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Da$?esf auf der UJiese.
Von Karl Bröger.
Plump und rund steht das
Karussell auf einer Brache,
die sich hinter den letzten
Häusern des Viertels dehnt.
Während der ganzen Woche
sind die Planen herunter-
geschlagen gewesen. Das
Karussell hat sich nicht ge-
rührt, und wenn vorwitzige
Buben ein Ende der Zelt-
plane hoben, sahen sie nicht
viel. Einige Schiffe, einen
durch gemalte Kulissen ge-
stellten Tunnel und in der
Mitte einen riesengroßen
grünen Frosch, mit unbe-
weglichen Glotzaugen ge-
radeaus in die Luft starrend.
Gestern hat die Herrlich-
keit begonnen. Als am Mit-
tag die mit Dampf betrie-
bene Orgel zu leiern anhub,
liefen alle Buben und Mä-
deln der Nachbarschaft zu-
sammen. Auch Erwachsene
gingen den Klängen nach,
und bald standen dichte
Reihen um das Karussell.
Es schwingtrundimKreis,
durch den Tunnel, in leichter
Senkung hinauf und hinab.
Alle zwei Minuten wechselt
die Fracht von Kindern, die
es trägt. Gleich bleiben Ge-
nuß und Freude der Fahrer.
Die Orgel quietscht, pfeift
in Luftnöten und macht wirk-
lich gar keine schöne Musik.
Doch unerschütterlich lau-
schen die Menschen den ab-
gestandenen Gassenhauern,
die von der Walze ablaufen.
Einmal von aller Schwere erlöst sein, sei
es auch nur für Minuten, im Kreis fliegen,
auch wenn der Kreis nur fünf Meter Rund-
meffer hat und von nüchternen Miethäusern
eingefaßt ist!
Wem ist diese Sehnsucht fremd?
Schlecht gemalt sind die Bilder, die sich oben
um das Karussell ziehen, die Musik ist kein
Ohrenschmaus, und ein dutzendmal um die
Achse fahren, kann wirklich keine geistreiche
Beschäftigung sein. Und doch atmet jung und
alt Behagen, leuchten die Augen der Kinder
und summen die Erwachsenen Melodien mit.
Allen erscheint das Karussell als wunder-
same Erinnerung einer Zeit, die doch viel
freier und schöner war. . . .
Ein Friedenshindernis. (Nach Hausmann.)
Die neue Wünschelrute.
2m medizinisch-naturwissenschaftlichen Verein zu Tübingen
wurde über einen Mann berichtet, der mit Hilfe der Wünschel-
rute feststellen konnte, ob jemand Papier- oder Metallgeld
bei sich führt.
Zittre, Geizhals, denn nun naht die Uache!
was du tief in deinem wams versteckt,
Ist nicht sicher mehr, habgier'ger Drache -
Ruch der letzte Pfennig wird entdeckt!
Gefährlich ist's, den Leu zu wecken,
Verderblich ist des Tigers Zahn,
Jedoch der schrecklichste der Schrecken,
Das ist »Alldeulschlands« Größenwahn.
Näh' ihn dir in deine Unterhosen,
Lass' ihn schlüpfen in den tiefsten Strumpf -
(Es versagen deine list'gen Chosen
vor der Neuzeit technischem Triumph.
wer kann seinen Mammon noch verbergen,
Den er heimlich sich zusammenkratzt?
Lines Tages nahn ihm dreiste Schergen
Mit der Nute, und der Beutel platzt,
was erwuchert er, geraubt, gestohlen
Und verschlossen vor dem Licht der Welt,
wird die Nute aus dem Sack ihm holen,
Und der Ärmste ist darum geprellt.
Za, wir Habenichtse sehn es tagen
Stillvergnügt, indes der Reiche spuckt:
Zene Rute holt noch aus dem Magen
Ulles Gold, das Wuchersinn verschluckt.
Rriegsgewinnlcr, Gauner und Philister:
Sicherlich macht nun das Deutsche Reich
Den Erfinder zum Zinanzminister —
Und dann wehe, wehe, wehe euch! pan.
„Wenn nur das Wörtlein wenn nicht wär,"
So spotten kluge Leut', — —
Und doch: „Wenn nur der Krieg wär' aus,"
Hört man zu jeder Zeit.
Kritische Gedanken.
