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Die bayerische Katastrophe

(«ine LundStagsphcmtasie)

Es war geschehen. Bayern war vom Reich
abgefallen.

Die Affäre war völlig unblutig verlaufen.
Die Leichenhaufen, die nach Angabe der aus-
ländischen Sensationspresse weit und breit
südlich des Mains die Gefilde bedecken soll-
ten, waren Bierleichen.

Natürlich war die Reichsregierung nicht
davor zurückgeschreckt, auf Grund des Ar-
tikels 49 der Weimarer Verfassung die be-
waffnete Macht gegen das sezessionslüsterne
Bayern aufzubieten. Aber was nutzte das!
Man kann nicht mit Kanonen auf die Dumm-
heit schießen. Die Dummheit ist unbesiegbar.
Zumal wenn sie so glänzend geführt wird, wie
das in Bayern der Fall war. So siegte Mies-
bach über Weimar, Bayern etablierte sich als
selbständiges Reich, der Umfang der Dumm-
heit betrug 75965 Quadratkilometer, und die
Freude war unbeschreiblich in — Paris.

Aber siehe da, als nun die unbeschränkte
Beschränktheit zu München auf dem Thron
saß, ergaben sich Schwierigkeiten für den jungen
Staat. Die fränkischen Arbeiter fühlten sich
nicht mehr stamm- und artverwandt und emp-
fahlen sich. Die Pfalz ließ ebenfalls grüße».
Andere Landesteile folgten.

Da wurde man unruhig in München und
fragte König Ruprecht, was er wohl dazu
sage. Aber König Ruprecht war sehr fröhlich
ob der Wendung, die die Dinge genommen
hatten, und sagte, er danke Gott, daß es jetzt
endlich in seinen Landen keine so schädlichen
Elemente wie Arbeiter mehr gäbe! Es sei ihm
gerade recht: wären in der schrecklichen Zeit
der einigen Reichsrepublik die bayerischen Ar-
beiter ohne einen König ausgekommen, so werde
ein bayerischer König jetzt auch ohne die Ar-
beiter auskommen! Was so ein Arbeiter über-
haupt für einen Wert als Staatsbürger habe!
Ein vornehmer Mann arbeite überhaupt nicht!
Und er wolle nur über Edelinge deutscher Art
herrschen! .. .

Die königlichen Worte erregten überall, auch
weit über die Grenzen Bayerns hinaus, größtes
Aufsehen. Alle, die gleichermaßen dachten in
der deutschsprachigen Menschheit, machten sich
auf und zogen nach Bayern, dem Land ihrer
Ideale und Sehnsüchte. Sie kamen in Hellen
Haufen, und die paar Arbeiter, die noch übrig-
geblieben waren, auch sie flüchteten jetzt in
Scharen.

Begreiflich, daß die Schwierigkeiten sich
mehrten. Infolge des Massenzulaufs der mon-
archistischen Elemente kam es zu einer unge-
heuren Übervölkerung Bayerns. Und eines
Tages natürlich auch zur Katastrophe.

Die aber trug sich so zu:

Dicht gerammelt standen die Massen der
Monarchisten auf dem geduldigen bayerischen
Erdboden. Auch dessen Tragfähigkeit war nur
eine begrenzte. Und so kam, was kommen mußte:
plötzlich brach er durch, und die ganze Gesell-
schaft verschwand vom Erdboden.

Denn so viel Dummheit auf einem Haufen,
das hatte er natürlich nicht aushalten können.

_ w.

Die „D.A.Z."

Professor Lensch entwickelte sein Redaktions-
programm.

Als er geendet, fiel ihm Stinnes um den
Hals.

„Sie sind der Mann, der mir gefehlt! Auf
den Gedanken wäre ich selber nicht gekommen,
ein Zentralorgan für kapitalistischen Sozialis-
mus herauszubringen!"

Spaltring

bei den Deutschnationalen

Es braust Radau wie Donnerhall
Im hakenkreuzlerischen Stall!

Die Sicherungen halten nich.

Und die Teutonen spalten sich!

Der Henning flog, der Graefe raus.
Auch Wulle hielt es nicht mehr aus!

Der Wodanssohn, er sieht mit Grimm,
Wie sich erweitert der Klimbim.

Ein Mann, der Sontag wird genannt.
Schrieb dieses dem Parteivorstand:
Abhold der Attentäters!,

Schwärmt Ihr für Leisetretereil

In puncto puncti außerdem
Seid Ihr uns gleichfalls nicht genehm.
And völlig geht uns wider 'n Strich
Die Knvblauchluft um Lelfferich!

Man sah es schon im Falle Kapp:

Ihr alle seid noch viel zu schlapp!

Ihr alle wart auch viel zu flau.

Als man erschoß den Rathenaul

Das tobt und tost und grunzt und grölt.
Die Stimmen völkisch eingeölt! —

Du, der Du Unbehagen spürst.

Du greifst zum Kiel und resümierst:

Wenn Pack mit Pack herum sich schlägt.
So bleibe kühl und unbewegt
Und ärgre Dich nicht drüber, Mann:
Was geht Dich die Kaschemme an! w.

Der Keil und die Bazille

Es war einmal ein Keil und eine Bazille.
Der Keil verrichtete nützliche Arbeit und spal-
tete das Holz, das viele Leute vor dem Schädel
tragen. Die Bazille aber kroch am Leibe des
Vaterlands herum, fraß es an und lud ihre
Exkremente ab, um eine Seuche zu erzeugen,
an der ein ganzes Land krepieren kann. Und
es wäre ihr vielleicht gelungen, wenn sie sich
nicht noch laut ihrer Schandtaten gerühmt und
ganz öffentlich ihren Dreck umhergeschleudert
hätte. Da dachte der Keil: „Auf eine freche
Bazille gehört ein grober Keil," fuhr auf die
Bazille los und zerquetschte sie. Sie röchelte
noch einen Augenblick und verschied. Der Keil
aber lebt noch heute und spaltet die Bretter
vor den Köpfen der Toren. x.

Immer — toller!

Dein Dichter Ernst Toller, dem der Urlaub
zur Berliner Uraufführung seiner „Maschinen-
stürmer" verweigert worden war, wurden auch
die Kritiken des Werkes von der Festungskom-
mandantur teils vorenthalten, teils nur in zen-
siertem Zustand in die Hand gegeben.

„Aus welchem Grund mag das geschehen
sein?" fragte der Dichter einen Besucher.

Der Freund versprach, zu versuchen, es in
Erfahrung zu bringen.

Unter den fünfzig Millionen Deutscher ver-
mochte nur einer eine befriedigende Antwort
zu geben.

Es war ein Irrenarzt. Und der belehrte:
„Man darf bei Affekthandlungen der Idiotie
überhaupt nicht nach Gründen fragen!"

Der bayerische Suppenkasper

Des Reiches Suppe eff' ich nicht!"
 
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