10611
Russische Valuta
Lobelspäue
Die Jugoslawen und Tschechen
Gar schwer beladen ziehn
(Mit tönendem Versprechen)
Zum ausgepowerten Wien.
Sie schenkten keinen Zehner,
Wie auch die Zeit verrann.
Auch Bruder Italiener
Schließt sich den „Helfern" an.
Es kommt zu rührenden Szenen:
Bald gibt's 'ne schöne Leich'.
Und knurrend kriechen Hyänen
Ums sterbende Österreich.
Russischer Bettler: „War das heute ein schlechter Tag! Nur
eine lumpige Million Rubel erbettelt!"
Poincarö beteuerte, unser Bestes zu wollen. Natürlich, er will die
Quellen unseres Einkommens. ^
Frau Sorge wandert durch das Land,
Der Hunger tut n>eh und weher.
Die Wuchrer sind aus Rand und Band
Und hängen den Brotkorb höher.
Fett wird nur das Schmarotzergeschmeiß.
Im Winde flattern die Scheine.
Es stieg längst hundertfach der Preis
Der vier- und zweibeinigen Schweine.
Und stiegen die Preise hundertfach.
Die Not steigt endlos allmühlig.
Und zählt man noch die Preise nach, —
Die Flüche sind unzählig.
•k
Die Zeiten ändern sich. Mancher war früher ein Ehrenmann, und
heute ist er — deutsch-völkisch. * .
„Wat spielen die Kinder in Frankreich am liebsten?" fragte mein
Jüngster. Ick meinte: „Wahrscheinlich das Pfänderspiel!"
Dein getreuer Säge, Schreiner.
An unsere Leser!
Die steigende Not des Zeituugsweseus ist
bekannt. Auch der Wahre Jacob ist zu seinem
Bedauern zu einer sofortigen Erhöhung des
Preises gezwungen.
Der Preis beträgt von der heutigen
Nuyuner 943 an Mk. 7.50 für die Einzel-
nummer, der Abonnementspreis für das
Vierteljahr Mk. 48.—
Der Wahre Jacob, der in fast vier Jahr-
zehnten die Sache der Arbeiterschaft mit
seinen Waffen verfochten hat, bittet seine
Leser, ihm auch ferner die Treue zu wahren.
Der Wahre Jacob ist immer noch das weit-
aus billigste Blatt seiner Art.
Der Verlag des Wahren Jacob
Papierwucher
(Nach bekannter Melodie)
Wer hat dich, du schöner Wald,
Aufgebaut? Wer tat dich pflege»?
Sonne >var es und der Regen,
Und du wurdest stark und alt.
Wer hat dich, du schöner Wald,
Ausgeniitzt vor allen Dingen?
Und wer läßt die Äxte schwingen.
Daß es durch die Lüfte hallt?
Der Papierwucher läßt kalt
Dich und andere verderben:
Wäldersterben, Zeitungssterben —
Lebe wohl, du „Blätter"-Wald!! e.
Lieber Jacob!
„Frankreich jetzt seinen Weg" sagt Poin-
caree. Un de Mark jetzt ooch ihren Weg un
janz Eiropa jetzt seinen Weg, un dieser Weg
is een Holziveg un endet in eene,Hiehnerleiter,
uff die de weise Diplomatie oben druff sitzt un
kräht un drickt un jerne een jroßet Ei lejen
mechte, aber man bloß wat anderes fallen
läßt, wo se de bejlickte Menschheet von oben
bis unten mit bekleckert. Det nennt man hohe
Polletik un scheint de betreffenden ville Spaß
zu machen. Wenigstens erinnere se sich immer
wieder jerne an die Zeit, wo se oben uff de
Leiter sitzen un ihren Sejen uff de Menschheet
runterfallen lassen derften. Un wenn se nich
mehr oben sitzen, denn schreiben se ihre Me-
moaren. Un de erstaunten Belker erfahren denn,
det det, wat se uff'n Kopp fiel, jarnich det
jeivesen is, wat se meenten, sondern lauter
Honig.
Wat unser verflichtigter Willenl is, der hat
et schon jeschafft, un Biviani un Asquith sind
jerade bei. Nachdem se de Welt in de Tinte
jebracht haben, ivollen se sich selber mit Tinte
rein waschen.
Inzwischen sind aber andere Weltbejlicker
ooch nich mießig jewesen. Max Hölz hat eenen
Hungerstreik riskiert. Wie er aber feststellte,
det de Lebensmittelpreise trotzdem nich jeringer
wurden, neigte er sich ivieder dem Rumfutsch
un dem blauen Heinrich zu, un sein kostbares
Leben wird de Welt Jott sei Dank erhalten
bleiben.
