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Der Dank vom Lause Foch

Foch: Hier wird nichts gegeben. Wir unterstützen nur Sieger!

Iioüelfpäne ra

O Tannenbaum, o Tannenbaum.

Wie grün sind deine Blätter —

Doch warum hängt kein Schieber dran.
So ’it rechter, frecher, fetter?

Er schmückte glänzend dich, gleichviel.
Ob Jude oder Arier,
lllnd oben an dem höchsten Ast
Ein wuchernder Agrarier.

Dann täte noch einmal so froh

Mein Weihnachtslied erschallen-

D Tannenbaum, o Tannenbaum,

Das könnt' mir sehr gefallen.

-X

Alt Danzig haben zu viele Ärzte herumgedoktert; darum befindet es sich auch in
so miserabler „Verfassung".

Wilhelm der Letzte hat sich eine Tischlerwerkstätte nach Doorn schicken lassen, weil -
er sich in seinen zahlreichen Mußestunden früher schon mit diesem ehrsamen Hand-
werk beschäftigte. Nun wird mir wenigstens klar, woher es kam. daß er uns so sach-
gemäß geleimt hat.

*

Kinder. Kinder, lernt aus Sachsen.
Daß nicht die polit'schen Bäume
Wie die theoret'schen Träume
Jir den blauen Himmel wachsen.
Iminer hübsch auf Erden bleiben
Und das ird'fche Handwerk treiben
Und der Feinde Hochinut dämpfen,

Statt — sich selber zu bekämpfen I
Die da Not- und Leidgenofsen.

Sei'n auch Kampf- und Streitgenossen —
Ihrer wird das Weltreich fein.

Blickt auch Moskau närrisch drein ...
Einigkeit ist Grund des Baus.

Kinder. Kinder, lernt daraus!!

*

Mein Freund Ede fragte mir. wat die Entente zum Schicksal Wrangels und des
wackeren Veniselos gesagt habe. Ick erklärte: „Wahrscheinlich bloß: das is ja 'ne

fcheene — Beschickung!" . _ .

Dein aetrener Saac. Schreiner

Vom Idealismus

Merkwürdig, wie immer die gröbsten Materialisten
den andern zuni Idealismus raten. Und wie sie über
Versumpfung zetern, wenn diese andern sich cinfallen
lassen, ihnen den Materialismus nachzumachen.

*

Zweifellos vermag ideale Gesinnung das Menschen-
herz glücklich zu machen; aber ebenso zweifellos ist, daß
im Schatten des Idealismus die schlimmsten Mißstände
großwachsen können. ^

Vor jenem Maul- und Fassadenidealismus habe ich
wenig Respekt, den einer brühwarm von Schule oder
Universität bringt. Ls kommt auf jenen Idealismus an,
den man im Leben erhärtet und durchgehalten hat. Nicht
das Bekennen mit dem Munde ist das ethisch Wertvolle,
sondern das Erkennenlassen durch die Tat.

k

Reiner Idealismus setzt eine weitgehende Leichtigkeit
der äußeren Umstände voraus. Er wäre so recht ein
Lebcnsweiscr für amerikanische Milliardäre.

*

Gewiß gehört dem Idealismus unsere ganze Liebe,
aber er ist ein siißberauschendes Getränk, das eine
schwache wirtschaftliche Konstitution umwirft.

k

An der Strippe des Idealismus haben die Kapita-
listen uns gehalten, haben die Monarchen uns gezügelt.

k

Idealismus sowohl wie Materialismus sind als Ex-
treme ohne praktische Tauglichkeit. Für die Mehrzahl
der Sterblichen liegt die Tugend auch hier auf der gol-
denen Mittellinie. ^

Die englische Politik strebte immer danach, mit allen
Völkern Handel zu treiben; die deutsche schien es mehr
darauf anzulegen, mit allen Händel zu haben.

k

Die „Kerls", die einst die allerhöchste Indignation
erregten, weil sie „auch noch" Diäten wollten, hätten
jetzt eine schöne Gelegenheit zur Revanche, indem sie zu
den Hohenzollern sagen könnten: „Was, Abfindung wol-
len die Kerls auch noch?" Aber in den heil gen Hallen
l>es Reichstags kennt man scheint's die Rache nicht.

Pankraz Bittermaul

Zeitgemäße Namensänderung

Wilhelm der Letzte hat angeordnet, daß seine Familie
statt des etwas in Mißkredit gekommenen Namens
„H o h e n z o l l e r n" in Zukunft den zutreffenden Namen
,.H o h e n f ch i e b e r" führen soll.

Zur Waffenabgabe

Auf zahlreiche Anfragen aus deutschnationalen und
kommunistischen Kreisen teilen wir mit, daß nach unseren
Informationen Revolverschnauzen nicht dem Ab-
lieferungszwange unterliegen. Eie können von ihren Re-
sitzern ohne Furcht vor Strafe behalten und zur Erheite-
rung der Mitwelt jederzeit in Tätigkeit gesetzt werden.