Gewiffe Politiker, die nichts
in sich tragen, müssen immer
einen Götzen zum Anbeten
und einen Propheten zum
Verdammen haben.
„Hosianna!" und „Kreu-
zige!" wohnen dicht beiein-
ander.
Propheten und Narren
Haben beid' ihren Sparren.
Jede Hochflut führt
Schlamm und Unrat mit
sich, auch in der Politik und
Religion; aber diese Sink-
und Stinkstoffe sind nicht
das Wesentliche, sondern
nur Begleiterscheinung.
Die mit ihrer Bildung
imponieren wollen, beweisen
nur, daß sie keine haben.
Viele Menschen sind wie
die Schlafwandler. So lange
sie in der Hypnose des
Glaubens leben, gehen sie
sicher ihre Bahn, erwachen
sie aber, stürzen sie ab.
Egoisten können niemand
zum Freund haben, nicht ein-
mal sich selbst, denn sie scha-
den ihrem Ich am meisten.
Freiheit kann niemals
schrankenlos sein. Das Recht
des einzelnen findet jeder-
zeit seine Grenze am Recht
der andern.
Viele „waschen ihre Hände in Unschuld",
aber je mehr sie waschen, desto schmutzigere
Finger bekommen sie.
Graue Theorie und grüner Tisch,
Das gibt ein scheußliches Gemisch.
Ernst Klaar.
&&
Lieber Wahrer Jacob!
Auf einer Besichtigungsreise besuchte Sere-
nissimus auch die einzige katholische Pfarrei
seines Ländchens. Leutselig unterhielt er sich
mit dem geistlichen Herrn und fragte zu guter
Letzt:
„Sagen Sie mal, sagen Sie mal. Hoch-
würden, war Ihr Herr Papa auch Pfarrer
hier im Ort?"
Mit einem verlegenen Lächeln wurde das
verneint.
Als Serenissimus in seinerEquipage davon-
fuhr, wandte er sich nach langem Nachdenken
plötzlich an seinen Adjuvanten:
„Ach, lieber Prittwitz, da habe ich wohl
recht dumm gefragt? Mir fällt nämlich eben
ein: katholische Pfarrer, äh, haben ja gar
keinen Papa!"
Da$?esf auf der UJiese.
Von Karl Bröger.
Plump und rund steht das
Karussell auf einer Brache,
die sich hinter den letzten
Häusern des Viertels dehnt.
Während der ganzen Woche
sind die Planen herunter-
geschlagen gewesen. Das
Karussell hat sich nicht ge-
rührt, und wenn vorwitzige
Buben ein Ende der Zelt-
plane hoben, sahen sie nicht
viel. Einige Schiffe, einen
durch gemalte Kulissen ge-
stellten Tunnel und in der
Mitte einen riesengroßen
grünen Frosch, mit unbe-
weglichen Glotzaugen ge-
radeaus in die Luft starrend.
Gestern hat die Herrlich-
keit begonnen. Als am Mit-
tag die mit Dampf betrie-
bene Orgel zu leiern anhub,
liefen alle Buben und Mä-
deln der Nachbarschaft zu-
sammen. Auch Erwachsene
gingen den Klängen nach,
und bald standen dichte
Reihen um das Karussell.
Es schwingtrundimKreis,
durch den Tunnel, in leichter
Senkung hinauf und hinab.
Alle zwei Minuten wechselt
die Fracht von Kindern, die
es trägt. Gleich bleiben Ge-
nuß und Freude der Fahrer.
Die Orgel quietscht, pfeift
in Luftnöten und macht wirk-
lich gar keine schöne Musik.
Doch unerschütterlich lau-
schen die Menschen den ab-
gestandenen Gassenhauern,
die von der Walze ablaufen.
Einmal von aller Schwere erlöst sein, sei
es auch nur für Minuten, im Kreis fliegen,
auch wenn der Kreis nur fünf Meter Rund-
meffer hat und von nüchternen Miethäusern
eingefaßt ist!
Wem ist diese Sehnsucht fremd?
Schlecht gemalt sind die Bilder, die sich oben
um das Karussell ziehen, die Musik ist kein
Ohrenschmaus, und ein dutzendmal um die
Achse fahren, kann wirklich keine geistreiche
Beschäftigung sein. Und doch atmet jung und
alt Behagen, leuchten die Augen der Kinder
und summen die Erwachsenen Melodien mit.
