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® Sonnenflecken.
Ach, flurora auch roird müde
Und verdüstert strahlt ihr Licht;
Schatten wandern um die Sonne,
flecken hat sie im 6elicht.
Sorgenvolle Astronomen
Schielen durch das Perspektiv:
la, nach sicheren Symptomen
Oeht's nun auch dort oben schief.
liefe Krater, hört man sagen,
krachen auf in Oraus und kraus,
And im heißen Sonnenmagen
Sieht es höchst rebellisch aus.
Wolken qualmen aus dem Munde,
Der doch keine kohlen friht,
And so zeigt uns jede Stunde,
vatz die Sonne seekrank ist.
Sie, die schon Trillionen lahre
Schaukelt durch das Ätermeer,
Gibt nun ihre Oratisware
ebenfalls nur lögernd her.
ward ersaht sie vom Systeme,
Vas uns sparen, sparen heiht?
klühn auch ihr die Theoreme
Aus dem Kriegsgesellschaftsgeist?
wer will diese fragen schlichten,
kann man's nicht auch so verstehn:
läglich steht sie die beschichten,
vie auf unserm Stern geschehn.
Täglich wird es kunterbunter.
Ach, was mutz ste alles schau'n!
Da, das kann ste dann mitunter
Wohl nicht mehr verdau'n!
pec.
Zwei Herrscher.
Oer Schwerindustrielle.
Feldpostbriefe.
LXXX.
Lieber Maxe! Daß man nachts unter eine
Bettdecke in, Preise von 5000 Mark liegt und
trotzdem nicht schlafen kann, ist scheu eine dienst-
liche Merkwürdigkeit, aber daß man an einen
Tag dreimal sein Testament macht und sich
schließlich glücklich fühlt, wenn man für einen
blödsinnigen Bauernlümmel gehalten wird,
wirst Du vielleicht nicht für möglich erachten.
Doch im Kriege kommt manches vor, was sich
sonst nur selten ereignet, und auch dann von
den Betreffenden meistens erlogen ist. Das
Folgende aber ist die reine Wahrheit.
Ich wurde auf Gefechtspatrouille gegen den
Feind geschickt, befand mir aber schon nach
kurze Zeit in zersprengten Zustand und lenkte
zu meinen Bedauern das Interesse einer feind-
lichen Schwadron auf mir, die plötzlich in
meinen Gesichtskreis hineinbrach. Natürlich
hätte ich mir trotz meine persönliche Tapfer-
keit gegen eine solche Übermacht nicht erwehren
können, und Ausreißen ging auch nicht, weil
diese Kavallerie merkwürdigerweise zu Pferde
war, was man sonst meistens nur in Friedens-
zeiten wahrnimmt, während sie im Ernstfälle
genau so wie wir auf ihre Spazierhölzcr
herumzutippeln pflegt. Also stand ich beläm-
mert da, machte in Gedanken mein Testament
und bedachte auch Dir mit mehrere »amhafte
Andenken an Deinen gefallenen Jugendfreund,
als unverhofft ein lediger Gaul auf mir zu-
geprcscht kam. An seine Schönheit und Größe,
sowie auch an das prunkvolle Sattelzeug er-
kannte ich ihm als ein feindliches Generals-
pferd, das sich verständigerweise von seinen
Reiter empfohlen hatte. Ich schätzte seinen
Wert auf mindestens 5000 Mark, und da er
mich direkt zwischen die Beine lies, so schwang
ich mir hinauf, und los ging die Fahrt.
Die feindliche Kavallerie war schon dicht
hinter mir, als ich plötzlich in einen Sumpf
geriet, stürzte und von meinen Gaul beklemmt
wurde. In diese Lage machte ich zum zweiten-
mal mein Testament, wobei ich Dir de» Be-
sitz meiner sämtlichen Barbestände vererbt habe.
Da klang es mit einen Mal wie eine para-
diesische Musik in meine Horchlappen, und
schon brummte» befreundete Geschosse mir
über die Kohlrübe dahin. Es war unsere Ar-
tillerie, die in die feindlichen Reiter hinein-
pfefferte und sie zu einen heftigen Rückzuge
nötigte! Ich war gerettet, fühlte mir aber
trotzdem nicht vollkommen glücklich, den» der
Gaul hatte noch immer mein linkes Bein be-
klemmt und so mußte ich in diese unbequeme
Lage die ganze Nacht zubringen. Ich hoffte
schlafen zu können, aber es ging nicht, weil
ich immer ans die rechte Seite zu liegen pflege,
der Gencralsgaul mir aber am linken Bein
festhielt, so daß ich mir nicht umdrehe» konnte.
