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10008

♦ Trotz alledem! ♦

Sic spien Galle rings und Gift
In Stadt und Land, in Wort und Schrift.
Den Nebel zu verbreiten,
war ihrer Weisheit letzter Schluß.

Schon schmunzelte manch Pfiffikus —
wie dumm, daß man nun sehen mutz:
Die Noten reiten!

Sie schlugen alles, was da rot,

Tagtäglich töter noch als tot
wie in den schönen Zeiten,

Da Willem noch das Zepter schwang
Und stündlich ein Hurra erklang —

Jetzt stehn sie bleich und schreckensbang:
Die Noten reiten...

Uneinig, auf verschiednem Pfad,

Sah man das Proletariat
Zum gleichen Ziele schreiten;

Der Führer und der Nämpfer Schar
Im Nruderkampf zersplittert war.
Und dennoch wird's der Nechten klar:
Die Noten reiten.

heut reiten sie daher getrennt.

Doch hat auch das einmal ein Tnd'.
Dann brennt aus trocknen Scheiten
Der alten Zeit Autodafe;

Dann siegt, trotz allem Ach und Weh,
Die sozialistische Idee —

Die Noten retten! Oer Wahre Jacob

Zur Huöker-Yilse

von Ferdinand Madlinger
O

Ich will die Leier heute ernsthaft schlagen,

Und dithyrambisch soll mein Sang erklingen,
Ez gilt, den wackern chuäkern Dank zu sagen,
Die unser» Uleinen gute Gaben bringen;

Die deutschen Uinder, die mit Hungers chualen
De; kaiserlichen Rriegswahns Zeche zahlen,
hat ihr Erbarmen hilfsbereit genährt,

Und selbstlos ihrer schlimmsten Not gewehrt.

wir haben häufig schöne Trosterworte,

Der Mitleids voll, aus Zeindesmund vernommen,
Doch tät'ge Hilfe Ist von keinem Grte,
wenn nicht für schweres Geld, uns zugekommen.
Lloyd George schickt Bibelverse, Frankreich
Neger,

Der Yankee schlechten Speck, nnd nur der chuäker
hat sich zn edlem wohltun aufgerafft
Und, statt zu schwatzen, Linderung geschafft.

Ja ja, er ist bequem und Sutzerst billig,

Sein Christentum in Worten zu bekunden,

Die Nächstenliebe wird nur widerwillig
Zn; Werk gesetzt und meist als Last empfunden.
Die Glaubenrbriider unsrer Uonfesstonen
Im ganzen Ureis der feindlichen Nationen,

Sie haben im Sewiffen nichts verspürt
Und, uns zu retten, keinen Urin gerührt.

Der völkerhah benimmt uns oft den Glauben,
Sah wahre Christen noch auf Erden w»ndeln,
wenn alle ringsum Wut und Rache schnauben,
Bedarf er Muts, um christengleich zu handeln;
Dank drum, euch AuSkern, die getreu geblieben
Der hohen Vorschrift, auch den 5eind zu lieben,
Sin pfiichtgebot, dar der normale Christ
Im Erdenwallen nur zu gern vergißt!

Von Schule und Bildung

Viele Oberlehrer stemmen sich nur deshalb
so erbittert gegen die Ausscheidung der Un-
begabten von den höheren Schulen, weil die
Begabten keiner Nachhilfestunden bedürfen.

k

Könnte eineBegabtenauslese mit rückwirken-
der Kraft geschehen, welch grotesker Titanen-
sturz von der Leiter der Beamtenhierarchie!

k

Die Korps- und andere Bierstud enten schreien
am lautesten gegen die „Verpöbelung" der
Wissenschaft. Sie sehen sich schon durch die
Studentinnen, die den gelehrten Krimskrams
eifriger schlucken und rascher verdauen, schwer
in den Schatten gestellt und fürchten weitere
Schädigung ihres Ansehens durch die unver-
brauchten Proletariersöhne.

k

Weniger aus Neid bekämpfen die höheren
Staatsbeamten das Eindringen des Prole-
tariats ins Studium, als aus Angst, es könnte
jetzt publik werden, wie wenig zu den Examina
gehört, auf die sie ihren Anspruch auf be-
sondere Ehrfurcht gründen.

k

Was nennt man ein wissenschaftliches Gigerl?
Wer gescheiter schreiben will, als er ist; eine
in Deutschland weitverbreitete Spezies.

k

Wozu die ausgedehnte lateinische und grie-
chische Terminologie in der Wissenschaft, die
ihr den Charakter einer Geheimlehre verleiht?
Erstens, weil sich mit schlichten Worten weder
so dicke noch so teure Bücher schreiben lassen,
zweitens, weil es dann jedem Ungelehrten ge-
geben wäre, so gescheit zu werden, wie die
Gelehrten — scheinen möchten.

Pankraz Btttermaul

Der echte Gymnasiaste

Stolz trägt die bunte Mütze
Er auf dem Jungenkopf,
Darin ist wenig Grütze,

Doch desto mehr im Topf.

Er wird dereinst Affesser,

Zum Kerrschen vorbestimmt.

Schon jetzt versteht viel besser
Er den Negierungszimt.

Er sprudelt dicke Phrasen
Von alterprobtem Reiz,

Schimpft auf die Lakennasen
And trägt das Lakenkreuz.

Einst möcht er uns verwalten.

Dann Leil der Nation!

So dämlich wie die Alten,

So dämlich ist der Sohn. Cec.

Abwechslungsliebend

Die Wally vom „Landsknecht", einer Stu-
dentenkneipe, erzählt, sie habe das erste Mal
zur Nationalversammlung Spartakus, bei
den Landeswahlen deutschnational und
jetzt Zentrum gewählt. „Warum so ver-
schieden?" fragte eine Kollegin. „Weißt du,
ich wähle immer wie mein Verhältnis. Der
erste war ein russischer Student, der zweite
ein Graf, und jetzt gehe ich mit einem von
einer schwarzen Verbindung."

Zielbewußt

Ein Bahnarbeiter hatte seine unpolitische
Ehehälfte so weit aufgeklärt, daß sie wußte,
sie habe rot zu wählen. Am Abend vor dem
Wahlgang kam der Mann zu spät heim, und
es gab einen ehelichen Zwist, in dessen Ver-
lauf die erregte Gattin in dem höchsten Fistel-
tou kreischte: „Marge isch Zahltag! Rechts
werd gewählt!"

Einer, der geschlafen hat

In seinem Garten steht der Naz und liest
die Raupen vom Apfelbaum. „Komm mit,
Sepp, wählen!" ruft ihm ein vorbeigehender
Bekannter zu. „Naa, desmol no net," gibt der
Sepp zur Antwort, „ich wähl erscht bei der
Stichwahl!" Nikolaus Klotzhubcr
 
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