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9622

Lage der neuen Zeit...,

Cage der neuen Zeit! tief aus den Nächten
Über das schweigende Gräberfeld,

Über die Codesschatten der Zelt
Schwingt ihr euch, blühende Kränze zu flechten.

Jlammende Banner entrollt ihr im ÜJinde,
Aus den erhobenen Jackein quillt
Strömendes Eicht, erwärmend und mild
Rieder auf Sehende, nieder auf Blinde.

Jreudige Botschaft sei jeder Strahl,
Jauchzende Kunde der Zeitenwende:
Keimender Jriede — und welkendes Ende
Blutiger Last u. ''ölkerqual!

Stunde um Stunde sei mahnender Rufer:
Öffnet die Jauste und tilgt die Gewalt!

Recht, es wachse zur Cat! Und bald
Zandern wir am rettenden Ufer.

Jreibeit kommt euch beglückend entgegen,
Zo entwurzelt die Zillktir stirbt,

Zo am Geiste der Bass verdirbt
Und gerechte Herzen sich regen.

Cage der neuen Zeit, werdende Stunden:
Dürstende Menschheit lechzt nach dem Quell,
Der ihr endlich kühlend und hell
Beilet die schmerzenden, brennenden Zünden.

Beiter sollt wieder die Stirn ihr umfächeln,
Die von den sinkenden Schatten umdroht,
Glättet das faltige Jfntlitz der Not,

Zeckt aus den Jurchen ein hoffendes Lächeln.

Spriessen soll wieder die Zuversicht,

Blühen, was bleichend im Hunger vergangen:
Jugendröte auf kindlichen Zangen
Und in den Augen das fröhliche Eicht.

Zieder soll wachsen, was unter den schweren.
Stürmenden Schritten des Hasses zerbrach:
Gärten und Zälder, Blumen und Ähren —
Öfen und Herde, Mauer und Dach.

Cage der neuen Zeit! Euere Ahnen Zandelt ihr aus dem Morgenrot

Juhren nieder, von Blitzen umloht — Dieder mit friedlich leuchtenden Jahnen! ernst Preczang.

Phönix.

Die Glut, die in den Herzen loht,
Zlietzt über und eriüllt die Erde,
Und nur dem Dunkel, grell und rot.
Erhebt sich mächtig ein: Ls werde!

Aus der Revolution.

i.

ii.

M

Der Äeimgekehrte.

Von Ernst Klaar.

O fraget nicht, war, ich gesehn,

O forschet nicht, was ich erlebt —

Von all dein gräßlichen Geschehn
Roch immer mir die Seele bebt.

Durch meine Träume geht es rot,

Wie frisches, warmes Menschenblut,

Durch meine Träume weht der Tod
Lind rast des wilden Feuers Glut.

Ich höre noch so manchen Schrei,

Der röchelnd durch die Stille gellt.

Ich fühle noch so manches Blei,

Das mir den besten Freund gefällt.

Gebt mir die linde Maienluft,

Der Bäume junges, zartes Grün,

Der Weihnachtsbänme herben Duft,

Der Weihnachtskerzen selig Glühn.

Gebt mir Musik und Fröhlichkeit,

Gebt Lachen mir von Weib und Kind —
Vielleicht, daß ich Vergessenheit
Von all dem Ungeheuren find'.

Wenn dann die Jahre drüber hin.

Wenn sich das blm'ge Graun verlor,
Vielleicht, daß dann vor meinem Sinn
Sich hebt Vergangnes neu empor.

Vielleicht, daß dann mein bleicher Mund
Von dieser Gräben Schrecken spricht —
Jetzt ist zu frühe noch die Stund,

Noch zuckt mein Lerz —noch kann ich's nicht!

Die stolze Buche.

Eine Buche, die stets bescheiden und demütig
gebeugt getauscht hatte, ivenu ihre Nachbarin,
eine mächtige alte Eiche, von ihren jahr-
hundertealten Erlebnissen gesprochen hatte,
ivar plötzlich wie umgeivandelt. Sie ließ die
Eiche nicht mehr ausreden, sondern rauschte

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MANNHEIM

Io/

laut und ungezogen mit ihrer Krone, wenn
jene zu reden begann. Alle Bäuuie ringsum
im Walde verivunderten sich.

Eines Tages fragte die alte Eiche, die dies
dreiste Gebaren nicht mehr ertrug: „Was ist
eigentlich in dich gefahren?"

„Hoho," sagte die Buche, „hast du nicht
gesehen, wie die Menschen sich um meine
Blätter reißen? Gestern hörte ich, daß sie das
Buchenlaub zu drei Mark das Pfund als Tabak
verkaufen und daß die anderen es rauchen.
Hat einer je dein Laub so teuer verkauft?
Kein Gedanke! Du wirst sehen, ich komme
noch ins deutsche Wappen hinein!" Da ließen
die Bäume sie in Ruhe: sie sahen wohl ein,
daß die Buche Grund zu ihrem Stolz halte.

Aus dem Tagebuch des letzten Wilhelm.

Ich habe es nie glauben wollen, was meine
Minister sagten —' aber es gibt doch eine
Wohnungsnot.

Ich wollte in Paris einziehen. Wenn die
Engländer wollen, geschiehl's noch-

Gut, daß jeder Hohenzoller ein Handwerk
gelernt hat. Ich kenne die Schlosserei. Viel-
leicht etabliere ich mich hier und repariere
für die Holländer kleine Schlösser. Die großen
sind ja soivieso futsch — —

Mußte der dumme Friede dazwischen kom-
men! Und ich hatte mich in Berlin so schön
aufs Durchhalten eingerichtet!

Mögen sie mich vor Gericht stellen, — mein
Gewissen ist rein. Außerdem hat glücklicher-
iveise kein preußischer Gerichtsvollzieher hier
was zu sagen.

Schelde, daß ich meiner Hauptpassion: Reden
und Reisen, nicht mehr nachgehen kann-

Über eins scheine ich sehr schlecht mein
Leben lang orientiert gewesen zu lein — den
Willen des Volkes. Und als ich die Verbindung
suchte, ivar die Leitung gestört. P. R.
 
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