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9381

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Hoch in Würzburg ragt die Festung,
Ringsherum bekränzt von Wein,

Und irn Tale tagt der Frieden
Für ei» glücklich Menschensein. . . .

Und von Deutschland kommt der Frieden
Für die Völker überall.

Nirgends soll der Hast mehr walten,
Nirgends Opfer ohne Zahl.

Ein Jahrtausend soll entstehen
Aus der Menschheit eigner Kraft,

Frei der Geist und frei die Arbeit,

Frei die Kunst und Wissenschaft.

„Mein lieber Lansing, rate mir:

Wenn wir mit Deutschland Frieden machen,

Gibt's dann nicht viele böse Sachen,

Wobei wir uns blamieren schier?"

„Das glaub' ich kaum, Herr Präsident,

Denkt doch an die Befreiungskriege,

An Washington und seine Siege
Und Lafayettens Regiment.

Wir haben jetzt das meiste Geld!

Verschieben wir nur fest den Karrem
Wer England hilft, macht sich zum Narren,

Es spottet über ihn die Welt."

Mein° Freund Petruschka schreibt mir über Sibirien, daß dort das
„So'n Hund ist doch 'n dummes Tier; ich rette ihn vom Tode, aber Japanische bereits als Staatssprache eingeführt sei.

gehorchen tut er dem, der ihn fressen will." Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.

Ein psychologisches Rätsel.


Das Ideal.

Und weiter wird gekämpft! — In langen Nächten
Deckt bald der Schnee die eisgewordnen Fluren;
Denn um die Freiheit, um die Ehre fechten
verklammte Menschen, frierend' Kreaturen.

Für eine Freiheit? - Für ein Ideal:

Der Krieg soll aus der Iveltgeschichte schwinden!

Nie wieder soll der mörderische Stahl

Den harten kveg vom Mensch zum Menschen finden!

Lin ew'ger Friede — o, der kveg ist leicht,

Ihr hohen Herren in der Staatenrunde.

Ivas ihr erstrebt, es ist sehr bald erreicht, -
Fahrt nur so fort in dem satan'schen Bunde!

Fahrt fort, das Männervolk zu dezimieren,
Verwüstung rings, die yeimatstätten leer;

Ls wird, es muß zum Ideale führen:

Ivas übrig bleibt, führt keine Kriege

mehr! p. n.

Herr Hintenrum.

Ein Männlein geht im Lande um.

Das ist Herr Gottlteb Hintenrum.

Was kümmert ihn Gesetz und Recht,

Herr Hintenrum, der lebt nicht schlecht.

Er ist ein grosser Patriot,

Doch Feind jedweder Leibesnot.

Allüberall ein Türchen klafft.

Durch das er Nötigstes beschafft.

And legt die Henne wo ein Ei,

Herr Hintenrum ist gleich dabei.

And sticht ein Metzger wo ein Schwein,

Herr Hintenrum mutz «cilhaft sein.

And wenn'S beim Bauern Butter gibt.

Hei, wie Herr Hintenrum da stiebt!

Die andern zieht der Hunger krumm.

In Fülle lebt Herr Hintenrum.

Er gibt das Geld mit leichtem Sinn,

Denn wieder brtngt's der Kriegsgewinn. E. K.

Lieber Jacob!

Neilich koose ick bei meinen Freund Leh-
mann — Du kennst doch dem Jrienkramfritzen
an de Ecke? — eene Diele „Lose Suppe". Et
war 'n jelbliches Pulver, bet eißerlich keenen
Argwohn entfesselle, aber wie meine Olle et
mit Wasser uffsetzte un et zu kochen anfing, da
brach een Jestank in unsere Küche aus, dem
ick Dir ooch nich andeitungsweise zu beschreiben
wagen darf. De janze Etasche lief zusammen,
denn se jloobten, bei uns wäre det Wasser-
kloset jeplatzt. Enschlossen wie immer, erjriff
ick sofort dem Rest in die Diele un hin zu
meinen Fremd Lehmann. „Sowat haste mir for
lose Suppe verkooft?" drillte ick ihm an; „det
is keen Nahrungsmittel nich, sondern een Ver-
dauungsresultat!" „Ick verstehe immer Nah-
rungsmittel," entjejente Lehmann mit uner-
schitterliche Eiseskälte, „jewehne Dir doch bloß
Deine iebertriebenen Ausdricke ab, Jotthilf!
Det soll ieberhaupt keen Nahrungsmittel nich
sind". „Na wat denn sonst?" fragte ich er-
staunt. „Kriegsware!" jab er zur Antwort.

Ick verstand ihm un jing in mir. Et hat
ja keenen Zweck nich mehr, in Laden irjend-
wat zu koofen. Denn wat heitzutage aus de
Fabriken kommt, det is allenial Verdauungs-
resultat. Uff diese Weise erzieht uns der Krieg
mit de Zeit immer mehr zu de längst ieber-
wundene altvaterische Hand- und Heimarbeet.
Meine Olle macht jetz allens selber. Wie unsere
Tante Amalie aus Treuenbrietzen uns neilich

fuffzehn Fund Flaumen jeschickt jehabt hat —-
jloobste woll, det ick ooch man bloß eene zu
präpeln jekriegt habe? Der janzeHaufen wurde
jekocht, zerriehrt, zermengt, zermatscht, snjros
in Jläser jefillt un in 't Spinde jestellt. De
Mischung soll in Winter als Brotuffstrich wie-
der zutage treten. Ooch der oogenblickliche
Kartoffelsejen diente meine Olle zu fabrik-
mäßige Hausarbeet. Der Majistrat hatte de
jutjleibije Bevelkerung jeraten, de Vorräte uff-
zubewahren, weil die Ratzionen bald wieder
kleener werden wirden. Aber schon nach kurze
Zeit rochen wir, det die von de fleißije Ajrarier-
hände zujunsten der Friehprämie unreif aus-
jenommenen Knollenfrichte uff de Dauer bloß
als Zimmerparföng zu jebrauchen waren. Aber
da wir for unfern Wohljeruch selber sorjen
un keene kinstliche Unterstitzung in diese Hin-
sicht nich neetig haben, so erjriff meine Olle
dem janzen Vorrat un fabrizierte Kartoffel-
mehl. Von zwanzig Fund jab et beinahe eenen
janzen Leffel voll, un se war sehr stolz uff
diese Leistung.

Aber nich bloß uff det Lebensmitteljebiet,
sondern ooch in andere Jndustriezweije heeßt
et jetz: Selbst is der Mann! Unsere Stiebeln
versohlen wir uns schon lange zu Hause, un
anjesichts von de neie Fahrpreisverdoppelung
wird Unsereinen, wenn er durchaus 'ne Reise
machen muß, nischt anderes mehr iebrig bleiben,
als mit de Hand ieber 'n Alexanderplatz zu
fahren. So jreift ooch in 't Verkehrswesen an
Stelle von de Eisenbahnen de schlichte Heim-
und Handarbeet Platz!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

Redatttonsschtuß 2g. Oktober 1917.
 
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