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9269 --

John Blllls Ständchen an Wilson.

Ich stehe hier Last Geld, mein Sohn,

Vor deiner Tür Und viel Munition,

Und weich' nicht von der Stelle, Das können wir gebrauchen.

Du hehrer Kampfgeselle. Um Deutschland fest zu schlauchen.

Gib alles her,

Verstand und Ehr, —

Mit solche» blöden Sachen
Ist kein Geschäft zu machen.

sie ohnehin nicht zu machen, weil
die Gräben knapp hundert Meter
auseinander lagen.

Die Franzmänner schienen zu
dösen. Oder steckte vielleicht eine
Teufelei hinter ihrer Ruhe? . ..

Mitternacht war schon vorüber,
und diePatronillen mußtenlang-
sam einrücken. Die erste kam auch
glücklich herein. Nichts Auffäl-
liges drüben.

Wir hatten uns just an die
Schulterivehr gelehnt, da ging
der Teufel los. Ein Maschinen-
geivehr begann langsam zu stot-
tern. Flintenschüsse knallten hin-
ein. Leuchtkugeln stiegen auf,
entfalteten in der Luft ihren
Schirm und schwebten lautloch
wie an einem unsichtbaren Draht
aufgehünghzwischendenGräben.

In unserem Drahtverhau klang
und Harste es. Sollten die Fran-
zosen . . .? Aber kein Gedanke!

Ein Mensch zwängte sich durch
das Gewirr von Stacheldraht,
man hörte atinen und dazwischen
dumpfes Stöhnen, und jetzt
stürzten zwei Gestalten über die
Wehr gerade in den Graben. Ein
Schmerzensschrei schrillte auf....

Der Feldwebel Kluge und
Stenz waren es. Kluge mit einem
Beinschuß. Stenz lag auf dem
Gesicht, zuckte zuweilen krampf-
haft zusammen und stöhnte tief
auf. JmSanitätsunterstand wur-
den Stenz und der Feldwebel
verbunden. Stenz hatte einen
Bauchschuß, schwer, sehr schwer.

Die ganze Vorderseite der Uni-
form war mit Blut vollgesogen.

Bei volleni Bewußtsein er-
zählte Stenz den Hergang. Die
Patrouille wurde auf dem Rück-
zug entdeckt und beschossen. Der
Führer — Feldwebel Kluge — erhielt gleich
eine Kugel ins Bein und blieb liegen. Stenz
sprang ihm bei, buckelte ihn auf, weil er nicht
gehen konnte, und trug ihn der eigenen Stel-
lung zu. Zwei Schrille vor dem Graben fuhr
ihm das Geschoß durch den Leib.

Das erzählte Stenz ganz ruhig mit einem
verwunderten Unterton in der Stimme. Seine
Hände fuhren dazu hastig auf der Decke auf
Und ab, als suchten sie etwas. . . .

Der Sanitätsunterossizier raunte uns draußen
zu, daß Stenz wohl nur noch ein paar Stun-
den zu leben hätte. Wir gingen nachdenklich
an unsere Plätze.

Im Morgengrauen schleppten die Sanitäter
die Leiche durch die Laufgräben hinunter nach -
Souchez. Die Essenholer schlossen sich ihnen
an, und da ich auch dabei war, erfuhr ich von
den letzten Stunden des Härtl Max. Er war
sich getreu gebliebe». Zwölf Zigaretten hatte
er noch rauchen müssen, die eine an der an-
dern entzündet, eine kleine Rede war ihm noch
gelungen, dann hatte er sich gegen vier Uhr
morgens gestreckt. Der Sanitätsunterstand war
voll kalten Zigarettenrauchs, und es roch darin
wie in einer Kneipe letzter Güte. Das kalte.

kaum veränderte Gesicht des Härtl Max leuch-
tete aber aus dem Qualm in einem seltsamen
Schein. . . . Im Schloßpark von Carieul ist
Stenz begraben. Hohe alte Bäume rauschen
über seinem Grab.

Wenn ich an ihn denke, fällt mirj immer
gleich ein, wie wunderlich doch Menschen und
Welt gemischt sind. Der Adel seines schönen
Todes glänzt in den fettigen „Sechsern" wie
ein Glorienschein.

Gedanken aus der Zeit.

Die Zeiten wurden schlechter, je besser die
Ausrüstung der Soldaten wurde.

Der Wcltenbrand kann nicht mit dein Sand
gelöscht werden, den man den Völkern i» die
Augen streut. «

Mit dem winzigsten Teil der Kraft und des
Geldes, die verwendet worden sind, um aus
Landstrichen eine Wüste zu machen, hätte man
eine Welt in ein Paradies verwandeln können.

Wir haben Flammeniverfer, brauchen aber
Lichtbringer.

Berge von Leichen — und ein
unendliches Tal des Jainmers!

Fallen sie auf dem Felde der
Ehre oder auf dem Felde der
Mis-ere?

Wir müssen die Lebensmittel
strecken, und der Tod hält eine
Ernte wie noch nie!

.Der moderne Totentanz ist
ein Gasmaskenball.

Herr, deine Wunder sind groß;
iveit größer jedoch sind die Wun-
der der Technik. Aber der Mensch
ist ihr Sklave.

„Kinder, kauft Kämme! Es
kommen lausige Zeiten." So
scherzte man einst. Man hat die
Leistungsfähigkeit des Kammes
überschätzt. Die Zeiten wurden
so, daß man Entlausungsanstal-
ten bauen mußte.

Der uneingeschränkte Untersee-
bootkrieg muß auch den Über-
patriotismus vernichten. Das ist
sein moralischer Zweck.

Gedanke eines Soldaten im
Trommelfeuer: im ewigen Fege-
feuer zu schmoren — welch lieb-
liches Schreckbild einer besseren
Zeit! Joseph Adler.

Erlebnis.

Herr Rentier Müller befindet
sich auf der Fahrt nach Lebens-
mitteln. Er sitzt im Eisenbahn-
zug, und plötzlich bekommt er
heraus, daß sein Nachbar ein
Händler ist. Sofort bietet nun
Müller ihm eine Zigarre an
und fragt ihn nach einer Weile:
„Sie betreiben also einen Handel?"

„Gewiß."

„Und Sie haben noch Ware zu verkaufen?"

„Soviel Sie wollen!"

„Das trifft sich ja ausgezeichnet. Wie gut,
daß ich meine beiden großen Handtaschen bei
mir habe! Womit handeln Sie, wenn ich
fragen darf?"

„Mit Särgen!"

Lieber Wahrer Jacob!

Vor einem Laden mit dem Schild:
„Schokolade und feine Biskuits
Minna Zucker"

drängt sich das Publikum so sehr, daß ein
Schutzmann Ordnung schaffen muß. Da kom-
men in aller Eile noch zwei Damen, offenbar
Mutter und Tochter, angestürzt. Die letztere
ruft: „Rasch, Mama! Entweder ist Frau Zucker
ermordet oder sie hat heute Keks!"

Schiller im Gemüsekeller.

Käufer: Das soll holländisches Gemüse
sein? Abfall ist das!

Verkäufer: Na ja: Abfall der Niederlande!
 
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