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9290 —

Sommerliche Preiserhöhung.

Es hat der Winter, Gott sei Dank,

Mit seiner Eispein sich empfohlen.

Da sagt so mancher froh und schlank:

Was kümmern mich noch Koks und Kohlen?

Aus meiner roten Nase weicht
Der Frost; ich spür' es mit Entzücke»,

And mit den milden Länden streicht
Die Sonne freundlich mir den Rücken.

Dies Faktum ist des Pudels Kern! . . .
Gewiß, gewiß, mein Freund. Indessen
Soll man auch sommers nicht die Lerrn
Des Ofenfutters ganz vergessen.

Denn während du den Rücken wärmst
Für nichts, sind klüglich sie beflissen.

Da du dich jetzt ja wen'ger härmst.

Den Preis beizeiten hochzuhissen.

Den aber kriegt die Börse nicht.
Am ihre Kurse aufzureizen;

Er spendet ganz umsonst sein Licht
And pflegt auch gratis einzuheizen.
Dies Wunder soll'» sie lassen stah»
Für immer, bis zum Weltenende.
Die Sonne ist kein Lebertran
And folglich ohne Dividende.

Sie haben ihre Strategie.

And drehst du ihnen jetzt den Linkern,

So lehrt doch die Astronomie:

Einst herbstelt's und wird wieder wintern.

Dann zwickt dich deine große Zeh',

Die Nase juckt und färbt sich leise —

And überrascht im Portemonnaie

Spürst fröstelnd du die Sommerprcise. Pen.

Die große Zehe zwickt nicht mehr.

Der kleine Finger krümmt sich minder.
„Wo nehme ich die Kohlen her?!"

Die Frage ist erledigt, Kinder!

Der Preis auch kann mir schnuppe sein.
Ganz sorglos bin ich, wie verwandelt.
Solange man den Sonnenschein
Nicht ebenfalls auf Aktien handelt.

o

„DaS laß nur schön bleiben," sagte Michel.
„Wenn ich meine Einrichtung erneuern will,
tue ich das schon selbst. Denn ich bin mündig
und brauche keinen Vormund." Und er warf
die Eindringlinge grob hinaus.

„Solch eine Undankbarkeit ist noch nie da-
gewesen," sagte der andere empört. „Das
kommt davon, wenn mau den Leuten helfen
will."

Und er schwor ihm grimmige und unver-
söhnliche Feindschaft.

Frühjahrs-Rennen 1917.

Hindernis-Rennen um denPreisvon
London. Totes Rennen. „Marianne" und
„John" stürzten an der Siegfried-Hürde.

Generals-Handikap. „Knutowski", „Gal-
genstrick" und „Gutgeschmiert" erreichten fast
gleichzeitig die Peter-Pauls-Festung.

Lebensmittel-Jagd-Ren neu. Kolossale
internationale Beteiligung. „Batocki" blieb
Letzter.

Englisches Derby. „Uboot" behielt seinen
Vorsprung von Anfang bis zu
Ende und ließ seine Verfolger
hinter sich.

Inneres Rennen. „Iwan"
kam in leidlicher Verfassnng an.
„Borussia" und „Mecklenburg"
blieben weit zurück.

Anleihe-Rennen. „Michel"
mit fast dreizehn Milliarden
Nasenlängen voraus.

Friedens-Hürdenlauf.
Blieb diesmal unentschieden,
wird demnächst aber endgültig
ausgetragen.

Friedensaussichten.

„Jonnh, jetzt gibt's Frieden."

„Woraus schließt du das?" ■

„England kann viel vertragen, aber ohne Pferderennen, die jetzt verboten sind,
hält es den Krieg nicht aus."

Zwei Fabeln.

Die Lawine.

Zwei Gebirgsbauern — Vettern — waren
miteinander verfeindet. Das Land des jüngeren
Vetters gedieh so- gut, sein Viehstand war so
prächtig, seine Wiesen so grün, daß dem älteren
Vetter der Stillstand seines eigenen Ertrags
doppelt unerträglich vorkam. Er benützte jede
Gelegenheit, dem anderen zu schaden, verhetzte
ihn bei den Nachbarn und führte Prozeß auf
Prozeß gegen ihn, die er aber alle verlor.

Seine Wut kannte keine Gren-
zen mehr. Eines Morgens bei
Neuschnee erkletterte er den Berg,
der das Dorf überragte, und löste
ei» Schneestück so los, daß es
weiterrollend wachsen und als
Lawine auf das Gehöft des Vet-
ters niederbrausen mußte. Aber
seine Berechnung schlug fehl: die
Lawine donnerte wohl zu Tal,
ging aber in anderer Richtung
und zerschmetterte sein eigenes
Haus.

Ein alter kluger Adler, der
seinem Tun zugesehen hatte,
sagte lachend: „Ja, mit Lawinen
ist es wie mit russischen Revo-
lutionen: man kann sie wohl ins
Werk setzen, aber man kann sie
nicht lenken!"

Der Andankbare.

Bei Michel, einem ruhig le-
benden Manne, trat eines Tags
ein Nachbar ein. Er kam, ohne
eingeladen zu sein und ohne zu
klopfe». Und was das Verwun-
derlichste war, er brachte ein
paar riesige Kerle mit, die sich
als Möbel-Transporteure ent-
puppten.

„Was willst du?" fragte Michel
verwundert.

„Ich will bei dir ausräumen,"
sagte der Nachbar. „Du hast zu
viel Veraltetes in deiner Ein-
richtung, zu viel Ballast. Kurz,
ich will dich befreien."

Der Zweifler.

„Männchen, laß dich doch auch
impfen! Ich habe solche Angst
vor den Pocken!"

„Ich glaube nicht mehr an
Ansteckung. Neulich habe ich
unter lauter schwer reichen Leu-
ten gesessen und habe doch mei-
nen Dalles behalten."

Musterung.

Stabsarzt: Was? a.-v. wol-
len Sie sein? So ein kräftiger,
strammer Kerl? Mensch, Sie
müßten ja von Rechts wegen
schon längst auf der Verlustliste
stehen!

Kindermund.

„Papa, nicht wahr, Wind-
pocken ist eine Fliegerkrankheit?"
 
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