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-- 10088

❖ Sparen! ❖

„Jetzt hebt das große Sparen an.
Weil man sonst nimmer weiter kann.
Zieht nur das Schmerz-Register!"
Mit hocherhobnem Finger steht
And spricht sein Sparsamkeits-Gebet
Der Reichsfinanzminister.

„Ihr lieben Leute, schränkt euch ein.
Bringt dieses Opfer, groß und klein.
Dem Vaterland, dem — teuer«!

Wir sparen jetzt, weil's Bürgerpflicht.
And nur an einem spart man nicht:

An den geliebten Steuern."

Zu spät! Spart man auch hie und da, —
Es bleibt der Frau Germania
Ein Nöcklein, arg zerschlissen.

Sie sriert, vom Wintersturm umbraust.
Weil es dereinst des Krieges Faust,
Gepackt, gezerrt, zerrissen.

Deckt über 's arme Vaterland
Das sozialistische Gewand!

Sonst wird es trist und trister;

Sonst wird die Blöße ossenbar.

And man „erspart" am Ende gar
Den — Reichsfinanzminister. Der Wahre Iac-b

Ernst Klaar f

Nun ist wiederum einer von den Alten dahingcgan-
gen, der mit feinen Eeistcsgaben, ähnlich wie Max
Kegel, die Arbeiter aus dem Alltäglichen erhoben und
ihnen Mut und Zuversicht auf den endlichen Sieg der
Sozialdemokratischen Partei in begeisternden Gedichten
eingcflößt hat. Ernst Klaar wurde in den neunziger
Jahren des verflossenen Jahrhunderts, nachdem Kegel
in die Redaktion des Wahren Jacob eintrat, Hauptmit-
arbeiter des Süddeutschen Postillons, und nach dessen
Verschmelzung mit dem Wahren Jacob Mitarbeiter des
letzteren bis zu seinem Tode. Wir danken ihm für seine
Treue, mit der er der Redaktion zur Seite stand, und
«erden seiner jederzeit in Liebe gedenken. Noch kurz
vor seinem Tode sandte er uns das nachstehende Ge-
dicht, das ein prächtiges Bild von den dichterischen
Eigenschaften des Verfassers gibt.

Welten-Chaos

Über der Erde
In lodernden Gluten
Wild tobender Brand!

Verwüstet das Land,

Zerstört die Herde —

Und Völker verbluten!

Ein Weh und Leid millionenfach!

Und alle Laster frei —

Habsucht und Tyrannei,

Brutalität und Mord —

Alles in einem fort!

Doch unter trügender Decke glimmt
Heimlicher Funke, glühend rot.

Zuckende Fäuste ball'n sich ergrimmt,

Lippen beben von bleicher Not.

Sehnend suchen sich schwielige Hände,

Heimliche, züngelnde Feuerbrände
Sprengen die Decke mit Macht, mit Macht —

Sie birst und kracht I

Himmelhoch steigen die jauchzenden Flammen,
Eine Welt bricht in Schutt zusammen!

Dumpfe Kräfte, gefesselt, gebüttelt,

Bleiche Sklaven, geknechtet, geknüttelt,

Regen sich frei,

Stürzen die Tyrannei,

Schlagen das Alte und Morsche in Scherben,

Sind der Neuzeit mächtige Erben,

Brechen die Throne und brechen die Kronen,
Künden Untergang allen Drohnen,

Stürmen wider das Kapital,

Wetzen und schleifen den blanken Stahl.

Eine Welt ist erwacht
Aus tiefer Nacht.

Und purpurn will uns ein Morgen werden
Auf der kettenbefreiten Erden!

Ein Schöpfnngstag
Ist leuchtend entglommen,

Wie Wetterschlag
Jst's über uns kommen I
Ein Brausen und Gären,

Dann wird sich's klären.

Dann werden sich sonnige Inseln heben
Mit flutendem Licht und lachendem Leben,

Und aus dem lodernden Weltenbrand
Steigt herrliches, leuchtendes Zukunftsland!

Ernst Klaar

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’J.Ü&dif*.’-ZJTg/z, JidcAf. Q.mLKZ.

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in ötuttgad, jüpßacfyip. 75,.

