10502 . •
❖ Genua ❖
Mild hat auf hohem wogengang
Das Schiff -er Konferenz geschaukelt;
Am Horizont hat wochenlang
Des Friedens ^afenbild gegaukelt.
Bald war es nah, zum Greifen fast,
And alles stand bereit zur Landung —
Dann war der Augenblick verpafft,
Man sah nur Wogenbrandung.
Toll taumelten auf dem Verdeck
Die ewig schwankenden Gestalten;
Sie stieffen stets einander weg,
Statt sich am andern festzuhalten.
Nur manchem Schreier hat's behagt;
Lr konnte brüllen, trotzen, protzen,
And manchmal (unter uns gesagt)
war die Geschichte recht zum Kotzen..
Manch Segel riff im Sturmeswehn.
Voll Bangen sah bald jeder Kenner:
Ls gab zwar keinen Kapitän,
Dagegen zuviel Steuermänner,
wer, müd der ew'gen Trödelein,
Das Steuer mal an sich gerissen,
ward flugs mit vorgehaltnem Bein
Von seinem Nachbar hingeschmissen.
Kein rechter Kompaff wies das Ziel
Dem Schwarm der Krafthuber und Toren.
So ging der Welt an Gütern viel,
An Hoffnung allzuviel verloren.
Bis man ans Steuer läfft heran
Den Rechten, wird's nie bester enden:
Das Volk, der rechte Steuermann,
wird einst das Schiff zum Hafen wenden.
Der wahre Jacob
Otto Hue +
Geb. am 2. November 1868, gest. am 18. April 1922
Mit tiefer Trauer hat die internationale Arbeiterschaft
die Runde vernommen, daß einer ihrer besten Führer da-
hingeschieden ist. wie die meisten Führer aus dem Arbeiter«
stände hat sich auch Otto siue aus kleinen Verhältnissen
heraus entwickelt bis zu einer Größe, die ihn auf die wich-
tigsten Posten im gewerkschaftlichen und politischen Leben
Deutschlands führte. Zuletzt noch ausersehen, mit der deut-
schen Delegation als Sachverständiger nach Genua zu gehen,
raffte ihn eine Lungenentzündung dahin zum fast unersetz.
lichen Verlust der deutschen Arbeiterschaft, insbesondere aber
des Bergarbeiter-Verbandes, dessen erfolgreichster Anwalt
Otto fjue war. Line im Leben nie versagende Rraft, an
Renntnissen reiche edle Persönlichkeit ist mit dem verschie-
denen der Arbeiterbewegung entrissen worden.
Otto Hue wurde am 2. November 1868 in Hörde in West-
falen geboren, erlernte das Schlosserhandwerk und arbei-
tete auf den verschiedenen rheinischen Berg- und Hütten-
werken. Auf der Wanderschaft lernte er die Fragen kennen,
von denen die Arbeiterschaft bewegt wurde. Er schloß sich
dem freigewerkschastlichen Metallarbeiterverband an und
ging von da zum verband der Berg- und Hüttenarbeiter über,
wo er 1894 die Leitung der Berg- und Hüttenarbeiterzei-
tung übernahm. Lr war bald einer der besten Renner berg-
baulicher Fragen und des Bergarbeiterschutzes. Sein zwei-
bändiges Werk „Die Bergarbeiter", das der Unermüdliche
verfaßte, hat sich als die beste Geschichte der Arbeiterver-
hältnisse im Bergbau erwiesen, Hue wollte noch einen drit-
ten Band dazu schreiben, wobei ihm aber der Tod die Feder
aus der Hand nahm.
Otto Hues Tätigkeit als Reichs- und Landtagsabgeord-
neter bildet eine Rette von Erfolgen. Lr hat seine Persön-
lichkeit und seine reichen Gaben mit zäher Ausdauer und
nimmer wankender Treue für die Arbeiter im allgemeinen
und für die Bergarbeiter insbesondere eingesetzt. Der Dank
der ihres überall hochangesehenen und einflußreichen, aber
bei den Gegnern auch gefürchteten Führers beraubten Ar-
beiterschaft wird ihm übers Grab hinaus sicher sein.
