9670
« Tanzwut. <2?
Horch! Tanzmusik und Geigenstrich!
Die Paare drehn und schmiegen sich.
Will Karneval und Mummenschanz
Aus langem Schlas erwachen?
Im Tanz
Glaubt man an Lust und Lachen.
And immer heißer wird der Blick
And schriller gellt rings die Musik.
Das Land trägt einen Trauerkranz,
Das Land voll Blut und Wunden —
Im Tanz
Vergessen sie's sür Stunden.
Rings holt der Tod aus jedem Haus
Die Bleichen, Blassen, Müden 'raus.
And keiner spürt die Dissonanz
Beim Tanz und Röckeschwenken:
Im Tanz
Vergessen sie das Denken.
And drunten siedet der Vulkan.
Bricht nicht die Lava schon sich Bahn?
Fort Talmiglanz und Firlefanz —
Jetzt gilt ein ernstres Streben!
Im Tanz
Verspielt ihr sonst das Leben. P.s.
Pc.derewski in Amerika.
2ic Juden vergöttern den großen Virtuosen.
Paderewski in Polen.
Macht nur weiter mit dem Pogrom, die Juden
kommen dadurch früher in Abrabains Schoß.
Der Frühling zieht jetzt ins deutsche Land
ein. Die Wiesen werden grün und bedecken
sich mit zahlreichen Blumen. Besonders das
Hungerblümchen ist stark vertreten.
Ein Leid seiner Äberzeugung.
Von einem Arbeiter gehen »ns nachstehende
Zeilen zu:
Wenige Wochen sind es her, das, wir uns das
letztemal die Hände drückten. Dann brachten
die Zeitungen ein Inserat, seine schlichte Todes-
anzeige. Einfach, in kargen Worten und doch
eine» starten Eindruck im Gemüt hinterlassend.
Bei den Spartakusnnruhen in., kurz
nach seiner Rückkehr aus fast vierjähriger Ge-
fangenschaft in Sibirien, fiel als Kämpfer für
die freie deutsche Republik unser Freund
Fritz Bladenhorst aus ......
Ehre seinem Andenken!
Reichlich drei Monate mögen verflossen sein,
als Bladenhorst eines Tages ganz unverhofft in
unserem heimatlichen Orte erschien, rückkehrend
aus seiner vierjährigen Kriegsgefangenschaft.
Als er uns den Marsch aus dem fernen Si-
birien nach dem heimatlichen Boden und seine
Erlebnisse ausführlich schilderte, da umging
er auch nicht den Bolschewismus, von dem
ganz Rußland verseucht ist.
Noch jeder von uns, der seinen Erzäh-
lungen beiwohnte, wird sich erinnern können,
mit welchem Abscheu er von dem Wesen des
Bolschewismus sprach. Fritz Bladenhorst
hatte selbst, als der Transport aus dem sibi-
rischen Gefangenenlager abging, aber wegen
erheblicher Bahndefekte bald eingestellt und
dann quer durch Rußland auf Schusters
Rappen weitergeführt werden mußte, über
das Wesen des Bolschewismus reiche Erfah-
rung geschöpft. Ohne jegliche Übertreibung
der in Rußland herrschenden Zustände schil-
derte er uns sein Selbsterlebtes. Hunger, Ar-
beitslosigkeit, Raub, Mord und Totschlag,
Krankheiten wegen Mangel an hygienischer
Pflege und vor allen Dingen die Lebensmittel-
uot, die eine außergewöhnliche Steigerung der
Slerbefälle und den Ausbruch von Epidemien
nach sich zog. wodurch die sittlichen und gei-
stigen Kräfte der Nation auf Jahrzehnte ver-
nichtet wurden.
Wenige Tage später stand Bladenhorst wie-
der vor uns, um Abschied von uns zu nehmen.
Durch die gesamte deutsche Presse gingen be-
sorgniserregendste Nachrichten über die auf-
kommende Spartakusbewegung. „Die Todes-
wolke ist da," stieß unser Freund kurz hervor,
„ich will sie mit zerstören helfen!"
Jetzt melden die schwarzen Buchstaben des
Inserats das Ableben dieses Helden seiner
Überzeugung. - P. H.
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Die Einheitswurst.
Ein Gast kommt in eine Wirtschaft und be-
stellt eine Leberwurst, ein Stück Brot und ein
Glas Wasser. Der Kellner bringt ihm eine
Wurst auf einem Teller.
„Ich habe doch ooch 'n Stickchen Brot be-
bestellt", sagt der Gast.
„Brot is gleich drinne," erwidert der Kellner,
auf die Wurst deutend.
„Und Wasser sollten Se mer ooch gäben."
„Wasser is ooch schon drinne."
„Nu hären Se mal, mei Kutester, sor kinf«
tige Fälle mechte ich doch gebäten haben, mir
jedes einzelne gesondert zu servieren. F. M.
Der kleine Skeptiker.
In der Dorfschule spricht der Lehrer von
der Allmacht Gottes, der einfach nichts un-
möglich sei. Der kleine Moritz, der diesen Mor-
gen in das Wasser gefallen ist und dafür von
seinem Vater eine ausgiebige Portion Hosen-
spanner zu erwarten hat, streckt den Finger
und sagt: „Wie heißt Allmacht, Herr Lehrer-
leben? Kann der liebe Gott vielleicht machen,
daß ich heute Morgen nix bin ins Wasser ge-
fallen?" _ __ F. M.
Voriges Jahr stand es schlimm mit der
Fleisch- und Milchversorguug. Es gab nicht
Futter genug, um das Vieh aufzuzieheu und
zu mästen. Dieses Jahr ist es anders: In-
folge der wilden Schwarzschlachterei gibt es
nicht Vieh genug, um das Futter zu fressen.
