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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 38.1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.6706#0035
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10161

„Sollte sich Deutschland weigern zu bezahlen, dann schicke» Sie mich nur
über den Rhein, — ich kassiere!" lFortsetzung siehe Rückseite)

8L ftobelfpäne LT

Ein Fuchs sitzt wieder in der Faller
Herr Kerkhoff zieht ein flau Gesicht.
Und Helfferichen schwillt die Galle:
Ihm paßt das nicht.

Er hat so herrlich deklamieret
Vom Sumpfe der Nevolution —
Hat nun doch rechts sich etablieret
Die Korruption?

Was tut's? Er wird den Neinfall rächen.
Und zornig feine Presse schnaubt:

„Was links ein dreckiges Verbrechen,

Ist rechts erlaubt!"

Unser« Agrarier beten jetzt: „Wilhelm unser, der du bist in Holland, geheiligt
werde wieder dein Name, zu uns komme deine Reaktion, deiner Landräte Wille ge-
schehe in Preußen, also auch im Reich, teures Brot gib uns heute, bringe uns nicht
in Versuchung, billig zu verkaufen, vergib uns unsre Schuld vom 9. November wie
wir deine vergeben, erlöse uns vom silbel der Demokratie, unser werde wieder Macht
und Herrlichkeit. Amen." ^

Bon rechts und links hat es gewittert.

Manch schwankes Stämmlein brach der Sturm.

Doch standhaft blieb und unerschüttert.

Als Schutz, und Trutzwehr, unser Turm.

Von seinem Dach ward keine Zinne,

Aus seinem Bau kein Stein getrennt.

Denn in des Volkes Herz und Sinne
Senkt er sein sichres Fundament.

*

Gelegentlich des Ausfalls der preußischen Landtagswahlen richtete der
Vorstand der Deutschnationalen Volkspartei ein tiefempfundenes Danktele-
gramm an seine treuesten und wirksamsten Wahlhelfer, die Herren Lloy d George
in London und Briand in Paris: Beide sollen zu Ehrenmitglieder» der Partei
ernannt werden. *

Meine Aujuste fragte nach dem Grund für die Hungersnöte in Rußland. „Das
kommt daher," erklärte ick. „weil dort jetzt nur die Spaltpilze jedeihen."

, Dein getreuer Säge, Schreiner

Von der Pariser Konferenz

Der geigende .tzohenzoller

Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen ha'
zum Besten des deutschnationalcn Wahlfonds ein Vio-
linkonzert in der Berliner Singakademie gegeben.

Die von Seiner Königlichen Hoheit bei dem Konzert
benutzte Geige trug statt der sonst üblichen F-Löcher
zwei eingeschnittene Hakenkreuze, und auch das Pro-
gramm war dem monarchistischen Zweck stimmungsvoll
angepaßt. Es begann mit der erhabenen Zollernhymnc
„Heil dir im Siegerkranz, Herrscher des Vaterlands"
und endete mit dem schlichten Volkslied: „Ach du lieber
Augustin, alles ist hin, hin, hin!" Arminius

Aus Ostpreußen

„Alio der PoNzcthund bat den Schulmeister verbellt,
dieser Schlingel hat die foziaidemokratische Stimme ab-
gegeben. — Ich werde der Schule das Heizmaterlal ent-
ziehen, dann kann er sehen, wo er bleibl."

Hakenkreuz und anderes

Da man das Ding zuerst gesehn,

Llieb männiglich in Andacht stehn,

Tiefsinnig fragend: „was bedeut'ts?"

Doch darauf schwieg das Hakenkreuz. *

Bekanntlich ziert es auch den Christen
Ms Fetisch gegen Bolschewisten.

Indessen zeigt ein neuer Bund
Dar weihe Ureuz auf rotem Grund.

Gebrauchtest je du Schweizerpillen,
wird sich sein Ursprung dir enthülle».

Auf ihren Schachteln längst bereits
Erscheint auf rotem Grund ein Ureuz.

So klärt sich denn das Phänomen.

Und noch viel besser mutz es gehn

Ais sonst, verstopft flch mal dein Wanst,

Nimnl's nur — und sei gewiß: d» kannst. C-c.

Lieber Jacob!

Ick verstehe de Franzosen »ich. Wenn ick lese, wat se
sich da in ihre Pariser Beschlisse ansjedacht haben, denn
niacht mein Bräjcn unwillkierlich Feierabend. Wat soll
det zum Beispiel Heeßen, det de Deitschen so un so ville
Ioldmilljarden un so un so ville Prozent von de Aus-
fuhr zweeunvirzig Jahre lang an Frankreich abliefern
missen? Wat denken sich de Franzosen, wat nachher
wird, wenn de zweeunvirzig rum sind? Denn wollen
se doch ooch leben? Aber von wat? Wer sich erst mal
dran jcwehnt hat, uff andere Leite ihre Kosten sich
jratis zu amisieren, der kann det nich mehr lasten un
stehlt sich tiefbelemmert, wenn de Knöppe uff eenmal
ausbleiben. Un jloobt villeicht een eenzijer verständijer
Pollitiker, det de Deitscheil später noch freiwillig wat
berappen werden? Wer de anjcborene Boshaftigkeet
dieses Volkes kennt, der jloobt det nich! Also wenn de
Franzosen bloß ’n kleenet bißkcn anschläg'scher wären,
denn hätten se det mit de zweeunvirzig Jahre iebcr-
haupt nich jcmacht, sondern cenfach mit dem sie cijenen
Rationalstolz erklärt: „Det siegreiche Frankreich
nassauert bei Deutschland for ewig!" Det wäre
nobel, jroßziegisch un imposant jewesen un hätte 'ne
scheene Inschrift for Briand'n sein zukimftijes Denk-
mal abjejeben

Aber noch een zweeter Punkt is mir schleierhaft je-
blieben. An de Entente-Beratungen durfte Deitschland
nich teilnehmen, aber de Beschlisse wurden ihm mit-
jeteelt, damit et sich danach richten kann. Is da nu bei
den bekannten heemtick'schen Eharatter der Deitschen
nich zu befirchten, det se ooch de unmeeglichsten un un-
wahrscheinlichsten Beschlisse glatt ausfiehren werden,
bloß aus dem hinterlistijen Jrunde, det de Franzosen
keene Ielegenheet nich finden, det Ruhrjebiet zu besetzen
un de Rheinprovinz for immer zu schlucken? Det is
doch klar wie Klosbriehe, un diese drohende Iefahit
hätte sich janz cenfach dadurch vereiteln lassen, det man
ieber de Pariser Beschlisse ieberhaupt keene Mit-
teilungen nich jemacht un et de Deitschen kalt-
lächelnd ieberlaffen jehabt hätte, selber de Verantwor-
tung zu iebernehmen un de Foljen zu trajen, die sich
aus de Richtbefoljung der jeheimen Beschlisse erjeben.
Det wäre diploinat'sch jewesen un det hätte dem Jeist
des Versailler Friedensvertrags entsprochen. Ick muh
mir — unter uns jesagt — schwer wundern, det aus-
jcrechnet icke erst de franzeefchen Staatsmänner uff
diese selbstverständlichen Mäßcejelungen mit de Reese
druffstoßen muß! Aber villeicht läßt sich det Verseinitc
noch nachholen?

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein jetrcier
Iotthilf Ranke,
an ’» Iörlitzcr Bahnhof, jleich links.

3u beziehen durch die Expedition des wahren
Jacob, Stuttgart, Znrtbachstraße 12:

PH ■ LI PP

SCHEIDEMANN

PREIS 30 MAR Ei
 
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