Beilage zum wahren 3acob
Nummer 924 Stuttgart, 30. Dezember 1921 38. Jahrgang
Die Erfassung der Sachwerte
Beschleunigter Zugriff ist dringend geboten.
Die Erfassung der Sachwerte
Wenn Heine oder Freiligrath — Zurzeit kein
Wort zu sagen hat, - Wer da bei ihren Feuer-
strophen — Pomadig sitzen bleibt am Ofen, —
Wem nicht das Herz im Busen loht, — Ist ohne
Frage ein Zelot. — Doch ist um lyrische Fi-
nessen — Es manchmal so ein Ding indessen. —
Denn, Kinder, es gibt auch aufstürmende
Klänge, — Tie stehen in keinem der alten Ge-
sänge: — Der brausende Ton und der zün-
dende Ruf, — Den sich der „unpoetische All-
tag" schuf! - Und daß er revolutionär —
Im Ohre klingt dem Massenheer, — Das ist
nun schon so! Und es klingt wie Lenz — In
uns auch ohne Konsens! — Es schlägt das
Wort! Wir wissen es wohl! — Es ist bei dem
Worte dem Bürger nicht wohl! — Hier geht's
dem Prinzip seines Lebens ans Leben, — Hier
wird ihm genommen und nicht gegeben, - Es
liegt hier der Anfang vom Ende beschlossen
— Der kapitalistischen Wirischaft, Genossen!
— Es geht in den Ländern ein Raunen um: —
Deutschland ist wider das Eigentum — Und
dreht den Kurs zu jenen Zielen, — Um die die
Wünsche der Arbeiter spielen! - Leicht wird
ein Beispiel so gegeben, — Das anderen gleich-
falls versüßte das Leben... — Die Sachwert-
erfassung, o glaubt es, sie — Steckt für uns
voller Poesie! — Männern der Hämmer, so
alten wie jungen, — Wird sie zum fließenden
Reime der Zungen, — Männern der Erze und
Männern der Kohle — Wird sie zum Rhythmus
der Massenparole! w.
Verstimmungen
Börsenbericht: „Verstimmend wirkte die
Meldung von der Hebung der japanischen
Rohzuckerproduktion, die im Erntejahr 1921
um rund 30 Prozent gestiegen ist."
Es ist nämlich noch nicht gelungen, eine
Fusion mit dem Himmel herbeizuführen und
den lieben Gott an der Dividende zu inter-
essieren. Selbst Petrus hat abgewinkt. Diese
Außenseiterstellun g der maßgebenden Himmels-
mächte ist auf die Dauer nicht zu erlragen; sie
kann unter Umständen ruinös auf eine gesunde
Volkswirrschaft wirken. Eine gute Ernte senkt
den Preis und stiftet damit Verwirrung in
Börsenkreisen, die vor allem auf schlechte Ernten
eingestellt sind, um gute Preise zu erzielen. Ge-
wiß, man kann sich helfen, indem man einige
Schiffsladungen ins Meer versenkt und so auch
„Der oberschlesische Braten hat geschmeckt, nun
werde ich einmal im Memelland und
Ostpreußen Umschau hallen."
den Fischen mal etwas Süßes zukommen läßt.
Man kann Rohkaffee zu Straßenbeschotterung
verwenden — besonders in Brasilien, wo die
Wege noch viel zu wünschen übrig lassen. Und
gefüllte Weizenspeicher, die an allen vier Ecken
angezündetiverden, ergeben ein fesselndes Feuer-
werk. Aber das sind doch alles nur Palliativ-
miltelchen, die leicht dort mißverstanden wer-
den, wo man lieber den Kaffee mit Zucker trin-
ken und Weizenbrot dazu essen möchte. Man
begreift da eben nicht, daß die Naturprodukte
keineswegs für den Magen der Masse, sondern
für die Produktenbörse ivachsen. Darum ist eine
gesunde Volkswirtschaft nur möglich, wenn es
gelingt, das Übel an der Wurzel zu fassen und
grundsätzlich mit allen guten Ernten aufzu-
räumen. Man wird deshalb eine internatio-
nale Börsengesundbeterkompanie gründen und
jede Börsentagung mit einer Andacht einleiten.
Zweifel bestehen nur noch über den Ritus. Ist
der liebe Gott hebräisch, katholisch oder evan-
gelisch? Man weiß nicht recht. Wahrscheinlich
wird die Sache auf eine Kombination aller
grundlegenden Glaubenssätze hinauslaufen.
Sollte auch das nicht durchgreifen, so wird
man dem lieben Gott einige gut dotierte Auf-
sichtsratsposten anbieten. Das hat bisher noch
bei jedem gewirkt. P-
Am Frühstückstisch eines Kriegsgewinnlers liest Die
Frau die Liste der bei einem Eisenbahnunglück Ilm-
gekommenen. „Es ist doch empörend," sagte sie zu ihre,»
Mann, „an der Spitze der Verunglückten steht ein Ar-
beiter und ganz zuletzt ein Kommerzienrat."