De Pollacken dajejen machten die Bemer-
kung, det ihr Land noch ville zu kleeu for ihre
wirtschaftliche Leistungsfähigkeet is, un se ver-
langen eene enerjische Jrenzrejulierung uff
Kosten ihrer Nachbarn. Ick mißte mir sehr
verwundern, wenn de Entente se det nich be-
willijen ivirde. Denn det heechste Ziel von
den Versailler Vertrag kann erst dann als er-
reicht betrachtet werden, wenn in janz Eiropa
polnische Wirtschaft herrscht.
Aber während det Elend in Deutschland
immer jreeßer wird, beweist uns de deitsche
Reichspostverwaltung, det wir et in eenen
Punkt doch noch mit de janze Welt uffuehnien
kennen: nämlich in betreff der Jeschwindig-
keet. In det Telejrafenwettrennen, det vor
kurzem hier in Berlin veranstaltet wurde, jing
det deitsche Beamtentum mit wiederholte Nasen-
längen als Siejer durch't Ziel. Det haben wir
Berliner mit besonderes Wohljesallen wahrje-
nommen. Jeschwindigkeet is keene Hexerei,
aber wat de Berliner Post in ihr Fach sich
manchmal leisten tut, det ieberschreitet schon
de Jrenzen des Märchenhaften. Un wenn ick
hier an'n Jörlitzer Bahnhof uff eenen Brief
aus Pankow zwee Dage warten muß, denn
treestet mir det Bewußtsein, det unsere Post
et ooch anders kann. Un ick bejreife et uff't
lebhafteste, det erstklassije Beamte, die sich ejal
uff'n Sieg in't internazjonale Wettrennen vor-
bereiten, in de alltägliche Zwischenzeit natier-
lich ihre Kräfte schonen missen un sich keen
Bern nich ausreißen derfen. Leider is bei die
verschiedentlichen Festreden in't Postmuseum
dieser ruhmreiche Jesichtspunkt nich jeniejend
bericksichtigt worden.
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
Zur gefälligen Beachtung!
Redaktionelle Einsendungen rönnen im Falle der
Nichtannahme nur zuriickgesandt werden, wen» Rück-
porto beigefngt ist! Die Redaktion
Redaktionsschluß 6. September W2l.
Russische Valuta
Lobelspäue
Die Jugoslawen und Tschechen
Gar schwer beladen ziehn
(Mit tönendem Versprechen)
Zum ausgepowerten Wien.
Sie schenkten keinen Zehner,
Wie auch die Zeit verrann.
Auch Bruder Italiener
Schließt sich den „Helfern" an.
Es kommt zu rührenden Szenen:
Bald gibt's 'ne schöne Leich'.
Und knurrend kriechen Hyänen
Ums sterbende Österreich.
Russischer Bettler: „War das heute ein schlechter Tag! Nur
eine lumpige Million Rubel erbettelt!"
Poincarö beteuerte, unser Bestes zu wollen. Natürlich, er will die
Quellen unseres Einkommens. ^
Frau Sorge wandert durch das Land,
Der Hunger tut n>eh und weher.
Die Wuchrer sind aus Rand und Band
Und hängen den Brotkorb höher.
Fett wird nur das Schmarotzergeschmeiß.
Im Winde flattern die Scheine.
Es stieg längst hundertfach der Preis
Der vier- und zweibeinigen Schweine.
Und stiegen die Preise hundertfach.
Die Not steigt endlos allmühlig.
Und zählt man noch die Preise nach, —
Die Flüche sind unzählig.
•k
Die Zeiten ändern sich. Mancher war früher ein Ehrenmann, und
heute ist er — deutsch-völkisch. * .
„Wat spielen die Kinder in Frankreich am liebsten?" fragte mein
Jüngster. Ick meinte: „Wahrscheinlich das Pfänderspiel!"
Dein getreuer Säge, Schreiner.
An unsere Leser!
Die steigende Not des Zeituugsweseus ist
bekannt. Auch der Wahre Jacob ist zu seinem
Bedauern zu einer sofortigen Erhöhung des
Preises gezwungen.
Der Preis beträgt von der heutigen
Nuyuner 943 an Mk. 7.50 für die Einzel-
nummer, der Abonnementspreis für das
Vierteljahr Mk. 48.—
Der Wahre Jacob, der in fast vier Jahr-
zehnten die Sache der Arbeiterschaft mit
seinen Waffen verfochten hat, bittet seine
Leser, ihm auch ferner die Treue zu wahren.
Der Wahre Jacob ist immer noch das weit-
aus billigste Blatt seiner Art.
