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9935

Nur zwei Zigaretten

„Heute kostet der Wahre Jacob 50 Pfennig, Frau Sparsam!"

„Na, Jungens, dann raucht ihr heute je eine Zigarette weniger, damit
sind die 50 Pfennig beisammen und unser Jacob ist bezahlt!"

DobeiMne rT

Das Blut, das du im Haß vergießt.
Wird nimmermehr Erlösungssaft.
Was bauend dir im Hirne fließt,
Das ist die Kraft.



Wenn die Zeit gerät in Hitze
Und die Herzen schier gesotten,
Nimmt das Volk die Kampferspritze,
Hermeline einzumotten.

Wenn doch jeder mit Logik taten.

Mit Vernunft überzeugen könnte!

Aber mancher hält Handgranaten
Für leicht paßliche Argumente.
k

Die Gewalthaber in Paris sind bereit, auf die Auslieferungsliste
gänzlich zu verzichten, wenn man ihnen den deutschen Verbrecher, auf
den's ihnen ankommt und den sie bisher nur aus Schani noch nicht
näher benannten, ausliefern wird. Er heißt „Vater Rhein".

Die Türken spüren jetzt die Kralle
- Des Friedens, und vom Minarett

Ruft nun der Priester beim Gebet:

„Alles ist alle,

Und Mohammed war kein Prophet!"

k

»Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit — und selbst mit Kadiner
Kacheln ist sie nicht mehr zu renovieren.

k

Beim Genuß von diesem Maisgrieß
Wird dem Kinde wie dem Greis mies.

„Meinem Kolonialfritzen ist die Polizei jetzt feste auf der Pelle,"
erzählte meine Alte. „Das Hab' ick mir jedacht," sagte ick, „Er preis-
treibt es zu bunt." Dein getreuer Säge, Schreiner

Lieber Jacob!

Det opfermietije Betragen von den ver-
flichtigten Exkronprinzen hat uff meinen Jeistes-
zustand eenen tiefen Jndruck hervorjerufen.
Ohne Scham und Reie will er sich de En-
tente stellen, wenn se uff de Auslieferung von
alle anderen Missetä.ter verzichtet. Det hat
mich imponiert. Denn erstens ersehe ick dar-
aus, wat for 'ne erhabene Masse von Selbst-
achtung so'u man bloß beinahe jekreentes Haupt
schon besitzen tut, ivenn et der Meinung is,
det et von alleene so ville wert is wie een
jauzer Klumpatsch von mehr wie dausend
Kriegsverbrecher zusammen. Zweetens aber
zeigt der Mann ooch, det er helle is un eenen
voraussichtlichen Jberblick hat. Denn er voll-
brachte die kiehne Tat, bevor det er seinen
Papa um Erlaubnis jefragt jehabt hatte. Un
»u verbiet't ihm der de Ausiebuug seines
Opfermuts, un er erwirbt eenen Ruhmes-
kranz, ohne det er sich in Unannehmlichkeeten
stirzen braucht. Der „Reichsbote" nennt ihm
deshalb eenen zweeten Markus Curtius. Wer

der erste is, wußte ick bis jetz nich, aber
mein Jingster hat mir uffjeklärt, det det keen
jiedescher Mitbirjer, sondern een altertiem-
licher Jingling war, der sich mitsamt seinen
Jaul in een Loch von de reemische Kanalisa-
zjon, oder so wat ähnliches, jestirzt un sich da-
durch als eene unsterbliche Heldenfijur ersten
Ranges bewiesen hat. Ick kann mir nich hel-
fen, aber so ville Tichtigkeet un Kurasche uff
eenmal hat mir zur Nacheiferung uffjestachelt!
Wat Friedrich Wilhelm un wat Markus kann,
det kann ick ooch! De Sache mit den Kanali-
sazjonsschacht läßt sich allerdings nich aus-
siehren, indem det ick keenen Jaul nich habe
un so wat in Berlin ooch pollezeilich verboten
wäre. Aber dem Kronprinzen habe ick mir
als Musterbeispiel jenomme». Ick weeß zwar
noch nich jenau, ob ick uff de Liste stehe, denn
ick habe ihr nich bis zu Ende jezwungen.
Aber det is ooch piepe. De Hauptsache is,
det mein seliger Oller schon lange nich mehr
lebt, der mir wat verbielen kennte, un de En-
tente also janz sicher jetzt, det ick keene Aus-

rede nich jebrauchen werde. Un wenn ick nich
druffstehen sollte, denn muß det Opfer eenes
jarantiert Unschuldije» noch desto Hetzer taxiert
werden. Ick jloobe also nich ausverschämt zu
sind, wenn ick verlange, det de Entente nich
bloß uff det janze iebrije Sortiment verzichtet,
sondern ooch noch zehn Fund Butter zujibt,
die an meine verwaiste Familje zu liefern
sind. Zu verseimen habe ick ja oogenblicklich
nischt, denn unser Betrieb steht von wejen den
bliehenden Kohlenschleichhandel leider noch
immer stille, un vor det franzeesche Kittchen
habe ick keene Bange nich. Jeheizt wird sind,
un de Verflejung is janz bestimmt nich be-
lemmerter wie bei mir zu Hause. Also habe
ick jleich heile eene Postkarte an Millerand'n
jeschrieben un meine diesbezügliche Offerte
jemacht. Ob der „Reichsbote" mir nu als
Markus Nummro drei ernennen wird, sollte
mir wundernehme».

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Nauke,

an 'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.

5ln unsere geehrten Leser

ein Blitz aus heiterem Himmel trifft uns heute die Nachricht, daß das für den wahren Jacob zu verwendende Papier
| f / wiederum einen Preisaufschlag von unerhörter höhe erfahren hat mit sofortiger Wirkung, wir nahmen nach
sorgfältiger Kalkulation an, daß mit einem Aufschlag von 10 Pfennig auf die Nummer auszukommen sei, das ist aber
nach den neuesten Vorgängen auf dem Papiermarkt ganz ausgeschlossen,' wir sind gezwungen, von dieser Nummer ab einen
Aufschlag von 20 Pfennig zu erheben, den Verkaufspreis der Nummer also auf 50 Df gnmn festzusetzen. Ls wird nun an

unseren langjährigen Abonnenten liegen, dem wahren Jacob auch fernerhin __ die Tür zu öffnen, ihn in

dieser für das gesamte Zeitungs- und Zeitschriftengewerbe schwersten Zeit nicht im Stiche zu lassen, wir hoffen das
aufs zuversichtlichste, bauend auf die achtunddreitzigjährige Arbeit, die uns mit den Parteigenossen verband, gemeinsam mit
ihnen einem Ziele zustrebend, die Befreiung der arbeitenden Massen aus dem Joch des Kapitalismus und Monarchis-
mus. Dieses Bündnis kann jetzt, im zweiten Jahr der erfolgreichen Revolution, nicht zuschanden werden und wird es auch nicht
werden, darauf glauben wir fest bauen zu können. Der Verlag des wahren Jacob
 
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