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https://doi.org/10.11588/diglit.6706#0232
10358
❖ Krisen ❖
Ls kriselt in Europa rings.
Ls kriselt hierzulande.
Ls kriselt rechts, es kriselt links
Im armen Vaterlands.
wir schreiten längst nicht mehr daher
Aus festen Lrdenbahnen.
wir schwanken auf bewegtem Meer
And schlafen auf Vulkanen.
Ls kriselt nicht bei uns allein —
Ls kriselt auch da drüben:
Die Ordnung stellte sich nicht ein;
Ls geht wie Araut und Rüben.
Auch drüben merkt schon Hinz und Aunz:
Man geht auf falschen wegen,
Man führt sie — wie einst Willem uns —
„herrlicher Zeit entgegen".
Die Aatastroxhenxolitik
Der sogenannten Sieger
Lenkt immer noch der Welt Geschick.
Roch triumphiert der „Tiger".
Und wo sich die Beruhigung
Je einzustellen „drohte",
Bringt man den Frieden aus den Schwung
Mit einer neuen Note. . . .
Ls kommt der Tag, da werden dort
Der Völker Augen offen.
Dann darf der Unterdrückungssport
Aus keine Gnade hoffen.
Die Zwerglein werden dann verjagt
Vom Proletarier-Riesen —
Der Völker Friedensmorgen tagt
Nach diesen letzten Avisen! Der wahre ^acor
Bewährte Zentrumstaktik
Mach der badischen Landtagswahl.)
„Die Religion ist in Gefahr!"
Der Äerr Kaplan rief's vom Altar.
Aufs neue zog die alte Lüge;
Das Zentrum machte volle Züge —
Das Schlagwort wirkte wunderbar.
So ist der Sieg zustand gekommen:
„Wählt gut, Geliebte, brav, ihr Frommen.
Wählt so, wie eure Äirten wählen.
Dann kann's zum Limmel euch nicht fehlen."
— Der Lerr Kaplan den Segen spricht.
Vom „Zentrum" aber sprach er nicht.
Dazu war er doch viel zu schlau -
Die Äerde weiß ja doch genau.
Was er gemeint mit „gut" und „brav"
And ist darunter auch manch Schaf,
Das trotzdem nicht recht weiß Bescheid:
Es findet sicheres Geleit. E. L.
Bilder vom Tage
Der Einfall
Bei den feierlichen Klängen des Habsburger
Liedes: „Rückwärts, rückwärts, Don Rodrigo!
Rückwärts, rückwärts, stolzer Cid!" fuhr der
englische Monitor mit Karl und Zita an Bord
donauabwärts. Beide blickten betrübt dem ent-
schwindenden Ungarlande nach. Plötzlich fragte
Zita: „Wann machen wir nunwohl den nächsten
Einfall in Ungarn?" Zum erstenmal in seinem
Leben wurde Karlchen da energisch, und er schrie
sie an: „Halte deinen Mund, wenn du keinen
besseren - ,Einfalb weißt!"
Nach bewährten Mustern
Da Japan die Halbinsel Schantung von
oen Deutschen „befreit" hatte, kam jüngst der
Chinese, um sein Eigentum wieder in Besitz
zu nehmen. Aber die japanische Wache hielt
ihm ein funkelnagelneues Bajonett entgegen
und sagte blinzelnd: „Hier darf niemand hinein.
Ich muß strenge Wache halten." „Wache?"
fragte der erstaunte Chinese, „gegen wen denn?"
„Gegen die deutschen Eroberungsgelüste muß
ich dein Eigentum schützen," antwortete der
Japs. „Und wie lange, wenn ich fragen darf?"
„O, nicht lange. Etwa 99 Jahre!!"
Andankbarkeit ist der Welt Lohn
Wohlig rekelten sich die Herren vom Deut-
schen Nationalistenklub in den weichen Klub-
sesseln. Plötzlich schlug Hergt wütend auf die
Zeitung. „Da haben wir's," schrie er. „Wieder
hat man unsere Verdienste vergessen!" Alle
fragten nach dem Grund seiner Erregung. Er
zeigte die Zeitungsnachricht von der Errichtung
eines Siegesdenkmals für Clemenceau. „Hätte
man nicht mich, Ludendorff, Helfferich und unsere
Freunde auf dem Sockel anbringen müssen?
