die Kuli-Kultur!" Pa».

Hamborg bei St. Pauli
iin März.

Werte Redakschon!

„Spät kommt Ihr,
doch Ihr kommt! Der
weite Weg, Graf Iser-
lohn, entschuldigt Euer
Säumen!" So wird
hoffentlich die werte
Redakschon beim An-
blick dieses Briefs sa-
gen. Denn ich komme
wirklich und wahrhaftig einen langen Weg,
nämlich vom Nordkap und noch ’n böschen
darüber hinaus, ivo ich als imitierter See-
hund den, Vaterland Hilfsdienste leistete. Weil
das jetzt kein militärisches Geheimnis nich mehr
ist, will ich mein Schweigen brechen.

Also ich stehe eines Tages hinter meine
Toonbank und denke angestrengt nach, wo ich
ivohl noch eine richtige Rumquelle erbohren
könnte und ob dazu auch bie Wünschelrute
zu brauchen sei. Kommen zwei blaue Jungens
von die Unterseeboote herein, stelle» sich an
die Toonbank und wollen Grog. Na, für die
habe ich jümmers noch rvas, und wenn ich's
am eigenen Durst abknappen muß. Natürlich
merkten sie gleich, daß ich
'n seebefahrener Mensch
bin, und wir kommen ins
Gespräch. Viel sagen sie
ja nicht nich von ihre
Fahrten, aber unsereins
merkt doch allerhand:
Parole Eismeer! Wor-
auf ich bemerke, daß ich
in meine junge Jahren
dort auch als Walfänger
herumgerutscht bin und
mal drei Tage auf einem
Eisberg kampiert habe,
mang die Seehunde und
Walrosse, weil meinBoot
gekentert war. Kiekt mich
da der eine von die U-
menschen, was ein Maat
war,jümmersganz scharf
an und plinkert dem an-
dern zu. Und dann gehen
sie und sagen, sie kämen
wieder; ich hätte die rich-
tige Pfisiochnomie! Und
grienen beide. Aber nach
'ner Stunde sind sie wie-
der da, „dienstlich",sagen
sie, und ob ich mit ihnen
zum Herrn Kaptänleut-
nant wolle, Hotel So-
undso. „Anzug nach Be-
lieben", setzt der Maat
hinzu. Ich setze aber doch
meinen Tintenproppen
auf, und nu los zum
Herrn Kaptänleutnant.
Der steht ganz tiefsinnig
am Fenster, dreht sich
aber gleich um, wo mich
der Maat vorschiebt und
meldet, und mustert mich
mit sehr scharfem Blick.
Dann sagt er zum Maat:
„Stimmt ganz genau!

Aus der Zeit.

„Meine Tochter braucht eine» vermögenden Mann. Unter einer Million tut sie es nicht;
bei den riesigen Kriegsgewinnen ist das ein recht bescheidener Wunsch."
 
Annotationen