9357
Die Schuldfrage.
Der 29 /30. Juli 1914 in St. Petersburg.
„Der Zeitpunkt ist günstig, Sassonow, zünde nur die Lunte an und wir haben den Krieg 1"
Aber einen leichten Erstickungs-
anfall und einen puterroten Kops
bekam er. Seine Gattin sprang mit
einem Aufschrei und beiden Füßen
zugleich aus dem Bett. „Beruhige
dich," bat sie ihren Heinrich, „und
habe Erbarmen mit mir!"
Sie drückte ihn in einen Stuhl
und kniete vor ihn hin, um ihm
aus den Schuhen zu helfen. Das
war nicht leicht, denn die Füße
des Herrn Professors waren, wie
immer an heißen Tagen, stark auf-
gequollen. Er ächzte und stöhnte
und stemmte sich mit ganzer Ge-
walt gegen den Stuhlsitz. Elastsich
aber schwang er sich, nachdem er
bis auf seine Normalwäsche ent-
kleidet war und zuvor noch das
gemeinsame Nachtgeschirr benutzt
und wieder vorsichtig unter das
Bett seiner Gattin geschoben hatte-
in das eigene. Er faltete die Hände
und sprach mit leiser Stimme ein
Gebet, das er selbst gedichtet hatte:
„Wir sind daS Vo'k der Völker,
O Herr, gib uns den Sieg!
Nicht ende dieser Krieg,
Eh Frankreich nicht zerschmettert.
Eh England nicht zertreten ist,
Europens Unheilschlange.
Und braucht's bishin noch hundert Jahr,
Uns wird darob nicht bange, *
Wir halten auS, wir Hallen durch.
Bis wir die Herrn der Erde
Und deutsch die Welt vom Nordpol hoch
Bis an das Südkap werde!"
Er schlief ein mit einem Lächeln im bärtigen
Gesicht. Amalie löschte das Licht, seufzte und
schloß die Augen für den Rest der Nacht. Aber
nur zu bald mußte sie sie wieder öffnen. Es
weckte sie ein schweres Stöhnen und Röcheln
des Herrn Professors. Wie ein Tier, das unter
dem Messer stirbt, so röchelte er. „Gott o Gott,
Heinrich," schrie Amalie, „Heinrich, Heinrich!"
Sie rüttelte ihn mit der Gewalt
einer Verzweifelten. Er öffnete die
Augen, setzte sich auf und fragte
schließlich: „Bin ich in Flandern,
oder bist du es, Amalie?"
„Ich bin es, aber mehr tot als
lebendig," antwortete sie. „Wie du
mich nur so erschrecken kannst? Was
war dir? Warum hast du gestöhnt
und geschrien?"
„Leg dich wieder hin," bat er.
„Du mußt nicht immer gleich so
ängstlich sein. Einen schlechten
Traum hatte ich. Nichts weiter.
Immer träume ich schlecht, wenn
ich zu plötzlich einschlafe."
„Deine Nerven sind kaputt. Du
reibst dich auf und richtest dich zu-
grunde für daS Vaterland und die
Partei." Sie weinte.
„Aber liebe Amalie," lachte er,
„willst du am Ende gar Tränen
vergießen um eines albernen, heim-
tückischen und unmännlichen Trau-
mes willen? Daß ich verschüttet
worden bin, hat mir geträumt. Ich
war Soldat und lag ganz vorne.
Die Engländer hatten uns voll-
ständig eingedeckt. Natürlich wollte
ich mich wieder hinaufrappeln. Es
lag mir schwer auf der Brust.
Nichts weiter. Du mußt nicht gleich
vor Angst vergehen, wenn ich ein-
mal etwas lebhaft träume. Der
Schlaf übermannt und entmannt.
Laß uns nun wieder schlafen, Amalie." Und
halb schon wieder hinüber, lallte er noch: „Nur
in der Welt des Traumes sind wir nicht immer
Helden." Joseph Adler.
Siebente Kriegsanleihe
57° Deutsche Neichsanleihe.
472 °/o Deutsche Reichsschahantveisungen, auslösbar mu 1107° bis 120-/..
Zur Bestreitung der durch den Krieg erwachsenen Ausgaben werden weitere 5°/o Schuldverschreibungen des Reichs und
472°/° Reichsschahanweisungen hiermit zur öffentlichen Zeichnung aufgelegt.