Haben wir nicht den größten Anteil am fran-
zösischen Siege??" Alle schwiegen. Dann sag
ten sie einstimmig: „Es ist eine neue franzö
fische Gemeinheit!"
Stückwerk
„Sind Sie nun zufrieden?" fragte der fran-
zösische Gesandte den polnischen Präsidenten
und wies auf die neue Karte von Oberschlesien.
,,?sa krew!“ fluchte dieser. „Wie sollen wir zu-
frieden sein?? Deutschland behält von 16 Zink-
und Bleierzgruben noch 5, von 8 Hochofen-
werken noch 3, von 67 Steinkohlengruben noch
14, von 14 Stahl- und Walzwerken noch ganze
5!! Wie soll uns dieser Vertrag befriedigen??"
Begütigend klopfte ihm der Gesandte auf die
Schulter: „Was noch nicht ist, kann noch wer-
den! Vielleicht kommen die deutschen Kata-
strophenpolitiker doch noch ans Ruder, und
dann wird die Oder die deutsche Ostgrenze."
Da sank ihm der Bundesbruder in die Arme,
und beide sangen: „Noch ist Schlesien nicht
verloren." e.
Ein Märchen
Es war einmal ein Mann, der setzte für
die unwahrscheinlichste Geschichte, die man
ihm erzählen würde, einen hohen Preis aus.
Die Leute kamen und erzählten die wildesten
Sachen. Aber alles kam dem Mann unbefrie-
digend vor. Schließlich erschien jemand und
erzählte folgendes: „Als an der Berliner Börse
der Dollar mal wieder auf 300 geklettert war,
da taten sich die Arbeiter zusammen, denen
die Gaunerei schließlich zu bunt geworden war,
erstürmten das Heiligtum Mammons, zählten
jedem der Jobber fünfundzwanzig ins fettge-
straffte Fell und begaben sich von dannen, froh
des Bewußtseins, eine wahrhaft gute Tat ge-
tan zu haben."
Der Mann sagte: „Du bekommst den Preis!
Das ist die unwahrscheinlichste Geschichte, die
man sich denken konnte! Ach ja: das wird nie
geschehen, solange die Erde steht, daß man
Börsenmännern jene Tracht Prügel verabfolgt,
die deine Geschichte wie ein hohes Ideal den:
entzückten Blick erscheinen ließ! Die rauhesten
Rauhbeine der linkesten Linken, Männer, denen
Maxe Hölz zu schlapp war, — an der Börse
werden sie stumm vorüberschleichen!" W.
Wohlriechendes
Das amerikanische Kriegsdepartement konsta-
tiert freudestrahlend, daß es gelungen ist, gif-
tigeKriegsgase in friedliches Parfüm umzuwan-
deln. Die nahe chemische Verwandtschaft zwi-
schen den tötlichen Gasen, Veilchen und Jasmin
verspricht also auch eine bedeutende Humani-
sierung des Krieges, von dem in Zukunft nie-
mand mehr sagen darf, er rieche nicht gut.
Allerdings: Sie kennen die Geschichte von dem
Käse, nicht wahr? Ein Landmann brachte ihn
täglich zu Markt; seine Mitreisenden in der
Bahn beschwerten sich über den Geruch und
namentlich ein Nachbar frozzelte den Käse-
verkäufer bis aufs Blut. Da kam dieser aus
den Gedanken, auch Blumen in den Handel
zu bringen. Er legte aber den Käse zu unterst
in den Marktkorb, und obenauf packt er Re-
seda und Veilchen, Rosen und Nelken. Zwei
Fliegen mit einer Klappe, dachte der schlaue
Bauer, und nun lachte er. Denn der Nachbar
schnüffelte so merkwürdig um die Blumen
herum, füllte seinen Erker mit Wohlgerüchen
und schwieg kopfschüttelnd. Als sie aber eine
Viertelstunde gefahren, zog er heftig die Nase
kraus und sagte: „Du — er stinkt doch!" ep.