« Tanzwut. <2?
Horch! Tanzmusik und Geigenstrich!
Die Paare drehn und schmiegen sich.
Will Karneval und Mummenschanz
Aus langem Schlas erwachen?
Im Tanz
Glaubt man an Lust und Lachen.
And immer heißer wird der Blick
And schriller gellt rings die Musik.
Das Land trägt einen Trauerkranz,
Das Land voll Blut und Wunden —
Im Tanz
Vergessen sie's sür Stunden.
Rings holt der Tod aus jedem Haus
Die Bleichen, Blassen, Müden 'raus.
And keiner spürt die Dissonanz
Beim Tanz und Röckeschwenken:
Im Tanz
Vergessen sie das Denken.
And drunten siedet der Vulkan.
Bricht nicht die Lava schon sich Bahn?
Fort Talmiglanz und Firlefanz —
Jetzt gilt ein ernstres Streben!
Im Tanz
Verspielt ihr sonst das Leben. P.s.
Pc.derewski in Amerika.
2ic Juden vergöttern den großen Virtuosen.
Paderewski in Polen.
Macht nur weiter mit dem Pogrom, die Juden
kommen dadurch früher in Abrabains Schoß.
Der Frühling zieht jetzt ins deutsche Land
ein. Die Wiesen werden grün und bedecken
sich mit zahlreichen Blumen. Besonders das
Hungerblümchen ist stark vertreten.
Ein Leid seiner Äberzeugung.
Von einem Arbeiter gehen »ns nachstehende
Zeilen zu:
Wenige Wochen sind es her, das, wir uns das
letztemal die Hände drückten. Dann brachten
die Zeitungen ein Inserat, seine schlichte Todes-
anzeige. Einfach, in kargen Worten und doch
eine» starten Eindruck im Gemüt hinterlassend.
Bei den Spartakusnnruhen in., kurz
nach seiner Rückkehr aus fast vierjähriger Ge-
fangenschaft in Sibirien, fiel als Kämpfer für
die freie deutsche Republik unser Freund
Fritz Bladenhorst aus ......
Ehre seinem Andenken!
Reichlich drei Monate mögen verflossen sein,
als Bladenhorst eines Tages ganz unverhofft in
unserem heimatlichen Orte erschien, rückkehrend
aus seiner vierjährigen Kriegsgefangenschaft.
Als er uns den Marsch aus dem fernen Si-
birien nach dem heimatlichen Boden und seine
Erlebnisse ausführlich schilderte, da umging
er auch nicht den Bolschewismus, von dem
ganz Rußland verseucht ist.
Noch jeder von uns, der seinen Erzäh-
lungen beiwohnte, wird sich erinnern können,
mit welchem Abscheu er von dem Wesen des
Bolschewismus sprach. Fritz Bladenhorst
hatte selbst, als der Transport aus dem sibi-
rischen Gefangenenlager abging, aber wegen
erheblicher Bahndefekte bald eingestellt und
dann quer durch Rußland auf Schusters
Rappen weitergeführt werden mußte, über
das Wesen des Bolschewismus reiche Erfah-
rung geschöpft. Ohne jegliche Übertreibung
der in Rußland herrschenden Zustände schil-
derte er uns sein Selbsterlebtes. Hunger, Ar-
beitslosigkeit, Raub, Mord und Totschlag,
Krankheiten wegen Mangel an hygienischer
Pflege und vor allen Dingen die Lebensmittel-
uot, die eine außergewöhnliche Steigerung der
Slerbefälle und den Ausbruch von Epidemien
nach sich zog. wodurch die sittlichen und gei-
stigen Kräfte der Nation auf Jahrzehnte ver-
nichtet wurden.
Wenige Tage später stand Bladenhorst wie-
der vor uns, um Abschied von uns zu nehmen.
Durch die gesamte deutsche Presse gingen be-
sorgniserregendste Nachrichten über die auf-
kommende Spartakusbewegung. „Die Todes-
wolke ist da," stieß unser Freund kurz hervor,
„ich will sie mit zerstören helfen!"
Jetzt melden die schwarzen Buchstaben des
Inserats das Ableben dieses Helden seiner
Überzeugung. - P. H.
38 33
Die Einheitswurst.
Ein Gast kommt in eine Wirtschaft und be-
stellt eine Leberwurst, ein Stück Brot und ein
Glas Wasser. Der Kellner bringt ihm eine
Wurst auf einem Teller.
„Ich habe doch ooch 'n Stickchen Brot be-
bestellt", sagt der Gast.
„Brot is gleich drinne," erwidert der Kellner,
auf die Wurst deutend.
„Und Wasser sollten Se mer ooch gäben."
„Wasser is ooch schon drinne."
„Nu hären Se mal, mei Kutester, sor kinf«
tige Fälle mechte ich doch gebäten haben, mir
jedes einzelne gesondert zu servieren. F. M.
Der kleine Skeptiker.
In der Dorfschule spricht der Lehrer von
der Allmacht Gottes, der einfach nichts un-
möglich sei. Der kleine Moritz, der diesen Mor-
gen in das Wasser gefallen ist und dafür von
seinem Vater eine ausgiebige Portion Hosen-
spanner zu erwarten hat, streckt den Finger
und sagt: „Wie heißt Allmacht, Herr Lehrer-
leben? Kann der liebe Gott vielleicht machen,
daß ich heute Morgen nix bin ins Wasser ge-
fallen?" _ __ F. M.
Voriges Jahr stand es schlimm mit der
Fleisch- und Milchversorguug. Es gab nicht
Futter genug, um das Vieh aufzuzieheu und
zu mästen. Dieses Jahr ist es anders: In-
folge der wilden Schwarzschlachterei gibt es
nicht Vieh genug, um das Futter zu fressen.