10164
Kleine Anfrage
Och möchte bloß das eine wissen,
Gb die auch zünftig zahlen müssen,
Sie uns so blöd und unbedacht
On diesen tiefen Sumpf gebracht?
Gb man auch öie feuüalen Herren,
Sic über -eöe Steuer plärren,
Sie ihnen veutschianös Not erpreßt,
On erster Linie zahlen läßt 7
Gb man es wagt, öen Hohenzollcrn
Sie Millionen hinzubollern,
Sie diese Sippe unbelehrt
vom ausgcsognen Volk begehrt?
Gb man das Weitcrfchlemmcn öulöet
Sec Lumpen, die öen Krieg verschuldet,
Onöes der Mann, der nichts besitzt,
0» schwerer Zron für Frankreich schwitzt? S- m.
Die Land
ikius dem Dunkel öffnet eine Land
Schmerzgespreizte, zitternde Gelenke.
Gebt, ihr könnt, damit ich euch beschenke.
Bebt ein Ruf, verquält, tonabgewandt.
Wer sich in Besitz und Fülle fand.
Zögert, daß er jenes Rufs gedenke.
Scheut, daß er zu seinem Grunde senke
Des Gedankens prüfenden Verstand.
Fühlt er nicht sich innerlich ergraust
Durch den heißen Ruf in kalten Gassen,
Von der Macht der Finsternis umhaust?
Wagt er warmen Drucks die Land zu fassen?
Nein! And sieht er sie geballt zur Faust,
Zittert feige er vor ihrem Lassen.
Walter Böhr
Einigkeit und Recht und Freiheit
Aus einer Wahlversammlung der Deutschen
Volkspartei im dunkelsten Deutschland erhalten
wir nachstehenden Bericht: Die Anwesenden
singen stehend das Lied „Deutschland, Deutsch-
land über alles". Der Vers „Einigkeit und
Recht und Freiheit" wird wiederholt, worauf
der Referent das Wort ergreift.
Meine Damen und Herren! Einigkeit und
Recht und Freiheit! Diese drei gehören zu-
sammen. Der Staat, was sage ich: die ganze
Welt ist in Gefahr! Man will uns unsere
Freiheit nehmen! Wir sollen nicht
mehr wie bisher die Freiheit
haben, in Handel und Industrie
zum Wohl unseres Volkes un-
seren Profit zu ziehen. Wir sollen
nicht mehr die Freiheit haben,
herrlich uiib in Freuden zu leben,
und so der ganzen Welt den Be-
iveis zu geben von deutschem
Fleiß und deutscher Tüchtigkeit.
Unsere Freiheit über alles! —
In Anerkennung der Gefahr
haben die Unternehmer unserer
Stadt tausend Mark m den
Kampffonds unserer Partei ge-
spendet. Wo, so frage ich, >vo
gibt es in der ganzen Welt einen
einzigen Proletarier, der soviel
für dieFreiheit übrig hat? Meine
Damen und Herren! Wo soviel
Opferfreude und Freiheitssinn
besteht, da haben wir bereits
die herrlichen Zeiten, die uns
prophezeit worden sind.
Ja, einig müssen wir sein,
wenn Deutschland nichtzugrnnd e
Wahlwaffen
Geschlagen ist öie Preußcnwahl,-
Sie Waffen wandern in öas Arsenal
Und das erstaunte Publikum
Sieht sich verdutzt in dem Museum uni.
Sa hängen neben blanken Argumenten
Zerfleööert dicke Zeitungsenten.
Es türmt Papier stch auf Papier,
Und jeder Balken biegt stch schier.
Sa protzt, der Juden schlug zum Krüppel,
Ein arisch stolzer Gummiknüppel.
Und dort vom eleganten Strolch
Glänzt der infame Nückendolch.
viel Zuckerbrot lockt hier — von Pappe.
Vas Gute ist zumeist Attrappe,
doch öie gemein und roh und schlecht,
Sie Waffen, Zreund, sind immer echt! pe.
-:-o-:-
gehen soll. Darum ist es notwendig, daß wir
zuerst alle Juden wegjagen. (Bravo!) Ja, einig
müssen wir sein. Aber nicht nur gegen die
Juden. Auch die verjudete Sozialdemokratie
muß daran glauben! (Lärmender Beifall. Zu-
ruf: Alle Sozialisten müssen erschossen werden!)
Ja, gleiches Recht für alle! Ausnahmen
dürfen nicht gemacht werden, wenn die Be-
treffenden nicht zu unserer Partei geboren.