Allen erscheint das Karussell als wunder-
same Erinnerung einer Zeit, die doch viel
freier und schöner war. . . .
Ein Friedenshindernis. (Nach Hausmann.)
Die neue Wünschelrute.
2m medizinisch-naturwissenschaftlichen Verein zu Tübingen
wurde über einen Mann berichtet, der mit Hilfe der Wünschel-
rute feststellen konnte, ob jemand Papier- oder Metallgeld
bei sich führt.
Zittre, Geizhals, denn nun naht die Uache!
was du tief in deinem wams versteckt,
Ist nicht sicher mehr, habgier'ger Drache -
Ruch der letzte Pfennig wird entdeckt!
Gefährlich ist's, den Leu zu wecken,
Verderblich ist des Tigers Zahn,
Jedoch der schrecklichste der Schrecken,
Das ist »Alldeulschlands« Größenwahn.
Näh' ihn dir in deine Unterhosen,
Lass' ihn schlüpfen in den tiefsten Strumpf -
(Es versagen deine list'gen Chosen
vor der Neuzeit technischem Triumph.
wer kann seinen Mammon noch verbergen,
Den er heimlich sich zusammenkratzt?
Lines Tages nahn ihm dreiste Schergen
Mit der Nute, und der Beutel platzt,
was erwuchert er, geraubt, gestohlen
Und verschlossen vor dem Licht der Welt,
wird die Nute aus dem Sack ihm holen,
Und der Ärmste ist darum geprellt.
Za, wir Habenichtse sehn es tagen
Stillvergnügt, indes der Reiche spuckt:
Zene Rute holt noch aus dem Magen
Ulles Gold, das Wuchersinn verschluckt.
Rriegsgewinnlcr, Gauner und Philister:
Sicherlich macht nun das Deutsche Reich
Den Erfinder zum Zinanzminister —
Und dann wehe, wehe, wehe euch! pan.
„Wenn nur das Wörtlein wenn nicht wär,"
So spotten kluge Leut', — —
Und doch: „Wenn nur der Krieg wär' aus,"
Hört man zu jeder Zeit.
Kritische Gedanken.
Gewiffe Politiker, die nichts
in sich tragen, müssen immer
einen Götzen zum Anbeten
und einen Propheten zum
Verdammen haben.
„Hosianna!" und „Kreu-
zige!" wohnen dicht beiein-
ander.
Propheten und Narren
Haben beid' ihren Sparren.
Jede Hochflut führt
Schlamm und Unrat mit
sich, auch in der Politik und
Religion; aber diese Sink-
und Stinkstoffe sind nicht
das Wesentliche, sondern
nur Begleiterscheinung.
Die mit ihrer Bildung
imponieren wollen, beweisen
nur, daß sie keine haben.
Viele Menschen sind wie
die Schlafwandler. So lange
sie in der Hypnose des
Glaubens leben, gehen sie
sicher ihre Bahn, erwachen
sie aber, stürzen sie ab.
Egoisten können niemand
zum Freund haben, nicht ein-
mal sich selbst, denn sie scha-
den ihrem Ich am meisten.
Freiheit kann niemals
schrankenlos sein. Das Recht
des einzelnen findet jeder-
zeit seine Grenze am Recht
der andern.
Viele „waschen ihre Hände in Unschuld",
aber je mehr sie waschen, desto schmutzigere
Finger bekommen sie.
Graue Theorie und grüner Tisch,
Das gibt ein scheußliches Gemisch.
Ernst Klaar.
&&
Lieber Wahrer Jacob!
Auf einer Besichtigungsreise besuchte Sere-
nissimus auch die einzige katholische Pfarrei
seines Ländchens. Leutselig unterhielt er sich
mit dem geistlichen Herrn und fragte zu guter
Letzt:
„Sagen Sie mal, sagen Sie mal. Hoch-
würden, war Ihr Herr Papa auch Pfarrer
hier im Ort?"
Mit einem verlegenen Lächeln wurde das
verneint.
Als Serenissimus in seinerEquipage davon-
fuhr, wandte er sich nach langem Nachdenken
plötzlich an seinen Adjuvanten:
„Ach, lieber Prittwitz, da habe ich wohl
recht dumm gefragt? Mir fällt nämlich eben
ein: katholische Pfarrer, äh, haben ja gar
keinen Papa!"