Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
9634

Heil, deutsche Republik!

Lerrn Wilhelm Blos in alter Freundschaft vom Komponisten gewidmet.

Gesangsstimme für Solo oder Chor. (Auch ohne Klavier zu singen.)
Marschtempo.

Rudolf Brenner.

■jljU-p—


-.t-

.—3—i—^—>

q-,

—K—-j--

—f. z -T-ü

P




1=3^5^

:-r=E=_

—m-—*-<s>-1—

9

—#-2-—«-S-#—


e=33



2. Her - bei, her - bei! zur Fah-ne rot, die Frei-Heit schafft, für al - le Brot, die Frei-Heit schafft, für

3. Heil, deut-schcs Land, du Re-pu-blik, be - ivah-re treu des Bol-kes Glück, be-wah-re treu des


mf


Et

t-





jetzt noch Knecht. Und durch das-^Land geht Feld-ge-schrei: Frisch auf, mein Volk, und mach' dich frei! 1

al - le Brot. Bringt je - dem gleich das Menschenrecht, daß kei-ner sei des an - dern Knecht. ? Die Kronen rol-len, rol-len in den Sand,
Vol-kes Glück. Stolz flatt-re hoch das Ban-ner rot, das uns ge-führt ans Schmach und Not. J

Mit markantem Ausdruck.

/

3:

E3t



ff




kein Thron steht mehr im deut - schen Land, kein Thron steht mehr im dcut - schen Land.

Heinrich Henkel.

Passionsblume.

Über der Menschheit Stirne gesenkt
Mölkt sich ein Schatten der tiefsten Trauer,
wenn der vergangnen Zeit sie gedenkt
Und der begangnen Frevel mit Schauer.

lvieviel schuldlos Ermordete stehn,
lvieviel gekreuzigte Zeugen der Wahrheit
Unten in Nacht, und wir, wir gehn
tvben im Licht und in freudiger Wahrheit!

Bis von einem Unrecht nur,

Nur ein wenig sich ausgeglichen,

Sind im Gange der Weltenuhr
Gft Jahrhunderte schon verstrichen!

tj. Ongg.

O schöner Tag!

Fritz Brenner war heimgekehrt.
Dem Kriegsgott war das fürchter-
liche Mordwerkzeug aus der Hand
geschlagen. Die Tage, die Jahre
des Blutes und des Grauens waren
vorüber.

Der Einmarsch in das heimatliche
Land, das von den Verwüstungen
des Krieges verschont geblieben, war
herzlich und fast festlich. Überall Fah-
nen, Girlanden, Begrüßungen —
Fritz Brenner vergaß fast alle
Drangsale der Vergangenheit und
empfand etwas wie Freude.

Wie schön war es doch, zu Hause
zu sein und den dankbaren Jubel
der Daheimgebliebenen zu sehen!
Wie herrlich war es doch, jetzt hier
leben zu können! Und fast stiegen -
ihm Tränen in die Augen, als er
auf einem Plakat die Schillerworte
las: „O schöner Tag, wenn endlich
der Soldat ins Leben heimkehrt, in
die Menschlichkeit!"

Fritz Brenner ließ sich ablohnen
und entlassen und ging auf Zim-
mersuche. Verwandte hatte er nicht.
Auch zu einer Braut hatte er es
noch nicht gebracht.

Nach langem Umherirreu fand er endlich
einen Zettel, der ein „Möbliertes Zimmer"
anzeigte. Es war drei Treppen hoch bei einem
Kauzleirat.

Mißtrauisch musterte man seine Kleidung,
als er nach dem Preise des Zimmers fragte.

„Wo wohnten Sie bisher?"

„Im Schützengraben," sagte Fritz Brenner
lachend. Er dachte, nun würden sie ihn mit
offenen Armen aufnehmen. Aber es geschah
etwas ganz anderes. Die Gnädige sagte scharf:

Ecclesia militans.

„Aufgepaßt, ihr jungen Streiter der Kirche, die Revolution darf uns
nicht schrecke»! Die Uneinigkeit schwächt die Gegner, uns aber macht
die Einigkeit stark und führt uns zum Sieg!"

„Bedaure. An Soldaten vermieten wir nicht.
Die haben zu schlechte Gewohnheiten. Und
man hat ja jetzt Gott sei Dank die Auswahl."

Bums, schlug die Türe zu, daß die Schei-
ben klirrten.

Fritz Brenner stieg langsam die Treppen
herunter. Sie gingen sich jetzt viel schwerer als
vorher. . . .

„Also darum —", dachte er, „— lag ich vier
Jahre draußen in Blut und Dreck, immer den
Tod vor Augen, auf alles verzichtend?"

Er wanderte straßauf, straßab.
An einem Platz, zwei Treppen
hoch, war wieder ein Zimmer zu
haben.

„Es kostet sechzig Mark monat-
lich, Kaffee pro Tag vierzig Pfen-
nig, Bedienung extra," sagte die
Vermieterin mit großer Zungen-
geschwindigkeit.

Fritz Brenner war starr. Es war
ein winziges Zimmerchen, und die
Wohnungspreise waren dank der
Mielämter doch nicht in solchem
Verhältnis gestiegen.

„Aber das ist doch Wucher!" ent-
fuhr es ihm. j.

Die Vermieterin ließ euren Sturz-
bach von Verwünschungen auf ihn
niedergehen.

Er flüchtete.

Es war schon Abend, und zum
Weitersuchen war es schon zu spät.
Auch war er todmüde vom Umher-
laufen.

Endlich fand er ein Zimmer in
einem Gasthof. Er wagte gar nicht
nach dem Preise zu fragen.

Als er sich zum Essen setzen wollte
und die Preise las, sank sein Mut
vollends. Hungrig legte er sich zu
Bett.

Und im Traume sah er einen
Galgen; daran hingen die beiden
Vermieterinnen und der Spruch an
der Girlande:

„O schöner Tag..." ®.
 
Annotationen