Unsere Gegner sprechen immer von Klassen-
justiz. Von unseren Richtern werden alle Klas-
sen gleichmäßig verurteilt, soweit sie nicht zu
den Besitzenden gehören. Unsere herrliche Ju-
stiz! Hurra! Hurra! Hurra! (Der Verfall braust
wie Donnerhall.)
Dem Redner wird ein Hakenkreuz aus Gold
überreicht. Kurt Heilbut
Moderne Rattenfänger
Die Kapelle der De.>»schnationalen Volks-
partei spielt bekanntlich nur auf der großen
Pauke. Ein echter Konservativer erkennt kein
anderes Instrument als musikalisch an. Denn
die beste Musik für Leute mit starken Nerven
ist immer die mit dem heftigsten Geräusch
verbundene. Wenn die Pauken dröhnen und
die Trommelfelle platzen, kann man nicht
denken. Und wer nicht denkt, wühlt deutsch-
national. Da es aber immerhin einige Leute
gibt, die auf feinere Weise gewonnen sein
wollen, verschrieb sich die Deulschnationale
Bayrisch Kraut
von der Osar und öen fllpen
Hat man Oeutschlanö aus dem Strich.
Täglich schafft stch „Niederlagen"
Zirma Kahr und Escherich.
Gb darob die ganze Bude
Krachend auch Zusammenfällt —
Drgesch, Grgesch über alles.
Aber alles in der Welt!
Baprifch Säbel und Gewehre
Hch, ste gingen gerne losl —,
JJuf öie Münchner Kammerspiele
Blicket grinsend der Kranzos.
Kahr, Heim, Escherich, ste bringen
Bapernlanö aus Rand und Sand,
Wenn es nicht von seinem Fimmel
Heilt des Proletariers Hand. flha
Partei kurz vor der Preußemvahl einen wasch-
echten Hohenzollernprinzen, der zum Besten
des konservativen Wahlschatzes die Violine
strich. Hand wird nur von Hand gewaschen.
Wenn die Pauke dauernd für die Hohenzollern
dröhnt, kann auch der Hohenzoller mal für
die Pauke den Schafdarm streichen. Der Erfolg
ist offensichtlich. Seine königliche Hoheit a. D.
siedelte so bezaubernd, daß die preußischen
Ratten aus allen Schlupflöchern tanzten und
besoffen in die deutschnationale Falle spazier-
ten. Nun will die Partei sich eine verilable
Prinzenkapelle zulegen. An Prinzen mangelt
es ja nicht. Sie werden die politischen Kinder
schon in die große düstre Klappe führen, wie
einst der Rattenfänger von Hameln. tg.
Erlauschtes Gespräch
Was sagen Sie denn zu der famosen Leichen-
rede, die Maurenbrecher dem früheren Reichs-
kanzler Bethmann-Hollweg in der „Deutschen
Tageszeitung" gehalten hat? Nicht wahr, ein-
fach glänzend?
Na, wissen Sie, die Indianer sind doch ge-
wiß ein unkultiviertes Volk, aber wenn es
jemals einer ihrer Häuptlinge gewagt hätte,
mit einen, Skalp heimzukehren, den er einem
toten Greise abgenommen hat, dann wäre er
für alle Zeiten der verdienten Verachtung
preisgegeben worden.
Aber Mensch, reden Sie doch
keinen Blödsinn, Maurenbrecher
ist doch kein Indianerhäupt-
ling, der ist doch ein ehemaliger
Pastor! E. Wilberg
Vorurteilslos
Wie die Zeitungen melden, ist die
oberschlesische Industrie eifrig amWerk,
sich von französischen Bankfirmen
„finanzieren" zu lassen, und die Aktien-
mehrheit der „Vereinigten Königs- und
Laurahütte" ist an tschechische Kon-
zerne verkauft worden.
Man ersieht daraus, wie bitteres
Unrecht der deutschen Großindustrie
geschieht, wenn man sie des nationalen
Chauvinismus bezichtigt. Mögen ihre
parlamentarischen Vertreter Hugen-
bcrg, Vögler usw. in ihren Reden
manchmal iiber die Schnur schlagen:
sobald es auf die geschäftliche Tat
ankommt, zeigt die deutsche Industrie,
daß sie keinerlei nationalistische Eng-
herzigkeit kennt und in bezug auf Wert-
papiere und Geldforten Rassenuntcr-
schiede nicht gelten läßt! Balduin
Lloyd George und vriand
3» den finiten liegen sich beide
Und weinen vor Schmerzen und Zreude. (Schiller)
Kleine Anfrage
Och möchte bloß das eine wissen,
Gb die auch zünftig zahlen müssen,
Sie uns so blöd und unbedacht
On diesen tiefen Sumpf gebracht?