❖ Krisen ❖
Ls kriselt in Europa rings.
Ls kriselt hierzulande.
Ls kriselt rechts, es kriselt links
Im armen Vaterlands.
wir schreiten längst nicht mehr daher
Aus festen Lrdenbahnen.
wir schwanken auf bewegtem Meer
And schlafen auf Vulkanen.
Ls kriselt nicht bei uns allein —
Ls kriselt auch da drüben:
Die Ordnung stellte sich nicht ein;
Ls geht wie Araut und Rüben.
Auch drüben merkt schon Hinz und Aunz:
Man geht auf falschen wegen,
Man führt sie — wie einst Willem uns —
„herrlicher Zeit entgegen".
Die Aatastroxhenxolitik
Der sogenannten Sieger
Lenkt immer noch der Welt Geschick.
Roch triumphiert der „Tiger".
Und wo sich die Beruhigung
Je einzustellen „drohte",
Bringt man den Frieden aus den Schwung
Mit einer neuen Note. . . .
Ls kommt der Tag, da werden dort
Der Völker Augen offen.
Dann darf der Unterdrückungssport
Aus keine Gnade hoffen.
Die Zwerglein werden dann verjagt
Vom Proletarier-Riesen —
Der Völker Friedensmorgen tagt
Nach diesen letzten Avisen! Der wahre ^acor
Bewährte Zentrumstaktik
Mach der badischen Landtagswahl.)
„Die Religion ist in Gefahr!"
Der Äerr Kaplan rief's vom Altar.
Aufs neue zog die alte Lüge;
Das Zentrum machte volle Züge —
Das Schlagwort wirkte wunderbar.
So ist der Sieg zustand gekommen:
„Wählt gut, Geliebte, brav, ihr Frommen.
Wählt so, wie eure Äirten wählen.
Dann kann's zum Limmel euch nicht fehlen."
— Der Lerr Kaplan den Segen spricht.
Vom „Zentrum" aber sprach er nicht.
Dazu war er doch viel zu schlau -
Die Äerde weiß ja doch genau.
Was er gemeint mit „gut" und „brav"
And ist darunter auch manch Schaf,
Das trotzdem nicht recht weiß Bescheid:
Es findet sicheres Geleit. E. L.
Bilder vom Tage
Der Einfall
Bei den feierlichen Klängen des Habsburger
Liedes: „Rückwärts, rückwärts, Don Rodrigo!
Rückwärts, rückwärts, stolzer Cid!" fuhr der
englische Monitor mit Karl und Zita an Bord
donauabwärts. Beide blickten betrübt dem ent-
schwindenden Ungarlande nach. Plötzlich fragte
Zita: „Wann machen wir nunwohl den nächsten
Einfall in Ungarn?" Zum erstenmal in seinem
Leben wurde Karlchen da energisch, und er schrie
sie an: „Halte deinen Mund, wenn du keinen
besseren - ,Einfalb weißt!"
Nach bewährten Mustern
Da Japan die Halbinsel Schantung von
oen Deutschen „befreit" hatte, kam jüngst der
Chinese, um sein Eigentum wieder in Besitz
zu nehmen. Aber die japanische Wache hielt
ihm ein funkelnagelneues Bajonett entgegen
und sagte blinzelnd: „Hier darf niemand hinein.
Ich muß strenge Wache halten." „Wache?"
fragte der erstaunte Chinese, „gegen wen denn?"
„Gegen die deutschen Eroberungsgelüste muß
ich dein Eigentum schützen," antwortete der
Japs. „Und wie lange, wenn ich fragen darf?"
„O, nicht lange. Etwa 99 Jahre!!"
Andankbarkeit ist der Welt Lohn
Wohlig rekelten sich die Herren vom Deut-
schen Nationalistenklub in den weichen Klub-
sesseln. Plötzlich schlug Hergt wütend auf die
Zeitung. „Da haben wir's," schrie er. „Wieder
hat man unsere Verdienste vergessen!" Alle
fragten nach dem Grund seiner Erregung. Er
zeigte die Zeitungsnachricht von der Errichtung
eines Siegesdenkmals für Clemenceau. „Hätte
man nicht mich, Ludendorff, Helfferich und unsere
Freunde auf dem Sockel anbringen müssen?
