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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 36.1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.8264#0038
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9654

*> Völkerbund, a?

Traum aus fernen Zugendtagen,
Bild aus Zeiten, holdverklärten —
Willst du dich zum Lichte wagen?
Willst du endlich Wahrheit werden?
Sollen sich zum Bunde einen
Die Bewohner aller Zonen?

Soll'n als Brüder sie erscheinen.
Alle Bölker und Nationen?

Eisenfest stehn sie gerüstet.

Die Bezwinger unsres Landes,

Heiß nach Land und Bolk gelüstet
Sie's als Preis des Weltenbrandes.
Süß zwar klingen ihre Worte,

Aber ehern sind die Taten —

Ach, sie suchen nur die Pforte,

Uns an Leib und Gut zu schaden!

So aus Neid und Haß geboren.
Kann der Friede nimmer kommen.
Für die Zukunft ist verloren.

Was aus frevler Glut entglommen.

Haß kann nur den Haß gebären!

Wollt ihr uns in Fesseln schlagen,

Wird die Saat statt goldner Ähren
Einst ganz andre Früchte tragen!

Brüder jenseits unsrer Grenzen,

Uns durch gleiches Ziel verflochten —

Laßt die Ideale glänzen.

Die wir einst vereint verfochten!

Wagt's, euch endlich zu ermannen,

Naht mit offnen, reinen Händen,

Treibt die Heuchlerbrut von dannen.

Die der Menschheit Ziele schänden!

Dann erst wird ein Friede flammen.

Wie ihn sehnten unsre Herzen,

Treugesellt stehn wir zusammen.

Wie in Freuden, so in Schmerzen.

Zeglich Bolk zum Bund geeinigt.

Wollen wir die Hände schließen.

Und es wird aus Dorn und Steinigt
Neuer Menschheitsfrühling sprießen! E. Klaar.

Die neue Internationale.

Das drittem«! wird's dauernd kalten!

Hermann, der Cherusker.

Auf der Grotenburg bei Detmold steht der
olle, ehrliche Hermann, der vor 1900 Jahren
die Römer znm Lande hinausgejagt hat. Seine
Haltung mit der Nase nach dem Rhein und
erhobenem Schwert ist so aufreizend kriege-
risch, daß ich beschloß, ihn zum Guten, zu
überreden, indem ich hinaufrief:

„Hermann, steck' den Degen ein, mach' de-
mobil; nach Westen hin gibt's nur noch Po
lizeitruppen."

Er erwiderte:

„Glaubst du, ich steh' hier sor'n Nasenpopel,
du Döskopp? Die Gefahr ans dem Westen
kann jeden Tag übern Rhein kommen!"

„Das ist nicht wahr, lieber Hermann, sie
wird sich hüten!"

„Ja, weil sie Angst vor mir hat!"

„Nee, aus Angst vor dem Bolschewismus."

„Bolschewismus..., was ist denn das?"

„Das ist die Gefahr aus dem Osten. Tu
solltest wenigstens kehrtmachen, Hermann!"

Er überlegte. Dann wurde er wild.

„Hör' mal zu," schrie er 'runter, „gleich
schmeiß' ich 'ne Handgranate. Der Kerl da
im Osten, der Bolschewismus, ist ja niein
Freund. Gegen den soll ich Front machen?
Nee, ich werde ihm vorkämpfen; ich bin kein
Verteidiger mehr, sondern gehe zum Angriff
über. Hoch die Weltre --"

„Halt, stopp!" rief ich erschrocken und rannte
zum Pförtner. Ich flehte ihn an, mich in de»
für gewöhnlich verschlossenen Kopf des Her-
mann klettern zu lassen; ich hätte dringend
etwas mit ihm zu reden.

„Ich bezweifle es sehr, daß Sie ein Ge-
mäßigter sind," brummte der Pförtner: „Sie
sehen mir eher wie'n verkappter Spartakist
aus, der dem Hermann nur einen Floh ins
Ohr setzen will . . . nachher macht er uns
Dummheiten."

„Ach was, der Floh ist ja schon drin, Sie
oller Dussel, ich wollte ihn nur wieder ein-
fangen."

Da der Alte Miene machte, nach einem
derben Stock zu greifen, entfernte ich mich
schleunigst in der Richtung nach Leipzig.

Der Rubel.

Der Rubel rollt ins Land hinein —
Verwirrend blinkt sein Silberschein.

O rollt nach Osten ihn zurück:

Er rollte nie zu unserm Glück!

Lieber Wahrer Jacob!

Ich saß im Kino. Auf der Leinwand sauste
ein Meisterdetektiv mit seinem Gehilfen per
Auto über die Landstraße. Dann Bildwechsel:
Halt und hinein in die Wohnung des Ge-
suchten_Revolver 'raus, Hände hoch. Plötz-

lich neben mir eine Stimme: „Siehste, Fritze,
so holt man dem Bauern die Wurscht weg!"

In Dresden wohnen gemütliche Sachsen,
in Leipzig mehr ungemütliche.

„Mehr Licht!" war das letzte Wort Goethes.
„Mehr Fett!" war das letzte Wort Meyers.

Wenn der Bergmann feiert, müssen wir alle
den Blauen mitmachen.
 
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