Das Reich darf die Schuldverschreibungen frühestens bis zum 1. Oktober 1924 kündigen und kann daher auch ihren Zins-
fuß vorher nicht herabsetzen. Sollte das Reich nach diesem Zeitpunkt eine Ermäßigung des Zinsfußes beabsichtigen, so muß es
die Schuldverschreibungen kündigen und den Inhabern die Rückzahlung zum vollen Nennwert anbieten. Das gleiche gilt auch
hinsichtlich der früheren Anleihen. Die Inhaber können über die Schuldverschreibungen und Schatzamveisungen wie über jedes
andere Wertpapier jederzeit (durch Verkauf, Verpfändung usw.) verfügen.
Die Bestimmungen über die Schuldverschreibungen finden auf die Schuldbuchforderungen entsprechende Anwendung.
1. Annahmestellen.
Zeichnungsstelle ist die Reichsbank.
Zeichnungen werden
von Mittwoch, den 19. Septem-
ber, bis Donnerstag, den 18. Ok-
tober 1917, mittags 1 Uhr
bei dem Kontor der Reichshauptbank
für Wertpapiere in Berlin (Postscheckkonto
Berlin Nr. 99) und bei allen Zweig an st alten
Bedingungen.
der Reichsbank mit Kasseneinrichtung ent-
gegengenommen. Die Zeichnungen können auch
durch Vermittlung der Königlichen See-
handlung (Preußischen Staatsbank), der
Preußischen Z entral-Genossen sch afts-
kasse in Berlin, der Königlichen Haupt-
bank in Nürnberg und ihrer Zweiganstalten,
sowie sämtlicher Banken, Bankiers und
ihrer Filialen, sämtlicher öffentlicher Spar-
kassen und ihrer Verbände, jeder Lebens-
versichcrungsgesellschaft. jeder Kredit-
genossenschaft und jeder Po st an st alt
erfolgen. Wegen der Postzcichnungen siehe
Ziffer 7.
Zeichnungsscheine sind bei allen vorgenann-
ten Stellen zu haben. Die Zeichnungen können
aber auch ohne Verwendung von Zeichnungs-
schcinen brieflich erfolgen.
2. Einteilung. Zinsenlauf.
Die Schuldverschreibungen sind in
Stücken zu 20000, 10000, 5000, 2000, 1000,
Die Schuldfrage.
Der 29 /30. Juli 1914 in St. Petersburg.
„Der Zeitpunkt ist günstig, Sassonow, zünde nur die Lunte an und wir haben den Krieg 1"
Aber einen leichten Erstickungs-
anfall und einen puterroten Kops
bekam er. Seine Gattin sprang mit
einem Aufschrei und beiden Füßen
zugleich aus dem Bett. „Beruhige
dich," bat sie ihren Heinrich, „und
habe Erbarmen mit mir!"
Sie drückte ihn in einen Stuhl
und kniete vor ihn hin, um ihm
aus den Schuhen zu helfen. Das
war nicht leicht, denn die Füße
des Herrn Professors waren, wie
immer an heißen Tagen, stark auf-
gequollen. Er ächzte und stöhnte
und stemmte sich mit ganzer Ge-
walt gegen den Stuhlsitz. Elastsich
aber schwang er sich, nachdem er
bis auf seine Normalwäsche ent-
kleidet war und zuvor noch das
gemeinsame Nachtgeschirr benutzt
und wieder vorsichtig unter das
Bett seiner Gattin geschoben hatte-
in das eigene. Er faltete die Hände
und sprach mit leiser Stimme ein
Gebet, das er selbst gedichtet hatte:
„Wir sind daS Vo'k der Völker,
O Herr, gib uns den Sieg!
Nicht ende dieser Krieg,
Eh Frankreich nicht zerschmettert.
Eh England nicht zertreten ist,
Europens Unheilschlange.
Und braucht's bishin noch hundert Jahr,
Uns wird darob nicht bange, *
Wir halten auS, wir Hallen durch.
Bis wir die Herrn der Erde
Und deutsch die Welt vom Nordpol hoch
Bis an das Südkap werde!"
Er schlief ein mit einem Lächeln im bärtigen
Gesicht. Amalie löschte das Licht, seufzte und
schloß die Augen für den Rest der Nacht. Aber
nur zu bald mußte sie sie wieder öffnen. Es
weckte sie ein schweres Stöhnen und Röcheln
des Herrn Professors. Wie ein Tier, das unter
dem Messer stirbt, so röchelte er. „Gott o Gott,
Heinrich," schrie Amalie, „Heinrich, Heinrich!"