Aus Genua
Tschitscherin
Da als Hecht, als ungenierter,
Sich Tschitscherin produzierte
In dem Teich von Genua,
Daß des Westens Manichäer
Als blamierte Europäer
Aller Welt erschienen da:
Sagt mir, eine destillierte.
Zwei- und dreimal durchfiltrierte
Objektive Sympathie, —
Kann man sie, ganz unbenommen
Dessen, was sonst vorgekommen.
Kann man ihm versagen sie?
Nein, man kann sie nicht versagen!
Vielmehr nimmt man mit Behagen
Dies Verfahren zur Notiz!
Denn der Ton, in dem er machte,
War der einzig angebrachte
Im Milieu des Raffprofits!
*
Der Franzose
fluchte „?sr la mort," als der deutsch-russische
Vertrag bekannt gegeben wurde, „da sitzen wir
also schön auf dem Trockenen!" — „Allerdings,"
bestätigte der Japaner, „und dabei ist euch doch
so manches Plänchen zu Wasser geworden!"
Der Engländer
machte gleichfalls aus seiner Überraschung kein
Hehl. „Sie sind aus der Reihe getanzt," sagte
Lloyd George unwillig zum Reichskanzler; „das
Recht, die Franzosen zu düpieren, steht ledig-
lich England zu!"
Dr. Wirth
drückte dem italienischen Kollegen gegenüber
sein Erstaunen über die allgemeine Aufregung
aus. „Aber bedenken Sie doch," antwortete der.
„Sie wollen mit den Russen ein Stück prak-
tischer Wiederaufbauarbeit leisten! Begreifen
Sie nicht, daß Sie sich damit in Widerspruch
zur Konferenz setzen?!"
k
Deutsch-russischer Vertrag
Nehmt den Extrakt der tausend Leitartikel,
Oie racheschnaubend nehmen uns beim Ivickel,
Und destilliert den Sinn der tausend Reden,
vie tönereich und heftig uns befehden,
versenkt euch recht in des Geseires Duellen
Und sucht, was euch befremdlich, aufzuhellen:
Kus allem blickt die liebliche Visage
Oer Uonkurrenz, die da geriet in Rage!
Sie fühlt sich — sie! — sollman den Rügen trauen?
Sie fühlt sich nebbich übers Dhr gehauen!
Oer Sinn, warum sie händeflatternd quasselt,
Ist: ihr ward hier ein Hauptgeschäft vermasselt!
* w-
Mißverständnis
Ein Journalist hat der gespannt lauschenden
Welt verkündet, daß Tschitscherin sich in Genua
drei Hemden und zwei Unterhosen gekauft habe.
Als Poincars dies las, kabelte er an Barthou:
„Rußland hat das Herz in den Hosen! Noch
mehr Rizinus!" Es war aber ein Irrtum.
Tschitscherin wollte mit der gekauften Unter
kleidung den Export nach Frankreich eröffnen.
__ P-
Lieber Jacob!
Ich tadelte meinen Freund Ede, daß er sich
schon wieder eine Flasche Monopolbranntwein
gekauft. „Red' keinen Qualm", antwortete er.
„Ich tue das nur aus Humanitätsgründe»:
weißt du nicht, daß ein Drittel des Ertrags
zu Trinkerheilzwecken verwendet wird??"
■k
Das Kind des Pfarrers hörte den schrillen
Schrei des Habichts in der Luft gellen und
fragte den frommen Vater: „Nicht wahr, er
wird dem Nachbar eine Taube genommen haben,
und jetzt dankt er dem Herrn, daß er alles so
weislich geordnet hat?" Das Kind weiß heute
noch nicht, warum cs dafür eine Backpfeife
kriegte. Punltun,
❖ Genua ❖
Mild hat auf hohem wogengang
Das Schiff -er Konferenz geschaukelt;
Am Horizont hat wochenlang
Des Friedens ^afenbild gegaukelt.