Gb man auch öie feuüalen Herren,
Sic über -eöe Steuer plärren,
Sie ihnen veutschianös Not erpreßt,
On erster Linie zahlen läßt 7
Gb man es wagt, öen Hohenzollcrn
Sie Millionen hinzubollern,
Sie diese Sippe unbelehrt
vom ausgcsognen Volk begehrt?
Gb man das Weitcrfchlemmcn öulöet
Sec Lumpen, die öen Krieg verschuldet,
Onöes der Mann, der nichts besitzt,
0» schwerer Zron für Frankreich schwitzt? S- m.
Die Land
ikius dem Dunkel öffnet eine Land
Schmerzgespreizte, zitternde Gelenke.
Gebt, ihr könnt, damit ich euch beschenke.
Bebt ein Ruf, verquält, tonabgewandt.
Wer sich in Besitz und Fülle fand.
Zögert, daß er jenes Rufs gedenke.
Scheut, daß er zu seinem Grunde senke
Des Gedankens prüfenden Verstand.
Fühlt er nicht sich innerlich ergraust
Durch den heißen Ruf in kalten Gassen,
Von der Macht der Finsternis umhaust?
Wagt er warmen Drucks die Land zu fassen?
Nein! And sieht er sie geballt zur Faust,
Zittert feige er vor ihrem Lassen.
Walter Böhr
Einigkeit und Recht und Freiheit
Aus einer Wahlversammlung der Deutschen
Volkspartei im dunkelsten Deutschland erhalten
wir nachstehenden Bericht: Die Anwesenden
singen stehend das Lied „Deutschland, Deutsch-
land über alles". Der Vers „Einigkeit und
Recht und Freiheit" wird wiederholt, worauf
der Referent das Wort ergreift.
Meine Damen und Herren! Einigkeit und
Recht und Freiheit! Diese drei gehören zu-
sammen. Der Staat, was sage ich: die ganze
Welt ist in Gefahr! Man will uns unsere
Freiheit nehmen! Wir sollen nicht
mehr wie bisher die Freiheit
haben, in Handel und Industrie
zum Wohl unseres Volkes un-
seren Profit zu ziehen. Wir sollen
nicht mehr die Freiheit haben,
herrlich uiib in Freuden zu leben,
und so der ganzen Welt den Be-
iveis zu geben von deutschem
Fleiß und deutscher Tüchtigkeit.
Unsere Freiheit über alles! —
In Anerkennung der Gefahr
haben die Unternehmer unserer
Stadt tausend Mark m den
Kampffonds unserer Partei ge-
spendet. Wo, so frage ich, >vo
gibt es in der ganzen Welt einen
einzigen Proletarier, der soviel
für dieFreiheit übrig hat? Meine
Damen und Herren! Wo soviel
Opferfreude und Freiheitssinn
besteht, da haben wir bereits
die herrlichen Zeiten, die uns
prophezeit worden sind.
Ja, einig müssen wir sein,
wenn Deutschland nichtzugrnnd e
Wahlwaffen
Geschlagen ist öie Preußcnwahl,-
Sie Waffen wandern in öas Arsenal
Und das erstaunte Publikum
Sieht sich verdutzt in dem Museum uni.
Sa hängen neben blanken Argumenten
Zerfleööert dicke Zeitungsenten.
Es türmt Papier stch auf Papier,
Und jeder Balken biegt stch schier.
Sa protzt, der Juden schlug zum Krüppel,
Ein arisch stolzer Gummiknüppel.
Und dort vom eleganten Strolch
Glänzt der infame Nückendolch.
viel Zuckerbrot lockt hier — von Pappe.
Vas Gute ist zumeist Attrappe,
doch öie gemein und roh und schlecht,
Sie Waffen, Zreund, sind immer echt! pe.
-:-o-:-
gehen soll. Darum ist es notwendig, daß wir
zuerst alle Juden wegjagen. (Bravo!) Ja, einig
müssen wir sein. Aber nicht nur gegen die
Juden. Auch die verjudete Sozialdemokratie
muß daran glauben! (Lärmender Beifall. Zu-
ruf: Alle Sozialisten müssen erschossen werden!)
Ja, gleiches Recht für alle! Ausnahmen
dürfen nicht gemacht werden, wenn die Be-
treffenden nicht zu unserer Partei geboren.