Sie rüttelte ihn mit der Gewalt
einer Verzweifelten. Er öffnete die
Augen, setzte sich auf und fragte
schließlich: „Bin ich in Flandern,
oder bist du es, Amalie?"
„Ich bin es, aber mehr tot als
lebendig," antwortete sie. „Wie du
mich nur so erschrecken kannst? Was
war dir? Warum hast du gestöhnt
und geschrien?"
„Leg dich wieder hin," bat er.
„Du mußt nicht immer gleich so
ängstlich sein. Einen schlechten
Traum hatte ich. Nichts weiter.
Immer träume ich schlecht, wenn
ich zu plötzlich einschlafe."
„Deine Nerven sind kaputt. Du
reibst dich auf und richtest dich zu-
grunde für daS Vaterland und die
Partei." Sie weinte.
„Aber liebe Amalie," lachte er,
„willst du am Ende gar Tränen
vergießen um eines albernen, heim-
tückischen und unmännlichen Trau-
mes willen? Daß ich verschüttet
worden bin, hat mir geträumt. Ich
war Soldat und lag ganz vorne.
Die Engländer hatten uns voll-
ständig eingedeckt. Natürlich wollte
ich mich wieder hinaufrappeln. Es
lag mir schwer auf der Brust.
Nichts weiter. Du mußt nicht gleich
vor Angst vergehen, wenn ich ein-
mal etwas lebhaft träume. Der
Schlaf übermannt und entmannt.
Laß uns nun wieder schlafen, Amalie." Und
halb schon wieder hinüber, lallte er noch: „Nur
in der Welt des Traumes sind wir nicht immer
Helden." Joseph Adler.
Siebente Kriegsanleihe
57° Deutsche Neichsanleihe.
472 °/o Deutsche Reichsschahantveisungen, auslösbar mu 1107° bis 120-/..
Zur Bestreitung der durch den Krieg erwachsenen Ausgaben werden weitere 5°/o Schuldverschreibungen des Reichs und
472°/° Reichsschahanweisungen hiermit zur öffentlichen Zeichnung aufgelegt.
Das Reich darf die Schuldverschreibungen frühestens bis zum 1. Oktober 1924 kündigen und kann daher auch ihren Zins-
fuß vorher nicht herabsetzen. Sollte das Reich nach diesem Zeitpunkt eine Ermäßigung des Zinsfußes beabsichtigen, so muß es
die Schuldverschreibungen kündigen und den Inhabern die Rückzahlung zum vollen Nennwert anbieten. Das gleiche gilt auch
hinsichtlich der früheren Anleihen. Die Inhaber können über die Schuldverschreibungen und Schatzamveisungen wie über jedes
andere Wertpapier jederzeit (durch Verkauf, Verpfändung usw.) verfügen.
Die Bestimmungen über die Schuldverschreibungen finden auf die Schuldbuchforderungen entsprechende Anwendung.
1. Annahmestellen.
Zeichnungsstelle ist die Reichsbank.
Zeichnungen werden
von Mittwoch, den 19. Septem-
ber, bis Donnerstag, den 18. Ok-
tober 1917, mittags 1 Uhr
bei dem Kontor der Reichshauptbank
für Wertpapiere in Berlin (Postscheckkonto
Berlin Nr. 99) und bei allen Zweig an st alten
Bedingungen.
der Reichsbank mit Kasseneinrichtung ent-
gegengenommen. Die Zeichnungen können auch
durch Vermittlung der Königlichen See-
handlung (Preußischen Staatsbank), der
Preußischen Z entral-Genossen sch afts-
kasse in Berlin, der Königlichen Haupt-
bank in Nürnberg und ihrer Zweiganstalten,
sowie sämtlicher Banken, Bankiers und
ihrer Filialen, sämtlicher öffentlicher Spar-
kassen und ihrer Verbände, jeder Lebens-
versichcrungsgesellschaft. jeder Kredit-
genossenschaft und jeder Po st an st alt
erfolgen. Wegen der Postzcichnungen siehe
Ziffer 7.
Zeichnungsscheine sind bei allen vorgenann-
ten Stellen zu haben. Die Zeichnungen können
aber auch ohne Verwendung von Zeichnungs-
schcinen brieflich erfolgen.
2. Einteilung. Zinsenlauf.
Die Schuldverschreibungen sind in
Stücken zu 20000, 10000, 5000, 2000, 1000,