Bald war es nah, zum Greifen fast,
And alles stand bereit zur Landung —
Dann war der Augenblick verpafft,
Man sah nur Wogenbrandung.
Toll taumelten auf dem Verdeck
Die ewig schwankenden Gestalten;
Sie stieffen stets einander weg,
Statt sich am andern festzuhalten.
Nur manchem Schreier hat's behagt;
Lr konnte brüllen, trotzen, protzen,
And manchmal (unter uns gesagt)
war die Geschichte recht zum Kotzen..
Manch Segel riff im Sturmeswehn.
Voll Bangen sah bald jeder Kenner:
Ls gab zwar keinen Kapitän,
Dagegen zuviel Steuermänner,
wer, müd der ew'gen Trödelein,
Das Steuer mal an sich gerissen,
ward flugs mit vorgehaltnem Bein
Von seinem Nachbar hingeschmissen.
Kein rechter Kompaff wies das Ziel
Dem Schwarm der Krafthuber und Toren.
So ging der Welt an Gütern viel,
An Hoffnung allzuviel verloren.
Bis man ans Steuer läfft heran
Den Rechten, wird's nie bester enden:
Das Volk, der rechte Steuermann,
wird einst das Schiff zum Hafen wenden.
Der wahre Jacob
Otto Hue +
Geb. am 2. November 1868, gest. am 18. April 1922
Mit tiefer Trauer hat die internationale Arbeiterschaft
die Runde vernommen, daß einer ihrer besten Führer da-
hingeschieden ist. wie die meisten Führer aus dem Arbeiter«
stände hat sich auch Otto siue aus kleinen Verhältnissen
heraus entwickelt bis zu einer Größe, die ihn auf die wich-
tigsten Posten im gewerkschaftlichen und politischen Leben
Deutschlands führte. Zuletzt noch ausersehen, mit der deut-
schen Delegation als Sachverständiger nach Genua zu gehen,
raffte ihn eine Lungenentzündung dahin zum fast unersetz.
lichen Verlust der deutschen Arbeiterschaft, insbesondere aber
des Bergarbeiter-Verbandes, dessen erfolgreichster Anwalt
Otto fjue war. Line im Leben nie versagende Rraft, an
Renntnissen reiche edle Persönlichkeit ist mit dem verschie-
denen der Arbeiterbewegung entrissen worden.
Otto Hue wurde am 2. November 1868 in Hörde in West-
falen geboren, erlernte das Schlosserhandwerk und arbei-
tete auf den verschiedenen rheinischen Berg- und Hütten-
werken. Auf der Wanderschaft lernte er die Fragen kennen,
von denen die Arbeiterschaft bewegt wurde. Er schloß sich
dem freigewerkschastlichen Metallarbeiterverband an und
ging von da zum verband der Berg- und Hüttenarbeiter über,
wo er 1894 die Leitung der Berg- und Hüttenarbeiterzei-
tung übernahm. Lr war bald einer der besten Renner berg-
baulicher Fragen und des Bergarbeiterschutzes. Sein zwei-
bändiges Werk „Die Bergarbeiter", das der Unermüdliche
verfaßte, hat sich als die beste Geschichte der Arbeiterver-
hältnisse im Bergbau erwiesen, Hue wollte noch einen drit-
ten Band dazu schreiben, wobei ihm aber der Tod die Feder
aus der Hand nahm.
Otto Hues Tätigkeit als Reichs- und Landtagsabgeord-
neter bildet eine Rette von Erfolgen. Lr hat seine Persön-
lichkeit und seine reichen Gaben mit zäher Ausdauer und
nimmer wankender Treue für die Arbeiter im allgemeinen
und für die Bergarbeiter insbesondere eingesetzt. Der Dank
der ihres überall hochangesehenen und einflußreichen, aber
bei den Gegnern auch gefürchteten Führers beraubten Ar-
beiterschaft wird ihm übers Grab hinaus sicher sein.
