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"9803

In Palästina

Mettlauf Mischen Saas und Swinegel

... As nu de sranzös'sche Haas in vnllcni Loope» onköm, da feer, de eugelsche
Swinegel all da un röp ein entgegen: „Ick Inin all hier!"

m liobelfpäne r®

In Bulgarien, in Bulgarien
Will das Volk nicht mehr willfahrien
Dein, ivas die Entente will
Oder Nantes Sproß Kyrill.

Hundertsiebzig Sozialisten
Drängten fort die Monarchisten,

Und Bulgarien — Schwerenot —

Ist mit Leib und Seele rot.

In Bulgarien, in Bulgarien
Jagt man baldigst fort den Zarien,

Ob auch die Entente schimpft
lind dazu die Nase rümpft.

*

Ex-Wilhelms Lieblingsblume soll früher das Löwenmaul geivesen
sein; seht ist es der — Wegewart.



Wem Gott will rechte Gunst erweisen,

Der kann mit Cook aufs Schlachtfeld reisen:

Er sieht dort an für ivenig Geld
Manch blntgelränktes Trümmerfeld.

Er sieht der Massengräber Zahl,

Doch nicht unschuld'ger Menschen Qual.

Dort reist und fühlt nicht ihre Schande
Die seelenrohe Snioking-Bande.

*

Es gibt noch gute Kinder. Als mein Fritze sich gestern früh waschen
sollte, meinte er treuherzig: „Weeßte, Vater, in eenem Monat wird
die Seese billijer. Ick wart lieber bis dahin, um dir Jeld zu sparen...."

Dein getreuer Säge, Schreiner.

Nachdenkliches

Neben dein lieben hat mancher auch eine»
bösen Gott: sein eigen Ich!



Man soll die Faulenzer nicht vom Kanapee
jagen, um sich selbst draufzulegen.

*

Von Freiheit spricht mancher, dem der Tyrann
aus den Augen guckt.



Bessere Zeiten schimpft auch der stärkste Mann
nicht herbei! ^

Vor der Kohlennot schützt uns kein Räte-
system und kein Ratesystem, sondern nur all-
seitiges Zugreisen. ^

Heutzutage sitzen die Schmiede unseres Glücks
in den Eisenbahnwerkstätten.



„Freie Bahn dem Tüchtigen" heißt heute erst
mal: freie Bahn dem Kohlenzug!



Im neuen Reiche kriegt jeder sein Recht,
aber auch seine Pflicht.

*

Haß ist immer ein Akrobatenkunststück des
Geistes: unnatürlich, aber meist gut bezahlt!

■k

Die einst goldene Internationale des Kapi-
tals ist zu einer papiernen geworden; sie kann
nicht mehr hoffen, die Welt zu beherrschen,
sondern höchstens sie einzuwickeln. T

Lieber Jacob!

Sintemalen ick von wejen Kohlenmangel in
meinen Betrieb leider »ich in de Lage bin,
>neine durch amerikanisches Mehl un norwe-
jische Tranheringe beinahe uff Friedensfuß
jestiejene kerperliche Impulsivität voll auszu-
nutzen, so habe ick mir noblenz koblenz uff
det jelstije Jebiet jeschmissen un beschäflije
mir seit einije Zeit mit anjestrengte filosofischc
Betrachtungen. Zum Beispiel stellte ick mir
det zeitjemäßigte Problem uff: Wat is Mille-
tarismus? Nach jloobwirdije Anjaben in de
Ententezeilungen zu urteilen, is det een deit-
schet Nazjonallaster, det in de alljemeene Mehr
flicht un in de Neijung besteht, seine Nachbarn
det Fell lose zu machen. Det Laster wird von
alle wirklichen un wahrhaftijen Kulturvelker
verabscheit, un zu seine Linderung bediene»
sich de Amerikaner de Tanks un de Franzose»
de Senejnlnejer. Diese Mittel sin riesig wir-
kungsvoll, un et is bereits jeluugen, dem Mille-
tarismus mit ihre Hilfe ausznrolten un Deitsch-
land zu eene eißerst jrindliche Abrüstung zu
veranlasse». Nu is aber een eißerst merkwir-
dijer Fall injetreten. Während nämlich in
Deitschland der Milletarismus verschwunden
is,> sieht et. so aus, als wie ivenn de wirkliche»
un. ivahrhaftijen Kulturvelker von ihn anje-
stochen sin. De Engelländer schicken janze
Armee» nach Rußland un flehren da mehr
oder wenijer jelungene Schlachten jejen de
Sowjetlruppen aus. De Kanonen donnern, de
Bajonette blitzen un de Minen fliejen hoch. De
Franzosen verstärke» inzwischen ihre Ristungeu
nach alle Rejel» der Kunst, un von de Ab-
schaffung der milletaristischen Wehrslichl darf

bei sie ja keene Rede »ich sind. Der Laie, t cr
keene Bildung nich jenossen hat, sondern mau
bloß seinen unjesundeu Menschenverstand be-
sitzt, kann nu villeicht jlooben, det et de En-
tente, in die de sämtlichen jarantiert echten,
wirklichen un ivahrhaftijen Kulturvelker von
de Fitschiinseln bis Feuerland orjanisiert sin,
mit de Abschaffung des Milletarismus ieber-
haupt nich Ernst jewesen is, un det det janze
Jerede man bloß Kohl, Mumpitz un Knaatsch
war. Aber wat 'n Filosof is, der kiekt alle
irdische» un himmlischen Bejebenheeten bis
uff'n Kaffeejrnnd un erkennt de innerlichen
Zusammenhänge. Er sagt sich foljendes. Wenn
de Engelländer de Russen veräppeln, denn
jeschieht det nich aus Kurasche, sondern aus
Augst, iveil se befirchten, det det dortiie beese
Beispiel ihr eijenes Proletarjat anstechen un
de keeniglich jroßbrilannischen Arbeeter zu Un-
botmäßigkeeten un Bejehrlichkeeten verfiehreu
kennte, llu bei det jlorreiche Frankreich is't
jradeso. Angst nn Bange sin de mildernden
Umstände, die dem Milletarismus veredeln!
Milletarismus mit Kurasche war 'n deitschet
Laster un verstieß jejen de biblischen zehn
Jebote, aber Milletarismus mit Schisse is
eene sojar nach Wilson seine vierzehn Punkte
erlaubte Tujend un wird von de echten, ieber-
zeigten, wirklichen un ivahrhaftijen Kultur-
velker noch immer jeflegt. Det mußte Dir
klarmachen, wenn De de internazjonale Laje
von '» sittlichen Standpunkt richtig jenießen
willst — verstehst«!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

8!edallionsschlus; 8. September 1919
 
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