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Italienische Beute.
„Na, heernse, die eroberten italienischen Zitronen haben woll Kriegspreise?"
„Janz au conträr, Madam, nicht eenmal die Selbstkosten wer'n jedeckt;
'n Jranatschuß is mit hundert Mark nich zu teier berechnet und so hoch
is ooch der Kostenpreis der Zitrone. Beim Verkauf eener Zitrone ver-
schenken wir jedesmal 9g'/- Mark!"
*52 ftobelfpäne.
Es fing der Krieg mit Bethmann an,
Michaelis führte ihn weiter.
Doch halt' er bald genug daran
Und stieg herunter die Leiter.
Jetzt sitzet auf dem Kanzlerstuhl
Herr Hertling mit Unbehagen,
Er möchte viel, ja alles tun,
Zu mildern des Volkes Plagen.
Frisch auf, einen guten Frieden schaff'!
So wirst du von allen Seiten
Als größter Kanzler gepriesen sein
Bis in die spätesten Zeiten.
„Wenn wir sicher wüßten," meinte der Engländer zu dem Fran-
zosen, „daß es dem Bambino an den Kragen geht, würden wir ihn in
der Behandlung seiner früheren Bundesgenossen belassen."
Endlich haben ivir's erreicht,
Sind die Herrn im Reich der Mitte,
Wilson drückt ein Auge zu
Und zwei Augen gar der Britte.
Schlau sind Bruder Jonathan
Und Europas Insulaner, —
Kommt die Ernte einst zum Schnitt,
Wird geholt sie vom Japaner.
Der Vesuv soll zu speien begonnen haben; - na, Grund genug
wird er dazu wohl gehabt haben.
Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.
eine große Masse Deutsche vorübergehend auf-
gehalten hat, wo die Spuren natürlich nicht
so leicht zu verwischen sind.
Die Sprache ist ziemlich dämlich. Wenn
man zum Beispiel warmes Wasser zum Grog
haben will, dann zeigt man auf den Wasser-
topf und sagt „kalda" — also gerade das
konträre Gegenteil von das, was es eigentlich
bedeuten soll! Immerhin ist man aber als
gebildeter Berliner froh, daß man wenigstens
aus die unanständigen russischen Vokabeln
heraus ist, wo die Flüsse „Aa" genannt wer-
den und es in unsere Gegend bei Riga sogar
eine Stadt an die See gab, die sich nicht
schämte, „Pissen" zu heißen!
Dreckig ist es hier ebenso wie oben bei die
Panjes. Die beiden Ufer des Tagliamento zu
säubern war ein Kinderspiel gegen die Säube-
rung von irgendeine italienische Schlafkammer!
Und gegen die hiesigen Wanzen sind die Ber-
liner die reinen Nachtigallen. Aber alle diese
kleinen Unannehmlichkeiten nimmt der Soldat
gerne in den Kauf dafür, daß er jetzt die
kalte Jahreszeit in den hiesigen ewigen Früh-
ling kampieren kann, was sich sonst bloß die
reichsten Leute leisten konnten.
In welche frohe Stimmung ich Dir herz-
lichst grüße als Dein alter Freund
August Säge jun., Garde-Grenadier.
Nachschrift. In Berlin soll es ja jetzt, wie
ich in die Zeitung las, auch so viele falsche
Markscheine geben. Vielleicht bist Du so gut,
mir eine kleine Auswahl davon zu schicken,
damit ich mir bei die hiesige Eingeborenen-
schaft revanchieren kann. Wenn Du keine bei
die Hand hast, begnüge ich mir aber auch
mit echte.
Cadornas Schmerz.
Lieber Jacob!
„Mit de Qualle is et alle, wenn se uff dem
Sand jerät", sagt der Volksmnnd, und er be-
wahrheitet sich ooch in diesen Falle anjesichts
von det italjenische Schlamassel in Venezien.
Aber een anderes Sprichwort lautet nich min-
der: „Wenn den Esel zu wohl is, denn bejibt
er sich uff 't Jlatteis." Woso mußten de Ital-
iener ieberhaupt in det jlibberijeJelünde dieses
Weltkriejes rintreten, anstatt det se ruhmvoll
bei Muttern zu Hause blieben un in Frieden
ihre Makkaroni bauten? „Se sollen man kom-
men!" schrie der italjenische Kriegsminister beim
Bejinn der deitsch-österreichischen Offensive.