Lieber Jacob I

Wat mein Freind Edeward is. det is een Charakter,
der sich ejal pollitisch konsequent entwickelt un mit de
Zeitstreemungen mitjeht, vastehste. Un uff diese Eijen-
tiemlichkeeten is er janz besonders stolz. Fimfun-
zwanzig Jahre waren wir beede zusammen in de Par-
tei jewesen, aber wie de Spaltung vollfiehrt wurde, da
schloß er sich de Unabhängijen an, weil er meente, det
de Zeitstreemung un de konsequente pollitesche Entwicke-
lung det verlangen täte. Ick hatte bis insoweit ooch
nischt jejen, denn ick bin de Meinung, det jeder seine
innerliche Iberzeijung freie Luft lassen misse, un ick
sagte: „Edeward," sagte ick. „werde du Uzi. ick bleibe
Sozi, un ick jloobe. an't Ende von de Tour treffen wir
beede doch noch mal zusammen!" Aber er lehnte diese
Zukunftstreime ab, schiinpfte mir „Bluthund" un jing
seine Weje.

Als ick ihm denn nach Jahr un Dag jclejentlich nial
wieder bejejcnte un ihm fragte, wie et ihm in seine
ncie Partei jefiele, sagte er: „Ick freie mir bloß, det ick
de Zeitstreemung noch fcieh jenug erkannt jehabt un de
konsequente pollitesche Entwickelung Rechnung jedragen
un mir von de Bluthunde losjeleest habe." Diese wieder-
holentliche Beleidijung meiner Partei verbat ick mir
nu aber janz entschiedenst, wodruff er beruhijend er-
widerte : „Ick meene ja nich dir mit. ick meene man bloß
de Unabhängijen. Wat det for Bluthunde sind, det habe
ick erst richtig injeschen. seit ick bei de Kommunisten or-
janisiert un revoluzjonärer Betriebsrat jeworden bin."
Ick stand da wie Nulpe un wollte mir jerade verwun-

dern. aber er ließ mir keene Zeit nich. sondern drehte
mir mit jeringschätzije Hochachtung seine Schattenseite
zu un verduftete.

Ick hatte Edeward'n all beinahe aus det Zedächtnis
verloren, wie ick neilich uff de Skalitzer Straße jehe, un
eene vermnnnnelte Jestalt mit die Irabesteene uff mir
zutritt: „Kennste mir nich mehr oder willste mir nich
kennen?"

„Edeward!" rufe ick. „Mann Jottes. wat haben se
mit dir anjestellt? Dem janzen Kopp bewickelt un det
Jesichie verklebt wie een zerbrochener Nachttopp I"

„Diese Bluthunde, diese verfluchten!" drillt er. „bei
de Betriebsräteversamnilnng in 'n Sportpalast war ick,
un da sind de pollitisch indifferenten Arbeetslosen in-
jedrungeu un haben uns vertobakt. Det is Hausfrie-
densbruch, det is 'ne Jemeinheet, det is 'ne unsoziale
Handlung!"

„Ick habe det Maleer in de Zeitung jelesen." suchte
ick ihm zu treesten, „et war een jlorhaftes Jefecht, un
hu trägst deine Wunden in Ehren." .

„Den Deibel trage ick!" stehnte Edeward. „vier Lecher
im Decz haben je nur uff de Unfallstazion zujenäht, un
det Maul verklebt, det ick acht Dage nischt fressen un
saufen konnte!"

„Mir scheint. Edeward." entjejente ick, „det de geit-
streemung dir manchmal ieber schmerzliche Knipxel-
dännne sichren tut. Nu wird dir woll in deine kon-
sequente pollitesche Entwickelung nischt anderes iebrig.
bleiben, als wie in de Fabrike zu kindijen un dir bei de
pollitisch indifferenten Arbeetslosen zu orjanisieren?"

„Olles Duffelvieh!" schrie Edeward. „ick weeß ieber-
haupt nich. wat du immer mit deine dämliche Zeitstree-
mung un deine bleedsinnije pollitesche Entwickelung
hast! Wenn de nich wieder dem letzten Zahlabend in 'n
Wahlverein jeschwänzt hättest, denn wirdest de mir an-
jetrossen haben. Ick bin wieder Jruppenfiehrer in unsere
olle Abteilung."

„Ra also!" rief ick erleichtert aus un wäre meinem
ollen Freind in de Arms jesunken. wenn er nich zu sehr
nach de Aptheke jestunken jehabt hätte. So drickten wir
uns bloß schweijend de Floße un bejaben uns mit eene
Träne der Riehrung in unsere Stammbudike, wo ja
jctz Jott sei Dank wieder friedcnsähnliches Bier ver-
zappt wird. Aber janz det richtije is et doch noch nich!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein jetceicr
Iotthilf Nnilkc,
an 'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.

Redatltonslchlub 6. Dezember ismo
 
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