Haben wir nicht den größten Anteil am fran-
zösischen Siege??" Alle schwiegen. Dann sag
ten sie einstimmig: „Es ist eine neue franzö
fische Gemeinheit!"
Stückwerk
„Sind Sie nun zufrieden?" fragte der fran-
zösische Gesandte den polnischen Präsidenten
und wies auf die neue Karte von Oberschlesien.
,,?sa krew!“ fluchte dieser. „Wie sollen wir zu-
frieden sein?? Deutschland behält von 16 Zink-
und Bleierzgruben noch 5, von 8 Hochofen-
werken noch 3, von 67 Steinkohlengruben noch
14, von 14 Stahl- und Walzwerken noch ganze
5!! Wie soll uns dieser Vertrag befriedigen??"
Begütigend klopfte ihm der Gesandte auf die
Schulter: „Was noch nicht ist, kann noch wer-
den! Vielleicht kommen die deutschen Kata-
strophenpolitiker doch noch ans Ruder, und
dann wird die Oder die deutsche Ostgrenze."
Da sank ihm der Bundesbruder in die Arme,
und beide sangen: „Noch ist Schlesien nicht
verloren." e.
Ein Märchen
Es war einmal ein Mann, der setzte für
die unwahrscheinlichste Geschichte, die man
ihm erzählen würde, einen hohen Preis aus.
Die Leute kamen und erzählten die wildesten
Sachen. Aber alles kam dem Mann unbefrie-
digend vor. Schließlich erschien jemand und
erzählte folgendes: „Als an der Berliner Börse
der Dollar mal wieder auf 300 geklettert war,
da taten sich die Arbeiter zusammen, denen
die Gaunerei schließlich zu bunt geworden war,
erstürmten das Heiligtum Mammons, zählten
jedem der Jobber fünfundzwanzig ins fettge-
straffte Fell und begaben sich von dannen, froh
des Bewußtseins, eine wahrhaft gute Tat ge-
tan zu haben."
Der Mann sagte: „Du bekommst den Preis!
Das ist die unwahrscheinlichste Geschichte, die
man sich denken konnte! Ach ja: das wird nie
geschehen, solange die Erde steht, daß man
Börsenmännern jene Tracht Prügel verabfolgt,
die deine Geschichte wie ein hohes Ideal den:
entzückten Blick erscheinen ließ! Die rauhesten
Rauhbeine der linkesten Linken, Männer, denen
Maxe Hölz zu schlapp war, — an der Börse
werden sie stumm vorüberschleichen!" W.
Wohlriechendes
Das amerikanische Kriegsdepartement konsta-
tiert freudestrahlend, daß es gelungen ist, gif-
tigeKriegsgase in friedliches Parfüm umzuwan-
deln. Die nahe chemische Verwandtschaft zwi-
schen den tötlichen Gasen, Veilchen und Jasmin
verspricht also auch eine bedeutende Humani-
sierung des Krieges, von dem in Zukunft nie-
mand mehr sagen darf, er rieche nicht gut.
Allerdings: Sie kennen die Geschichte von dem
Käse, nicht wahr? Ein Landmann brachte ihn
täglich zu Markt; seine Mitreisenden in der
Bahn beschwerten sich über den Geruch und
namentlich ein Nachbar frozzelte den Käse-
verkäufer bis aufs Blut. Da kam dieser aus
den Gedanken, auch Blumen in den Handel
zu bringen. Er legte aber den Käse zu unterst
in den Marktkorb, und obenauf packt er Re-
seda und Veilchen, Rosen und Nelken. Zwei
Fliegen mit einer Klappe, dachte der schlaue
Bauer, und nun lachte er. Denn der Nachbar
schnüffelte so merkwürdig um die Blumen
herum, füllte seinen Erker mit Wohlgerüchen
und schwieg kopfschüttelnd. Als sie aber eine
Viertelstunde gefahren, zog er heftig die Nase
kraus und sagte: „Du — er stinkt doch!" ep.