Adolfs Abschied

flöolf Hoffrnann geht nach Moskau. Oie „Post" fordert,
daß ihm die Ausreise verboten werde

..Post":

will sich adolf ewig von uns wenden,

wo dis Spv mit rauhen kjänden

Nach des Reichsbahn; schwankem Kuder langt?

wer bedrängt sie aus der Unliste» Seite,

wenn »NS aus der rechten vor der Pleite

Und des Schicksals düstrer Kache bangt?

Kdolf:

Teure „Post", gebiete deinen Träne»!

Hin nach Moskau geht mein feurig Sehnen,

Und mein arm regiert von dort Berlin.
Kämpfend für des Terrors »die Götter
Komm ich wieder einst als Deutschlands Netter
flrm in an» mit Trotz!» und Lenin.

..Post":

ach, mein adolf, stotz nicht ab den Nachen!
wer denn soll hier deine Witze machen,
wenn die SPD der Haber sticht.

Sieh, wir stehen hilflos auf der Szene.

Lieber adolf, last uns nicht allcene.

Bleibe bei uns, adolf, wandre nicht!

Kdolf:

all mein Sehnen will ich, all mein Denken
Sn der Moskwa blutigen Strom versenken —
aber meine stille Liebe nicht,
lforch, Sinowsew ruft mir aus der Ferne.

Dir auch, Postchen, blüht einst die Laterne —
adolfs Liebe stirbt In Moskau nicht. Ter.

„Kriegsmaterial"

Die Entente verlangt die Vernichtung sämtlicher in
Deutschland vorhandener Dieselmotoren. Das ge-
schielst nicht etrva, wie Böswillige vielleicht vermuten,
um die konkurrierende deutsche Industrie zu lähmen,
sondern weil die Gefahr besteht, daß die Motoren zum
Bau von Unterseebooten verwendet werden könnten,
und weil sie daher zu dem Kriegsmaterial gehören, das
nach dem Versailler Frieden zu zerstören ist.

England verlangt die Vernichtung sämtlicher in
Deutschland vorhandener B aumw o lIst o ffe. Das ge-
schieht nicht etwa, um die deutsche Konkurrenz zu schä-
digen, sondern weil die Gefahr besteht, daß aus den
Bannlwollstoffen Fußlappen für die deutsche Infanterie
hergestellt werden, die Stoffe also zu dem Kriegsmate-
rial gehören, das usw.

Frankreich verlangt die Auslieferung sämtlicher in
Deutschland noch übriggebliebener Milchkühe. Das
geschieht nicht, um die Ernährung Frankreichs auf Kosten
des hungernden deutschen Volkes zu verbessern, sondern
weil die Gefahr besteht, daß die Kuhmilch zur Nahrung
fllr männliche deutsche Säuglinge verwendet wird, diese
aber einst zur Verstärkung der deutschen Heeresmacht
dienen könnten. Also gehören die Milchkühe zu dem
Kriegsmaterial, das usw.

Polen verlangt die Übergabe der Gebiete um
Allenstein und Maricnwerdcr. Das geschieht
nicht, um sich gegen den Willen der ansässigen Bevölke-
rung deutschen Grund und Boden anzueignen, sondern
weil die Gefahr besteht, daß auf diesen Territorien heim-
liche Befestigungen angelegt werden, die eine kriegerische
Bedrohung für den friedliebenden polnischen Staat be-
deuten könnten. Armin

Achtung

Nächtlich durch der Hauptstadt Straßen
Schleicht der edle Graf Pumpinsti,

Groll int deutschen Männerbusen,

Denn die Zeiten sind verteufelt.

Ha, wie herrlich war's doch früher
Unterm Gottesgnaden-Kaiser,

Als er stand noch bei der Garde
Und Rekruten durfte schinden!

In den Bauch trat er die Kerle,

Hieb sie in die freche Schnauze,

Dann ging er zu Sekt und Austern
Oder schlafen zu den Mädels.

Wiederum nach irdischen Gütern,

Steht der Sinn des Hochfeudalen,

Doch vorher die Roten stürzen
Und den Thron aufs neu errichten!

Sitzt erst wieder einer droben.

Ist auch i h m gefüllt die Krippe.

Drum zur „Orgefch" schleicht der Edle —
Henkertaten zu vollbringen. Kl

i Dcr britische Sozialismus der Gegenwart (1910 1920). von ITT. Beer. Preis IN. 5.—
aktuellen Schriften: \ Zowjet-Nlchland in 5cr Wirklichkeit, von t>r. £. Galin. Preis IN. 6.—
 
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