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Sie haben den richtigen Blick!" Und zu, mir
sagte er: „Seemann von Berufs" „Jawohl,
Herr Kaptänleutnant!" „Grönlandfahrer ge-
wesen?" „Jawohl, Herr Kaptänleutnant!"
„Wie war es mit dem Eisberg?" Ich erzähle.
„Also die Seehunde und Walrosse sind nicht
scheu geworden?" „Nich die Spur! Ich hatte
mein Ölzeug an, aber der Südwester war
weg, und mein Kopf —!" „Ja, gerade der
Kopf! Den Kopf such' ich schon lange, und
gerade jetzt mit dem Schnurrbart! Manu, Sie
können bei Hagenbecken ganz gut 'nen rich-
tigen Walroßgreis mit ausgefallenen Zähnen
vorstellen!" Ich sehe mir den Kaptänleutnant
scharf und beleidigt an, der sagt aber: „Nichts
für ungut, Herr Swartmunl! Gerade Ihr
Außeres ist's, was wir gebrauchen, und Ihre
seebefahrene Jntellischens. Aliens fürs Vater-
land!" Darauf setzt er mir auseinander, daß
etwas geplant sei fürs Eismeer, so gegen
Archangelsk zu, und daß er einen Mann nötig
habe, wo unter die Seehunde und Walrosse
kein Aufsehen nich erregen tun täte, und wo
von einem Eisberg oder von einer Klippe aus
die feindlichen Schiffe ausmachen und signali-
sieren könne. Ob ich der Mann sein «volle?"
„Natürlich, Herr Kaptänleutnant! Inder See-
wehr haben sie mir nich angenommen, aber
wenn mir die U-Boote brauche» können —Claus
Swartmunl ist jümmers da!" Der Kaptän-
leutnant drückt mir die Hand und winkt dem
Maat. Der verschwindet, kommt aber gleich
wieder mit 'n paar Gläser nördlichstem Grog
und wir stoßen alle drei an auf glückliche
Fahrt.

Dann los mit dem Maat, Ölzeug besorgen,
was von einem Schneider zweckentsprechend
zum Walroßkostüm umgearbeitet wird, und
dann die Köminsel für '» paar Wochen einem
Vertreter übertragen, und fertig bin ich zum
Dienst in der Marine, Unterseebootflotille So-
undso. Noch 'n büschen Eisenbahnfahrt und

— an Bord! Oha! Leicht war's nicht, durch
das verdammte enge Loch zu kommen, aber
unten zogen sie an die Beine und oben drückten
sie auf die Schultern. Und das Löschte! Werte
Redakschon, ich bin 'n seebefahrener Mann und
weiß, daß an Bord von jedes Schiff der Raum
knapp ist, noch knapper als im Himmel, wo
sie sogar Abrahams Schoß als Massenguar-
tier eingerichtet haben; aber auf dem U-Boot

— oha!

Na, wir fällten los, bald über, bald unter
Wasser, und kamen bald ins Eisnieer. „So",
sagt der Kaptänleutnant, „Freiwilliger Swart-
muul, nun koulmen Sie! Sehen Sie den Eis-
berg da drüben, NO zu NNO? Schätze ihn
auf siebzig Meter Höhe. Oben platt. Famose
Rundschau. Sie werden mit dem Fallboot
hingebracht, im Sack haben Sie Proviant für
acht Tage, für alle Fälle Mauserpistole und
Messer und Raketen für ein Notsignal in der
Nacht. Über die,Signale, wenn ein Schiff auf-
kommt, haben nur uns ja schon genau ver-
ständigt, nicht wahr?" „Zu Befehl, Herr
Kaptänleutnant!" Händedruck, und ab!

-Da lag ich nun auf meinem Eisberg

und kiekte ins Eismeer. Zwei Seehunde in den
besten Jahren watschelten heran und beschnup-
perten mich. Aber sie wurden nicht klug ans
mir, das sah ich an ihren dummen Gesichtern.
Dann klabasterten sie langsam wieder den Ab-

hang hinunter und legten sich auf einen ebenen
Platz. Mir ganz recht. Ich kiekte und tiefte.
Nach vier Stunden eine Rauchfahne WSW.
Bald kann ich 'neu anständigen Dampfer aus-
machen. Ich signalisiere in der abgemachten
unauffälligen Art, wo aber Staatsgeheimnis
ist und bleibt. Nicht lang und ich sehe, wie
das U-Boot auf den Dampfer zuhält. Dann
die übliche Sache: Einbooten der Mannschaft
und nach zwanzig Minuten Krach und Feuer-
garbe; Mnnitionsdympfer gesprengt. Hurra!
Die beide» echten Seehunde unter mir waren
ganz verbiestert, tanzten leibhaftig. Aber auf
mich hatten sie keinen Verdacht.

