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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 38.1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.6706#0244
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10370


Weihnacht 1921


Morgen kommt der Weihnachtsnrann,
Kommt mit seinen Gaben.

Jeder drängelt sich heran.

Jeder will was haben:

Mister Harding kriegt zum Lohn
Eine Flotten-Konvention
And den Löffel Präsentieret,

Über den man ihn balbieret.

Eine kleine Eisenbahn
Kriegt der gute Stinnes;

Heiliger Goldglanz blinkt ihn an
Mühlosen Gewinnes.

Rur die Armut kriegt, o weh.

Eine neue Powerteh.

Hoch der Brotkorb hängt im Traume
An dem schönen Weihnachtsbaume.

Polen kriegt ganz Schlesien bald,
Frankreich kriegt Sanktionen,
Michel kriegt mit Vorbehalt
Reue — Illusionen.

And die brave Börsenschar
Kriegt 'neu neuen Marksturz gar.
Karlchen kriegt Madeiraweine,
Willem neue Heiligenscheine.

Ach, es kommt der Weihnachtsmann
An mit leeren Händen,

Auch der grüne Baum im Tann
Bringt uns keine Spenden:

Wucher, Wucher überall
Bei der Weihnachtsglocken Schall —
And allein den Schiebern allen
Wird's ein wahres „Wohlgefallen".

Der Wahre Jacob

Chorgesang für Ztinnez-vereine

lserbei, herbei zum Ramschverschleiß
Der Deutschen Reich; zum Schieberpreis!
was hier der weit geboten wird,

Ist wert, daß man die Pfoten rührt!
wir brauchen die Devisen
Zur einen Zweck wie diesen:

Das Reich hat keine werte nich,
wenn wir sie ha'm, dann fügt es sich,

Daß man an uns den Ritt verschleißt
Km Pleitetag, der Deutschland heißt!

wir haben fein das Ding gedreht,

Das jetzt in reifer Blüte steht!

Rein Richter und kein Staatsanwalt
hat über unsereins Gewalt!

Die kleinen Diebe faßt man,

Doch bei den großen paßt man!

Der gute Paragraphenhengst,
viel frommer ist er, als du denkst!

Sr zieht so brav an unserm Rarr'n,

Drum woll'n wir auch nicht Hafer spar'n!

Ihr Völker auf der Erde Rund,

Macht aste euch bei un; gesund!
wir schneiden euch aus deutschem Zell
Gewünschte Riemen prompt und schnell.
Venn da; erwähnte Zelle
Ist ja nicht unsre pelle!

Die deutschen Rinder hungern sehr,

Drum kriegt da; Hemd ihr billiger!

Der Krbeitsmann lebt kümmerlich,

Drum kauf' man deutsche Ware sich!

was ist dar Land vom Seit zum Rhein?

Es dürste eine Ware sein!

herbei, herbei zum Ramschverschleiß

Der Deutschen Reich; zum Schieberpreir!

So glänzende Offerte
Ist unerhört, verehrte!

Drum zaudert nicht und greifet zu,

Die deutsche Ehre kriegt ihr zu!

Da; heißt, wenn sie zu dieser Zrist
Usch überhaupt am Lager ist! w.

In besonderer Sache

Geliebte Franzosen! Bisher war uns schnuppe

— Eure lebhaft umstrittene farbige Truppe. —
Uns dünkte, es war in dem Zetergeschrei' —
Viel nationalistische Mache dabei. — Daß die
Schwarzen durchgängig sind Lämmer und Tau-
ben, — Das können natürlich auch wir euch nicht
glauben. — Denn in jeder Truppe, wie sie auch
ist, - Steckt irgendwo ein verkappter Sadist.,—
Und aus diesem Grunde bringen zur Sprache —
Vor euch wir, Franzosen, die folgende Sache:

Wir setzen den Fall, daß besagter Sadisten

— Ein einz'ger sich fand in den Mannschafts-

listen — Der farbigen Truppe. Und ohne Zwei-
fel — Jagtet den Kerl ihr sofort zum Teufel.

— Und sicher habt ihr das brav gemacht. —
Bei uns nun, Franzosen, besteht der Verdacht,
—Daß jenes Individuum —Bei uns in Deutsch-
land gehet um. — Er wütet zum Skandal der
Welt — Auf Festung Niederschönenfeld! —
Nicht etwa als Sträfling! Die Sträflinge eben

— Sind dem Lump in die dreckigen Hände ge-
geben! — Entsprang er euch — o, nennt uns
doch gleich — Den Namen des Lumpen, wir
danken es euch! — Und werden den Namen so-
fort übermitteln — Herrn Staatsanwalt Krauß!
Und der muß ermitteln, — Ob ihm jener Name
vielleicht ist bekannt!

Denn wißt, das ganze deutsche Land — Hat
Interesse, den Namen zu kennen! — Du sollst.

Herr Staatsanwalt, den Namen uns nennen!

— Denn wer sich an wehrlosen Männern ver-
greift — (Und dann, wie üblich, feige kneift),

— Wer arme Gefangne zuur Selbstmord treibt,

— Der werde mit glühenden Ruten gestäupt!

w.

Herr Hermes

In jedem deutschen Küchenschapp
Sitzt heutzukag ein Schieber,

Der frißt sich satt und du nimmst ab
And ärgerst dich darüber.

So hat des Reiches Parlament
Herrn Hermes dann befragt am End,

Wie er zum Wucher stehe.

Herr Hermes lächelte und sprach:

»Run paßt mal auf, ihr Leute,

Und merket, was ein Mann von Fach
Euch hat zu sagen heute.

Ich Hab' die Frage wohl studiert
Und ventiliert und diskutier!

Mit sachverständ'gen Herren!

Das Brot, das Fleisch, das Fett im Spind
Sind nur deshalb so teuer.

Weil sie im Preis gestiegen sind —

So lüftet sich der Schleier!

Die Preise aber zogen an,

Weil heuer sie erhöhte man,

Das ist doch ganz natürlich!

Wenn alles, alles teurer wird,

Sind eben nicht niedrig die Preise!

Das ist doch klar! Und Hab' ich geirrt,
Erwarte ich Gegenbeweise!

Kapiert man das, kapiert man auch:

Es ist wider allen logischen Brauch,

Bon Schiebung und Wucher zu sprechen!»

Es war ein Gott im Altertum
Unter komischem Namen bekannt. .. .

Er schützte das Händler- und Schiebertum,
Das Diebspack im Griechenland.

Und dieser Gott (ich schwindle nich.

Man überzeuge im Brockhaus sich!).

Er trug den Namen Hermes! w
 
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