Aus Genua
Tschitscherin
Da als Hecht, als ungenierter,
Sich Tschitscherin produzierte
In dem Teich von Genua,
Daß des Westens Manichäer
Als blamierte Europäer
Aller Welt erschienen da:
Sagt mir, eine destillierte.
Zwei- und dreimal durchfiltrierte
Objektive Sympathie, —
Kann man sie, ganz unbenommen
Dessen, was sonst vorgekommen.
Kann man ihm versagen sie?
Nein, man kann sie nicht versagen!
Vielmehr nimmt man mit Behagen
Dies Verfahren zur Notiz!
Denn der Ton, in dem er machte,
War der einzig angebrachte
Im Milieu des Raffprofits!
*
Der Franzose
fluchte „?sr la mort," als der deutsch-russische
Vertrag bekannt gegeben wurde, „da sitzen wir
also schön auf dem Trockenen!" — „Allerdings,"
bestätigte der Japaner, „und dabei ist euch doch
so manches Plänchen zu Wasser geworden!"
Der Engländer
machte gleichfalls aus seiner Überraschung kein
Hehl. „Sie sind aus der Reihe getanzt," sagte
Lloyd George unwillig zum Reichskanzler; „das
Recht, die Franzosen zu düpieren, steht ledig-
lich England zu!"
Dr. Wirth
drückte dem italienischen Kollegen gegenüber
sein Erstaunen über die allgemeine Aufregung
aus. „Aber bedenken Sie doch," antwortete der.
„Sie wollen mit den Russen ein Stück prak-
tischer Wiederaufbauarbeit leisten! Begreifen
Sie nicht, daß Sie sich damit in Widerspruch
zur Konferenz setzen?!"
k
Deutsch-russischer Vertrag
Nehmt den Extrakt der tausend Leitartikel,
Oie racheschnaubend nehmen uns beim Ivickel,
Und destilliert den Sinn der tausend Reden,
vie tönereich und heftig uns befehden,
versenkt euch recht in des Geseires Duellen
Und sucht, was euch befremdlich, aufzuhellen:
Kus allem blickt die liebliche Visage
Oer Uonkurrenz, die da geriet in Rage!
Sie fühlt sich — sie! — sollman den Rügen trauen?
Sie fühlt sich nebbich übers Dhr gehauen!
Oer Sinn, warum sie händeflatternd quasselt,
Ist: ihr ward hier ein Hauptgeschäft vermasselt!
* w-
Mißverständnis
Ein Journalist hat der gespannt lauschenden
Welt verkündet, daß Tschitscherin sich in Genua
drei Hemden und zwei Unterhosen gekauft habe.
Als Poincars dies las, kabelte er an Barthou:
„Rußland hat das Herz in den Hosen! Noch
mehr Rizinus!" Es war aber ein Irrtum.
Tschitscherin wollte mit der gekauften Unter
kleidung den Export nach Frankreich eröffnen.
__ P-
Lieber Jacob!
Ich tadelte meinen Freund Ede, daß er sich
schon wieder eine Flasche Monopolbranntwein
gekauft. „Red' keinen Qualm", antwortete er.
„Ich tue das nur aus Humanitätsgründe»:
weißt du nicht, daß ein Drittel des Ertrags
zu Trinkerheilzwecken verwendet wird??"
■k
Das Kind des Pfarrers hörte den schrillen
Schrei des Habichts in der Luft gellen und
fragte den frommen Vater: „Nicht wahr, er
wird dem Nachbar eine Taube genommen haben,
und jetzt dankt er dem Herrn, daß er alles so
weislich geordnet hat?" Das Kind weiß heute
noch nicht, warum cs dafür eine Backpfeife
kriegte. Punltun,