So fühlte ich mir zwar geehrt, als einfacher
Soldat von eine lebendige Bettdecke im Preise
von 5000 Mark zngedeckt zu sein, hätte diese
aber gerne für den lausigsten polnischen
Woilach eingetauscht. Gegen Morgen ging das
Gefecht wieder los und die feindlichen wie nicht
minder auch die freundlichen Geschosse sämt-
licher gangbaren Kaliberarten schlugen links und
rechts von mir in den Dreck. Ich rechnete mir
aus, daß ich spätestens in eine Viertelstunde den
ersten Volltreffer von die eine oder die andere
Seite her genießen mußte, und benutzte diesen
kurzen Lebensabend, um zum drittenmal mein
Testament zu machen. Es wird Dir freuen,
lieber Maxe, zu hören, daß ich Dir bei diese
brenzliche Gelegenheit zum unumschränkten
Universalerben eingesetzt gehabt habe.
Aber die Schießerei ließ allmählich nach
und am Rande des Sumpfes tauchten lange
Züge von mazedonische Bauern auf, die sich
aus das gesundheitsschädliche Gelände flüch-
teten. Ich rief ihnen mehrfach an und schließ-
lich erbarmten sie sich meiner, zogen mir aus
meine Lage und betteten mir auf einen Wagen,
da ich wegen mein beklemmtes Bein nicht laufen
konnte. Auch die Uniform zogen sie mir aus,
die vollständig zerfetzt und durchnäßt war, und
gaben mir ein neckisches Nationalkostüm von
ihre geretteten Bauernsachen anzuziehen. So
war ich nun ein Zivilflüchtling geworden und
das warmem Glück, denn es begegneten uns fort-
während feindliche Truppe», die uns mit Miß-
trauen beaugenscheinigten. Zum Dank biederte
ich mir mit die Bauern an, gab ihnen Zigarren
und Mampe, so daß sie ganz zärtlich zu mir
wurden, und wie eine serbische Patrouille mir
wirklich anhielt und ausforschen wollte, da
machten die Mazedonier ihr begreiflich, daß
ich ein geistesgestörter Neffe von sie wäre und
leider weder hören noch sprechen könnte.
So zogen wir den ganzen Tag und die
nächste Nacht hindurch immer tiefer in Feindes-
land hinein. Aber meine Flüchtlingsfuhre muß
sich doch wohl verbiestert gehabt haben, denn
gegen Morgen kamen wir in ein Dorf an,
das die Mazedonier nicht kannten, wo aber
der erste, den ich vor eine Haustüre stehen
sah, mein Korporalschaftsführer, der Herr
Sergeant Lehmann war. Lieber Maxe, ich
hätte niemals geglaubt, daß ein Soldat sich
über den plötzlichen Anblick seines Vorgesetzten
so freuen kann! Runter vom Wagen, auf ihm
losgehumpelt und gemeldet: „Von Gefechts-
® Sonnenflecken.
Ach, flurora auch roird müde
Und verdüstert strahlt ihr Licht;
Schatten wandern um die Sonne,
flecken hat sie im 6elicht.
Sorgenvolle Astronomen
Schielen durch das Perspektiv:
la, nach sicheren Symptomen
Oeht's nun auch dort oben schief.
liefe Krater, hört man sagen,
krachen auf in Oraus und kraus,
And im heißen Sonnenmagen
Sieht es höchst rebellisch aus.
Wolken qualmen aus dem Munde,
Der doch keine kohlen friht,
And so zeigt uns jede Stunde,
vatz die Sonne seekrank ist.
Sie, die schon Trillionen lahre
Schaukelt durch das Ätermeer,
Gibt nun ihre Oratisware
ebenfalls nur lögernd her.
ward ersaht sie vom Systeme,
Vas uns sparen, sparen heiht?
klühn auch ihr die Theoreme
Aus dem Kriegsgesellschaftsgeist?
wer will diese fragen schlichten,
kann man's nicht auch so verstehn:
läglich steht sie die beschichten,
vie auf unserm Stern geschehn.
Täglich wird es kunterbunter.
Ach, was mutz ste alles schau'n!
Da, das kann ste dann mitunter
Wohl nicht mehr verdau'n!
pec.
Zwei Herrscher.
Oer Schwerindustrielle.
Feldpostbriefe.
LXXX.
Lieber Maxe! Daß man nachts unter eine
Bettdecke in, Preise von 5000 Mark liegt und
trotzdem nicht schlafen kann, ist scheu eine dienst-
liche Merkwürdigkeit, aber daß man an einen
Tag dreimal sein Testament macht und sich
schließlich glücklich fühlt, wenn man für einen
blödsinnigen Bauernlümmel gehalten wird,
wirst Du vielleicht nicht für möglich erachten.
Doch im Kriege kommt manches vor, was sich
sonst nur selten ereignet, und auch dann von
den Betreffenden meistens erlogen ist. Das
Folgende aber ist die reine Wahrheit.