Nummer 924 Stuttgart, 30. Dezember 1921 38. Jahrgang
Die Erfassung der Sachwerte
Beschleunigter Zugriff ist dringend geboten.
Die Erfassung der Sachwerte
Wenn Heine oder Freiligrath — Zurzeit kein
Wort zu sagen hat, - Wer da bei ihren Feuer-
strophen — Pomadig sitzen bleibt am Ofen, —
Wem nicht das Herz im Busen loht, — Ist ohne
Frage ein Zelot. — Doch ist um lyrische Fi-
nessen — Es manchmal so ein Ding indessen. —
Denn, Kinder, es gibt auch aufstürmende
Klänge, — Tie stehen in keinem der alten Ge-
sänge: — Der brausende Ton und der zün-
dende Ruf, — Den sich der „unpoetische All-
tag" schuf! - Und daß er revolutionär —
Im Ohre klingt dem Massenheer, — Das ist
nun schon so! Und es klingt wie Lenz — In
uns auch ohne Konsens! — Es schlägt das
Wort! Wir wissen es wohl! — Es ist bei dem
Worte dem Bürger nicht wohl! — Hier geht's
dem Prinzip seines Lebens ans Leben, — Hier
wird ihm genommen und nicht gegeben, - Es
liegt hier der Anfang vom Ende beschlossen
— Der kapitalistischen Wirischaft, Genossen!
— Es geht in den Ländern ein Raunen um: —
Deutschland ist wider das Eigentum — Und
dreht den Kurs zu jenen Zielen, — Um die die
Wünsche der Arbeiter spielen! - Leicht wird
ein Beispiel so gegeben, — Das anderen gleich-
falls versüßte das Leben... — Die Sachwert-
erfassung, o glaubt es, sie — Steckt für uns
voller Poesie! — Männern der Hämmer, so
alten wie jungen, — Wird sie zum fließenden
Reime der Zungen, — Männern der Erze und
Männern der Kohle — Wird sie zum Rhythmus
der Massenparole! w.
Verstimmungen
Börsenbericht: „Verstimmend wirkte die
Meldung von der Hebung der japanischen
Rohzuckerproduktion, die im Erntejahr 1921
um rund 30 Prozent gestiegen ist."
Es ist nämlich noch nicht gelungen, eine
Fusion mit dem Himmel herbeizuführen und
den lieben Gott an der Dividende zu inter-
essieren. Selbst Petrus hat abgewinkt. Diese
Außenseiterstellun g der maßgebenden Himmels-
mächte ist auf die Dauer nicht zu erlragen; sie
kann unter Umständen ruinös auf eine gesunde
Volkswirrschaft wirken. Eine gute Ernte senkt
den Preis und stiftet damit Verwirrung in
Börsenkreisen, die vor allem auf schlechte Ernten
eingestellt sind, um gute Preise zu erzielen. Ge-
wiß, man kann sich helfen, indem man einige
Schiffsladungen ins Meer versenkt und so auch
„Der oberschlesische Braten hat geschmeckt, nun
werde ich einmal im Memelland und
Ostpreußen Umschau hallen."
den Fischen mal etwas Süßes zukommen läßt.
Man kann Rohkaffee zu Straßenbeschotterung
verwenden — besonders in Brasilien, wo die
Wege noch viel zu wünschen übrig lassen. Und
gefüllte Weizenspeicher, die an allen vier Ecken
angezündetiverden, ergeben ein fesselndes Feuer-
werk. Aber das sind doch alles nur Palliativ-
miltelchen, die leicht dort mißverstanden wer-
den, wo man lieber den Kaffee mit Zucker trin-
ken und Weizenbrot dazu essen möchte. Man
begreift da eben nicht, daß die Naturprodukte
keineswegs für den Magen der Masse, sondern
für die Produktenbörse ivachsen. Darum ist eine
gesunde Volkswirtschaft nur möglich, wenn es
gelingt, das Übel an der Wurzel zu fassen und
grundsätzlich mit allen guten Ernten aufzu-
räumen. Man wird deshalb eine internatio-
nale Börsengesundbeterkompanie gründen und
jede Börsentagung mit einer Andacht einleiten.
Zweifel bestehen nur noch über den Ritus. Ist
der liebe Gott hebräisch, katholisch oder evan-
gelisch? Man weiß nicht recht. Wahrscheinlich
wird die Sache auf eine Kombination aller
grundlegenden Glaubenssätze hinauslaufen.
Sollte auch das nicht durchgreifen, so wird
man dem lieben Gott einige gut dotierte Auf-
sichtsratsposten anbieten. Das hat bisher noch
bei jedem gewirkt. P-
Am Frühstückstisch eines Kriegsgewinnlers liest Die
Frau die Liste der bei einem Eisenbahnunglück Ilm-
gekommenen. „Es ist doch empörend," sagte sie zu ihre,»
Mann, „an der Spitze der Verunglückten steht ein Ar-
beiter und ganz zuletzt ein Kommerzienrat."