Der Mann rief — un alle, alle kamen! Und
se folgten de freindliche Einladung mit so'n
Entjejenkommen, det for de edlen Jastfreinde
selber schließlich keen Platz nich mehr iebrig
blieb un se ihre Jäste det Loschemang räumen
mußte». Aber det scheene Land Jtaljen is ja
an Fremdenbesuch jeweehnt, un wenn et sich
in de letzten drei Jahre dadrieber beklagen
mußte, det der ausländesche Touristenverkehr
janz injestellt war, denn is der Jrund zu diese
berechtigte Beschwerde jetz hinfällig jeworden.
Jedoch wie de Ententebrieder nu mal sind,
werden de Jtaljener ooch nu wieder nich janz
zufrieden sind, sondern an det Verhalten der
Deitschen sehr ville zu bemängeln haben. Aber
Mitjefühl werden se da nich mit ernten, denn,
wie jesagt, se haben sich det Berjniejen janz
alleene selber zuzuschreiben.
Det kommt ebent davon, wenn man de
Jroßschnauzigkeit zum polliteschen Projramm
erwählt un sich uff Leite wie d'Annunzio un
so verlassen tut. Wer det Maul zu voll nimmt,
der kriegt schließlich de Jacke so voll, det er
de Neese von voll hat. Det sollen sich ooch
diejenijen deitschen Spalierpatrioten hinter de
Ohren schreiben, die uff de Heldenjesänge von
de so>enallnte Baterlandspartei hören un noch
immer nich jenug von den Weltkrieg kriejen
kennen. Jetz wird hoffentlich in diese Hinsicht
'ne kleene Wandelung intreten un 'n Droppen
beruhigender Olersatz uff de Bejeisterungs-
wogen des alldeitschen Spuck-Ozeans kleckern.
Wenn de Mehrheitsparteien feste zusammen-
halten, denn wird de kleene pollitesche D.-U.-
Jruppe, der Herrschaften um Westarp'» un
Ledebur'n mit ihr Prinzip „Allens muß ver-
unjenieret sind," keenen Schaden nich anstiften
kennen, sondern man bloß for de neetije Heiter-
keit sorjen, die det deitsche Volk in diese trau-
rijen Zeiten am Ende zu jönnen is.
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Rauke,
an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
Rcdakttonsschluß 12. November 1917.
Italienische Beute.
„Na, heernse, die eroberten italienischen Zitronen haben woll Kriegspreise?"
„Janz au conträr, Madam, nicht eenmal die Selbstkosten wer'n jedeckt;
'n Jranatschuß is mit hundert Mark nich zu teier berechnet und so hoch
is ooch der Kostenpreis der Zitrone. Beim Verkauf eener Zitrone ver-
schenken wir jedesmal 9g'/- Mark!"
*52 ftobelfpäne.
Es fing der Krieg mit Bethmann an,
Michaelis führte ihn weiter.
Doch halt' er bald genug daran
Und stieg herunter die Leiter.
Jetzt sitzet auf dem Kanzlerstuhl
Herr Hertling mit Unbehagen,
Er möchte viel, ja alles tun,
Zu mildern des Volkes Plagen.
Frisch auf, einen guten Frieden schaff'!
So wirst du von allen Seiten
Als größter Kanzler gepriesen sein
Bis in die spätesten Zeiten.
„Wenn wir sicher wüßten," meinte der Engländer zu dem Fran-
zosen, „daß es dem Bambino an den Kragen geht, würden wir ihn in
der Behandlung seiner früheren Bundesgenossen belassen."
Endlich haben ivir's erreicht,
Sind die Herrn im Reich der Mitte,
Wilson drückt ein Auge zu
Und zwei Augen gar der Britte.
Schlau sind Bruder Jonathan
Und Europas Insulaner, —
Kommt die Ernte einst zum Schnitt,
Wird geholt sie vom Japaner.
Der Vesuv soll zu speien begonnen haben; - na, Grund genug
wird er dazu wohl gehabt haben.
Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.
eine große Masse Deutsche vorübergehend auf-
gehalten hat, wo die Spuren natürlich nicht
so leicht zu verwischen sind.
Die Sprache ist ziemlich dämlich. Wenn
man zum Beispiel warmes Wasser zum Grog
haben will, dann zeigt man auf den Wasser-
topf und sagt „kalda" — also gerade das
konträre Gegenteil von das, was es eigentlich
bedeuten soll! Immerhin ist man aber als
gebildeter Berliner froh, daß man wenigstens
aus die unanständigen russischen Vokabeln
heraus ist, wo die Flüsse „Aa" genannt wer-
den und es in unsere Gegend bei Riga sogar
eine Stadt an die See gab, die sich nicht
schämte, „Pissen" zu heißen!