Der Verlag des Wahren Jacob
Papierwucher
(Nach bekannter Melodie)
Wer hat dich, du schöner Wald,
Aufgebaut? Wer tat dich pflege»?
Sonne >var es und der Regen,
Und du wurdest stark und alt.
Wer hat dich, du schöner Wald,
Ausgeniitzt vor allen Dingen?
Und wer läßt die Äxte schwingen.
Daß es durch die Lüfte hallt?
Der Papierwucher läßt kalt
Dich und andere verderben:
Wäldersterben, Zeitungssterben —
Lebe wohl, du „Blätter"-Wald!! e.
Lieber Jacob!
„Frankreich jetzt seinen Weg" sagt Poin-
caree. Un de Mark jetzt ooch ihren Weg un
janz Eiropa jetzt seinen Weg, un dieser Weg
is een Holziveg un endet in eene,Hiehnerleiter,
uff die de weise Diplomatie oben druff sitzt un
kräht un drickt un jerne een jroßet Ei lejen
mechte, aber man bloß wat anderes fallen
läßt, wo se de bejlickte Menschheet von oben
bis unten mit bekleckert. Det nennt man hohe
Polletik un scheint de betreffenden ville Spaß
zu machen. Wenigstens erinnere se sich immer
wieder jerne an die Zeit, wo se oben uff de
Leiter sitzen un ihren Sejen uff de Menschheet
runterfallen lassen derften. Un wenn se nich
mehr oben sitzen, denn schreiben se ihre Me-
moaren. Un de erstaunten Belker erfahren denn,
det det, wat se uff'n Kopp fiel, jarnich det
jeivesen is, wat se meenten, sondern lauter
Honig.
Wat unser verflichtigter Willenl is, der hat
et schon jeschafft, un Biviani un Asquith sind
jerade bei. Nachdem se de Welt in de Tinte
jebracht haben, ivollen se sich selber mit Tinte
rein waschen.
Inzwischen sind aber andere Weltbejlicker
ooch nich mießig jewesen. Max Hölz hat eenen
Hungerstreik riskiert. Wie er aber feststellte,
det de Lebensmittelpreise trotzdem nich jeringer
wurden, neigte er sich ivieder dem Rumfutsch
un dem blauen Heinrich zu, un sein kostbares
Leben wird de Welt Jott sei Dank erhalten
bleiben.
De Pollacken dajejen machten die Bemer-
kung, det ihr Land noch ville zu kleeu for ihre
wirtschaftliche Leistungsfähigkeet is, un se ver-
langen eene enerjische Jrenzrejulierung uff
Kosten ihrer Nachbarn. Ick mißte mir sehr
verwundern, wenn de Entente se det nich be-
willijen ivirde. Denn det heechste Ziel von
den Versailler Vertrag kann erst dann als er-
reicht betrachtet werden, wenn in janz Eiropa
polnische Wirtschaft herrscht.
Aber während det Elend in Deutschland
immer jreeßer wird, beweist uns de deitsche
Reichspostverwaltung, det wir et in eenen
Punkt doch noch mit de janze Welt uffuehnien
kennen: nämlich in betreff der Jeschwindig-
keet. In det Telejrafenwettrennen, det vor
kurzem hier in Berlin veranstaltet wurde, jing
det deitsche Beamtentum mit wiederholte Nasen-
längen als Siejer durch't Ziel. Det haben wir
Berliner mit besonderes Wohljesallen wahrje-
nommen. Jeschwindigkeet is keene Hexerei,
aber wat de Berliner Post in ihr Fach sich
manchmal leisten tut, det ieberschreitet schon
de Jrenzen des Märchenhaften. Un wenn ick
hier an'n Jörlitzer Bahnhof uff eenen Brief
aus Pankow zwee Dage warten muß, denn
treestet mir det Bewußtsein, det unsere Post
et ooch anders kann. Un ick bejreife et uff't
lebhafteste, det erstklassije Beamte, die sich ejal
uff'n Sieg in't internazjonale Wettrennen vor-
bereiten, in de alltägliche Zwischenzeit natier-
lich ihre Kräfte schonen missen un sich keen
Bern nich ausreißen derfen. Leider is bei die
verschiedentlichen Festreden in't Postmuseum
dieser ruhmreiche Jesichtspunkt nich jeniejend
bericksichtigt worden.
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
Zur gefälligen Beachtung!
Redaktionelle Einsendungen rönnen im Falle der
Nichtannahme nur zuriickgesandt werden, wen» Rück-
porto beigefngt ist! Die Redaktion
Redaktionsschluß 6. September W2l.