Unsere Gegner sprechen immer von Klassen-
justiz. Von unseren Richtern werden alle Klas-
sen gleichmäßig verurteilt, soweit sie nicht zu
den Besitzenden gehören. Unsere herrliche Ju-
stiz! Hurra! Hurra! Hurra! (Der Verfall braust
wie Donnerhall.)
Dem Redner wird ein Hakenkreuz aus Gold
überreicht. Kurt Heilbut
Moderne Rattenfänger
Die Kapelle der De.>»schnationalen Volks-
partei spielt bekanntlich nur auf der großen
Pauke. Ein echter Konservativer erkennt kein
anderes Instrument als musikalisch an. Denn
die beste Musik für Leute mit starken Nerven
ist immer die mit dem heftigsten Geräusch
verbundene. Wenn die Pauken dröhnen und
die Trommelfelle platzen, kann man nicht
denken. Und wer nicht denkt, wühlt deutsch-
national. Da es aber immerhin einige Leute
gibt, die auf feinere Weise gewonnen sein
wollen, verschrieb sich die Deulschnationale
Bayrisch Kraut
von der Osar und öen fllpen
Hat man Oeutschlanö aus dem Strich.
Täglich schafft stch „Niederlagen"
Zirma Kahr und Escherich.
Gb darob die ganze Bude
Krachend auch Zusammenfällt —
Drgesch, Grgesch über alles.
Aber alles in der Welt!
Baprifch Säbel und Gewehre
Hch, ste gingen gerne losl —,
JJuf öie Münchner Kammerspiele
Blicket grinsend der Kranzos.
Kahr, Heim, Escherich, ste bringen
Bapernlanö aus Rand und Sand,
Wenn es nicht von seinem Fimmel
Heilt des Proletariers Hand. flha
Partei kurz vor der Preußemvahl einen wasch-
echten Hohenzollernprinzen, der zum Besten
des konservativen Wahlschatzes die Violine
strich. Hand wird nur von Hand gewaschen.
Wenn die Pauke dauernd für die Hohenzollern
dröhnt, kann auch der Hohenzoller mal für
die Pauke den Schafdarm streichen. Der Erfolg
ist offensichtlich. Seine königliche Hoheit a. D.
siedelte so bezaubernd, daß die preußischen
Ratten aus allen Schlupflöchern tanzten und
besoffen in die deutschnationale Falle spazier-
ten. Nun will die Partei sich eine verilable
Prinzenkapelle zulegen. An Prinzen mangelt
es ja nicht. Sie werden die politischen Kinder
schon in die große düstre Klappe führen, wie
einst der Rattenfänger von Hameln. tg.
Erlauschtes Gespräch
Was sagen Sie denn zu der famosen Leichen-
rede, die Maurenbrecher dem früheren Reichs-
kanzler Bethmann-Hollweg in der „Deutschen
Tageszeitung" gehalten hat? Nicht wahr, ein-
fach glänzend?
Na, wissen Sie, die Indianer sind doch ge-
wiß ein unkultiviertes Volk, aber wenn es
jemals einer ihrer Häuptlinge gewagt hätte,
mit einen, Skalp heimzukehren, den er einem
toten Greise abgenommen hat, dann wäre er
für alle Zeiten der verdienten Verachtung
preisgegeben worden.
Aber Mensch, reden Sie doch
keinen Blödsinn, Maurenbrecher
ist doch kein Indianerhäupt-
ling, der ist doch ein ehemaliger
Pastor! E. Wilberg
Vorurteilslos
Wie die Zeitungen melden, ist die
oberschlesische Industrie eifrig amWerk,
sich von französischen Bankfirmen
„finanzieren" zu lassen, und die Aktien-
mehrheit der „Vereinigten Königs- und
Laurahütte" ist an tschechische Kon-
zerne verkauft worden.
Man ersieht daraus, wie bitteres
Unrecht der deutschen Großindustrie
geschieht, wenn man sie des nationalen
Chauvinismus bezichtigt. Mögen ihre
parlamentarischen Vertreter Hugen-
bcrg, Vögler usw. in ihren Reden
manchmal iiber die Schnur schlagen:
sobald es auf die geschäftliche Tat
ankommt, zeigt die deutsche Industrie,
daß sie keinerlei nationalistische Eng-
herzigkeit kennt und in bezug auf Wert-
papiere und Geldforten Rassenuntcr-
schiede nicht gelten läßt! Balduin
Lloyd George und vriand
3» den finiten liegen sich beide
Und weinen vor Schmerzen und Zreude. (Schiller)