So ging es drei Tage mit sieben Schiffen.
Dann war die Gegend abgegrast und das Fall-
boot holte mich. Der Kaptänleutnant drückte
.mir die Hand und'sagte: „Swartmunl, Sie
sind ein Held! Sie werden eingereicht!" llnd
der Maat und die andern drückten mir auch
die Hand, und alle bedauerten wir, daß keine
Toonbank mit Zubehör da sei; aber sowas
gibt's auf den U-Boote» liebsterivelt nich. Doch
in Hamborg wurde die Sache nachgeholt, und
zwar deftig.

Ja, das war mein erster Seehundsdienst.
Ich machte ihn noch verschiedene Wochen lang,
und das Eismeer kann von mir erzählen! Je-
doch bin ich nich stolz, denn meine natürliche»
Anlagen, womit ich die Pfisiochnomie meine,
haben mir den imitierten Seehnndsposlen ver-
schafft. Aber wenn der Krieg aus ist, dann
lasse ich mir in dem dienstlichen Seehunds-
ölzeug mit das Eiserne pfotografieren, viel-
leicht auch in Töpferlehm nachmachen, wozu
die Künstlers Terrakotta sagen. Und diePfoto-
grafie schicke ich dem „Jacob". Jetzt ist das
noch militärisches Geheimnis.

Bis dahin verbleibe ich der Redakschon
treuer Berichterstatter

Claus Swartmunl,
Fleegenivirt und Eisbergspähcr z. D.

Schade!

„Strecken Sie doch Ihre Lebensmittelvor-
räte mit Ölsardinen! Die Neutralen haben ja
die Ausfuhr gestaltel."

„Aber mein Magen gestattet die Durchfuhr
nicht."

Ausländische Satire.

Nach „Borsszem Jank6“.

Wilsons Kriegstanz mit englischer Begleitung.

Ordnung in Berlin.

Ja, dies stimmt uns froh und heiter:
Flott geht alles bei uns weiter
Ungestört und wunderbar,

Wie's schon vor dem Kriege war.

Wenn die Gegner dies bestreiten.

Mögen sie die Blicke leiten
Dorthin, wo i» stiller Kraft
Man die innere Ordnung schafft.

Gänzlich nämlich wie in Tagen
Äolden Friedens sich zu plagen
Für den Bürger, den Verkehr,

Ist mitunter mehr als schwer.

Denn um Sünder recht zu strafen
Braucht man öfter Paragraphen,

Mittels denen Recht man übt,

Die es aber noch nicht gibt.

Ungestört vom Lärm der Waffen
Leißt's, die Fehlenden zu schaffen,

Daß der Bürger sicher sei:

La, noch wacht die Polizei!

Stirnerunzelnd, schädelschwitzend.
Federschwingend, bleistiftspitzend
Sehen wir drum in Berlin
Schöpferische» Eifer blüh».

In die Brunnen tiefen Geistes
Taucht er — o, ihr Bürger preist es! —,
Windet ohne Schnupf und Schnauf
Eimer uns um Eimer auf.

Mag man draußen sich verkeilen.

Er schreibt sechzehnhundert Zeilen,

Wie man, wenn man's recht versteht.

Über eine Straße geht;

Schreibt, lvie man die warmen Würste
— Wenn du denkst, du kriegst se, irrste —
Zeitgemäß und akkurat
Nunmehr anzuzeigen hat.

Nämlich: weißbeschürzte Stühle
Überhitzen die Gefühle,

So man sehnsuchtswarni bewegt
Leut in den Kaldannen trägt.

Darum hören wir ihn mahnen:

Steckt heraus nur kleine Fahne»,

Dreißig Zentimeter breit —

Dies stärkt die Bescheidenheit. . ..

Und man konstatiert mit Freuden,

Daß wir nicht am Stillstand leiden.

Daß der Geist »och zirkuliert

Und jetzt neu sich orientiert! P->».

Prophezeiung.

Im Winter, wenn bedecket
Das Land mit Schnee und Eis,

Da sangen sonst die Dichter
Die altbekannte Weis'.

Sie trösteten, der Frühling,

Der wird in Wald und Flur
Mit sanftem Lauch erneuern
Das Leben der Natur.

Leut heißt es nur, der Frühling,

Der wird mit aller Macht

Und Leftigkeit erneuern

Die große Somme-Schlacht. A.T.
 
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