Ich wurde auf Gefechtspatrouille gegen den
Feind geschickt, befand mir aber schon nach
kurze Zeit in zersprengten Zustand und lenkte
zu meinen Bedauern das Interesse einer feind-
lichen Schwadron auf mir, die plötzlich in
meinen Gesichtskreis hineinbrach. Natürlich
hätte ich mir trotz meine persönliche Tapfer-
keit gegen eine solche Übermacht nicht erwehren
können, und Ausreißen ging auch nicht, weil
diese Kavallerie merkwürdigerweise zu Pferde
war, was man sonst meistens nur in Friedens-
zeiten wahrnimmt, während sie im Ernstfälle
genau so wie wir auf ihre Spazierhölzcr
herumzutippeln pflegt. Also stand ich beläm-
mert da, machte in Gedanken mein Testament
und bedachte auch Dir mit mehrere »amhafte
Andenken an Deinen gefallenen Jugendfreund,
als unverhofft ein lediger Gaul auf mir zu-
geprcscht kam. An seine Schönheit und Größe,
sowie auch an das prunkvolle Sattelzeug er-
kannte ich ihm als ein feindliches Generals-
pferd, das sich verständigerweise von seinen
Reiter empfohlen hatte. Ich schätzte seinen
Wert auf mindestens 5000 Mark, und da er
mich direkt zwischen die Beine lies, so schwang
ich mir hinauf, und los ging die Fahrt.
Die feindliche Kavallerie war schon dicht
hinter mir, als ich plötzlich in einen Sumpf
geriet, stürzte und von meinen Gaul beklemmt
wurde. In diese Lage machte ich zum zweiten-
mal mein Testament, wobei ich Dir de» Be-
sitz meiner sämtlichen Barbestände vererbt habe.
Da klang es mit einen Mal wie eine para-
diesische Musik in meine Horchlappen, und
schon brummte» befreundete Geschosse mir
über die Kohlrübe dahin. Es war unsere Ar-
tillerie, die in die feindlichen Reiter hinein-
pfefferte und sie zu einen heftigen Rückzuge
nötigte! Ich war gerettet, fühlte mir aber
trotzdem nicht vollkommen glücklich, den» der
Gaul hatte noch immer mein linkes Bein be-
klemmt und so mußte ich in diese unbequeme
Lage die ganze Nacht zubringen. Ich hoffte
schlafen zu können, aber es ging nicht, weil
ich immer ans die rechte Seite zu liegen pflege,
der Gencralsgaul mir aber am linken Bein
festhielt, so daß ich mir nicht umdrehe» konnte.
So fühlte ich mir zwar geehrt, als einfacher
Soldat von eine lebendige Bettdecke im Preise
von 5000 Mark zngedeckt zu sein, hätte diese
aber gerne für den lausigsten polnischen
Woilach eingetauscht. Gegen Morgen ging das
Gefecht wieder los und die feindlichen wie nicht
minder auch die freundlichen Geschosse sämt-
licher gangbaren Kaliberarten schlugen links und
rechts von mir in den Dreck. Ich rechnete mir
aus, daß ich spätestens in eine Viertelstunde den
ersten Volltreffer von die eine oder die andere
Seite her genießen mußte, und benutzte diesen
kurzen Lebensabend, um zum drittenmal mein
Testament zu machen. Es wird Dir freuen,
lieber Maxe, zu hören, daß ich Dir bei diese
brenzliche Gelegenheit zum unumschränkten
Universalerben eingesetzt gehabt habe.
Aber die Schießerei ließ allmählich nach
und am Rande des Sumpfes tauchten lange
Züge von mazedonische Bauern auf, die sich
aus das gesundheitsschädliche Gelände flüch-
teten. Ich rief ihnen mehrfach an und schließ-
lich erbarmten sie sich meiner, zogen mir aus
meine Lage und betteten mir auf einen Wagen,
da ich wegen mein beklemmtes Bein nicht laufen
konnte. Auch die Uniform zogen sie mir aus,
die vollständig zerfetzt und durchnäßt war, und
gaben mir ein neckisches Nationalkostüm von
ihre geretteten Bauernsachen anzuziehen. So
war ich nun ein Zivilflüchtling geworden und
das warmem Glück, denn es begegneten uns fort-
während feindliche Truppe», die uns mit Miß-
trauen beaugenscheinigten. Zum Dank biederte
ich mir mit die Bauern an, gab ihnen Zigarren
und Mampe, so daß sie ganz zärtlich zu mir
wurden, und wie eine serbische Patrouille mir
wirklich anhielt und ausforschen wollte, da
machten die Mazedonier ihr begreiflich, daß
ich ein geistesgestörter Neffe von sie wäre und
leider weder hören noch sprechen könnte.
So zogen wir den ganzen Tag und die
nächste Nacht hindurch immer tiefer in Feindes-
land hinein. Aber meine Flüchtlingsfuhre muß
sich doch wohl verbiestert gehabt haben, denn
gegen Morgen kamen wir in ein Dorf an,
das die Mazedonier nicht kannten, wo aber
der erste, den ich vor eine Haustüre stehen
sah, mein Korporalschaftsführer, der Herr
Sergeant Lehmann war. Lieber Maxe, ich
hätte niemals geglaubt, daß ein Soldat sich
über den plötzlichen Anblick seines Vorgesetzten
so freuen kann! Runter vom Wagen, auf ihm
losgehumpelt und gemeldet: „Von Gefechts-