Dreckig ist es hier ebenso wie oben bei die
Panjes. Die beiden Ufer des Tagliamento zu
säubern war ein Kinderspiel gegen die Säube-
rung von irgendeine italienische Schlafkammer!
Und gegen die hiesigen Wanzen sind die Ber-
liner die reinen Nachtigallen. Aber alle diese
kleinen Unannehmlichkeiten nimmt der Soldat
gerne in den Kauf dafür, daß er jetzt die
kalte Jahreszeit in den hiesigen ewigen Früh-
ling kampieren kann, was sich sonst bloß die
reichsten Leute leisten konnten.
In welche frohe Stimmung ich Dir herz-
lichst grüße als Dein alter Freund
August Säge jun., Garde-Grenadier.
Nachschrift. In Berlin soll es ja jetzt, wie
ich in die Zeitung las, auch so viele falsche
Markscheine geben. Vielleicht bist Du so gut,
mir eine kleine Auswahl davon zu schicken,
damit ich mir bei die hiesige Eingeborenen-
schaft revanchieren kann. Wenn Du keine bei
die Hand hast, begnüge ich mir aber auch
mit echte.
Cadornas Schmerz.
Lieber Jacob!
„Mit de Qualle is et alle, wenn se uff dem
Sand jerät", sagt der Volksmnnd, und er be-
wahrheitet sich ooch in diesen Falle anjesichts
von det italjenische Schlamassel in Venezien.
Aber een anderes Sprichwort lautet nich min-
der: „Wenn den Esel zu wohl is, denn bejibt
er sich uff 't Jlatteis." Woso mußten de Ital-
iener ieberhaupt in det jlibberijeJelünde dieses
Weltkriejes rintreten, anstatt det se ruhmvoll
bei Muttern zu Hause blieben un in Frieden
ihre Makkaroni bauten? „Se sollen man kom-
men!" schrie der italjenische Kriegsminister beim
Bejinn der deitsch-österreichischen Offensive.
Der Mann rief — un alle, alle kamen! Und
se folgten de freindliche Einladung mit so'n
Entjejenkommen, det for de edlen Jastfreinde
selber schließlich keen Platz nich mehr iebrig
blieb un se ihre Jäste det Loschemang räumen
mußte». Aber det scheene Land Jtaljen is ja
an Fremdenbesuch jeweehnt, un wenn et sich
in de letzten drei Jahre dadrieber beklagen
mußte, det der ausländesche Touristenverkehr
janz injestellt war, denn is der Jrund zu diese
berechtigte Beschwerde jetz hinfällig jeworden.
Jedoch wie de Ententebrieder nu mal sind,
werden de Jtaljener ooch nu wieder nich janz
zufrieden sind, sondern an det Verhalten der
Deitschen sehr ville zu bemängeln haben. Aber
Mitjefühl werden se da nich mit ernten, denn,
wie jesagt, se haben sich det Berjniejen janz
alleene selber zuzuschreiben.
Det kommt ebent davon, wenn man de
Jroßschnauzigkeit zum polliteschen Projramm
erwählt un sich uff Leite wie d'Annunzio un
so verlassen tut. Wer det Maul zu voll nimmt,
der kriegt schließlich de Jacke so voll, det er
de Neese von voll hat. Det sollen sich ooch
diejenijen deitschen Spalierpatrioten hinter de
Ohren schreiben, die uff de Heldenjesänge von
de so>enallnte Baterlandspartei hören un noch
immer nich jenug von den Weltkrieg kriejen
kennen. Jetz wird hoffentlich in diese Hinsicht
'ne kleene Wandelung intreten un 'n Droppen
beruhigender Olersatz uff de Bejeisterungs-
wogen des alldeitschen Spuck-Ozeans kleckern.
Wenn de Mehrheitsparteien feste zusammen-
halten, denn wird de kleene pollitesche D.-U.-
Jruppe, der Herrschaften um Westarp'» un
Ledebur'n mit ihr Prinzip „Allens muß ver-
unjenieret sind," keenen Schaden nich anstiften
kennen, sondern man bloß for de neetije Heiter-
keit sorjen, die det deitsche Volk in diese trau-
rijen Zeiten am Ende zu jönnen is.
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Rauke,
an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
Rcdakttonsschluß 12. November 1917.